Was Rumänien und Juncker gemeinsam haben

Beides, die Ratspräsidentschaft Rumäniens und die Kommissionspräsidentschaft Junckers, sind ein Problem. Doch die Karawane zieht weiter ohne strukturelle Änderungen.

Ben Stansall/AFP/Getty Images

Die Europäische Union ist zweifelsohne in einer schwierigen Situation. Keiner repräsentiert das besser als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker höchstselbst. Als ausgerechnet er zum Jahreswechsel die Fähigkeit der rumänischen Regierung bezweifelte, die neue Ratspräsidentschaft übernehmen zu können, hatte das eine gewisse Situationskomik. Doch nicht nur die Präsidentschaft Rumäniens ist endlich, auch die Junckers.

Die Situation zeigt eines: Sowohl das Führungspersonal als auch die Strukturen der EU sind nicht mehr zeitgemäß. Allein der halbjährliche Wechsel der Präsidentschaft lässt, unabhängig von Rumänien, keine wirkliche Leitung zu. Dafür ist die Zeit zu kurz und die Erinnerung an die letztmalige Präsidentschaft zu lange her. Wenn Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 die Präsidentschaft übernimmt, dann ist die vorherige Präsidentschaft 13 Jahre her. Sollte Angela Merkel zu diesem Zeitpunkt noch Bundeskanzlerin sein, dann ist sie wohl die einzige Regierungschefin, die zweimal eine Ratspräsidentschaft in ihrer Amtszeit hatte. Selbst die Zusammenfassung dreier Präsidentschaften zu einem gemeinsamen Programm verbessert diese Situation nicht wesentlich. Dieses Verfahren stärkt eigentlich nur die Administration in Brüssel. Das ist durchaus in deren Interesse. Sie will ihren Einfluss ausbauen.

Auch ein schwacher Präsident der Kommission ist im Interesse der Administration. So kann sie ihr Eigenleben weitertreiben. Zwar war Juncker in seiner aktiven Zeit ein erfahrener Strippenzieher, aber dennoch ist er erkennbar nicht mehr in der Lage, das Amt auszuführen.

Was geschieht mit dem EURO?
Ausblick 2019: Steigen die Zinsen? Krachen die Banken?
Beides, die Ratspräsidentschaft Rumäniens und auch die Kommissionspräsidentschaft Junckers, sind ein Problem. Doch die Karawane zieht weiter ohne strukturelle Änderungen. Nicht einmal der Brexit wurde bislang als Chance für eine Erneuerung verstanden. Die Briten wurden in den Verhandlungen wie undankbare Gesellen behandelt. Man nimmt sogar wirtschaftliche Nachteile bei den verbleibenden Mitgliedsstaaten billigend in Kauf, nur um das EU-Projekt im status quo nicht zu gefährden. Dass eine als Freiheits- und Friedensprojekt apostrophierte Europäische Union von Nichtmitgliedern Tribut verlangt, nur damit Bürger in beiden Staaten die Waren des anderen kaufen dürfen, ist eine Perversion dieser Freiheitsidee.

Neben dem Brexit ist die Entwicklung des Euro das eigentliche Problem der EU. Die Mitgliedsstaaten haben die vergangenen neun Jahre seit der ersten Griechenland-Hilfe nicht genutzt, die wesentlichen Probleme anzugehen. Das Schuldenmachen ist nach wie vor zu einfach. Dies lähmt die Strukturanpassungen, die nötig wären, um die Wettbewerbspositionen im Süden zu verbessern. Die Target-Verbindlichkeiten des Südens gegenüber dem Norden der EU sind Ausdruck dieser Entwicklung. Die EZB manipuliert die Zinsen immer noch bis zum Abwinken. Noch gesunden Banken wird die Geschäftsgrundlage entzogen, fußkranke Institute werden dadurch künstlich beatmet.

Doch das eigentliche Problem ist die Kollektivierung der Risiken über die EZB und die durch die Bankenunion geschaffenen Institutionen. Diese Vergemeinschaftung gefährdet die Einheit der Europäischen Union, die historisch eigentlich eine Antwort auf die Uneinigkeit Europas sein sollte, indem sie die Saat für Zwist und Zwietracht legt.

Die mangelnde Rechtsstaatlichkeit Rumäniens muss sich die EU selbst ans Revers heften. Wo ist die Gleichheit vor dem Recht bei der Durchsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaketes? Seitdem Frankreich die Haushaltsvorgaben nicht mehr einhält, weil Emmanuel Macron den Gelbwesten nachgegeben hat, wird auch bei der Haushaltsaufstellung in Italien ein Auge zugedrückt. Vorher galt ein Vertragsverletzungsverfahren bis hin zu einer Geldstraße als unausweichlich. Es sind halt nicht alle gleich in der EU. Es gibt Mitglieder erster und zweiter Garnitur. Nur deshalb kann sich Juncker so über Rumänien äußern. Man stelle sich einmal vor, er würde dies über Frankreich oder Deutschland sagen.

Die Europäische Union sollte man dennoch nicht leichtfertig aufgeben oder infrage stellen. Vieles, was heute im grenzüberschreitenden Handeln von Personen und Unternehmen innerhalb der EU selbstverständlich ist, ist es in Wahrheit nicht. Vielleicht werden wir schon in wenigen Wochen mit dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU erleben, welchen Wert die Union für die Bürger hat.

