Wir sind alle irgendwie Lenin

Der Staat immer fetter und die Bürger merken es nicht einmal. Es herrscht Geldsozialismus. Nicht ohne Grund soll Lenin gesagt haben: „Wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“

© Adam Berry/Getty Images

Es soll niemand sagen, das billige Geld der EZB würde nicht wirken. Es wirkt sehr wohl. Es erhöht zwar nicht die Inflation – wie von Mario Draghi erhofft. Doch wer die aktuellen Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst anschaut, ahnt, dass auch das nur eine Frage der Zeit ist. Die Inflationsmessung ist eh ein schwieriges Feld, das hat sehr unterschiedliche Gründe. Einer ist die Definition. Der eingebaute technische Fortschritt verfälscht die Höhe, die Zusammenstellung des Warenkorbes ist kritikwürdig und das Nichtberücksichtigen der Vermögenspreisentwicklung ist einseitig.

GroKo-Pläne zum Recht auf Vollzeit
Arbeitnehmer, Dein Wille geschehe!
Das billige Geld erhöht auch den Einfluss des Staates. Seine Zinsausgaben sinken und die Steuereinnahmen steigen. Die Wirtschaft ist wie angefixt und ruft nach immer mehr billigem Geld. Das lässt einen Scheinwohlstand entstehen, der sich auch bei den Steuereinnahmen bemerkbar macht. Allein der Bund hat in den letzten 10 Jahren 81 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern eingenommen. Ein sattes Plus von 35 Prozent. Bis 2021 kommen nochmals 33 Milliarden Euro hinzu. Gleichzeitig verteilt der Staat immer mehr um. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat das jetzt untersucht. Im vergangenen Jahr wurden die Finanzhilfen des Bundes um über 10 Prozent, auf insgesamt 55 Mrd. Euro erhöht. Die Steuervergünstigungen beziffert das Institut für Weltwirtschaft auf 62 Milliarden Euro. Insgesamt summiert sich der Kieler Subventionsbericht auf 117 Milliarden Euro.

Das Spiel des billigen Geldes geht schon viel zu lange. Seit 2009 hat die Europäische Zentralbank ihren Leitzins auf unter 2 Prozentpunkten gesenkt, seit 2012 unter 1 Prozentpunkt und seit März 2016 bei null festgesetzt. Diese Zinssenkungen der EZB dürfen nicht ohne ihr Anleihenkaufprogramm für Schulden von Staaten, Banken und Unternehmen gesehen werden. Bis September dieses Jahres wird die EZB dafür 2.500 Milliarden Euro frisches Geld in den Markt gepumpt haben. Von interessierter Seite wird behauptet, dies hätte nur einen geringen Einfluss auf den langfristigen Zins. Wenn es so wäre, könnte die EZB die Zinswende ja einleiten. Doch sie fürchtet die Zinswende, wie der Teufel das Weihwasser. Mit Recht. Käme sie, hätte Italien ein Problem und Griechenland stünde vor einem neuen Hilfsprogramm. Doch nicht nur Italien und Griechenland, sondern auch manche Ruhrgebietskommunen könnten ihre Kassenkredite, die sie derzeit faktisch ohne Zinsen bekommen, nicht mehr bedienen. Alle hätten ein Problem.

Gibt es noch eine deutsche Restpolitik?
Merkel und Macron drohen Europa ins Elend zu stürzen
Da ist es doch viel einfacher, die üppigen Gelder in den Haushalten gönnerhaft zu verteilen. 2009 betrug der Rentenzuschuss des Bundes noch 78,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 wird die magische Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. Dann beträgt der Zuschuss bereits 103,3 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung ist inzwischen bei 14,5 Milliarden Euro. 2001 waren es noch eine Milliarde Euro. Die Förderung der Elektromobilität schlägt mit 400 Mio. Euro zu Buche, was schon fast bescheiden ist. Die Finanzhilfen für die Land- und Forstwirtschaft und die Fischerei sind mit 2,7 Milliarden Euro von Seiten des Bundes und mit 5 Milliarden Euro von Seiten der EU dabei. Für alles gibt es eine Begründung, die mal sinnvoller und mal weniger einleuchtend ist. Doch eines ist klar, der Finanzminister ist ein Glückspilz. Er kann aus Wasser Wein machen, aus Stroh Gold und aus billigem Geld Wohlstand für uns alle. Egal wie er aktuell heißt, ob Schäuble, Scholz oder „Sonst wie“. Er ist beliebt bei den Subventionsempfängern, bei den Gehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes, bei den Sozialpolitikern und selbst bei den Haushaltspolitikern. Alle sind zufrieden und glücklich.

