Das Geld anderer Leute

Würde die EU nicht dauerhaft durch Markteingriffe falsche Anreize setzen, sondern Risiko und Haftung in der Hand der Menschen und Unternehmen belassen, würden viel schneller und wirtschaftlicher Anpassungen an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten stattfinden.

Symbolbild

Wenn in der nächsten Woche Theresa May offiziell den Antrag auf Austritt Großbritanniens aus der EU stellt, dann beginnt das Tauziehen. Erstmal mit Großbritannien selbst. Denn jede Scheidung ist teuer. Das ist im Privaten so wie auch zwischenstaatlichen Bereich. Die gemeinsamen Verpflichtungen und Zusagen müssen zum möglichen Scheidungszeitpunkt in zwei Jahren auseinandergerechnet werden. Dagegen rechnen muss man vielleicht die eine oder andere Vermögensposition, die auch mit britischem Geld angeschafft wurde. Doch unter dem Strich wird Großbritannien wahrscheinlich erheblich zur Kasse gebeten. Die Financial Times geht von Scheidungskosten von bis zu 60 Milliarden Euro aus, die auf London zukommen werden.

Über die Lücke, die anschließend im EU-Haushalt klafft, wird jetzt schon heftig gerungen. Immerhin hat Großbritannien 2015 11,5 Milliarden Euro mehr eingezahlt, als es über Programme und Transferzahlungen aus dem EU-Haushalt zurückbekommen hat. Großzügig hat der neue Außenminister Sigmar Gabriel angeboten, dass Deutschland mehr zahlen könne, da es besonders von der EU und dem gemeinsamen Markt profitiere. Das ist sehr großherzig von ihm. Der neue EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger springt ihm erfreut zur Seite. Der EU-Haushalt bringe einen echten „Mehrwert, wo man auf europäischer Ebene Projekte effizienter, kostengünstiger und erfolgreicher als auf nationaler oder regionaler Ebene finanzieren“ könne, so Oettinger in der FAZ.

Eigentlich müsste spätestens hier „Wahrheitsminister“ Heiko Maas einschreiten. Denn im Jahr 2000 formulierten die Staats- und Regierungschefs der EU die Lissabon-Strategie. Sie wollten innerhalb von 10 Jahren die EU zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt machen. Das ist nachweislich in die Hose gegangen. Den Grund dafür haben Milton Friedmans Ausführungen über das Geldausgeben des Staates geliefert:

„Es gibt nur vier Wege, Geld auszugeben: Man kann sein eigenes Geld für sich selbst ausgeben. Wenn man das tut, passt man wirklich auf, was man tut, und man versucht, das Maximum aus seinem Geld herauszuholen. Man kann sein eigenes Geld für jemand anderen ausgeben, zum Beispiel, wenn ich ein Geburtstagsgeschenk für jemanden kaufe. Dann achte ich weniger auf das Geschenk selbst, aber sehr auf die Kosten. Ich kann das Geld anderer Leute für mich selbst ausgeben. Und wenn ich das tue, werde ich mit Sicherheit gut zu Mittag essen! Und zu guter Letzt kann ich das Geld anderer Leute für andere Leute ausgeben. Und wenn ich das tue, dann interessiert mich nicht, wie viel ich ausgebe, und mich interessiert nicht, was ich für das Geld bekomme. Und so funktioniert der Staat.“

Die Europäische Union verliert 64 Millionen Einwohner (fast 13 Prozent) durch den Austritt Großbritanniens und 17 Prozent der Wirtschaftskraft, aber die Ausgaben sollen unverändert bleiben. Nur völlige Realitätsverweigerer können annehmen, dass dieser Verlust an Bevölkerung und Wirtschaftskraft keinen Einfluss auf die Höhe des EU-Haushalts haben wird. Der Brexit sollte als Chance genutzt werden, um grundsätzliche Veränderung der Ausgabenpolitik der EU zu diskutieren. Deutschland trägt offiziell mit 24,28 Milliarden Euro (2015) zum EU-Haushalt von 162 Milliarden Euro (2015) bei. Oft wird jedoch dieser Betrag kleingerechnet, indem Rückflüsse nach Deutschland für Struktur- und Kohäsionsfonds und die Agrarwirtschaft abgezogen werden. Wenn man dies tut, verbleiben für Deutschland „nur noch“ 14,3 Milliarden Euro (2015).