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Kommentare ( 36 )

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Michael Theren
5 Jahre her

Die „Heilige Kuh“ ist die Westbindung, kulturell, zivilisatorisch und (Finanz-) wirtschaftlich.
Der Westen (also der angelsächsische way if life) geht seinem Untergang entgegen, das Deutsche Volk kann als solches nur eine Zukunft haben, wenn es sich wieder auf die Mitte besinnt und eine zentraleuropäische Kultur mit engen Bindungen an Rußland und China schafft.
Vom Kadaver der neuen Weltordnung müssen wir uns endlich lösen, Mitteleuropa wartet nur darauf.

T. Pohl
5 Jahre her

Man sollte eben niemanden, der nicht gesund ist (Ischias), auf Führungspositionen berufen.
(Hicks!)

schwarzseher
5 Jahre her

Es mag ja sein, daß die EU, wie der Autor meint, einige Vorteile für die Bürger hat. Diese sind aber die oft zitierten Erdnüsse im Vergleich zu den folgenschweren und zum Teil bleibenden Schäden ( chaotische Migration, vertragswidrige Staatsfinanzierung durch EZB, Überschuldung, Euro für nicht eurotaugliche Volkswirtschaften, bürokratischer und Milliarden verschlingender Wasserkopf in Brüssel etc. )

Eberhard
5 Jahre her

Die ganze EU in ihrer heutigen Verfassung ist ein Problem. Nie wurden die unterschiedlichen Interessen so deutlich, wie unter Merkels Einfluss. Der Abschied Londons ist ein großes Fiasko und hätte verhindert werden müssen. Schlimm wenn es nicht einmal möglich ist, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden. Da wird klein klein gewurstelt, mit Umwelt, Klima, Migration , dazu noch das Europroblem und rechts links Geplänkel, wie im vorigen Jahrhundert. Währenddessen macht sich eine neue angehende Großmacht still und leise auf den Weg zur Weltspitze. Ungerührt von all den angeblich großen und zum Teil sehr kleinen selbst geschaffenen Problemen der westlichen Welt.… Mehr

Old-Man
5 Jahre her

Eigentlich können wir in Ruhe und Gelassenheit die EU-Wahlen im Mai abwarten Herr Schäffler,dann wird sich höchst wahrscheinlich sehr vieles von dem was Sie hier angeführt haben relativieren.Man stelle sich vor die Orbans,die Sallvinis und Co. erreichen das ,wovor die anderen alle Angst haben.Dann wird sich einiges in der EU ändern,da bin Ich mir sicher,denn wenn die zweite Reihe ans sagen kommt,dann hagelt es in Brüssel. Das ein Juncker wieder einmal dummes Zeug von sich gab,seien wir gnädig,führen wir das auf „seinen Ischias“zurück,da kann der Verstand benebeln,der Gang unsicher werden,und das gesagte ,na ja, geschenkt! Bisher wird der Brexit in… Mehr

Achso
5 Jahre her
Antworten an  Old-Man

Es wird sich nichts ändern hier in Schland, denn der Endsieg wird kommen ,da sind sich alle einig, die unserer Merkeline am Rockzipfel hängen
Sie können einfach nicht anders.

Karl Napf
5 Jahre her

Mal das Ausschussverfahren angewendet:
Ueberragende Intelligenz ist es nicht.

Bummi
5 Jahre her

Wer hat denn Rumänien in die EU geholt? Allen war doch der Zustanddes Landes klar.

Martin L
5 Jahre her

Man kann z.B. eine Freihandelszone ganz ohne politischen Überbau machen. Auch ohne diese unbegrenzte „Personenfreizügigkeit“.
Für das alles braucht man nicht die EU.

Edu
5 Jahre her

„welchen Wert die Union für die Bürger hat.“
ad hoc fällt mir ein:
– CO2 Grenzwerte für PKW
– unsinniger NOx Grenzwert ruiniert gerade Dieselfahrer und Arbeitsplätze in der Autoindustrie
– Glühbirnen und Staubsaugerverordnung,
– CO2-Handel (grenzüberschreitend);
– Nullzinspolitik ruiniert die Alterssicherung (Lebensbersicherung, Bausparverträge , Betriebsrenten etc,) breiter deutscher Bevölkerungsschichten
– Unfähigkeit/Unwille die Außengrenzen zu schützen.
– Nichteingaltung der Maastrichverträge noch der Dublinregeln
– leider wird die Liste zu lang, breche besser hier ab.

Juncker ist das größere Problem. ein MPRumäniens kann mit seinem Team sicherlich EU-Frühstücksdirektor.

bkkopp
5 Jahre her

Mit Bezug auf FAZ, Welt und Bild – Meuthen muss etwas zu nötigen EU-Strukturreformen gesagt haben. Eine Schrumpfung des sogenannten EU-Parlaments auf 100 MEPs wurde wohl vorgeschlagen, und, ein Dexit in 2024 für möglich bezeichnet, wenn sich in 5 Jahren nichts ändert. Inhaltlich ist im Augenblick nicht mehr ermittelbar. Es scheint aber ein Anlauf zu sein, eine Reform der konstitutionellen Ordnung der EU, die unzweifelhaft dringend erforderlich ist, loszutreten. Man darf gespannt sein. Eigentlich hätte man ähnliche Vorschläge schon seit Jahren von der FDP anstatt der Lambsdorff’schen EU-Lyrik gewünscht.

Petra Horn
5 Jahre her
Antworten an  bkkopp

Die angeblich 30000 EU-Bürokraten, die mehr bekommen, als bei uns der Bundeskanzler verdient, müssen weg. Und noch ganz viele dazu!