Man klopft sich gegenseitig auf die Schulter, lobt und preist sich. Doch die Kollateralschäden werden immer deutlicher. Das Hamsterrad dreht sich nur, wenn die Zinsen weiter niedrig bleiben. Mario Draghi könnte, selbst wenn er wollte, die Zinswende gar nicht mehr ernsthaft einleiten. Er wird leichte Zinserhöhungen auch mal austesten. Kleine Trippelschritte können wir erwarten. Doch der Markt wird ihn schnell eines Besseren belehren. Er kann nicht mehr agieren, sondern nur noch matt reagieren. Es ist schon lange ein „lame duck“.

Das ist die Konsequenz aus der Manipulation des Zinses. Wird der Preis für Geld vernichtet, fehlt der wichtigste Indikator in einer Marktwirtschaft. Investitionen werden fehlgelenkt. Sonst erfolgte Korrekturen finden nicht mehr oder zu spät statt. Zombiebanken und Zombieunternehmen werden halbtot weiter beatmet. Geld ist ja genug da. Dabei wird der Staat immer fetter und die Bürger merken es nicht einmal. Es herrscht Geldsozialismus. Nicht ohne Grund soll Lenin gesagt haben: „Wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“

Unterstützung
oder

Kommentare ( 28 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

28 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Reinhard Peda
5 Jahre her

Sklaven die nicht begreifen warum sie Sklaven sind. Dauerhaft Arbeitsplätze können nur von Firmen angeboten werden, welche über längere Zeit, am Markt, Gewinn erzielen. Gewinn ist alles oberhalb sämtlicher Produktionskosten. Energie und Rohstoffe haben keine eigenen Produktionskosten. Vom Grunde her gibt es nur drei Kostenfaktoren. Löhne, Gewinne und Steuern. Firmen können über längere Zeit nur Gewinne erzielen, wenn am Markt dauerhaft Kaufkraft vorhanden ist! Alle Gewinn-machenden Firmen ziehen Kaufkraft vom Markt ab. Löhne und Steuern können die (Massen-)Kaufkraft nicht von allein ersetzen, beziehungsweise in gleicher Höhe stabilisieren. Sie sollten den Staaten verbieten Schulden aufzunehmen. Oder Draghi verbieten Staatsschulden aufzukaufen. So… Mehr

Grumpler
5 Jahre her
Antworten an  Reinhard Peda

Das liest sich etwas wie eine neue Wirtschaftstheorie K.MRX2. Anstatt zu versuchen das Rad neu zu beschreiben lesen Sie doch einfach Fachbücher über Volkswirtschaftstheorie, Produktions- und Kostentheorie und überlegen einmal, wieso man von einem „Wirtschaftskreislauf“ spricht. Dann eiert das Rad nicht so sehr.

Markus Ehlert
5 Jahre her

Interessanter Artikel, aber was ist letztendlich die Konsequenz? Hyperinflation?

Und wie kann man sich darauf vorbereiten? Gold kaufen, oder Dollar kaufen? Farmland?

Wolfgang Lang
5 Jahre her

Bleibt nur noch das desillusionierte Warten auf den großen Crash. Draghi hat sicher schon eine Insel gekauft mit angegliederter Selbstversorgungsstruktur.

Riffelblech
5 Jahre her

Pardon ,sollte heißen : geschadet ,statt Geschäft

Riffelblech
5 Jahre her

Kein Bundeskanzler seit dem Kriege hat der Bundesrepulik Deutschland so sehr Geschäft ,wie die Merkelsche Kanzlerschaft . Leider ist auch die Führungsmannschaft der CDU zu einem billigen Merkelschen Klatschverein verkommen.. Und außer der AFD fressen doch alle anderen sog. Oppositionsparteien aus der Merkelschen Futterkrippe. Somit ist die AFD tatsächlich die einzige Alternative zum derzeitigen Regierungszirkus.

Doris die kleine Raupe Nimmersatt
5 Jahre her

Der crash kommt unausweichlich. Er wird immer nur weiter in die Zukunft geschoben und damit wird der crash dann immer heftiger werden.
Mir graust davor!

