Ist das Elterngeld sozial?

Den immer größeren und mächtigeren Staatsapparat zahlen die gleichen Bürger, die einen Teil davon als Elterngeld, Elterngeld Plus oder Partnerschaftsbonus zurückerhalten. Übrig bleibt ein Wust an unproduktiver Bürokratie.

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Es gibt zweifelsohne populäre Sozialleistungen des Staates. Das Elterngeld gehört dazu. Ursprünglich auf 12 Monate angelegt, sollte es jungen Familien eine Transferleistung für mögliche Einkommensverluste in der Frühphase der Kindererziehung bescheren. Steigt der Partner anschließend für 2 Monate aus dem Beruf aus, kann das Elterngeld auf 14 Monate erweitert werden. Die alte große Koalition hat das Elterngeld mit einem Elterngeld Plus nochmals erweitert. Seit dem 1. Juni 2015 können Mütter oder Väter bei halbiertem Elterngeld doppelt so lange zuhause bleiben. Damit kann das Elterngeld insgesamt auf 28 Monate ausgedehnt werden. Arbeitgeber müssen in dieser Zeit flexibel sein und einen Arbeitsplatz im Betrieb weiter zur Verfügung vorhalten. VW, Siemens oder der Staat als Arbeitgeber werden damit nur wenig Probleme haben, kleinere Handwerksbetriebe dagegen schon. Sie müssen Arbeitsplätze freihalten, befristen oder umbesetzen.

Das Ganze ist nicht ganz billig zu haben. Das ehemalige Erziehungsgeld kostete den Steuerzahler 2,9 Milliarden Euro. Inzwischen werden 5,85 Milliarden Euro für das Nachfolgemodell aufgewandt (2015). Eine Verdoppelung der Ausgaben innerhalb von nicht einmal 10 Jahren. 1,6 Millionen Nutznießer gibt es. Fast 75 Prozent des Etats des Familienministeriums wird alleine dafür aufgewandt.

Wer so viel Geld verteilt, muss zwangsläufig eine positive Bilanz ziehen. Die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley ist daher besonders stolz auf das neue „Elterngeld Plus“ und den „Partnerschaftsbonus“: „Das Elterngeld Plus hat dazu geführt, dass Frauen wieder stärker in den Beruf einsteigen können, und dass sich Väter mehr Zeit für ihre Kinder nehmen. Mit dem Partnerschaftsbonus ermutigen wir die Eltern, die sich Zeit für Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen möchten, diesen Wunsch auch umzusetzen“, meint die Ministerin.

Die wirtschaftliche Situation der Bezieher zeigt, dass das Elterngeld vor allem eine Transferleistung für die Mittelschicht ist. 84 Prozent geben ihre wirtschaftliche Situation vor der Geburt als gut oder sehr gut an. Lediglich 3 Prozent als (eher) schlecht. Nur 14 Prozent der Nutzer berichten über ein aktuelles Haushaltseinkommen von weniger als 2.000 Euro.

Doch ist es sinnvoll, Sozialtransfers an die Mittelschicht auszureichen? Ist es Aufgabe des Staates, Lebensentwürfe zu steuern und zu beeinflussen? Wäre es nicht sinnvoller, Transfers auf diejenigen zu beschränken, die nicht aus eigener Kraft ihre Existenz sichern können? Das wäre sozial. Das Elterngeld ist dagegen keine soziale Wohltat. Es ist eigentlich das Gegenteil. Es ist Ausdruck der Anmaßung und des staatlichen Paternalismus.

Der Staat, seine Regierung und sein Parlament maßt sich ein Wissen an, wie die Bürger leben wollen, welche Ziele sie haben und wie sie ihre Kinderbetreuung organisieren, das keine Familienministerin und kein Familienpolitiker hat. Es sind individuelle Lebensentwürfe, die so verschieden sind, wie die Menschen. Sie steuern zu wollen, macht nicht nur diejenigen abhängig von Transferzahlungen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen, sondern immer mehr Bürger, die es eigentlich könnten. Das führt letztlich zu einem immer größeren und mächtigeren Staatsapparat, den die gleichen Bürger bezahlen, die einen Teil davon wieder als Elterngeld, Elterngeld Plus oder Partnerschaftsbonus zurückerhalten. Übrig bleibt ein Wust an unproduktiver Bürokratie. Es ist eine Fata Morgana, die aber letztlich nur eine optische Täuschung des Steuerzahlers ist. Diese Art der Politik ist weder sozial noch gerecht, sondern führt am Ende zur Unmündigkeit der Bürger.

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Kommentare ( 46 )

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Thomas Böhme
6 Jahre her

Mein Vorschlag wäre, den finanziellen Nachteil eines Kindes von ca. 50000€ der Familie als Steuergutschrift zukommen zu lassen. Das ist fair und unbürokratisch!

