Der Flüchtling und die verlängerte Jugend

dpa und ZEIT Online machen aus 40 Prozent Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen (UMF), die nicht minderjährig sind, eine Minderheit.

© Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Robert Habeck meinte vor einem halben Jahr über AKK, es sei billig, auf Minderheiten herumzureiten. Es ging um den Witz Kramp-Karrenbauers mit den Toiletten für das dritte Geschlecht. Sind 40 % einer Gruppe dem allgemeinen Verständnis nach eine Minderheit? Wenn nicht, und davon gehe ich fest aus, darf ich in den folgenden Zeilen auf diesen 40 % herumreiten, ohne dass dies als billig bezeichnet werden könnte.

In Münster haben Rechtsmediziner zwischen 2007 und 2018 knapp 600 Mal von Gerichten und Jugendämtern den Auftrag erhalten, eine forensische Altersdiagnostik durchzuführen. Es bestand Zweifel an der Korrektheit der Selbstauskünfte von so genannten Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen (UMF), was das eigene Geburtsdatum betrifft. Und siehe da: 40 % von ihnen waren in echt 18 Jahre oder älter. 92 % der untersuchten Personen waren Männer. Hauptherkunftsländer waren Afghanistan, Guinea, Algerien und Eritrea. Die forensische Altersdiagnostik leiste einen bedeutsamen Beitrag zur Rechtssicherheit und zur fairen Ressourcenverteilung, steht im Abstract über den Vortrag der Autoren, die die Studie im Rahmen der 98. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin in Hamburg vorstellen.

Im Jahr 2017 kostete ein UMF (Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling) die Kommunen im Schnitt rund 50.000 Euro. Wie viele zusätzliche Lehrer hätte man von diesem Geld bezahlen können? Statt binnendifferenziertem Unterricht bietet Deutschland binnendifferenzierte Betreuung von Menschen, denen diese Leistungen laut Gesetz nicht zustehen. Statt die Köpfe bestmöglich mit geistigem Futter zu versorgen, deren Familien (ob schon lange einheimisch oder just zugewandert) zum Funktionieren des Gemeinwesens beitragen, kümmert man sich um Köpfe, von denen man nicht einmal weiß, ob sie sich kulturell noch einigermaßen harmonisch in diese Gesellschaft einfügen werden. Wie formulierte es der langjährige Sozialdemokrat Guido Reil (er ist seit kurzem für eine andere Partei Abgeordneter des EU-Parlaments) in einem denkwürdigen „Hart, aber fair“-Auftritt: „Junge Männer mit 18, 19, die sind fertig geprägt!“

Natürlich tut die Bundesrepublik alles, „um eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Unterstützung der Unbegleiteten Minderjährigen sicherzustellen“ (Homepage des BAMF). Daher kann man „Flüchtlingsinitiativen” verstehen, die das Röntgen des Handgelenks oder des Kiefers als Eingriff in die körperliche und seelische Unversehrtheit betrachten. Obwohl: Unversehrtheit? Wäre er, sie, es dann geflüchtet?

Wissen Sie, was dpa und ZEIT Online aus den 40 % machen? Eine Minderheit. Zitat: „Einige nach Deutschland kommende Flüchtlinge geben einer neuen Studie zufolge ihr Alter falsch an, um einen besseren Asylschutz zu erhalten, der Minderjährigen zusteht.“ Einige. Wobei: Wenn sämtliche Flunkerer unter den Unbegleiteten, die zwischen 2007 und 2018 deutschen Boden betreten haben, Teil dieser Studie sind, kann man diese Interpretation sogar durchgehen lassen. „Honi soit qui mal y pense!“
Schließen wir uns also der Hoffnung des UN-Generalsekretärs an, der Anfang 2018 im Guardian schrieb: „Migration can benefit the world!“, ignorieren, dass immer mehr Kinder bei der Einschulung kaum Deutsch sprechen können und freuen uns stattdessen über steigende Geburtenzahlen sowie ein sinkendes Durchschnittsalter der Bevölkerung.


