Kein SPD-Politiker wird Kanzler – Kanzlerkandidaten sind BürgerFake

Die Parteien – oder besser: deren Führungskader – haben sich insofern kommod eingerichtet mit dem Fake der Nominierung eines Kanzlerkandidaten. Dem Wähler wird vorgegaukelt, er habe etwas bedeutendes zu entscheiden. Hier: Scholz und die Lächerlichkeit der SPD-Nostalgie.

imago Images/photothek

Nun haben sie es getan. Obgleich Generalsekretär Lars Klingbeil seine Partei gerade erst aufgefordert hatte, mit der Nominierung noch etwas zu warten, hat die SPD-Führung es getan. Sie hat Olaf Scholz zum „Kanzlerkandidaten“ gekürt – die Absegnung durch die Parteigremien ist nur noch Formsache. Das sagt einiges aus über Scholz – aber noch mehr über die SPD. Darüber, wie die SPD mit Mogelpackungen versucht, Boden gut zu machen. Scholz freudig: „Jetzt ist es raus: Auf Vorschlag unserer Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans haben mich Präsidium und Vorstand der SPD gerade einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert. Ich freue mich auf einen tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team.“

„Kanzlerkandidat“ ist kein Verfassungsamt

Vorab: Dieses ungewöhnliche Amt ist in der bundesdeutschen Demokratie nicht vorgesehen. Um es in Neusprech zu formulieren: Ein Kanzlerkandidat ist nichts anderes als ein Fake. Ein Fake allerdings, der gezielt und erstaunlicherweise immer wieder zur Volksverdummung beiträgt. Warum das so ist? Nun, das Grundgesetz als Verfassungsersatz schreibt klipp und klar vor: Das Amt des Bundeskanzlers wird nicht vom Bürger besetzt. Vielmehr ist es die vornehme Aufgabe der als Bürgerrepräsentanten gewählten Abgeordneten, dieses zu tun. Diese wiederum sind – ebenfalls im GG festgeschrieben – in ihren Entscheidungen frei und nicht an Weisungen oder Aufträge gebunden.

Rein verfassungsrechtlich ist die Nominierung eines Kanzlerkandidaten daher entweder tatsächlich nichts anderes als ein Fake – oder aber, er wäre als Verfassungsverstoß zu verstehen, wenn aus dieser Nominierung tatsächlich die unanfechtbare Bindung des künftigen Abgeordneten an eben diese durch Parteien vorgenommene Nominierung verbunden wäre. Denn dann stünde bereits vor dem Wahlgang fest, wie ein künftiger, vorgeblich freier Abgeordneter sich in dieser Frage zu verhalten hätte – er wäre folglich an einen Auftrag gebunden, den die Parteien formuliert haben und der durch eine bestenfalls qualifizierte Minderheit der Wahlbürger Unterstützung gefunden hat.

Die EU-Wahl belegt den Fake-Charakter

Selbstverständlich werden nun jene, die ihre Abgeordneten bereits knebeln, bevor diese überhaupt im Amt sind, einwenden, der Abgeordnete könne, sobald er gewählt ist, ja immer noch anders entscheiden. In der Theorie ist das sogar zutreffend. Die Fake-Wahl zum EU-Parlament könnte an dieser Stelle als trefflicher Beweis für diese Behauptung herangezogen werden. Seinerzeit hatten die eher Konservativen ihren potentiellen Wählern zugesagt, den CSU-Politiker Manfred Weber zum Kommissionspräsidenten zu küren. Die Sozialisten hatten gleiches für den Niederländer Frans Timmermans versprochen und die Linksliberalradikale Margrethe Vestager aus Dänemark sollte das Amt erhalten, so die eher links als liberalen Liberalen unerwartet erfolgreich aus dem Rennen gingen.

