ARD und ZDF: Reförmchen entfalten keine Akzeptanz

Den Einsparungen von 1,2 Milliarden stünden im gleichen Zeitraum mindestens 64 Milliarden Euro Beitragseinnahmen entgegen. Es sind also gerade einmal 1,9 Prozent im Verhältnis zu den Beitragseinnahmen, die eingespart würden - und das über 8 Jahre!

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Eines ist heute schon klar: Der Rundfunkbeitrag wird nicht so bleiben wie bisher. Inzwischen sind die Einschläge zu häufig und zu nah, als dass ARD und ZDF so unbeschwert weiterwursteln können wie in den letzten Jahrzehnten. Das wohl Dramatischste ist, dass sich seit kurzem das Bundesverfassungsgericht wieder grundsätzlich mit dem Rundfunkbeitrag beschäftigt. Mit einem Katalog an Fragen hat sich der Erste Senat in Karlsruhe an die Staatskanzleien der Länder gewandt. Dies alles mit einer kurzen Frist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst den Rundfunkbeitrag in Teilen für verfassungswidrig erklärt: Die Erhebung des zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen sei nur in denjenigen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar, in denen der Betriebsstätteninhaber durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten oder eines Internetzugangs die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen, so die Leipziger Richter.

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Das ist ein Novum, denn bislang galt, dass unabhängig vom Empfang oder dem Vorhandensein eines Rundfunkgerätes der Zwangsbeitrag entrichtet werden musste. Seit das alte Gebührenmodell, dass nur Besitzer eines Geräts bezahlen mussten, 2013 durch ein Beitragsmodell für alle ersetzt wurde, hat dies ARD und ZDF einen enormen Zuwachs an Einnahmen beschert. Zuletzt auf über 8 Milliarden Euro.

ARD und ZDF haben bereits auf die wachsende Kritik reagiert. Der Rundfunkkommission der Länder haben die Spitzen der Sender jetzt ein Reformpaket überreicht, das die ARD-Vorsitzende als „größten Reformprozess in der ARD-Geschichte“ angepriesen hat. Zwischen 2021 und 2028 wollen beide Sendergruppen 1,2 Milliarden Euro einsparen. Doppelstrukturen sollen abgeschafft, die IT vereinheitlicht und Kapazitäten gebündelt werden. Alles sicherlich sinnvolle Dinge, um die angestrebte Beitragsstabilität zu erreichen. Michael Hanfeld hat dieser Tage in der FAZ die Zahlen ins rechte Licht gerückt und den Finger in die sorgsam verborgene Wunde gelegt, indem er das Einsparvolumen über acht Jahre mit dem zu erwarteten Beitragsaufkommen vergleicht.

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Den Einsparungen von 1,2 Milliarden stünden im gleichen Zeitraum mindestens 64 Milliarden Euro Beitragseinnahmen entgegen. Es sind also gerade einmal 1,9 Prozent im Verhältnis zu den Beitragseinnahmen, die eingespart werden – und das über 8 Jahre! Er verweist auch darauf, dass die Altersvorsorge bei ARD und ZDF immer noch weit über vergleichbaren Absicherungen im Öffentlichen Dienst hinausgehen und daran auch das Reformpaket nicht grundsätzlich etwas ändere. ARD und ZDF geht es um ein „Weiter so“. Sie wollen ihre Dominanz nicht freiwillig aufgeben. Das ist nicht verwunderlich. Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.

Die Rundfunkordnung wird sich ändern müssen, ansonsten gehen immer mehr Beitragszahler auf die Barrikaden. Heute sind 10 Prozent der Beitragskonten bei ARD und ZDF im Mahnstatus. Über 21 Millionen Mahnungen wurden in einem Jahr vom sogenannten Beitragsservice versandt. Fast 900.000 Vollstreckungsersuchen pro Jahr werden von ARD und ZDF erwirkt. Wer so viel Widerstand bei seinen Zwangskunden erfährt, kann nicht so weitermachen wie bisher. Und er kann und darf sich nicht mit Reförmchen begnügen, insbesondere dann, wenn sich das Nutzerverhalten grundlegend verändert.

