Euro: Der neue Gold-Standard?

Was bleibt von Mario Draghis Amtszeit als EZB-Präsident? Nichts Gutes. Er wird in die Geschichte des Euro eingehen als derjenige, der Lirafizierung der Eurozone Vorschub geleistet hat. Und dann droht irgendwann, was schon Wladimir Iljitsch Lenin wusste: „wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“

© DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images

Ist der Euro der neue Gold-Standard? Das behauptet zumindest der spanische Ökonom Jesús Huerta de Soto, der 2013 die Hayek-Medaille der deutschen Hayek-Gesellschaft erhalten hat. Die Währung der EU sei so eine Art Gold-Standard für die ehemaligen Weichwährungsländer in Europa. Huerta de Soto ist offenbar nicht nur ein einflussreicher Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, sondern auch ein Anhänger des Euro. Sein Argument: die Südländer der Eurozone könnten nicht mehr ihre eigene Währung abwerten, um im Außenhandel preislich wettbewerbsfähig zu werden, sondern müssten nun durch Anpassungen im eigenen Land ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen. Diese Argumentation ist zumindest in Deutschland ungewöhnlich zu hören. Glaubt man hierzulande doch, dass der Euro eher das Gegenteil bewirkt habe.

Doch ganz abwegig ist Huerta de Sotos Argumentation erstmal nicht. Denn in einem festen Wechselkurssystem, und dieses ist der Euro-Raum seit 1999, kann nur durch eine Verbesserung der Standortbedingungen im eigenen Land die relative Produktivität einer Volkswirtschaft gegenüber anderen Wirtschaftsräumen innerhalb des Währungsraumes und auch außerhalb erreicht werden. Der Spanier argumentiert mit der Entwicklung seines eigenen Landes. Ohne die disziplinierende Wirkung des Euro wäre Spanien nicht so wettbewerbsfähig und die Interventionen des Staates weitaus größer. Die Zahlen Spaniens belegen das auf den ersten Blick. In den zurückliegenden vier Jahren wuchs die spanische Volkswirtschaft zwischen 3,6 Prozent und zuletzt 2,5 Prozent. Das Pro Kopf-Einkommen stieg in dieser Zeit um 18 Prozent und liegt wahrscheinlich in diesem Jahr erstmalig wieder auf dem Niveau des Jahres 2009. Das können nicht alle Länder in Europa vorweisen.

Dennoch ist der Vergleich mit dem Goldstandard irreführend. Aus mehreren Gründen. Der wichtigste vorneweg: Gold ist nicht manipulierbar. Die Goldmenge wächst jährlich um rund zwei Prozent. Daran ändert sich seit Jahrzehnten nicht viel. Dagegen wird die Geldproduktion im Euroraum von der Politik der EZB gesteuert. Sie ist äußert volatil. Zwar hat die EZB als vorrangiges Ziel, die „Preisstabilität zu gewährleisten“, doch dieses Ziel schafft sie nur auf den ersten Blick. Wer beispielsweise die Entwicklung der Vermögensgüterpreise in Deutschland anschaut, sieht sehr schnell, dass sowohl Aktien als auch Immobilienwerte in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen sind als die offizielle Zielmarke der Inflation von nahe 2 Prozent. Die EZB misst bei ihrem Inflationsziel lediglich die Entwicklung der Konsumgüterpreise anhand eines ausgesuchten Warenkorbs.

Besser ist dagegen, die Basis für Inflation zu betrachten, und diese liegt im Geldmengenwachstum. Denn dieses sagt etwas darüber aus, wieviel Geld insgesamt im Umlauf ist und so die Basis für künftige Preisanstiege von Konsum- und Vermögensgüter liefert. In den letzten 10 Jahren stieg die Geldmenge (M3) um 34 Prozent, die 10 Jahre davor um über 100 Prozent. Die Basis für die nächste Geldinflation hat die EZB durch die Schaffung von Zentralbankgeld, die zu einer Aufblähung der EZB-Bilanz geführt hat, bereits gelegt. Die EZB-Bilanzsumme stieg in den vergangenen 10 Jahren um rund 135 Prozent.

