Die Abneigung gegen Aktien ist ein Fehler

Nach schlechten Erfahrungen mit der Telekom-Aktie besitzt nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland Aktien oder Fonds. Dabei ist die Aktie langfristig die mit Abstand erfolgreichste Anlageklasse.

Thomas Lohnes/Getty Images

Was die Vermögensbildung betrifft, haben die Deutschen ein Trauma: Das Telekom-Trauma. 1996 privatisierte der Bund das Staatsunternehmen in mehreren Schritten. Begleitet wurde dies von einer breiten Werbekampagne, deren Gesicht der Schauspieler Manfred Krug war. Krug war populär und spielte in der ARD-Serie „Liebling Kreuzberg“ über viele Jahre einen schnoddrigen Berliner Anwalt.

Die T-Aktie sollte zu einer Volksaktie werden, die die Deutschen endlich vom unrentierlichen Sparbuch abbringen sollte. „Die Telekom geht jetzt an die Börse. Da geh‘ ich mit!“, war der griffige Slogan. Mit 17,25 Euro startete der Kurs am 18. November 1996. Im März 2000 lag er bei 102,80 Euro, um dann nach dem Platzen der Dotcom-Blase auf 8,15 Euro abzustürzen. Viele Anleger waren tief enttäuscht von ihrem teilweise ersten Aktienengagement.

Die Hartgesottenen blieben und erlebten einen zweiten großen Aufschwung, der 2007 bei 133,60 Euro jäh endete. Die letzte große Finanzkrise ließ den Kurs dann auf ein Tief von 7,70 Euro im Jahr 2012 abstürzen. Seitdem spielt die Aktie bei vielen Kleinanlegern und Altersvorsorgesparern keine Rolle mehr. Trotz der Tatsache, dass sich der Kurs der Telekom-Aktie seitdem wieder mehr als verdoppelt hat. Er liegt aktuell bei 16,55 Euro (19.02.2020).

Sicher gibt und gab es in Deutschland bessere Aktien als die Deutsche Telekom. Aber auch die Telekom hat sich für die Anleger gerechnet, die nicht einmalig auf ein Pferd gesetzt, sondern dies regelmäßig getan haben. Wer seit dem Börsengang der Telekom jedes Jahr 1.000 Euro investiert hat, konnte Ende letzten Jahres ein Vermögen von 38.480 Euro in seinem Depot verwahren. Dies entspricht einer jährlichen Kurs-Rendite von 3,9 Prozent. Hinzu kommt eine Dividendenrendite, die im Durchschnitt bei 4 Prozent lag. Zusammen haben Anleger, die regelmäßig und langfristig in die T-Aktien investiert haben, im Durchschnitt also 7,9 Prozent pro Jahr erzielt. Das ist nicht schlecht für eine Volksaktie, die im Langzeitgedächtnis der Deutschen ein so schlechtes Image hat.

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Heute halten nicht einmal 20 Prozent der Bürger in Deutschland Aktien oder Fonds. Dabei ist die Aktie langfristig die mit Abstand erfolgreichste Anlageklasse. Wer in den letzten 20 Jahren regelmäßig in den Deutschen Aktienindex investiert hat, konnte eine durchschnittliche Rendite von 8,8 Prozent pro Jahr erzielen. Ein Sparer, der seit 1977 jeden Monat 25 Euro in einen Investmentfonds einzahlt, der den Deutschen Aktien Index abbildet, hätte bei einer für diesen Zeitraum durchschnittlichen Rendite von 8,3 Prozent ein angespartes Vermögen von 103.000 erzielt. Wer es im langfristigen Durchschnitt zu einem Prozent aufs Sparbuch legt, hätte 15.650 Euro (also 87.350 Euro weniger) erzielt. Und auch eine Lebensversicherung, die vielleicht im Durchschnitt die Beiträge mit 3 Prozent verzinst, käme lediglich auf 25.200 Euro (77.800 Euro weniger).

Wer sich heute auf die gesetzliche Rente verlässt, akzeptiert die Armut im Alter – Grundrente hin oder her. Wer aber die Möglichkeit hat, regelmäßig zu sparen, dem droht ebenfalls die Altersarmut, wenn er falsch spart. Wer nämlich in die Schulden des Staates investiert, der spart falsch. Denn diese Schulden werden auch künftig keine oder nur eine geringe Verzinsung abwerfen.

