Wegen behaupteter Verfahrensfehler wird die Landesliste der sächsischen AfD, die laut Umfragen mit der CDU um Platz 1 kämpft, drastisch zusammengestrichen.

Der Sachverhalt, um den es hier geht, ist dramatisch. Doch die öffentliche Aufregung in der Republik hält sich sehr in Grenzen. Denn das Opfer ist die ungeliebte AfD, die Schmuddelpartei, die „Nazi-Partei“. Man muss sich einen Augenblick vorstellen, was los wäre, wenn eine eingereichte Landesliste der Grünen vom zuständigen Wahlausschuss mit den Stimmen aller anderen Vertreter so massiv zusammengestrichen worden wäre wie die der AfD am vergangenen Freitag in Sachsen. Die Grünen – statt der AfD – rangelten in den Umfragen mit der CDU um Platz 1 und könnten bei der Landtagswahl am 1. September mit etwa 30 Mandaten rechnen. Und der Wahlausschuss striche kurzerhand 43 Kandidatinnen und Kandidaten wegen angeblicher Formfehler von der Liste, so dass nur noch 18 Bewerber übrig blieben. Das grüne und linksliberale Milieu würde kochen. Die Wahlmanipulation und die mit juristischen Tricks erfolgte Ausgrenzung einer unliebsamen Konkurrenz würde allenthalben beklagt. Nur mit üblen Machenschaften des etablierten Parteienkartells solle ein Wahltriumpf der schlecht beleumundeten Konkurrenz verhindert werden, tönte es auf allen Kanälen.
Juristisch versucht die sächsische AfD jetzt mit Verfassungsbeschwerden in Form einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, dass der Entzug des passiven Wahlrechts eines Großteils ihrer Kandidaten gerügt wird. Ob dieser juristische Widerstand Erfolg hat, ist ungewiß, die möglichen Konsequenzen für die ordnungsgemäße Wahl erst recht. In einem FAZ-Interview unterstützte der Rechtswissenschaftler Martin Morlok die Entscheidung des sächsischen Wahlausschusses und dessen „streng formale Sichtweise“, eine fehlerhaft zustande gekommene Liste einfach massiv zusammenzustreichen.
Politisch versucht die AfD in Sachsen jetzt mit einer Erststimmen-Kampagne auf die Ausgrenzung zu reagieren. Denn mit vielen errungenen Direktmandaten könnte die Partei – trotz der drastisch gekürzten Landesliste – doch mehr als 18 Mandate erringen. Allerdings stehen viele der aussichtsreichen Wahlkreisbewerber schon auf den 18 Plätzen der zugelassenen Liste, führten folglich zu keinen zusätzlichen Mandaten. Außerdem werden sich die anderen Parteien – von CDU bis Linkspartei – mit Sicherheit zu einer „Anti-AfD-Front“ verabreden und ihren Wählern empfehlen, dem Kandidaten die Erststimme zu geben, der den AfD-Bewerber im jeweiligen Wahlkreis am ehesten schlagen könnte. Das Modell hat vor wenigen Wochen bereits im OB-Wahlkampf im sächsischen Görlitz funktioniert.
Eine Schlussfolgerung ist für mich aus der Causa Sachsen aber bereits zu ziehen: Politisch ist die mit Formfehlern begründete Zurückweisung der AfD-Landesliste hochgradig dumm. Damit bedient das Parteien-Establishment doch die Märtyrerrolle der AfD: „Alle gegen uns!“ Das ist Wasser auf die Mühlen des Bürgerprotests. Da kann man doch fast sicher damit rechnen, dass sich der Ostwähler-Frust erst recht in einer Stimmabgabe für die AfD entlädt. Danach vergießen dieselben Parteien, die mit ihrer inflationär gebrauchten „Nazis raus“-Melodie die Stigmatisierung und Ausgrenzung einer immer größer gewordenen AfD-Wählerschaft betrieben haben, Krokodilstränen über den vermeintlich „braunen“ Osten.
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117 Kommentare auf "Wahllisten-Entscheid in Sachsen: So grenzt man unliebsame Konkurrenz aus!"
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Die ersten drei Worte „wegen behaupteter Verfahrensfehler“ treffen den Nagel am besten auf den Kopf. Mit drei Worten ist da die ganze Wahrheit getroffen.
Es lebe die Willkür mit der man verhindern kann daß andere Meinungen eventuell eine Mehrheit und entsprechend Gewicht / Macht bekommen.
Ich denke da kann man im Endeffekt nur noch durch offenen Aufruhr etwas erreichen und muiß etliche zum Teufel jagen.
Das ist ein Eigentor für CDU & Co. und eine Steilvorlage für noch mehr Protestwähler. Die AfD wird davon ganz sicher profitieren.
Eine Wahl wie in der DDR. Eine Farce. Formfehler sind wichtiger als das Abstimmverhalten der Wähler.
Entscheidend ist, dass die AfD stets durchblicken lässt, die Altparteien dereinst genau so zu behandeln wie sie von diesen heute behandelt wird.
Man kann deutsche Linke nicht als Musterdemokraten behandeln, schon gar nicht, wenn sie jeden wissen lassen, dass sie keine sind. Und es sind in den seltensten Fällen welche.
„………gebe allen Verschwörungstheorien Nahrung,…..“ Sind es nur „Verschwörungstheorien“?, darf man inzwischen fragen. Ich halte derartige Vorgänge nicht nur für „dramatisch“. Ich halte sie für tragisch. Die Demokratie geht zu Schanden und, das ist die Tragödie, kaum jemand fühlt sich berufen Sie vehement zu verteidigen. Damit entlarven sich die Demokraten als Scheindemokraten. Es steht tatsächlich weitaus mehr auf dem Spiel, als eine umstrittene „streng formale Sichtweise“ eines Wahlausschusses. Auf dem Weg zur gelenkten Scheindemokratie ergeht man sich vorzugsweise in juristischen Debatten, damit die Entlarvung niemandem auffällt. Ein weiterer Akt im schleichenden Prozess der Tragödie um die deutsche Demokratie.
„Damit bedient das Parteien-Establishment doch die Märtyrerrolle der AfD“.
Die AfD soll mit Wahlmanipulationen um ihren Erfolg gebracht werden (und damit natürlich auch der AfD wählende Bürger ) …. und Ihr Gedanke dazu ist, es könnte ja den Konservativen nutzen.
Der Kompass der Gesellschaft ist wirklich komplett verloren gegangen. Nicht das außer Kraft setzen wollen des Wahlergebnisses beunruhigt Sie, sondern „die Märtyrerrolle“ der AfD.
Und nicht zu vergessen: „das Wasser auf die Mühlen“ von …
Gerade so, als würde man nicht den Betrug von Falschspielern als solchen kritisieren, sondern nur die Gefahr, dass dies die Mitspieler sympathischer mache …