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Zur Erinnerung: Weber verfügte nach der Wahl bei 705 Sitzen über 180 Parteigänger, Timmermans über 146 und Vestager über 109. Wenn also überhaupt des Bürgers Willen irgendeine Relevanz hätte haben sollen, dann müsste heute Weber die Richtung vorgeben. Was aber hat der Wahlbürger bekommen? Auf dem Posten des Kommissionspräsidenten sitzt nun Ursula von der Leyen, die als Dauer-Versagerin bundesdeutscher Regierungspolitik weggelobt werden musste und nicht einmal auf irgendeinem Wahlzettel stand. Als Service-Pack gab es dann noch die Wahlverlierer obendrauf: Abgesehen von jenen anderen zahlreichen Unbekannten, die sich heute mit dem Titel eines EU-Kommissars schmücken dürfen, wurden in einer Art moderner Volksfront Timmermans und Vestager zu Vizepräsidenten der Kommission.

Doch wie gesagt: Da es das Amt eines Kommissionspräsidentenkandidaten ebenso wenig gibt wie das eines Kanzlerkandidaten, ist das Kommissions-Prozedere der EU durchaus rechtens. Auch wenn es – böse formuliert – der Verklapsung des Wählers dient, der am Ende irgendetwas vorgesetzt bekommt – nicht aber das, wofür er vielleicht seine Stimme abgegeben hatte.

Kanzlerkandidaten sind BürgerFake

Insofern aber gilt auf der Grundlage der bundesdeutschen Verfassung auch: Die Nominierung eines „Kanzlerkandidaten“ zu den Wahlen des Deutschen Bundestages ist BürgerFake. Denn ebenso, wie wir es auf EU-Ebene erleben durften, kann nach den Wahlen plötzlich alles ganz anders aussehen. Das könnte sogar so weit gehen, dass beispielsweise CDU und CSU noch einmal mit Angela Merkel antreten, weil diese aus welchen Gründen auch immer von zahlreichen Bürgern irrational geliebt wird – um dann am Wahlabend feststellen zu müssen, dass die vorgeblich nicht vorhersehbare gesundheitliche Situation der Unions-Möchtegernkanzlerin deren erneuten Antritt zur Nominierung durch den Bundestag leider doch nicht zulässt.
Käme es so, könnte sich niemand ernsthaft beschweren. Denn im Gegensatz zu jener Weisungsbindung, die die Parteien durch die Nominierung von „Kanzlerkandidaten“ gezielt zu schaffen suchen, sieht unser Grundgesetz eben weder diese ominöse Funktion eines Kanzlerkandidaten vor, noch wäre gar jene Weisungsbindung in irgendeiner Weise verfassungsrechtlich zulässig.

Der Basisfehler des Grundgesetzes

Dennoch und immer wieder werden nicht nur solche „Kanzlerkandidaten“ präsentiert, sondern die Abgeordneten durch die zur Parteiendiktatur verkommene parlamentarische Repräsentation sogar gezwungen, unabhängig von ihrer weisungsungebundenen Entscheidung ihre Stimme für diese verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Person abzugeben.

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Dass das möglich ist, findet seine Ursache in einem Basisfehler des Grundgesetzes, welches, obwohl es den Bürger als Souverän festschreibt, die faktische Souveränität an die Parteien überschrieben hat. Ursache dieser Oligarchisierung des parlamentarischen Systems ist ein Wahlrecht, welches die Entscheidung darüber, wer als künftiger Bürgervertreter vor den Wähler tritt, eben nicht dem Bürger überlässt, sondern die Listen in kleinen Zirkeln der Parteispitzen festschreibt vor allem dann, wenn die Möchtegern-Parlamentarier eben nicht über einen Wahlkreis, sondern über sogenannte Landeslisten in den Reichstag geschickt werden sollen.

Ein Modell übrigens, welches gegenwärtig bei allen Versuchen, die künstliche Aufblähung des Parlaments durch Wahlrechtsänderung zu verhindern, sogar noch verschärft werden soll. Die Parteien als bürgerferne Elitendiktaturen wissen also, was sie tun – und weshalb. Denn die Macht der Eliten hängt ausschließlich davon ab, dass sie darüber verfüge können, wer künftig dem im Parlament sitzenden Parteienkader angehört. Deren Abhängigkeit von der Parteispitze entscheidet über ihre Karriere – nicht der verfassungsmäßige Souverän.