Wichtig ist, sich von dem Irrglauben zu lösen, dass sich der Vermögensaufbau statisch entwickelt und man sich dabei auf den Staat verlassen kann. Menschliches Handeln ist der Ursprung von Veränderung. Es ist jenseits der menschlichen Macht, sie zu stoppen und ein Zeitalter der Stabilität herbeizuführen, in dem die ganze Geschichte zum Stillstand kommt. Es liegt in der Natur der Menschen, nach Verbesserungen zu streben, neue Ideen zu erdenken und die Bedingungen seines Lebens nach diesen Vorstellungen zu ordnen. Dieses System nennen wir Marktwirtschaft. Wer dagegen sein Geld in Schuldverschreibungen des Staates anlegt, der vergöttert den Staat, der einem väterlich Hilfe verspricht, aber langfristig versagt. Denn der Staat kann keine höhere Verzinsung oder Rendite bieten als es der Markt kann. Seine Minderleistung rechtfertigt der Staat mit seiner fast unbegrenzten Kreditwürdigkeit als Schuldner. Doch diese Illusion gilt es zu überwinden: Denn der Markt mag volatil sein und seine Launen haben – er hat aber auch seine Dynamiken, die langfristig nach oben zielen. Die Statik des Staates dagegen wirkt zwar bodenständig und stabil, ist aber vor allem zäh und bisweilen näher am Treibsand als am Granit.

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Kommentare ( 52 )

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52 Comments
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Britsch
4 Jahre her

Wenn Jemand noch keiner Aktien hat oder bessen hat und dem Aktien als Geldanlage empfohlen werden, dem empfehle ich sich zunächst einmal zu informieren z.B. Dirk Müller Vortrag für den Deutschen Bundestag „Hochfequezhandel“. Für Steigende und fallende Kurse sind heutzutage vielfach andere Dinge verantwortlich als gutes wirtschaften von Aktiengesellschaften. Da wird z.B. so manche Aktiengesellschaft die gesund da Steht von einer anderen übernommen und total ausgenommen. Die Aktionäre haben den Verlust. Oder es werden über eine Aktiengesellschaft unwahre Gerüchte gestreut (in Zeiten des Internets Verbreitung kein Problem) und diese dadurch an den Rand des Ruins gebracht. Hauptsächlich Kleinaktionäre verlieren ihr… Mehr

Horst
4 Jahre her

Die Mehrheit der Bürger vertraute den „Bankbeamten“ und Versicherungs-Heinis. Und die haben natürlich die hoch verprovisionierten Produkte verkauft. Die großen Vertriebsgesellschaften haben sich extra Produkte konzipieren lassen, die überdurchschnittlich hohe Kosten für den Kunden verursachten – und damit ihre Einnahmen maximiert.
Sie wissen, worauf ich anspiele, Herr Schäffler: Genau das war ihre (einzige) berufliche Tätigkeit, bevor Sie als Berufspolitiker vom Elfenbeinturm zu rufen begannen.

teanopos
4 Jahre her

wer jetzt in die Aktien geht ist ein Vollidiot.
Wir stehen vor dem nächsten Crash.
Was soll das?

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Den Deutschen ihre linke Gesinnung auszureden, ist schwer. Den Deutschen ihre Furcht vor der Aktie vor der auszureden, ist unmöglich.
Der Deutsche fürchtet Freiheit mehr als der Teufel eine Weihwasserdusche.

Albert Pflueger
4 Jahre her

Wenn man schon reich ist, empfiehlt es sich, das Vermögen aufzuteilen und diversifiziert anzulegen. Dabei gehören Immobilien, ETFs auf Aktien und auf Anleihen, sowie Gold zu den Assets. Selbstverständlich ist der Preis dieser Anlagen unter anderem von der in der Welt vorhandenen Geldmenge abhängig, genau wie von der Entwicklung der verschiedenen Weltregionen, die man berücksichtigen sollte. Wenn man das gut zusammenstellt, kann man davon ausgehen, daß man an der Wohlstandsentwicklung der gesamten Welt mit seinem Vermögen teilnimmt. Mehr kann man nicht erwarten, wenn man verlustavers ist und Sicherheit hoch schätzt. Jede dieser Anlageklassen schützt vor bestimmten Risiken. Immobilien sind dem… Mehr

Linda28
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Sehr gut zusammengefasst! So mache ich das auch! Bei der derzeitigen Nullzinspolitik vieler Zentralbanken werden Sachanlagen, also Aktien, Immobilien,Gold auch weiterhin stark an Wert zulegen. Ein Aktiencrash ist deswegen kaum möglich, da es ja wie vor15 bis 20 Jahren keine Alternativen in Form von Zinsen gibt. International wird es auch weitere Zinssenkungen geben sobald es Anzeichen für weltweite Wirtschaftskrisen gibt. CHINA UND USA werden wohl dieses Jahr noch ihre Zinsen senken. Dank Trump wird es wohl noch eine weitere Unternehmenssteuerreform in Amerika was dort auch die Kurse treiben wird. Schaut man sich die Gewinne der Unternehmen im Verhältnis zu den… Mehr