Andreas Bartholomäus
6 Jahre her

Unter welchem Sozial[-ökonomisch]ismus war eine Bevölkerung bisher denn nicht politisch gleichgerecht Entmündigt? Selbst im erstbekannten Staatsgebilde Europas, der El-Argar Kultur ca. 2200-1500v.Chr., bestand eine sozialökonomisch totalitäre Herrschaft der Oberen 10%. In seiner gesamten Lehre als Ökonom und Sozialphilosoph galt Friedrich August von Hayeks Aufmerksamkeit der Auseinandersetzung mit jeder Art von Sozialismus. In „Die Verfassung der Freiheit (1960)“ betrachtete Er als wichtigste Begrenzung der staatlichen Zwangsausübung, dass diese nur nach allgemeinen Regeln erfolgt, nie jedoch willkürlich. Das Problem sei nicht, wer über wen herrsche, sondern wie viel Herrschaft die Herrschenden überhaupt ausüben dürfen. Reine Demokratie ohne Beschränkungen staatlichen Handelns lehnt er… Mehr

Marika Giese
6 Jahre her

Der Artikel ist voller sachlicher Fehler und das Fazit einfach nur dämlich! Niemand (bzw so gut wie niemand) könnte es schaffen, aus eignener finanzieller Kraft Kinder in der Stillphase angemessen zu betreuen.

Keine Kinder
6 Jahre her

In meinem Bekanntenkreis (überwiegend Akademiker) sind einige, die sich zweimal überlegen, ob sie ein Kind oder ein zweites bekommen. Es scheitert nicht daran, dass sie Kinder wollen, es scheitert daran, dass sie sich keine Kinder leisten können, bzw. ein sozialer Abstieg die Folge wäre. Es ist mir ein Rätsel, warum Herr Schäffler die Grenze bei 2000€ Haushaltseinkommen (netto oder brutto?) zieht. Er kann ja gern mal versuchen, in einer Stadt wie München, Hamburg, Köln, Frankfurt eine 3 Zimmerwohnung für weniger als 1000€ zu suchen. Bekannte von mir wollten jetzt mit dem zweiten Kind im Anflug in eine größere Wohnung ziehen.… Mehr

Damrau Markus
6 Jahre her

Der gedankliche Ansatz dahinter ist dem Autor wohl eher unbekannt: Anreize schaffen für eine höhere Geburtenrate in Deutschland und damit letztlich Rentensicherung!

Konrad H
6 Jahre her

Ungenügend recherchierter und subjektiver Artikel. Wieviel Geld bleibt denn genau in der Bürokratie hängen und wieviel wird ausgezahlt? Ohne Zahlen ist das reine Spekulation. Außerdem finanzieren die Elterngeld nehmenden Eltern das Elterngeld ja mit ihren eigenen Steuern, beim Arbeitslosengeld bekommt man auch mehr wenn man mehr einzahlt. Trotzdem stimme ich zu, dass für weniger Verdienende mehr getan werden muss, z. B. für Studenten. So wie es jetzt ist werden Menschen bestraft, die erst Kinder bekommen und dann arbeiten, während diejenigen die spät Kinder bekommen belohnt werden, da haben Sie schon Recht, dass in die lebensentwürfe zu viel hinein gegriffen wird… Mehr

Tom Hess
6 Jahre her

Ich hab es schon an anderer Stelle geschrieben. Das ist alles nicht mehr BRD, das ist DDR. Und ein Arbeiter- und Bauernstaat muss ja ohne moderne Energie und Industrie irgendwie seine gleichen Untertanen durchfüttern. Darum so ein Bürokratiemoloch.

Unbekannt
6 Jahre her

Die Höhe des Elterngeldes ist ein Witz.
Wenn man vorher schon nicht viel Geld verdient und nach der Geburt dann noch weniger hat, der wird gezwungen sein sein Kind in eine Einrichtung zu geben und wieder vollzeit arbeiten zu gehen.
Ist das Sinn der Sache??????

In meinem Fall war es noch schlimmer.
Habe vorher durch den Tod meiner Tochter lange Krankengeld bezogen.
Damit wurde ich noch härter mit der Geburt bestraft. Ich bekam nur 412 Euro monatlich. Mein Mann durch einen Arbeitsunfall arbeitslos, nur Arbeitslosengeld.
Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?????

hubert
6 Jahre her

Spalte , schwäche und herrsche ! Gemeinschaften lassen sich nun einmal schlechter beherrschen und sind daher wohl nicht erwünscht .

Steigert
6 Jahre her

Sehr gut erkannt. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und das Elterngeld auf die ersten 3 Jahre ausdehnen. Die Eltern sollten allerdings ein Äquivalent dessen bekommen, was ein Krippenplatz kostet! Nix Zwang sondern Auswahl! Anschließend sollte mal über eine vernünftige verpflichtende Rücknahme in die Arbeits- resp. Beschäftigungswelt nachgedacht werden, für die Frauen, die das wirklich wollen. Wenn ich bedenke wieviel Zeit und Geld verplempert wurde und noch wird um über diesen ganzen Gendermist nachzudenken, habe ich keine Angst, dass das nicht zu schaffen wäre. Wieviel Eltern könnten allein für die unnötigen und dann wegfallenden ca. 80 Proffessorx zu Hause… Mehr