Fake-Nominierungen sichern Macht

Die Parteien – oder besser: deren Führungskader – haben sich insofern kommod eingerichtet mit dem Fake der Nominierung eines Kanzlerkandidaten. Dieser Fake nämlich dient vor allem dem Ziel, von eben dieser Schwäche des Systems und der ständigen Konzentration aller Macht darauf, dass diese nicht vom Bürger, sondern von den Parteieliten ausgeht, abzulenken. Dem Wähler wird vorgegaukelt, er habe etwas bedeutendes zu entscheiden. Schön, wenn er daran glaubt.

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Der einzige ernstzunehmende Politiker übrigens, der diese Farce zu demaskieren versuchte, war Guido Westerwelle, als er sich – absehbar völlig chancenlos – im Jahr 2002 zum „Kanzlerkandidaten“ der FDP küren ließ. Seinerzeit überschütteten ihn die Konkurrenten dafür mit Hohn und Spott, wiesen darauf hin, dass die FDP mit ihren damals höchstens bei zehn Prozent liegenden Prognosen sich mit einer solchen Nominierung lächerlich mache. Und selbst dann, wenn Westerwelles „Projekt 18 (Prozent)“ wider Erwarten zum Erfolg hätte führen können, blieb er gänzlich chancenlos, irgendwann einmal auf dem Kanzlerstuhl zu sitzen.

Von der Logik der Prognostik aus betrachtet, waren Hohn und Spott nicht unbegründet. Mit Union und SPD hätte es seinerzeit immer noch mindestens zwei Parteien geben, die besser abschneiden mussten – und die, was dann wiederum verfassungskonform wäre, wenn die gewählten Fraktionen und nicht irgendwelche Parteivorstände oder Parteitage über die künftige Besetzung der Exekutive entschieden, einen der Ihren im Parlament als Kanzlerbewerber einforderten.

Die SPD macht Westerwelle

Dennoch und trotz der Reaktionen vor allem aus Union und SPD im Jahr 2002 gibt sich nun die SPD derselben Lächerlichkeit preis. Eine Partei, die bei den Umfragen seit gefühlten Ewigkeiten irgendwo zwischen 13 und 15 Prozenten rumdümpelt, will Kanzler werden. Wobei diese Zahlen ebenfalls ein Fake sind, denn die in der Regel rund 30 Prozent der Befragten, die am Ende nicht zur Wahl gehen werden und sich entsprechend bei der Befragung äußern, fallen nach den Regeln der Statistik und des Wahlrechts unter den Tisch. Tatsächlich also lesen sich diese 13 bis 15 Prozent so, dass bestenfalls noch zehn von hundert Wahlbürgern sich für die SPD ausgesprochen haben – was wiederum bedeutet, dass dann, wenn diese SchrumpfPartei Deutschlands tatsächlich noch einmal Regierungsverantwortung übernehmen sollte, der rote Schwanz mit dem bunten Hund wedelt.

Kein SPD-Politiker wird Kanzler

Doch abgesehen davon, dass die mediale Gewichtung der Wichtigtuer von der SPD ohnehin gänzlich überproportional ist: Kein SPD-Politiker wird am Ende des Wahlgangs Kanzler der Bundesrepublik werden. Auch nicht Olaf Scholz, den die Partei noch vor knapp einem Jahr in die Wüste schickte. Zu uncharismatisch, zu sehr Zahlmeister – und der Parteibasis ohnehin zu „rechts“ – was immer das in der SPD auch bedeuten mag. Stattdessen entschied sich die Basis für ein weitgehend unbekanntes Doppelpack aus Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, die seitdem alles daran setzen, die Partei von Willy Brandt und Helmut Schmidt noch weiter ins linke Aus zu schicken.

