Nicht nur der Sparer wird enteignet

Die finanzielle Repression hat eine viel breitere Dimension als die Enteignung der Sparer durch die Negativ- und Nullzinspolitik der EZB. Wir befinden uns in einem Wettlauf der Sparer, Anleger und Investoren auf der einen Seite und der Regierung auf der anderen Seite.

© DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images

Dass die Deutsche Bank und die Sparkassen sich aktuell gemeinsam gegen die Negativzinspolitik der EZB wehren, kommt nicht alle Tage vor. Meist sind die Großbanken und die Sparkassen in Regulierungsfragen nicht einer Meinung. Zu unterschiedlich sind deren Interessen. Vor der heutigen Zinsentscheidung blasen sie dennoch gemeinsam Sturm gegen das Vermächtnis von Mario Draghi, dessen Politik sowohl die Deutsche Bank als auch die Sparkassenorganisation lange Zeit unterstützt haben. Ihr mangelnder Widerstand zu Beginn der Eurokrise 2010 hat mit dazu beigetragen, dass die Politik des billigen Geldes so lange angehalten hat und auf absehbare Zeit fortdauern wird. Insofern tragen die Banken und Sparkassen in Deutschland auch eine Mitschuld an der Entwicklung.

Doch die Kollateralschäden der Geldpolitik der letzten 10 Jahre betreffen nicht nur die Banken und Sparkassen, die nicht vom Fleck kommen und an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, sondern natürlich in erster Linie die Sparer, die ihre Gelder sicher anlegen wollen. Sie flüchten in einer Zeit der Null- und Negativzinsen in Vermögensgüter – in Aktien und Immobilien. Letztere sind besonders von Regulierung betroffen. Das verkennen viele, die jetzt ihr Heil in Immobilienwerten suchen. Folgen der Politik der finanziellen Repression sind nicht nur die Negativzinsen, wie wir sie bei den Sparvermögen bereits kennen, sondern auch die regulierende Enteignung bei den Immobilien. Hier stehen wir wahrscheinlich erst am Anfang.

Historisch ist das nicht neu. Immer dann, wenn der Staat Probleme hat, werden Immobilieneigentümer besonders zur Kasse gebeten. In Deutschland wurde 1952 ein Lastenausgleichsgesetz verabschiedet, das über Jahrzehnte insbesondere Immobilienbesitzer mit Zwangshypotheken belastete, um Vermögen vom Bürger zum Staat umzuverteilen. Immobilien sind besonders für diese Umverteilung geeignet, weil diese Vermögen über die Grundbücher im Prinzip einfach zu erfassen und zu besteuern sind. Deshalb gibt es auch das Bestreben der politischen Linken, aus der Grundsteuer, die eine Realsteuer ist, eine Vermögensteuer zu machen. Also, eine Besteuerung zu wählen, die sich nicht nur auf das Objekt bezieht, sondern auf die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen.

Glosse
Nach-Wahl-Wehen: Handeln und nichts tun, reden und nichts sagen
Und auch die Mietpreisbremse, die seit 2015 gilt, ist eine Form der finanziellen Repression. Denn sie schränkt die Verwendung des Eigentums per Gesetz ein und minimiert die Ertragsmöglichkeiten. In die gleiche Richtung geht das Mietendeckel-Gesetz des Landes Berlin, das wahrscheinlich verfassungswidrig ist, weil die Länder hierfür keine Kompetenzen haben, aber den Geist der Entwicklung sehr präzise wiedergibt. Dem Land Berlin wird nach einem Scheitern vor Gericht aber sicherlich etwas Neues einfallen. Schon jetzt rufen sie danach, dass die Grundsteuer nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden darf. Und schon heute greifen die Länder und ihre Kommunen mit Erhaltungssatzungen in die Rechte der Eigentümer ein. Eine besondere Form dieses Eingriffs ist der Milieuschutz in Berlin, der den Zusammenhalt der derzeitigen Wohnbevölkerung zum Ziel hat. Investoren dürfen deshalb keine zweite Toilette oder ein größeres Badezimmer einbauen, die sich dann über eine höhere Miete refinanzieren. Eigentlich ist diese Maßnahme eine Diskriminierung von Zuzüglern. Sie haben keine Chance, eine Wohnung zu finden, wenn die Fluktuation von Wohnungen gar nicht stattfinden darf.

