Die südlichen Länder brauchen nicht mehr Geld, sondern mehr Kapitalismus

Milliardentransfers von Nord- nach Südeuropa werden Ländern wie Italien, Spanien oder Griechenland nicht helfen. Sie brauchen mehr Kapitalismus.

imago Images/Xinhua

Seit Wochen stehen sich die „sparsamen Vier“, also Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden, sowie Finnland auf der einen und Frankreich und die Südländer (vor allem Italien und Spanien) auf der anderen Seite gegenüber. Die Südländer wollen Milliarden-Transferleistungen aus dem Norden. Die „sparsamen Vier“ wollen das an Bedingungen knüpfen. Österreichs Bundeskanzler Kurz forderte beispielsweise, dass die Südländer endlich auf den Gebieten Arbeitsmarkt, Rentensystem, Bürokratieabbau und Korruptionsbekämpfung vorankommen.

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte hatte verlangt, dass Empfänger von EU-Hilfen vor der Auszahlung Reformen nicht nur zusagen, sondern bereits umgesetzt haben. Dafür müsse es eine „absolute Garantie“ geben. Dabei wollte Rutte jedem Land ein Vetorecht geben.

Kurz und Rutte haben Recht. Denn die Corona-Krise ist nicht der Grund dafür, warum es Ländern wie Italien wirtschaftlich so schlecht geht. Die Corona-Krise hat nur bestehende Defizite offen gelegt. Und diese kann man mit drei Worten umschreiben: zu wenig Kapitalismus.

Index der wirtschaftlichen Freiheit

Dies wird belegt durch den „Index of Economic Freedom“, der seit dem Jahr 1995 jährlich von der amerikanischen Heritage-Foundation ermittelt wird.
Der Index misst die wirtschaftliche Freiheit von 180 Ländern. Man kann diesen Index auch als „Kapitalismusskala“ bezeichnen, so der Soziologe Erich Weede.
Die „sparsamen Vier“ sowie Finnland gehören alle zu den Ländern mit einem relativ hohen Grad an wirtschaftlicher Freiheit. In dem Ranking (je niedriger die Zahl, desto wirtschaftlich freier ist das Land) liegen diese Länder wie folgt:

8 Dänemark
14 Niederlande
20 Finnland
22 Schweden
29 Österreich

Zum Vergleich: Frankreich und die Südländer sind wirtschaftlich viel unfreier:

58 Spanien
64 Frankreich
74 Italien
100 Griechenland

Das Korruptionsproblem

Auch ein Blick auf den jährlich von „Transparency International“ erstellten Index der Korruptionswahrnehmung zeigt, dass das Misstrauen der „sparsamen Vier“ berechtigt ist, wenn Geld unkontrolliert in die Länder im Süden fließt.

Die Korruptionswahrnehmung ist bei den sparsamen vier und Finnland sehr gering (nachfolgend das Ranking: Je niedriger der Rang desto niedriger die Korruptionswahrnehmung):

Dänemark 1
Finnland 3
Schweden 4
Niederlande 8
Österreich 12

Ganz anders in den Südländern:

Spanien 30
Italien 61
Griechenland 60

Erfahrungen von Schweden, Deutschland, Großbritannien

Ähnlich verhält es sich auch, wenn man den Grad der Arbeitsmarktregulierung oder der Bürokratie vergleicht. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt: Wenn es Ländern wirtschaftlich schlecht geht, liegt das oft an zu viel Staatseinfluss und zu wenig Marktwirtschaft. Marktwirtschaftliche Reformen helfen dann. In den 70er Jahren war Großbritannien der „kranke Mann Europas“ und gesundete wieder durch Margaret Thatchers marktwirtschaftliche Reformen. Schweden reformierte Anfang der 90er-Jahre sein Wirtschaftsystem: Die Steuern wurden gesenkt (manche Steuern wie die Vermögen-, Erbschafts- und Schenkungssteuer wurden sogar ganz abgeschafft), der Arbeitsmarkt wurde dereguliert und Auswüchse des Wohlfahrtsstaates beseitigt. In dem Scoring des „Index der wirtschaftlichen Freiheit“ legte Schweden von 1995 bis 2019 um 13,5 Punkte zu – von 61,4 Punkten auf 74,9 Punkte. Die Reformen waren Voraussetzung für die Gesundung der schwedischen Wirtschaft. Auch die Agenda 2010-Reformen von Gerhard Schröder in Deutschland führten zu einer Halbierung der Arbeitslosigkeit und einem lang anhaltenden Wirtschaftsboom.