Martin Busch arbeitet seit über 20 Jahren als Redakteur und Moderator für die Hörfunkprogramme von Radio Bremen. Nach seinem Soziologie-, Politik- und Linguistik-Studium an der Universität Hamburg (Schwerpunkt Markensoziologie) promovierte er im Fach Kommunikationswissenschaften. Er ist Autor der Streitschrift “Deutschland, Deutschland ohne alles – warum Europas größte Wirtschaftsmacht ein sozialer Pflegefall ist“.

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Kommentare ( 37 )

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Ingolf Paercher
4 Jahre her

Eine Minderheit von 40% der Selbständigen betrügt das Finanzamt. Selten so einen kurzen Witz mit zweieinhalb Pointen gelesen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass nicht nur Merkel weg muss.

Ralf Poehling
4 Jahre her

Der Betrug kennt keine Grenzen. In doppelter Hinsicht.
Einen herzlichen Dank an die Rechtsmediziner aus Münster, für die wissenschaftliche Bestätigung meiner eigenen Beobachtungen.

Entenmama6
4 Jahre her

Es sollen NUUUR 40% getürkte Altersangaben sein??? Glaub‘ ich nicht, da wurde bestimmt nach unter korrigiert, weil man ja dann zugeben muss, dass hier noch EINIGE rumlaufen, die man leider nicht erwischen konnte / wollte. Dank Handy und Urlaubsbesuche in deren Heimat werden diese hochgelobten Migranten schon UMFASSEND geschult wie sie sich verhalten müssen, wenn sie nach Deutschland kommen. Und wenn die Politik meint , es sind ja auch nur “ Einzelfälle „, dann bin ich mal gespannt, wenn wir aus Schwarzafrika die neuen Dauergäste bekommen werden. Aber es sind jaaaa nuuuur Einzellfälle und dann werden Regierungstreue Mitarbeiter und Wissenschaftler… Mehr

Di Limonati
4 Jahre her

Laut einem Bericht des Familienministeriums kostet ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling 175 Euro pro Tag. 61.893 junge Migranten leben derzeit in Deutschland. Stand 2017.

Die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wird 2017 rund 3,95 Milliarden Euro kosten. Im Durchschnitt zahlen die deutschen Behörden jeden Monat 5.250 Euro pro Person.

aus: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-02/migration-unbegleitete-minderjaehrige-fluechtlinge-kosten

Jeder von denen, schleust über den Familiennachzug im Schnitt weitere 4 bis 6 Personen in unser Land.

Gut beschrieben Herr Douglas.

Sabine W.
4 Jahre her
Antworten an  Di Limonati

>’Gut beschrieben Herr Douglas.'<

Wer ist in diesem Artikel/Zusammenhang 'Herr Douglas'?

Di Limonati
4 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

Müsste Martin Busch heißen. Sorry.

Lotus
4 Jahre her

Genau das ist es, was einen so wütend macht. Die Willigkeit, mit der sich dieser „Rechtsstaat“ belügen und betrügen lässt. Selbst wenn Vater Staat weiß, dass er verar… wird, ist das für ihn oft kein Grund zum Handeln (gilt auch für das Problem ärztlicher Scheinatteste zur Abschiebe-Verhinderung). Als Konsequenz dieses Betrugs werden Milliarden an Steuergeldern verplempert, während, wie diese Woche gemeldet wurde, die Zahl der dt. Rentner, die auf Tafelläden angewiesen sind, kontinuierlich steigt. Jeder einheimische HartzIV-Empfänger muss mit den Jobcentern kooperieren, pünktlich Termine wahrnehmen, sich gut benehmen, ggf. seine Vermögensverhältnisse detailliert aufdecken. Sonst wird schnell sanktioniert, bis hin zur… Mehr

manfred_h
4 Jahre her
Antworten an  Lotus

Sie haben absolut Recht!!

Wenn hier ein schon länger lebender Harz4er oder Sozi-Empfänger den Staat belügt u. betrügt und bei der „Stüze“ bescheißt, und wenn das dann rauskommt, da sollte man mal sehen wie dann (zu Recht) der Zoll in die Gänge kommt und den Betrug zz ahnden, das zuviel gezahlte Geld rückzufordern UND das es zusätzluvh zu einer Verurteilung mit (zumeist) Geldstrafe kommt.