Wer braucht noch Handel?
CETA zeigt das Scheitern der EU
Was macht es für einen Sinn, dass Deutschland erst Milliarden an die EU überweist, um anschließend einen Teil dieses Geldes – vermindert um die Kosten von viel Bürokratie und Leerlauf – wieder zurück ins eigene Land zu bekommen. Schlauer wäre es doch, würde die EU nur dort tätig, wo tatsächlich Gemeinschaftsaufgaben notwendig sind. Hierzu zählen sicherlich die Außenpolitik, die Grenzsicherung im Süden Europas oder die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Marktes in Europa. Die irrige Annahme, die Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, von öffentlichen Investitionen oder die Subventionierung der Landwirtschaft würde Wohlstand schaffen, ist der Grundfehler europäischer Wirtschaftspolitik. Was haben denn diese Subventionen gebracht?

Griechenland hat seit seinem Beitritt 1981 bis zum Ausbruch der Krise 2010 über 133 Milliarden Transferzahlungen erhalten. Allein Deutschland steuerte bis dahin 69 Milliarden Euro bei. Spanien erhielt bis zum Ausbruch der Krise 157 Milliarden Euro, Portugal 72 Milliarden. 362 Milliarden Euro wurden allein für diese drei Länder aufgewandt. Heute sind Griechenland und Portugal pleite und Spaniens Schuldenstand war noch nie so hoch. Nur eine Abkehr von dieser falschen Politik kann Wachstum und Wohlstand in Europa schaffen. Den Irrweg, durch mehr Subventionen und Umverteilung in der EU Wachstum zu fördern, muss endlich beendet werden. Wer nicht in kleinlichen Aggregaten denkt, weiß: der Binnenmarkt nützt nicht nur den Bürgern in Deutschland, sondern allen in Europa. Würde die Europäische Union nicht dauerhaft durch ihre Markteingriffe falsche Anreize setzen, sondern Risiko und Haftung in der Hand der Menschen und Unternehmen belassen, würden viel schneller Anpassungen an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten stattfinden, ohne dass es zu Dauersubventionen und Verschwendung von Steuergeldern kommt. Das wäre die notwendige Strategie, um die EU innerhalb von 10 Jahren tatsächlich zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.

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Kommentare ( 71 )

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MarHel
7 Jahre her

Nix Ironie. Realismus.
Wir haben auch andere Aufgaben als eine ideologisch unterlegte („Volksschädlinge“) Strafverfolgung für Unfähigkeit. Das gilt übrigens auch für „Hate Speech“-Delikte, die aus einer Unfähigkeit zur angemessenen Meinungsäußerung entstehen.

KUNO
7 Jahre her

Und: was hat die Kartoffelqualität der Ukraine mit der politisch gewollten Abschaffung der Geschlechter zu tun? Vermutlich wissen Sie nicht, was das Wort „Gender“ wirklich bedeutet. Und: wenn alle Deutschen und alle Holländer nur noch ukrainische Kartoffeln wollen, dann wird es weder in Deutschland und auch nicht in den Niederlanden noch Kartoffelanbau geben. Das mag Ihnen egal sein. Mir nicht, weil ich für Vielfalt bin und nicht für Einfalt. Und genau das läuft der Globalisierung entgegen, bzw. die Globalisierung bringt genau diese Einheitskartoffel und den Einheits- Apfel hervor. Bezogen auf die Kultur: Alle Filme weltweit kommen dann nur noch aus… Mehr

KUNO
7 Jahre her

Nein, war keine Satire. Sondern überlegt und überdies der Wissensstand ernsthafter Wissenschaftler. Wie kann denn Trump sagen: Amerika zuerst! Wenn er das nicht genauso meint? Obama war ein Globalisierer und wurde aus gutem Grund abgewählt. Theresa May sagt dasselbe: Welthandel muss fair sein! Fair für wen wohl? Für das jeweilige Volk selbstverständlich. England und weitere Staaten verabschieden sich demnächst aus dem undemokratischen Globalisierungsverein EU. Ich bin der Ansicht, wenn einem Land infolge „Globalisierung“ die Deindustrialisierung und Verarmung droht, das dann eine Reform her muss, welche wieder nationale Interessen auf das Schild hebt. Von linksgrünen Sprüchen zum Thema Globalisierung halte ich… Mehr

KUNO
7 Jahre her

Da scheint in Ihrer Person „Cooper8“ wieder auferstanden zu sein.
Dieselbe gewerkschaftsnahe Verdrehung und die bedingungslose Anbetung des britischen Adeligen Keynes.
Das es sehr gute deutsche Ökonomen gibt, haben Sie anscheinend (bewusst) noch nicht mitbekommen (wollen).

Andreas Bartholomäus
7 Jahre her
Antworten an  KUNO

Was interessieren mich andere Ökonomen, wenn es inhaltlich im Artikel um Keynesianismus und Monetarismus geht?