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Hier nun wird es spannend. Tatsächlich gilt Scholz, der einst ziemlich weit links bei den Jusos gestartet war, heute als Pragmatiker. Eine Zeitlang sogar vermittelte er den Eindruck, in die Fußstapfen seines Vorgängers treten zu wollen und den Staatshaushalt nach den Regeln eines ehrbaren Kaufmanns zu führen. Doch dann kam Corona – und endlich durfte die Sozialdemokratie, die ohnehin seit Jahren ständig neue „Empfängergruppen“ für soziale Wohltaten kreierte, die Schleusen weit aufmachen. Mindestens 218 Milliarden – das sind hinter der 8 noch neun Nullen – wurden als Neuverschuldung beschlossen. Der Bund der Steuerzahler rechnete sogar auf 312 Milliarden hoch, die Neuschuldenaufnahme der Bundesländer inklusive. Das entspricht in etwa jenen 329 Milliarden Euro, die der Bund 2019 an Steuern einnahm – ein einmaliges Hoch, welches sich angesichts Lockdown und Industrievernichtung kaum jemals wiederholen dürfte.

Es wummst in der SPD

Doch der volksfrontelnden SPD gefiel es. Endlich konnte Scholz beweisen, dass er ein echter Sozialist ist und das nicht vorhandene Geld mit vollen Händen ausschütten. Für die SPD gilt so etwas als Ausweis guter Politik. Also hagelte sozialdemokratische Begeisterung. Der beiden Halbvorsitzenden jubeln unisono: „ „Jetzt ist es raus: Olaf Scholz ist unser Kanzlerkandidat. Gemeinsam mit Olaf, mit SPD Deutschland und SPD Bundestag sind wir ein starkes Team. Wir freuen uns auf einen großartigen und erfolgreichen Wahlkampf. Olaf hat den Kanzler-Wumms!“

Kaum weniger auf Haribo-Werbeniveau versucht es der Parteivorstand – formuliert selbstverständlich von den Profis in der Pressestelle: „Keine Konfettikanonen. Kein Schloss. Einfach nur SozialdemokratInnen, die dasselbe wollen: sozialdemokratischen #Wumms in der Krise. Ein gerechtes Land für alle. Respekt für Leistung. Deshalb stehen sie auf dieser Bühne und deshalb ist Olaf Scholz unser Kanzlerkandidat.“

SPD
Olaf Scholz - der Kanzlerkandidat in engen Bandagen
Ein „Wumms“ also soll es sein – da muss der uneingeweihte Zuhörer unweigerlich an Beirut denken: Ein Riesen-Wumms – und kein Stein steht mehr auf dem anderen. Und genauso könnte es den Wählern gehen, sollten sie tatsächlich auf die Mogelpackung „Wumms-Olaf“ hereinfallen. Allein schon das Team, mit dem sich Scholz wird schmücken müssen, macht deutlich: Hier wurde eine Schaufensterpuppe ins Fenster gestellt. Die Politik wollen künftig andere machen: Lars Klingbeil, Walter-Borjans, Esken und Rolf Mützenich – zumindest die letzten drei welche, die nicht den Mumm haben, als Ersatz-Olaf mit ihren Politik-Vorstellungen an die Front zu treten, umrahmen den Mann aus Osnabrück.

Wohin die Richtung gehen soll, wird ebenfalls aus dem Willy-Brandt-Haus verkündet: „Wir haben viele Gespräche geführt. Wir wissen, dass Olaf unsere Vision einer gerechten Gesellschaft teilt. Wir wissen, dass er ein Teamplayer ist. Für einige ist unsere Entscheidung eine Überraschung. Wir bitten um Vertrauen.“ Hier allerdings irren die Hoffnungsvollen: Als Scholz in Hamburg ein CDU-Missverständnis ablöste, machte er klipp und klar deutlich: „Wer Führung bestellt, bekommt Führung.“ Ein Teamplayer war der kleingewachsene Mann nie. Er wird es auch nie werden – es ist wider seine Natur und vor allem wider seine Erkenntnis, wie Politik funktioniert. Und so kann es der SPD nun ergehen, wie einst mit Peer Steinbrück, der ebenfalls als Schaufensterpuppe ausgestellt wurde und dann nicht bereit war, wider sein besseres Wissen sich ein Linksprogramm überhelfen zu lassen.