Die finanzielle Repression hat also eine viel breitere Dimension als die Enteignung der Sparer durch die Negativ- und Nullzinspolitik der EZB. Wir befinden uns in einem Wettlauf der Sparer, Anleger und Investoren auf der einen Seite und der Regierung auf der anderen Seite. Erstere verändern durch die Politik der EZB ihr Investitionsverhalten und sorgen bei Vermögensgütern für neue Blasen, deren Folgen die Regierung im Weiteren dann mit massiven Markteingriffen zu mildern versucht. Es ist diese Interventionsspirale, die der Ökonom Ludwig von Mises als Folge des Eingriffes in den Preismechanismus bezeichnet hat. Seine Kritik daran ist sehr grundsätzlich: „Der isolierte preispolitische Eingriff in das Getriebe der Marktwirtschaft verfehlt den Zweck, den seine Urheber durch ihn erreichen wollen; er ist – im Sinne seiner Urheber – nicht nur zwecklos, sondern zweckwidrig, weil er das ›Übel‹, das durch ihn bekämpft werden soll, noch steigert.“

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Kommentare ( 34 )

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Django07
4 Jahre her

Wo sind eigentlich die Konzepte der aktuellen Bundesregierung oder auch der Grünen? Sind das die drastischen Veränderungen sprich horrende Altersarmut auf die sich KGE so freut? Wie werden denn hier dem Bürger geholfen? Mit einer CO2 Bepreisung? Mit mehr noch Ge- und Verboten? Es ist erstaunlich, dass weder Bundespräsident, Bundeskanzlerin noch sonst wer ihren Wähler Mut und Hoffnung geben kann. Lieber spricht man bei Illner über andere Themen. Welche Auswirkungen dieser Beschluss für die Generationen haben wird, sprich die heute Mitte 30-40 sind, wäre doch mal ein schöner Beitrag für den Haltungsjournalisten Georg Restle. Thema: Ist Hr Draghi die unschönen… Mehr

Nibelung
4 Jahre her

Solange die Sparer diese Regierungskoalition wählen hält sich mein Mitleid in Grenzen, denn die könnten massiv Einfluß nehmen um die Taktik der EZB zu beeinflussen, die unter der Leitung eines Italieners den gesamten Süden zu Lasten des Nordens stützen, nur um ein Zwangskonglomerat zu halten was fast widernatürlich ist und somit kann man einen Verlierer bis zum heutigen Tage ausnehmen und das machen sie mit großem Einsatz und die leidtragenden sind die Deutschen und das Märchen, wir würden am meisten von der Einigung partizipieren ist haarsträubend, über die EU hinaus verschenken wir unsere Exporte um dafür dann Einnahmen zu generieren… Mehr

Odysseus JMB
4 Jahre her

Geht doch. Wohltuend, wenn einer über etwas schreibt, wovon er fundiertes Sachwissen besitzt. „Schäffler“ bleib bei deinem Leisten. Machen Sie Vorschlähe, wie es steuerpolitisch und wirtschaftlich in D (!) weiter gehen sollte, Lagarde droht. Ob da Macron, als Retter der EU, weiter von der FDP gebauchpinselt werden muss? Nur so ein Gedanke. Die FDP sollte sich endlich gegen alle Ohrenbläser „von oben“ (Geldgeber) darüber klar werden, dass „unsere nationalen“ Interessen/Ziele künftig nicht in der runden Ablage landen dürfen, um ein vorzeitiges Ableben, der schon länger hier Politik Betreibenden, zu vermeiden. Global governance (Multilaterismus) widerspricht immer mehr dem D im „fdp“.… Mehr

Ostfale
4 Jahre her

„Verdreher“ der Tatsache.

MartinS
4 Jahre her

Die derzeitige Politik hat, egal ob es um Zinsen, Mietregulierung oder CO2 Steuer handelt, nur ein Ziel, der Bevölkerung maximal viel Steuern ab zu pressen. Mit Hilfe ausgeklügelter Propaganda jubelt die Mehrheit sogar noch darüber. Aber wozu braucht der Staat bzw. die Politiker das viele Geld. Zum einen müssen sie ihre eigenen Schäfchen ins trockene bringen, dann müssen die Staatsdiener (Beamten und Richter) bei Laune gehalten werden, dazu muss Geld für die in Relation zur Rente exorbitant hohen Pensionen verfügbar sein und Last but not least müssen die Migranten finanziert und neue angelockt werden. Ziel dürfte tatsächlich die Islamsierung sein,… Mehr

manfred_h
4 Jahre her
Antworten an  MartinS

Mhh, UND vergessen wir nicht das unser Geld AUCH benötigt wird, um dies in der EU – und auch in der halben Welt, zu verteilen. Wobei ich der Meinung bin, dass wenn unsere Politik-Elite uns erzählt und weiß machen will, dass wenn unsere Steuergelder in der EU verteilt werden, dass wir als Exportland davon profitieren, auch nur ein verdummendes Blödgeschwafel ist. DENN zB vor der EU hat unsere deutsche Wirtschaft auch schon mächtig und gut exportiert und Deutschland profitiert. Ich bin ja mal gespannt, dass wenn es unsere Politik und EU-Brüssel geschafft haben Deutschland zu einen mittelmäßigen Allerweltsstaat oder Shithole-Countrie… Mehr

Mr. Meeseeks
4 Jahre her

Es ist schön dass Sie Ludwig von Mises erwähnen. Der amerikanische LMVI YouTube Channel heisst misesmedia und der deutsche misesde.