Bernd Engelking
7 Jahre her

„… der Binnenmarkt nützt nicht nur den Bürgern in Deutschland, sondern allen in Europa“. Das hab ich schon mal anders gehört. Ich habe gehört, dass Deutschland sich durch seinen Export auf Kosten der schwächeren bereichert, oder bestärkt, wie man auch will. Ich habe gehört, dass Deutschland einen riesigen Niedriglohnsektor hat, was auch durch den Exportschwerpunkt begünstigt wird. Weiter habe ich gehört, dass Deutschlands Exportlastigkeit die Wirtschaft in den schwächeren Länder zerstört, und dass der Wohlstand zum großen Teil durch Ausbeutung der Schwellen- und Entwicklungsländer gelungen ist. Die auch hier großzügige Zerstörung der regionalen Wirtschaftsräume sei zum großen Teil auf die… Mehr

hasenfurz
7 Jahre her

Ich kämpfe jeden gottverdammten Tag dagegen…

bitbuerster
7 Jahre her

Und diese Staatsquote wird in Zukunft mit den „Antin Mulz und Martela Scherkels“ in Berlin auch weiter nur eine Richtung kennen: Aufwärts! -Das Blöde am Deutschen ist, dass er nur meckern kann, aber keine Konsequenzen zieht. Ich bin vor 10 Jahren in die Schweiz ausgewandert; hier zahle ich per direkten und indirekten Steuern _zusammen_ weniger als 40% -und das bei deutlich höheren Gehältern. Und vor allem: Einer Demokratie, die diesen Namen auch noch verdient und nicht jener Berlin-Brüsseler Illusion davon.. Ergo: Michel kann auch weiterhin schön meckern und glauben, dass alles irgendwie irgendwann besser wird. Oder er packt seine Sachen… Mehr

Hi Ko
7 Jahre her
Antworten an  bitbuerster

Geatuliere! Alles richtig erkannt und die Konsequenzen gezogen. Chapeau!

KUNO
7 Jahre her

Die französische Regierung und Helmut Kohl haben sich 1989/ 90 geirrt. Kohl gab des Drängen der Franzosen zur Preisgabe der DM und der Bundesbank nach. Das war ein Fehler, den Trump jetzt richtig benennt. Denn der Kurs der DM müsste im internationalen Verkehr höher sein, wie er jetzt durch die weichgespülten Euronen ist. Gleichzeitig hätten Frankreich, Italien, Griechenland und wohl auch Spanien weniger Probleme mit Ihrem Export. Und in Summe: der Euro ist das Problem. Auf die fehlende Abwertungsmöglichkeit hatten bereits lange vor Einführung des Euro 1999 viele Ökonomen zu Recht hingewiesen. Jetzt müssen die Franzosen die selbst eingebrockte Suppe… Mehr

Detlef Ka.
7 Jahre her

Ein Paradox, wir zahlen für den Frieden.(Punkt)
30000 Gehälter und immer neue Gebäude für nichts!
Die EU ist ein pontemkinsches Dorf.
Ohne Demokratie und ohne Zukunft.
Eur“opa“ ist Tod!

160.000.000.000,00€ für Nix, in 10 Jahren 1.600.000.000.000,00€ + Inflation u. Spass-Geld!

Nur für das allg. verstehen: 1,6 Billionen Euro in 10 Jahren könnte alle durch Hunger bedrohten Kinder dieser Welt vor dem Verhungern schützen!

KUNO
7 Jahre her
Antworten an  Detlef Ka.

Intelligenter wäre aber, wenn diese Kinder in der dritten Welt garnicht erst gezeugt würden. Wozu es einer Geburtenkontrolle bedürfte. Dann bräuchten diese später auch nicht verhungern.

Detlef Ka.
7 Jahre her
Antworten an  KUNO

So is es!

Herbert Wolkenspalter
7 Jahre her

Wer hat am meisten danach gedrängt, dass die EU ein Bürokratiemonster wird? Deutschland! Wer bekäme durch eigene Politik noch mehr Bürokratie, wenn die EU nicht wäre? Deutschland! Wer hat am meisten nach der EU-Erweiterung gedrängt und es den Beitrittskandidaten mit Aussicht auf mehr Geld schmackhaft und durch den Euro auch möglich gemacht? Deutschland! Wer hat es am meisten nötig, von der EU-Gerichtsbarkeit zurückgepfiffen zu werden, weil sonst die eigenen Parteien den Rechtsstaat mit seinen grundgesetzlichen Absichten in Gefahr bringen? Deutschland!