Keines dieser Länder gesundete wirtschaftlich durch Transferzahlungen anderer Länder, alle gesundeten durch kapitalistische Reformen. Die historischen Erfahrungen zeigen, was jetzt Ländern wie Italien helfen würde. Transferzahlungen ohne Reformen werden mit Sicherheit die strukturellen Probleme dieser Länder nicht lösen. Was helfen würde wäre: Mehr Kapitalismus wagen! Dies trifft übrigens auch in hohem Maße für Frankreich zu – ein Land, das sich beharrlich gegen die Reformanstrengungen von Emmanuel Macron wehrt.

Und, um auch das zu ergänzen: Auch jene Länder, denen es heute vergleichsweise gut geht – so etwa Deutschland – brauchen dringend wirtschaftliche Reformen. Deutschland ruht sich heute auf den Reformen von Gerhard Schröder aus, die bald zwei Jahrzehnte zurückliegen. Seitdem ist nichts Positives geschehen. Im Gegenteil: Deutschland hat seine Energiewirtschaft faktisch in eine Planwirtschaft verwandelt – und ist dabei, dies auch für die Automobilwirtschaft zu tun. Auch im Wohnungswesen wird immer mehr staatlich reguliert und die Marktkräfte eingeschnürt. Nicht nur die Südländer, sondern ganz Europa braucht mehr Kapitalismus.


Der Autor ist Verfasser des Buches: „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“

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Kommentare ( 40 )

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AlNamrood
3 Jahre her

Die Kultur die sich in den europäischen Ländern außerhalb von Zentral- und Nordeuropa etabliert hat wird sich durch Betüddelung nicht ändern. Es ist die selbe Art von Korruption, Filz, Desinteresse und teilweise schlicht Faulheit die auch Afrika und die islamische Welt zu irrelevanten Shitholes macht.

HRR
3 Jahre her

„Was helfen würde wäre: Mehr Kapitalismus wagen! Dies trifft übrigens auch in hohem Maße für Frankreich zu – ein Land, das sich beharrlich gegen die Reformanstrengungen von Emmanuel Macron wehrt.“ ~~ Die Verweigerung von Reformen durch die Bürger und/oder die Unterlassung von Reformbemühungen durch die Politik sind in der Regel die Ursache für wirtschaftlich abgehängte Länder. Wenn Bürger und Politik dieser Länder den schlechten Zustand ihrer Länder so tolerieren, dann ist das ihr gutes Recht. Es kann dann aber nicht sein, dass von besser funktionierenden Ländern wiederholt Unterstützung in Form von Krediten (die voraussichtlich nicht zurückgezahlt werden) oder, wie es… Mehr

November Man
3 Jahre her

Merkel wir sie alle kaufen, dauert halt noch ein Weilchen, wer nicht mehr zahlen will, bekommt einen saftigen Nachlass, wer noch nicht den Kragen voll hat, bekommt noch ein paar Milliarden Euro oben drauf,
Alle werden sie den Gipfel mit prall gefüllten Taschen verlassen, nur wir Deutschen werden wie immer kräftig draufzahlen.
Deshalb – EU – Nein Danke – Dexit sofort.

November Man
3 Jahre her

– Die südlichen Länder brauchen nicht mehr Geld, sondern mehr Kapitalismus –
Stellt sich nur noch die Frage wie das mit den linksextremen, kommunistisch, maoistisch und sozialistisch stark angehauchten Regierungen der europäischen Südländern funktionieren soll.
Das funktioniert nie, was die wie auch wir brauchen, sind wirtschaftlich, national denkende, konservative Parteien die erfolgreiche Regierungen bilden und stellen.

Gisela Fimiani
3 Jahre her

Vernunft und Erfahrungswissen können nicht nicht fruchten, wenn das sozialistische Dogma die Gesellschaft usurpiert hat. Omnipräsente Gehirnwäsche ließ den Kapitalismus zur Ausgeburt des Bösen werden, während dem Bürger der Despotismus des väterlichen (derzeit mütterlichen) Staates als omnipotenter Beschützer und Versorger seiner Untertanen verkauft wurde. Gegen das Wohlgefühl, welches das Märchen verspricht, haben Vernunft, Wirklichkeitssinn und Klarsicht keine Chance. Einer feigen „Intelligezija“ ist der Mut zur Wahrheit, sowie zur rationalen Denkanstrengung nicht zuzutrauen. So wird der Krug weiter zum Brunnen gehen…….