W aus der Diaspora
4 Jahre her

Bei der geplanten Klimaanleihe geht es gerade um Kleinsparer. Da die Einlagenhöhe auf 2.500,- Euro pro Person beschränkt ist, geht es anscheinend wirklich nur darum, dass sich jeder zumindest soviel Geld zurücklegen kann, wie mind. für eine Beerdigung gebraucht werden, ohne, dass dieses Geld dann auch noch, durch Minuszins, weniger wird. Mit den 2% Zinsen wird maximal die Inflation aufgefangen.
Ja, es ist irgendwie nicht sinnvoll, dass der Staat 2% Zinsen zahlt, wenn er 2% Nachlass kassieren kann. Da diese Ausgabe aber wohl tatsächlich in erster Linie die „kleinen Leute“ bekommen, finde ich das Ganze gar nicht so schlimm.

Fulbert
4 Jahre her
Antworten an  W aus der Diaspora

So lange die Inflation nicht ueber zwei Prozent steigt….Und wer garantiert das? Und warum lässt man dem Steuerzahler nicht durch Steuersenkungen derartige Geschenke direkt zukommen? Auf so eine idiotische Idee wie Klimaanleihen kann nur die Dilettantentruppe an der Spitze dieses Landes kommen.

GermanMichel
4 Jahre her

Die Frage ist ob hier die Banken eines von mehreren Opfern der Politik sind, oder ob nicht vielmehr schon die (Zentral) Banken die Politik bestimmen? Repressionen überall, die wichtigste natürlich die demografische, denn ein Finanzcrash und sogar ein nachfolgender Krieg sind schrecklich, aber dennoch ähnlich wie eine Dürre in der Serengeti: nach unendlichem Individuellen Leid, sobald es wieder regnet, gibt es einen Neuanfang, Überlebende und nächste Generationen haben ihre Zweite Chance. Demografische Repression ist dagegen eher wie das Ausrotten der Bisons in Nordamerika. Ein finaler Genozid, kein Neuanfang möglich, Game Over. Die Freiheit, Geld und Eigentum zu verlieren ist mehr… Mehr

Eugen Karl
4 Jahre her

Schöner noch wurde die Interventionsspirale durch Roland Baader beschrieben: „Die politische Kaste muß ihre Existenzberechtigung beweisen, indem sie etwas macht. Weil aber alles, was sie macht, alles viel schlimmer macht, muß sie ständig Reformen machen, das heißt, sie muß etwas machen, weil sie etwas gemacht hat. Sie müßte nichts machen, wenn sie nichts gemacht hätte. Wenn man nur wüßte, was man machen kann, damit sie nichts mehr macht.“

Alois Dimpflmoser
4 Jahre her
Antworten an  Eugen Karl

Ein wundervolles Zitat des großen Wirtschaftsphilosophen Roland Baader.
Ich lege die Bücher Roland Baader jedem, wirklich jedem ans Herz, der sich für
Wirtschaft und Geldtheorie interessiert.
Auf der Seite http://www.roland-baader.de/bucher-2/ gibt es 2 komplette Bücher
gratis, quasi zum Reinschnuppern! LESEN! Es lohnt sich! Versprochen!!!!

GermanMichel
4 Jahre her
Antworten an  Eugen Karl

Wenn die tatsächlichen Kräfte die das ganze Spiel antreiben ignoriert, kommt man natürlich zu solchen infantilen Ansichten.

In Wirklichkeit finden da brutale Machtkämpfe zwischen Gruppen statt, vertikal (wenige Reiche gegen viele Arme) und horizontal (korrupte verschlagene Schuldnerländer gegen sparende Produzenten). Das ist nicht anders als Anfang des 20 Jahrhunderts, und man sollte nicht vergessen wie vollkommen gewissenlos die Eliten aller Seiten in WW I und II Millionen für ihre Interessen geopfert haben

Alles andere als naiv, dümmlich und infantil.

Thorsten
4 Jahre her

Es ist klar erkennbar, dass diese Maßnahmen längefristig den Euro untergraben. Es wird versucht auf Kosnte der Sparer den Euro zu retten.

Problematisch wird es bei Großereignissen, wenn dann Großinvestoren den Euro verlassen wollen oder die Inflation extrem anzieht und die EZB kaum die Zinsen erhöhen kann.

horrex
4 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Den Wert des € retten???
Und wohin geht der Wert des € seit 10 Jahren???