Die EZB betont in diesem Zusammenhang, dass dies alles notwendig sei. Würde die ausgewiesene Inflation deutlich über 2 Prozent steigen, dann könnte sie durch geldpolitische Maßnahmen nicht nur das Geldmengenwachstum drosseln, sondern auch wieder ihre Bilanz verkürzen.

Und hier kommen wir zu einem weiteren Grund, wieso der Euro kein Gold-Standard ist. Die EZB ist wahrscheinlich nicht mehr in der Lage, ihren geldpolitischen Kurs zu verlassen. Das zeigt auch die jüngste Ankündigung Mario Draghis. Würde Draghi einen härteren Kurs einschlagen, würde sofort eine Anpassungsrezession eingeleitet. Diese träfe nicht nur Deutschland hart, sondern würde die Staatsfinanzierung in weiten Teilen Südeuropas unmöglich machen und das Bankensystem in eine bedrohliche Lage bringen. Schon jetzt hat Italien mit 2 Billionen Euro die höchsten absoluten Staatsschulden in Europa. Würde das Zinsniveau signifikant steigen, wäre der Staatshaushalt in Rom in einer noch größeren Schieflage. Wahrscheinlich würde die gegenseitige Staaten-Banken-Abhängigkeit bei der Finanzierung noch weiter zunehmen und die Target-Verbindlichkeiten ebenso. Schon jetzt haben Italien (483 Mrd. Euro) und Spanien (400 Mrd. Euro) die höchsten Target-Verbindlichkeiten innerhalb der Eurozone. Letztere Zahl für Spanien zeigt auch, dass der Aufschwung dort fragil ist. Er ist getrieben von der Nullzinspolitik und der unkonventionellen Geldpolitik der EZB. Was bleibt also von Mario Draghis Amtszeit als EZB-Präsident? Nichts Gutes. Er wird in die Geschichte des Euro eingehen als derjenige, der nicht den Gold-Standard durch den Euro gebracht, sondern der Lirafizierung der Eurozone Vorschub geleistet hat. Und dann droht irgendwann, was schon Wladimir Iljitsch Lenin wusste: „wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“

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Kommentare ( 21 )

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Silverager
4 Jahre her

„Schon jetzt hat Italien mit 2 Billionen Euro die höchsten absoluten Staatsschulden in Europa.“ schreibt der Autor.
Nun, da kann Deutschland aber locker mithalten !!!
Die Schulden des Bundes belaufen sich auf 1,91 Billionen Euro. Hinzu kommt der Target2-Saldo, der 0,94 Billionen Euro beträgt. Summa summarum: 2,85 Billionen Euro.
Von den Schulden der Länder und Städte wollen wir erst gar nicht reden.

Wolf Larsen
4 Jahre her

Man kann nicht Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und gleichzeitig auch ein Anhänger des Euro sein. Das widerspricht sich fundamental.

Jemanden für so einen Schwachsinn auch noch eine Medaille umzuhängen zeugt eindrucksvoll welche Deppen in der heutigen Zeit herumlaufen.

Faktum ist, dass die ehem. DM-Hartwährungsländer Aber-Billionen mit dem Euro verloren haben und weiter verlieren.
Von den Sparern über Firmen und Banken bis zu den Versicherungsgesellschaften.

Hans Deutsch
4 Jahre her

Was glauben Sie, warum die Banken am liebsten heute schon das Bargeld abschaffen würden? Wer am Ende die Zeche zahlen soll ist doch offensichtlich!

Richard Beuthler
4 Jahre her

Stimmt ! Und da ITL keine solchen Renten-/Pensionsansprüche rausgehalten hat wie DE es getan, steht ITL dann auch gar nicht mehr so schlecht im Vergleich zu DE mehr da (wenn man diese unsichtbare Verschuldung hinzurechnet).