Als Gast
5 Jahre her

Weil sich wegen der Einkommenserhöhung der Angestellten des ÖD nun auch automatisch per Gesetz die Einkommen der Beamten und Politiker erhöhen, habe ich durch Zufall etwas anderes auf der Seite des „Vermögens Magazins“ erfahren. In Kuba haben die Arbeitnehmer monatlich 30 Euro verdient (30 Euro pro Stunde geht nicht), Fidel Castro dagegen 9000 Euro. Als er sich verabschiedet hat, lag sein Vermögen bei 775 Mio. Euro. Im sozialistischen Nordkorea hat Kim Jong-un ein Vermögen von 4,2 Milliarden Euro. Sein Luxusgüterkonsum aus anderen Ländern ist auch extrem angestiegen. So konnte er sich massenhaft Autos, Privat-Jets, U-Boote und Yachten anschaffen. Hat ja… Mehr

Tesla
5 Jahre her

Chrustschow soll einmal zum amerikan. Landwirtschaftsminister gesagt haben:

„Ihr Amerikaner seid so naiv. Nein, ihr werdet den Kommunismus nicht freiheraus annehmen, aber wir werden euch den Sozialismus immer wieder in kleinen Dosen füttern, bis ihr am Ende aufwacht und feststellt, dass ihr den Kommunismus bereits habt.“

Eysel
5 Jahre her
Antworten an  Tesla

Oh wie wahr!!!

G.P.
5 Jahre her

Die Party ist spätestens dann zu Ende wenn in den USA die Zinsen steigen. Dann muss die EZB nachziehen, ansonsten kommt es zu einem ungehemmten Kapitalabfluss aus der Eurozone. Mal sehen ob dann nicht das Euro-Kartenhaus zusammenbricht oder Deutschland massiv die Haushalte der anderen Euro-Staaten – besonders der am Mittelmeer – stützt. Die Wahl wird dann wohl sein Zusammbruch des Euro oder Transferunion. Mal sehen wie es ausgeht….

Eysel
5 Jahre her
Antworten an  G.P.

Das ist eine der Hoffnungen die ich habe.
Das ist EIN Weg der den Crash etwas „weicher“ verlaufen lassen kann.
Ihn allerdings auch in die Länge zieht.

Fluffi
5 Jahre her

Die Menschen die ihr Leben lang hart gearbeitet Steuern und Sozialabgaben bezahlt und ein paar Euro zur Altersvorsorge gespart haben zahlen die Zeche durch die Nullzinspolitik ja heute schon.
Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft bricht das Kartenhaus Europa von Merkel, Juncker, Draghi und Konsorten zusammen, dann wird die EU zerfallen. Der deutsche Michel wird den größten Teil der Rechnung zahlen müssen.

portofino
5 Jahre her
Antworten an  Fluffi

Bemerkenswert ist der Fatalismus, die Beherrschung, mit der die Deutschen auf all das reagieren. Massenproteste und Schlangen vor Banken sind nicht in Sicht. Obwohl Merkel u. Genossen, der Nation solche schon lange jede Vorstellungskraft und alle historischen Vergleiche sprengenden wahnwitzigen Verpflichtungen für Generationen aufhalst, herrscht gespenstische Ruhe. Das Leben geht im Augenblick noch weiter, fast ist es, als sei mittlerweile die Schwelle überschritten, hinter der noch irgendjemand durch irgendeine Summe zu erschüttern sei. Längst ist eine Überforderung erreicht. Der Tag wird kommen und unsere Sonnenkönigin wird sich für ihre jahrelangen Schandtaten am deutschen Volk vor Gericht verantworten müssen, Dazu braucht… Mehr

Ostfale
5 Jahre her
Antworten an  portofino

„Der Tag wird kommen und unsere Sonnenkönigin wird sich für ihre jahrelangen Schandtaten am deutschen Volk vor Gericht verantworten müssen“
Nie und nimmer.

Fluffi
5 Jahre her
Antworten an  portofino

Ein großer Teil der Deutschen zumindest der Westdeutschen lebt in einer Art Gleichgültigkeit gegenüber derPolitik. Es geht ihnen noch gut, alles andere interessiert sie nicht. Wenn alles explodiert werden sie aufwachen, aber dann ist es zu spät.