Das Linkschaos lauert schon

Denn wohin die Reise tatsächlich gehen soll – auch daran lässt die SPD keinen Zweifel. Die weltfremden Illusionisten träumen davon, aus dem Kandidaten Scholz tatsächlich einen Kanzler machen zu können. Als Übervater in einer Regierungskoalition aus SPD-Sozialisten, Grünmaoisten und Altkommunisten soll der Ex-Stamokapler künftig die Geschicke Deutschlands lenken. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dann müsste Scholz entweder offenbaren, dass seine von ihm behauptete Läuterung als Linksausleger nichts als Mimikri gewesen ist – oder es wird ihm ergehen wie Schmidt, dem seine Partei in den Rücken fiel und ihn gezielt zu Fall brachte.

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Das Bündnis, von dem Eskens, WaBo, Mützenich und selbstverständlich ein Ralf Stegner träumen, soll die deutsche Demokratie abschließend in eine sozialistische Räterepublik wandeln. Wer Scholz wählt, bekommt Antifa-Esken, Anti-NATO-Mützenich, die Grün-Maoisten und die Systemüberwinder aus der politischen Mottenkiste des Marxismus-Leninismus. So zumindest stellt es sich die SPD-Führung heute vor. Dass Scholz möglicherweise eher zu Lippenbekenntnissen tendieren mag und im geheimen davon träumt, besser noch vier Jahre Vizekanzler unter einer Unionsführung zu bleiben, denn als Chef einer Illusionistentruppe aus Linkschaoten zu werden, kann so sein – es wird aber die SPD nicht daran hindern, im Falle entsprechender Wahlergebnisse von der Linksmitte-Volksfront in die linksradikale Volksfront zu wechseln.

Sollte es tatsächlich zu einer Mehrheit der Parteien links von der Union kommen, hat Scholz ausgedient. Denn auch die SPD weiß: Mit dem Kanzler wird das nichts. Dazu müssten unerwartet reihenweise Grün-Anhänger das Fähnchen wechseln und zu Scholz überlaufen. Warum aber sollten sie das tun?

Damit steht jetzt schon fest: Das Linksbündnis wird im Falle einer Mehrheit unter der Führung eines Grünen die Macht ergreifen. Scholz darf sich dann vielleicht noch aussuchen, ob er noch ein wenig mitspielen will – doch, und das ist nun besonders perfide – als „Kanzlerkandidat“ ist er dann Geschichte und kann gehen. Eben weil er Kanzlerkandidat und nicht Spitzenkandidat ist. Nicht mehr Kandidat und nicht Kanzler – wer braucht ihn dann noch, wenn es um das Verteilen der Pfründe geht?

Schon wieder vorsätzlicher Wählerbetrug

Fazit: Die SPD setzt an, den nächsten Wählerbetrug zu begehen. Nicht nur, dass sie die Absicht hat, unter Umgehung der grundgesetzlichen Vorgaben ihren künftigen Abgeordneten konkrete Weisungen mit auf den Weg zu geben. Sie glaubt auch, dem Wähler mit einer Fiktion aus der Trickkiste politischer Illusionen etwas präsentieren zu können, das jenseits jeglicher Realisierungschance ist. Eben dieses, ein Versprechen durch die Politik, das von vornherein darauf angelegt ist, die wahren Absichten zu verschleiern, trägt heute die Bezeichnung Fake. Oder auf Deutsch: Täuschung.