[inner_post 3] ARD und ZDF dürfen sich vor allem nicht einfach neue Geschäftsfelder erschaffen, als ob sie niemandem Rechenschaft schuldig wären. Ihr Vordringen im Netz ist so ein unlauterer Wettbewerb, um Amazon Prime, Netflix und Co. unfaire Konkurrenz zu machen. Auch das kostet das Geld des Beitragszahlers. Und wieso überhaupt wollen die Sender jetzt auch noch textliche Inhalte anbieten? Fehlt es dazu an Angeboten im Markt? Oder schaffen es nicht Medien wie die FAZ oder auch Tichys Einblick, sich ohne staatliche Subvention am Markt zu behaupten? Darauf müssen die Staatskanzleien der Länder eine Antwort finden, wenn sie dem Verfassungsgericht zur Zukunft des Rundfunkbeitrages antworten. Eine Rundfunkordnung kann nur dann dauerhaft Bestand haben, wenn sie allgemeine Akzeptanz entfaltet, ansonsten geht sie in der Praxis unter.

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Kommentare ( 10 )

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hasenfurz
6 Jahre her

Sie haben Recht, natürlich. Man kann aus einem Schweineohr kein Seidentäschlein machen, und der Fisch stinkt vom Kopf. Zunächst ist festzustellen, der RStV wie GG Art. 5 definieren ganz klar die von Ihnen reklamierte Neutralität. Ob sowas wie Presse überhaupt staatlicherseits in irgendeiner Form stattfinden sollte, da bin ich ganz bei Ihnen und bei einer nicht intellektuell abgewirtschafteten, sedierten und gezielt unter permanenten Reizstreß wie sozialen ‚Performance‘ Druck gestellten Bevölkerung wäre das Thema schnell ad acta. Bitte beachten Sie jedoch, das Niveau von Tichys Einblick und Leserschaft ist nicht das Niveau der durchschnittlichen Medienkonsumenten oder Wähler, und daher nicht verallgemeinerungsfähig.… Mehr

Da Vi
6 Jahre her

Ich sehe so gut wie nie die ÖR. Außer das heute journal und zwar zu meiner persönlichen Belustigung. Es ist einfach zu herrlich, wenn Claus Kleber mit diesem anklagenden Blick über die Übel dieser Welt referiert und alles ganz mundgerecht in Gut und Böse einteilt. Ja, da fühlt man sich gleich ganz betroffen und so abgrundtief schuldig, dass man einfach nur noch zu „den Guten“ gehören will. Diese Muppetshow wird aber erst so richtig vollkommen, wenn er dabei noch von Marietta Slomka flankiert wird, die dermaßen eindringlich in die Kamera stiert, als gelte es einen Anstarrwettbewerb zu gewinnen und dabei… Mehr

Randall Flagg
6 Jahre her

Machen Sie mit! Ich gehe mittlerweile in den 4. Monat und fühle mich sehr gut dabei.
Deren Briefe werfe ich ungelesen in die blaue Tonne.

Randall Flagg
6 Jahre her

Die können Reformen einleiten wie sie wollen. Von mir gibt es nie wieder einen Cent. Ich habe das Zeug nicht bestellt, nirgends einen Vertrag unterschrieben, oder dergleichen. Ich weiß, die haben diese „Kleinigkeiten“ einfach umgangen, aber ich habe noch ein wesentlich stärkeres Argument, aus meiner Sicht. Diese Kraken kommen ihrem gesetzlich festgelegten Auftrag nicht nach und verbreiten neben Staatspropaganda auch noch konkrete Lügen. Deswegen sehe ich mich nicht verpflichtet, dieses Projekt zu unterstützen. Ein Bsp ist ja derzeit, dass die ÖR melden, der Amokläufer von München, also der Daoud, aus dem ein David wurde, haben aus rechten Motiven gehandelt. Man… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Vor allem ist es eine bodenlose Unverfrorenheit, wenn Carola Wille (SED; DDR-Juristin) immer wieder von der Erhaltung der „Qualität“ des Programms der ARD spricht. Wenn die ganzen Tatort-Wiederholungen nicht mehr gesendet würden, bliebe der Schirm sehr oft schwarz. Über die „Qualität“ der Produktionen der Anstalten will ich gar nicht erst anfangen, ebenso wie von der gesetzlich geforderten „Unabhängigkeit“ der Politik-Quasselshows (z.B. Will’s Wahlwerbungs-Plauderstündchen mit Merkel; Illner (SED), die auch noch so dämlich war, coram publico zuzugeben, Vertreter der A*D dieses Jahr [wissentlich?!] nur zwei Mal (!!) eingeladen zu haben). Ich will unabhängige Berichterstattung und kein Staatsfernsehen à la DDR-2!

