Plant Assad den Schlag gegen die mit der Türkei verbündeten Kräfte in Idlib?

Manches könnte darauf hindeuten, dass Kurden und Syrer bestrebt sind, ihr Vorgehen gegen die Türkei zu koordinieren.

OMAR HAJ KADOUR/AFP/Getty Images
Bilder von damals russischen Bombardierungen in der südlichen Provinz Idlib, September 2018

Seit dem frühen Sonntag beschießen syrische Artillerie-Einheiten massiv jene Region, für die Russland und die Türkei eine Waffenruhe vereinbart hatten. Vorangegangen waren Erkundungsflüge der syrischen Luftwaffe, die in der Nacht zum Sonntag am Himmel über der südlichen Idlib-Provinz beobachtet wurden.

Dokumentiert sind elf heftige Angriffe mit Raketen und schwerer Artillerie auf Dörfer, landwirtschaftliche Einrichtungen und Stützpunkte der islamischen Rebellen.

Nach wie vor befinden sich in dem attackierten Gebiet auch mindestens zwei Beobachtungsposten der türkischen Armee, sodass eine unmittelbare Konfrontation zwischen Syrien und der Türkei nicht mehr ausgeschlossen ist.

Währenddessen trafen sich am späten Mittag des Sonntag beim Euphrat-Damm Tishrin östlich des von Erdogan beanspruchten Manbij Vertreter der syrischen Regierung und der Syrian Democratic Forces – jene im Wesentlichen von den syrischen Kurden gestellten Einheiten, die den Nordosten Syriens unter Kontrolle haben und mit den USA zusammenarbeiten. Das könnte darauf hindeuten, dass Kurden und Syrer bestrebt sind, ihr Vorgehen gegen die Türkei zu koordinieren.

Am Euphrat-Damm wird eine der bedeutendsten Energieanlagen Syriens betrieben, die für den Wiederaufbau des Landes unverzichtbar ist. Sollten Kurden und Syrer zu einer Übereinkunft kommen können, wäre dieses für den türkischen Präsidenten ein deutlicher Rückschlag in seinem Bestreben, das kurdische Rojava als „Schutzmacht“ zu übernehmen und wie im vor einem Jahr völkerrechtswidrig besetzten Afrin die Kurden zu vertreiben.

Die Solidarisierung der Türkei mit dem venezonalischen Despoten Maduro, womit sich Erdogan einmal mehr offensiv gegen US-Präsident Trump positioniert hat, wird die USA zudem wenig geneigt machen, dessen Forderungen auf Nordsyrien zu unterstützen.

Während sich in Syrien möglicherweise neue Koalitionen gegen die Türkei anbahnen, richten sich die Russen offensichtlich auf einen längeren Aufenthalt ein: Auf dem russischen Luftwaffenstützpunkt Khmeimim nahe der syrischen Küstenstadt Latakia werden gegenwärtig 18 Hangars für die russischen Kampfflugzeuge gebaut. Auf Satellitenbildern ist neben dem Hangar-Bau zu erkennen, dass dort aktuell 16 Maschinen stationiert sind.

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Kommentare ( 24 )

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manfred_h
5 Jahre her

Weil Erdowahn -Milde gesagt- auch nicht grad ein Freund von Assad ist, da denke ich, dass Assad wenig Anlaß hat um Erdowahn irgendwelche Gefallen bzgl der Kurden zu tun und um türk Militär auf syrischen Boden zu dulden. Nachdem Erdowahn damals die Kurden beim Kampf um Kobane im Stich gelassen hat und seine Panzer nur vor Kobane auffahren lassen und den Kurden beim Kampf zugesehen hat – nicht zu vergessen das die Türkei außerdem auch IS Terroristen waffentechnisch und auf türk Boden medezinisch versorgt hat, hatte sich dann das damalige Verhalten von Erdowahn mind doppelt gerächt weil er nun mit… Mehr

W aus der Diaspora
5 Jahre her

Nun ja, die USA ist in der Türkei dauerhaft stationiert, warum sollten die Russen dann nicht in Syrien eine Airbase bauen?

Und genau in der US-Airbase in der Türkei sehe ich das größte Konfliktpotential der USA. Was wird dort passieren, wenn die USA in Syrien von der Türkei angegriffen werden?
Tump hat genau aus dem Grund versucht aus Syrien raus zu kommen, musste dann aber erkennen, dass das geopolitisch nicht so schlau sein würde.

schwarzseher
5 Jahre her
Antworten an  W aus der Diaspora

Sie fragen “ Was wird dort passieren, wenn die USA in Syrien von der Türkei angegriffen werden ? “ Dann fliegt dem Erdogan einiges um die Ohren incl. die Nato-Mitgliedschaft. Das wird er wohl kaum riskieren. Es wird Zeit, daß man den Kurden einen eigenen Staat zugesteht, was man nach am Ende des Ersten Weltkriegs versäumt hat.