Nichts anderes als eben eine solche Täuschung ist es, was die Sozialdemokratie nun auf den Weg gebracht haben. Denn egal, wie die SPD abschneidet: Entweder die Union oder die Grünen werden nach Stand der Dinge den Ton angeben, wenn es darum geht, im Parlament einen Kandidaten für das mächtigste Amt im Staate vorzuschlagen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass Union und Grünmaoisten selbst am Grundsatz der Verfassung vorbei mit der Benennung von „Kanzlerkandidaten“ ein unzulässiges imperatives Mandat schaffen werden. Deren künftige Fraktionen werden zumindest eine gewisse Chance haben, den künftigen Kanzler zu stellen – zu der Frage, ob ein benannter „Kandidat“ das dann auch tatsächlich werden muss, ist bereits alles gesagt.

Die Lächerlichkeit der Autosuggestion

Bei der SPD allerdings ist die Benennung eines „Kanzlerkandidaten“ in jeder Hinsicht lächerlich. Und so dürfte es hier vor allem um Autosuggestion gehen. Denn beschränkte sich die SPD darauf, nur einen Spitzenkandidaten zu benennen als jenen, der fiktiv die Listenwahl anführt, müsste die SPD sich und ihren noch verbliebenen Wählern eingestehen: Wir sind weg vom Fenster! Vor allem aber: Ein Spitzenkandidat Scholz müsste bei einer künftigen Regierungsbildung prominent berücksichtigt werden. Ein Kanzlerkandidat Scholz muss dieses nicht.

Sollte dem Wahlbürger der Fake, den die SPD aufs Gleis gesetzt hat, bewusst werden, dann hat sie gute Chancen, aus dem „Wumms“ einen Rohrkrepierer zu machen. Oder sie fährt mit „Wumms“ an die Wand. Entsprechende Erfahrungen hat sie ja bereits. Der Scholz-Vorgänger Schulz startete zwar nicht mit Wumms, aber dafür mit einem Zug, der unaufhaltsam sein sollte. Der Wumms kam dann, als der Zug mit Macht an die Wand fuhr und katastrophal entgleiste. Womit wir dann wieder in Beirut sind. Aber vielleicht ist das auch ein Kernproblem der SPD: In er Selbsthypnose der Autosuggestion von Dingen träumen, die bar jeglicher Realität sind.

Scholz jedenfalls ist irreal – zumindest, solange er den Kanzlerkandidaten gibt. Da könnte das Beirut, zu dem die Bundesrepublik wird, wenn der Wumms zur Linkschaotenregierung ohne Scholz führt, deutlich realer werden.

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Kommentare ( 59 )

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elly
3 Jahre her

„Das Linkschaos lauert schon“ Yeph, Leute freut Euch auf rot/rot/grün: „Im Jahr 2019 verfügten deutsche Behörden rund 11.000 Ausweisungen – nicht zu verwechseln mit Abschiebungen. Linke-Politikerin Ulla Jelpke nennt das „grausam und falsch“. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-08/ausweisung-auslaender-migration-deutschland-gestiegen-neue-osnabruecker-zeitung-linksfraktion So eine Ausweisung müssen sich die Betroffenen schon hart erarbeiten: „- wenn ein Ausländer wegen Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wurde – wenn gegen einen Ausländer die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde – bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von einem Jahr bei bestimmten Straftaten (zum Beispiel bei Körperverletzungen oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung). Allerdings nur, wenn die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung… Mehr

Stiller Ruf
3 Jahre her

Braucht sie doch auch nicht! Mit den „Schwarzen“ haben die Roten heute die besten – weil noch röteren – Kanzler/innen, die sie je hatten.