Suprav32
6 Jahre her

Sie glauben also wirklich das BVerfG wird was ändern! Dieser Einschätzung kann ich nicht folgen. Am BVerfG sitzen Parteimitglieder und die werden niemanden weh tun, schon gar nicht beim Kampf gegen Rechts. Da die ARD und das ZDF sich diesen Kampf gnadenlos bis zur Verblödung verschrien haben, die Moderatoren wie Kasperle im Theater sich aufführen, lügen das sich die Balken biegen, wird sich an der Struktur nichts ändern! Wir werden auch in Zukunft die GEZ = Demokratieabgabe ( = Hr. Schönenborn Intelligenzia des ZDF) bezahlen müssen. Müssen wir eigentlich auch eine Demokratieabgabe zahlen wenn es gar keine Demokratie mehr gibt?… Mehr

Rapsack
6 Jahre her

ARD und ZDF sind als „unhabhängige“ Medien mit Zwangsbeitrags Finanzierung installiert worden, um „neutrale“ politische Information bereit zu stellen. Das war der Auftrag der den Zwang Beitrag leisten zu müssen rechtfertigte. Denn man hatte Angst, dass bei nur sehr wenigen Medien der Bürger in eine bestimmte Richtung manipuliert werden könnte. Man sah das als ein Demokratie Abgabe an. Ich habe ernste Zweifel ob die Vorraussetzungen heute überhaut noch gegeben sind. Und warum Sport und andere Unterhaltungsendungen überhaupt im Program sein darf. Auch bei den politischen Beiträgen wird die neutralität nicht gewährt. Die Beiträge zur AFD oder AFD-Beteiligung zeigten das deutlich.… Mehr

Bernd Schreller
6 Jahre her

Die Zwangsabgabe wurde zum letztmöglichen Zeitpunkt eingeführt. Etwas später wären zu viele Junge, die sich die Lebenszeitvernichtungsmaschine inkl Gehirnwaesche immer weniger antun, auf die Barrikaden gegangen. So konnten noch genügend Aeltere für die Durchsetzung benutzt werden, die immer schon GEZ gezahlt hatten, und nun ihr Gerechtigkeitsempfinden kühlen konnten, dass sie nicht mehr für die vielen Schwarzseher mitbezahlten. Durch die kaum genutzten Internetauftritte wurde doch wohl den ‚Oeffentlich-Rechtlichen‘ die rechtliche Handhabe gegeben, Nicht-Glotzenaffinen das Zwangsgeld aus der Tasche zu ziehen. Nur deshalb dürfen doch auch Nicht-Seher abkassiert werden. Das war doch wohl der einzige Grund für die Internetauftritte der Abzocker, wenn… Mehr

Franz Schmid
6 Jahre her

Die Anstalten müssen komplett zerschlagen werden.Ich sehe keine Reform. Wieso? Weil zu viele am Trog essen: Politik, Kirchen, Gewerkschaften, Proporz, Minderheiten, Angestellte mit einem Schlaraffenleben. Mainstream Vorreiter, nach Macht lechzend

alNamrood
6 Jahre her

>Doppelstrukturen sollen abgeschafft, die IT vereinheitlicht und Kapazitäten gebündelt werden.

Kein Wort über Einschnitte im Programm. Genau da liegt aber der Hund begraben, bei den Serien die der ÖR nur für sich und seine Angestellten produziert die aber gar niemand braucht oder will. So lange unsere Medien insgesamt ein geschlossenes System sind wird sich daran auch nichts ändern. Dem ÖR geht, genau wie den meisten Teilen des Regierungssystems, nur um das Erhalten der warmen Sessel und vollen Futtertröge.