November Man
3 Jahre her

Bei den aktuellen EU-Verhandlungen wollen einige Staaten kein Geld als rückzahlbaren Kredit, Nein, sie wollen in unverschämter Weise das ganze gute Geld geschenkt. Viele Milliarden deutsche Steuergeld, das wir selbst bitter nötig hätten.
Bei uns im Schwabenland gibt es einen klugen Spruch;
„Geld hot a jeder Lomp, aber koin Kredit.“
Die Spanier, Italiener und Franzosen haben genügend Geld, schließlich finanziert Deutschland ihre Wirtschaft, Haushalte und Staatsfinanzen schon über das europäische Target II-System mit fast einer Billion Euro.
Also Frau Merkel, EU-Sondergipfel sofort abbrechen und bringen sie unser Geld wieder nach Hause wo es hingehört.

Fulbert
3 Jahre her

Es handelt sich hier wohl eher um ein Mentalitätsproblem als um eine Frage des wirtschaftlichen Systems, auch wenn der Autor ständig auf der These vom Kapitalismus (warum eigentlich so polemisch und nicht einfach Marktwirtschaft?) als Allheilmittel reitet. Man könnte genauso die Frage stellen, ob (von Austria abgesehen) der protestantische Arbeitsethos in den erfolgreichen Ländern – die Schweiz ist ein weiteres Beispiel dafür – nicht ausschlaggebend ist. Zumindest verläuft ein erstaunliches Gefälle zwischen protestantischem Norden und katholischem Süden bzw. Südwesten. Man sollte auch nicht vergessen, dass Spanier und Italiener wohlhabender als Deutsche sind. Offenbar funktioniert der Kapitalismus hier im privaten Bereich… Mehr

November Man
3 Jahre her

Was CDU Merkel und Co. beim Sondergipfel in Brüssel EU mit der sinnlosen Geldverschwendung deutscher Steuerzahler gerade abziehen, dient nur der Stabilisierung linker Regierungen in Europa um den Vormarsch des braunen Linksfaschismus in Europa zu sichern und weiter Vorschub zu leisten. Wir sollten deshalb zur Abwehr des europäischen Linksfaschismus zukünftig eine verfassungstreue Partei wählen, die unsere Gesetze wie §16a Absatz2 einhält, die sich vorrangig um unser eigenes Land kümmert, die zu uns Deutschen und unseren Werten steht, die unsere Justizbehörden und das deutsche Volk achtet und verteidigt. Also, packen wir es endlich mal an, sonst bricht hier bald das komplette… Mehr

November Man
3 Jahre her

Die EU ist eine Geldvernichtungsmaschine – Eine Bedrohung für ganz Europa
„Sitzung ogsetzt, highetzt, abghetzt, ausanandergsetzt. Tagesordnung festgsetzt, wieder abgsetzt. Kommissionen eigsetzt, besetzt, umbsetzt, geschwätzt, nix gsagt, vertagt, z’letzt neu ogsetzt. Vui san  zsammakumma, nix is rauskumma, Sitzung umma.“
Franz Josef Strauß
EU – Nein Danke – Unsere alte EWG war für Deutschland wesentlich besser, sicherer und ertragreicher.
Deshalb Dexit – sofort.

Mausi
3 Jahre her

D kommt mit seinem nationalen Umverteilungssystem zwischen den Bundesländern auch klar. Also sollte das doch grds. ebenfalls in der EU funktionieren. Dafür müsste die EU sich aber überlegen, wieviele Empfängerländer das System verträgt. Und das ist das erste, woran es fehlt. Eine andere Frage ist natürlich, ob unser System sinnvoll ist. Im übrigen hat es genügend Warnungen gegeben, EUR-Land sei wirtschaftlich zu uneinheitlich. Das eine Gegenmittel beschreiben Sie oben. Mehr Kapitalismus ist aber eine utopische Forderung. Politisch nicht durchzusetzen. Daher scheint D beschlossen zu haben, sich auf das Niveau der Südländer zu begeben: Weniger Kapitalismus damit der EUR nicht scheitert.… Mehr