Sonny
3 Jahre her

Alles richtig, aber die Werbemaschine läuft schon jetzt auf Hochtouren und suggeriert eine spd, die es in Wirklichkeit gar nicht mehr gibt. Zu nennen sei hier mal als Beispiel der Verlag M… aus Niedersachsen (TE bestens bekannt), der fast die gesamte Tages-Printpresse in NDS beherrscht (auch wenn die Abozahlen beständig nach unten gehen). Schauen Sie sich die heutigen Tageszeitungen an: In denen ist Scholz scheinbar schon jetzt Bundeskanzler und die spd „die einzig richtige Wahl“. Ich möchte gerne wissen, wie viele Menschen da noch drauf hereinfallen. Oder eigentlich möchte ich es nicht wissen, ich befürchte, das Ergebnis wäre für mich… Mehr

Albert Pflueger
3 Jahre her

Vermutlich ist er deshalb Kandidat, weil er der einzige in der SPD ist, der noch halbwegs vertrauenerweckend ist, eine Esken als Kandidatin hätte die Partei unter die Rubrik „sonstige“ fallen lassen. Er wirkt seriös im Habitus, anders als Habeck, der sein wachsendes Doppelkinn unter Bartstoppeln zu verbergen sucht und mit Löchern in den Socken auf unbekümmerte Jugendlichkeit macht. Es gibt links durchaus auch Leute, die auf Anzug stehen und einen nicht von vornherein unsympathischen Mann bevorzugen. Für die ist er die Alternative zu den Grünen.

MartinLa
3 Jahre her

Der Artikel sieht mir eher nach rumnölen aus. Wenn eine Partei hier einen Kandidaten aufstellt, der Chancen hat, dann ist es doch fair dem Bürger gegenüber, der wissen will, wie sich das dann auch personell gestaltet. Und wenn der Kandidat keine Chancen hat, dann hat es zumindest Symbolcharakter. Das kann man belächeln oder stehen lassen. Ich hätte auch keine Probleme, wenn die AfD einen Kanzlerkandidaten benennt. Scholz hat zwar nur geringe Chancen, aber ganz unmöglich ist es nicht.

CIVIS
3 Jahre her

Wenn bei der SPD jemand, wie jetzt „Wumms-Olaf“, im Parteivorstand einstimmig , d.h. „mit 100 %“ (!) zu „irgendwas“ nominiert wird, dann ist das immer ein GUTES Zeichen.

War da doch zuletzt ein gewisser Herr 100 % …DAS soll ich gesagt haben… Martin Schulz !

Medienfluechtling
3 Jahre her

Scholz gibt jedem Zucker, Hauptsache er kommt voran. So hat er schon die Grünen in Hamburg groß gemacht. Die dürften ihm noch lange dankbar sein…

Farbauti
3 Jahre her

Linksliberalradikal – muß ich mir echt auf der Zunge zergehen lassen, wie einen Trüffel. Die Verklap(p)sung des Wählers finde ich auch schön formuliert. Wenn der Wähler sich Pommes bestellt und dann Reis serviert bekommt, würde er einen Aufstand machen. Aber so wichtig ist das mit den EU Wahlen ja nicht. Um Kanzlerkandidat für die SPD zu werden, muß man schon ganz schön masochistisch sein. Olaf opfert sich . Nur Schröder mit seinem übergroßem Ego hat es geschafft das Beste für sich daraus zu machen, Brand wurde depressiv, Steinbrück nur reich, Schröder mußte das Land verlassen bekam aber ne neue Frau,… Mehr

Korner
3 Jahre her

Mit dem, was der am Stecken hat, ist er doch weit vor der 2ahl schon demontiert. Diese GroKo-Verantwortlichen haben keine Zukunft.

Andreas aus E.
3 Jahre her

Kanzlerkandidat als „Amt“ hin oder her, das Wort ist griffig und hat sich eingebürgert, auf diese Ungenauigkeit kommt es auch nicht mehr an in dieser Republik. Aber der Scholz ist eh nicht als Kanzler vorgesehen. Der soll nur unter den nicht ganz so linksextremen Wählern Stimmen abfischen, auf Kosten der Union und unter den potentiellen SPD-Wählern, für die der Rest der möglichen SPD-Kandidaten völlig indiskutabel ist. Ich denke der Plan ist längst geschmiedet, eine Linkskoalition zu bilden, G2R, geführt von Habeck. Oder sonstwem, aber sicher nicht von Scholz. Gegen den hat man bestimmt schon was in der Schublade, um ihn… Mehr