Michael Theren
5 Jahre her
Antworten an  schwarzseher

Genau erst Armenier ausmorden und dann deren Gebiete geschenkt bekommen (damals), heute dann Drogenhändler in die letzte deutsche Kleinstadt flüchten lassen und natürlich belohnt werden….

benali
5 Jahre her

Herr Spahn, zur Erinnerung… … am Anfang waren ein paar Irre in einer Amerikanischen Regierung, die von einer neuen Weltordnung phantasiert haben. Frei von Realitäten haben Spießgesellen um Dick Cheney ihre eigene Realität erträumt und auch noch genug andere Idioten gefunden, die „für ein paar Barrel mehr“ eingestiegen sind, um ein existierendes Gleichgewicht nachhaltig zu zerstören. Unausweichlich folgte auch der Präsident, der nach Meinung seiner Ehefrau Laura einfach überrumpelt missbraucht worden ist. Wer G. W. Bushs Buch „Decision Points“ und Laura Bushs Buch „Spoken from the Heart“ gelesen hat, kann die Aussage von Laura Bush sehr glaubwürdig finden. Jetzt versuchen… Mehr

Gerd Sommer
5 Jahre her

Neue Verschwörungstheorien? Etwas Öl in den Konflikt? NATO „Verteidigungskonstruckt“?

Fragen über Fragen verbunden mit leicht aufsteigender Übelkeit…

Leon
5 Jahre her

Was hier offen bleibt, ist die Frage der militärischen Stärke. Können Kurden und Assad gemeinsam die Türkei aufhalten?

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Leon

Können sie, wenn die Kurden Waffen von der USA bekommen oder/und Syrien von Russland unterstützt wird. Die Verluste für die Türkei könnten sehr schnell untragbar sein.

Ecke
5 Jahre her

Sehen sich die Türken noch als Nato Mitglied? Wohl eher wenn es ihnen opportun erscheint.
Da bin ich aber wirklich gespannt was der Erdogan mit Griechenland anstellt – wenn die Amis sich ihm in der Kurden Frage im Wege stellen.

Oberbayer
5 Jahre her

Das könnte wieder einen Massenexodus geben. Im Zuge dessen, könnte der Sultan auch noch die paar Millionen Flüchtlinge aus seinem Land schaffen. Mal sehen, ob die Merkelisten diesen möglichen, erneuten Einzelfall wieder mit einem blauen Auge überstehen werden. Ins Zelt- und Wohncontainergeschäft einzusteigen, wäre jetzt allerdings überlegenswert.

IJ
5 Jahre her

Ergänzung: An anderer Stelle habe ich gelesen, dass ein elementarer Teil der Absprache zwischen Türken, Russen, Iranern und Syrern zum Waffenstillstand in Idlib darin bestand, dass die Türkei sich verpflichtet zu verhindern, dass radikale sunnitische Islamisten die Macht in Idlib übernehmen. Genau das ist aber passiert. Damit ist die gesamte Absprache hinfällig. Erdogan hat ein Talent wie kein Zweiter, alles und jeden gegen sich aufzubringen. Noch halten die sunnitischen Freischärler in Idlib und Afrin ihm die Treue. Wenn er ihre Unterstützung aus Furcht vor Russland und den USA zurückfährt, werden selbst sie sich ebenfall gegen den „Verräter“ Erdogan stellen. Die… Mehr

Flavius Rex
5 Jahre her

Die Leute kommen so oder so nach Deutschland. Der einzige limitierende Faktor ist die Bezahlung der Schleuser und ein paar Länder auf dem Weg nach Deutschland (Italien, Österreich) die nicht mehr wie gewohnt mitspielen. Der Rest, Krieg oder nicht, ist doch zweitrangig.

Martin L
5 Jahre her

Derzeit gibt es das Bündnis Iran-Assad-Russland.
Die USA unter Trump ist total gegen den Iran. Ebenso Israel. Und auch Saudi-Arabien.
Die Türkei ist vor allem gegen die Kurden. Sie ist ideologisch mit den Muslimbrüdern verbunden. Sonst ist sie in ihren Bündnissen relativ frei.
Die Türkei könnte somit mit jedem gegen jeden vorgehen, wenn es dabei nur die Kurden trifft. Es ist also alles möglich.

Flavius Rex
5 Jahre her
Antworten an  Martin L

In der Türkei gibt es bald Kommunalwahlen. Ein bischen Krieg lenkt da gut von der starken Inflation und der generellen Entdemokratisierung ab.

Babylon
5 Jahre her
Antworten an  Martin L

Die Verbündeten der syrischen Kurden waren die USA im Kampf gegen den IS. Wenn die USA die Kurden hängen lassen, bleibt nur eine Annäherung an Assad, die jetzt offenbar vollzogen wird. Das Spiel ist allerdings noch komplizierter. Die Mullahs in Teheran können zwar ganz gut mit Erdogan, weil auch sie eine kurdische Minderheit haben, die sie bestrebt sind unter dem Deckel zu halten auf der anderen Seite sind sie Verbündete von Assad, der die weitgehende Kontrolle über sein Staatsgebiet wieder zurückbekommen will und mit den syrischen Kurden dergestalt ins Geschäft kommt, indem er ihnen möglicherweise eine Teilautonomie zugesteht, ohne dass… Mehr

Kassandra
5 Jahre her
Antworten an  Babylon

Bei Trumps „Rückzug“ wurde „schnell“ und „unkoordiniert“ nur in der Presse verbreitet.
https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1076884984873607169
I just had a long and productive call with President @RT_Erdogan of Turkey. We discussed ISIS, our mutual involvement in Syria, & the slow & highly coordinated pullout of U.S. troops from the area. After many years they are coming home. We also discussed heavily expanded Trade.
08:59 – 23. Dez. 2018