Ich habe diese Tatsache letztlich meinen Kinder mal nahebringen können … es herrschte danach für ein gewisse Zeit Schweigen im Raum !

Richard Beuthler
4 Jahre her

Vielen Dank für den Artikel ! Die Target-Salden sagen m.E. aus, daß die Euro-Zone nicht funktioniert. Statt sich in DE mittels Anleihen zu refinanzieren, überziehen die Notenbanken der PIGS-Staaten einfach ihre Konto bei EZB …. unverzinslich und ungesichert ! Und in DE solche Schuldtitel zu platzieren wird m.E. auch nicht funktionieren, weil der Risikoappetit der Kapitalsammelstellen und der privaten Anleger in DE wahrscheinlich ausreichen würde, um die Target-Salden der PIGS-Staaten auszugleichen. Insofern kann ich die Flucht in Sachwerte gut verstehen … wenn die Euro-Zone bei solchen „Sollbruchstellen“ doch noch zerbrechen sollte, sind alle auf Euro lautende Schuldtitel in Gefahr, durch… Mehr

Thorsten
4 Jahre her

Bei steigenden Zinsen käme auch die Bundesrepublik und ihre untergeordneten Körperschaften in extreme Schieflage.

Die Mehrkosten in zweistelliger Milliardenhöhe würden ALLES strangulieren…

Regenpfeifer
4 Jahre her

Eigentlich ist es eine Binse: Wenn man starke und schwache Währungen in einen Topf rührt, kommt etwas dabei heraus, was den einen Ländern als Währung zu weich ist und den anderen zu hart. Nur die Aussage, dass die „Rotweinstaaten“ im gemeinsamen Euro keine andere Möglichkeit hätten, als ihre Wirtschaft durch harte Reformen konkurrenzfähig zu machen -die stimmt nicht! Die Realität zeigt ja, dass die andere Möglichkeit darin besteht, einfach via TARGET2 (u.a.) fröhlich Schulden zu Lasten anderer zu machen. DE und einige andere Nord-Euro-Länder haben hier bereits solange den nützlichen Idioten gemacht, dass sich daran auch gar nichts mehr ändern… Mehr

Frank van der Valk
4 Jahre her

Lieber Herr Schäffler, danke für Ihre gute Beschreibung der Situation.Bei einer Aussage bin ich mir allerdings nicht sicher, ob das so stimmen kann?

„Die Goldproduktion wächst jährlich um rund zwei Prozent.“

Meinten Sie wirklich die Goldproduktion – oder etwa die weltweite Goldmenge?

rainer erich
4 Jahre her

In diesem Zusammenhang ist die Wende des Herrn Weidmann interessant, der – auf Druck der dominierenden Südländer und wegen seiner Nachfolgeambitionen / nun voll auf den Draghi- Zug aufgesprungen ist und Staatsfinanzierung durch die EZB ganz toll findet. Geht doch! Immer beweglich bleiben, für die meisten Deutschen glücklicherweise kein Problem.

Richard Beuthler
4 Jahre her
Antworten an  rainer erich

Habe ich auch so beobachtet ! Ein weiteres Alarmzeichen für alle Leistungsträger in DE bzw. in der gesamten Euro-Zone !
Der Staat wird via EZB also weiter Geldschöpfen bis der Arzt kommt und dadurch die Vermögenspreise aber durch Zweitrundeneffekte auch die Mieten und Produktpreise verzerren (nach oben).

Sonny
4 Jahre her

Die deutschen Bürger hatten kein Mitspracherecht bei der Einführung des Euro. Kohl hat uns zu Gunsten der Wiedervereinigung verschachert. Meines Wissens stammt aus diesem Thema auch das Kohl´sche Zitat: “ Ich kann doch bei so einer wichtigen Entscheidung nicht das Volk bestimmen lassen.“