Imre
4 Jahre her

Schätze den Autor ob seiner kritischen Sicht auf viele Politikfelder sehr. Seiner (fast) ungeteilten Befürwortung der Aktie als Geldanlage kann ich jedoch nur stark eingeschränkt zustimmen. – Am Beispiel der Telekom-Aktie konnte man das Hochjubeln und manipulative Kursgestaltung eindrucksvoll erleben. (wie nachzulesen war) – Ursprünglich als Verschwörungstheorien diskreditierte argwöhnische Beobachtungen haben sich mittlerweile nahezu großflächig als praktizierte unredliche Einflussnahme interessierter Kreise / der Politik herausgestellt. Der angebliche „freie Markt“ ist zur Spielwiese von politischen Taugenichtsen und instit. Spekulanten verkommen. (Aktienkurse, Derivatemarkt, Marktmanipulationen verschied. Art- siehe D. Speck, T. Butler u.v.a. – Null- und Negativzinsen, Verkauf gefälschter Goldbarren der USA an… Mehr

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her
Antworten an  Imre

Ja, in einem freien Markt gibt es Spekulanten, Schnäppchenjäger und, man staune, Gauner. Na und? Wurde denn irgendjemand gezwungen, die T-Aktie für 100 zu kaufen?
Immer sind andere schuld an der eigenen Dummheit.
Welche Großkrise eigentlich? Die Welt dreht sich weiter, ganz egal ob ein winziges Ländle an die Wand fährt.

Milton Friedman
4 Jahre her

Herr Schäfer, Ihr Ansinnen in allen Ehren (ich teile Ihre Ansicht), nur fürchte ich, dass Ihre Fakten in einem Fass ohne Boden landen: Ein geistiges Fass, welches morsch und löchrig ist nach 200 Jahren Polemik gegen den Fortschritt (angefangen bei den Verlierern der Beendigung des Ständegesellschaft, über Antisemiten, Marx, Nazis, Habermas, 68er, bis zu den heutigen West- und Ost-Linken). Es ist immer leichter Verschwörungstheorien aufzustellen, als sie hinterher mühsam mit Fakten widerlegen zu müssen. Und deshalb: Sollen doch alle, die Grundlegendes in Sachen Finanzen sich weigern zu verstehen, aber umso mehr freimütig Halbwissen und Fake-News herumposaunen, den dafür fairen Preis… Mehr

conanthebarbarian
4 Jahre her
Antworten an  Milton Friedman

Das Problem ist nur, dass die sich die Habenichtse nachher an uns Aktionären schadlos zu halten versuchen, indem sie die dazu passenden Neidparteien wählen.

Edu
4 Jahre her

Herr Schäffler, der Median des Vermögens deutscher Haushalte (Sach- und Geldwerte) liegt bei rd. 60 Tsd. € – die Eigenheimquote bei etwa 45% – da sollte man nicht viel rum philosophieren – wenn Waschmaschine oder Auto neu angeschafft werden müssen, braucht man kurzfristig Kapital. Gehen Sie auf HV großer Konzerne, so finden Sie die Pensionäre der Firmen mit ihrem Depot an Mitarbeiteraktien -dürfte ein Teil der 20% sein.
Leider sind Aktien-/Wertpapierdepots keine geförderten Alterssicherungsmöglichkeiten – da hat keine Versicherung ihre Hand drauf und das ist …….

Desert Sled
4 Jahre her

Leute kauft Aktien. Einige Vorkommentatoren sind zwar der Auffassung, daß das Spekulation sei, dieser Ansicht ist jedoch nicht zuzustimmen. Wer Aktien kauft, investiert in ein Unternehmen und wird im Ergebnis Miteigentümer des Unternehmens. Es ist auch falsch, daß Aktien derzeit überbewertet seien. Die derzeitigen hohen Kurse zeigen lediglich den Wertverlust des EURO an. M.a.W. Nicht die Aktien werden immer teurer, sondern der EURO wird immer billiger. Der Verfall des EURO läßt sich aber offensichtlich nicht stoppen, so daß ich persönlich mit deutlich höheren Aktienkursen (in EURO) in naher Zukunft rechne. Besonders deutlich ist der Werteverfall des EURO am Goldkurs zu… Mehr

Boehm
4 Jahre her

1970 habe ich meine Berufsausbildung beendet und habe von da an immer in Aktien investiert. Da bin ich immer gut gefahren. Ich habe nicht in den „Neuen Martkt“ investiert, habe ich auf meine Kenntnisse verlassen und bin dabei immer gut gefahren. Jeder ist seines Glückes Schmied