Doch das ins Land eingeflutete Gold scheint hier eine andere Gesetzlichkeit zu unterliegen….,

Islay Tedd
4 Jahre her

Klar, 40 % sind eine Minderheit! Klar Wahlergebnisse der Grünen sind Wahlgewinne und spiegeln die Meinung der Mehrheit! Klar, der Klimawandel, den es seit millionen von Jahren gibt, lässt sich von Hüpfen und CO2 Steuer aufhalten. Klar, die Zerstörung eines hochtechnisierten Landes macht uns alle reicher und glücklicher. Klar, Deutschland kann ganz Afrika aufnehmen und für alle den Lebensstandard halten und klar, die Kriminalität sinkt von Jahr zu Jahr……und die Erde ist eine flache, magischen Scheibe, die auf dem Rücken von vier Elefanten ruht, die auf einer riesigen Schildkröte durchs Universum fliegt……(Terry Pratchett)

AlNamrood
4 Jahre her

Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Im Rest der Welt gibt es unser Konzept von Minderjährigkeit gar nicht. Insbesondere in der islamischen Welt nicht. Dort ist man mit 14 bereits ein „Mann“ und es wird erwartet dass man sich so verhält. Gehätschelt bis 21 wird dort nicht. Es ist höchst Kultur-unsensibel die Leute als Kinder zu behandeln.

Kassandra
4 Jahre her
Antworten an  AlNamrood

Auch der Aspekt von „Kindheit“ ist in anderen Weltteilen ein anderer. Woanders hat jeder das Seine zum Erhalt der Großfamilie beizutragen – egal, wie alt er/sie ist.
Unsere Krux ist, dass wir immer meinen, dass es überall so sein müsse, wie bei uns.

Hans Druchschnitt
4 Jahre her

@ Pauline
Für diese bitter-süß Bosheit könnte ich ihnen fast den Nicknamen verzeihen;-))

TinaTobel
4 Jahre her

dpa, mal wieder

Die dpa hat großen Einfluss auf die Berichterstattung in der Medien und dieser Einfluss wächst ständig weiter, weil Redaktionen Personal abbauen und immer mehr dpa-Meldungen einfach durchreichen.
Die dpa ist einfach da, eine Selbstverständlichkeit, die wenig hinterfragt wird.
Dabei wäre es wirklich interessant, einmal mehr über die dpa zu erfahren. Wer hat da Einfluss? Wer ernennt die Chefs? Wer entscheidet darüber, wer eingestellt wird, wie berichtet wird und über was berichtet wird?
Bei Wikipedia steht, Gesellschafter sind 180 Medienunternehmen. Wem gehören diese 180 Medienunternehmen? Man liest ja manchmal, dass die SPD recht viele Medienunternehmen besitze.

H. Priess
4 Jahre her
Antworten an  TinaTobel

Dazu kommt das RND- Redaktionnetzwerk Deutschland in dem die meißten besonders regionalen Zeitungen verbunden sind. So kommt es, daß in den verschiedensten Zeitungen die selben Kommentare und Artikel erscheinen. Natürlich werden „Nachrichten“ von dpa ohne irgendeine Prüfung veröffentlicht. Was die oft verzapfen und welche Propaganda sich hinter vordergründig Sachthemen versteckt sehe ich oft auf ET. Wer Tageszeitungen liest kann diesen Propagandaartikeln gar nicht entgehen welche oft sehr subtil unters Volk gemischt werden.

Kassandra
4 Jahre her
Antworten an  H. Priess

Wobei dpa durchaus Meldungen „anpasst“ bevor sie zur Weitergabe freigegeben werden. Man lese beipielhaft den Polizeibericht zum Schulanfang mit den 18 Polizeieinsatzfahrzeugen und der Stichverletzung der Polizistin und dann, was über dpa weiter verbreitet wird.
Sie lassen weg, was „verunsichern“ könnte!

Kassandra
4 Jahre her

Guido Reil ist für die Alternative in Brüssel.
Wieso wollten Sie das nicht schreiben?

Sabine W.
4 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Weil das unter uns Pastorentöchtern durchaus als bekannt vorausgesetzt wird, liebe Kassandra.
Glaube ich zumindest.