GroKo-Motto: Nach uns die Sintflut!

Die Große Koalition III unter Angela Merkel hat kostspielige Folgen. Die Nachhaltigkeitslücke für Staat und Sozialversicherungen steigt um rund 60 Prozentpunkte.

Axel Schmidt/AFP/Getty Images

Mit Hilfe von Generationenbilanzen lassen sich die langfristigen Wirkungen der Fiskal- und Sozialpolitik eines Staates quantifizieren. So können wissenschaftlich tragfähige Analysen über die Nachhaltigkeit politischer Entscheidungen und ihre intergenerativen Verteilungswirkungen erstellt werden. Würde eine Regierung im Stil eines ehrbaren Kaufmanns handeln, dann würde sie alles daran setzen, die Nachhaltigkeitslücke möglichst gering zu halten, um künftigen Generationen keine untragbaren Lasten aufzubürden.

In den gängigen Schuldenstandsanalysen ist fast immer nur von der expliziten Staatsverschuldung die Rede. Dahinter verbergen sich die Kredite von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Sozialversicherungen einschließlich aller Extrahaushalte. Zum Jahresende 2017 beliefen sich diese expliziten Schulden auf 1.965.438.000.000 Euro. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), der volkswirtschaftlichen Leistung unseres Landes, ergab das einen Wert von 64,1 Prozent. Denn das deutsche BIP des vergangenen Jahres lag bei 3,26 Billionen Euro. Gegenüber dem Höchststand der Staatsschuldenquote im Jahr 2010 mit 81 Prozent nähert sich Deutschland damit endlich wieder dem Maastricht-Höchstwert von 60 Prozent expliziter. Die jetzt schon fast zehn Jahre währende Wachstumsphase samt hoher Beschäftigungsquote beschert Fiskus und Sozialversicherungen Jahr für Jahr neue Einnahmenrekorde.

Das macht Politiker übermütig, lässt sie auf der Suche nach Wählerzustimmung immer neue soziale Wohltaten ausrufen. Volle Kassen waren immer schon Gift für solide Politik. Denn nicht im Blick steckt die implizite Verschuldung, die sich aus den Leistungszusagen der Rentenversicherung, der Beamtenversorgung, der Kranken- und Pflegeversicherung, aber auch einer ungesteuerten Zuwanderung ergibt. Deren Nachhaltigkeitslücke beträgt aktuell rund 4,1 Billionen Euro, immerhin 132 Prozent des BIP. Erfreulicherweise ist laut der von der Stiftung Marktwirtschaft und dem Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg (https://www.stiftung-marktwirtschaft.de/inhalte/presse-und-aktuelles/pressedetails/update-generationenbilanz-2018-kosten-der-grossen-koalition/show/News/) vorgelegten Update 2018 die gesamte Nachhaltigkeitslücke gegenüber dem Vorjahr von 224 auf 200 Prozent gesunken. Selbstverständlich ist dieser ehrliche Gesamtschuldenstand nach wie vor viel zu hoch – zumal in dieser guten Konjunkturlage!

Doch jetzt setzt sich eine verantwortungslose Regierung in Szene, die im Kampf gegen „Populismus und Radikalismus“ (O-Ton Hubertus Heil) ohne Rücksicht auf den demografischen Wandel stabile Renten und mehr Mütterrente verspricht. Allein die Festschreibung des heutigen Rentenniveaus auf 48 Prozent wird unter der Annahme, dass der Beitragssatz nicht über 22 Prozentpunkte steigen darf, die Nachhaltigkeitslücke um 52 Prozentpunkte erhöhen. Sollten Politiker auf die Idee verfallen, die von der Bundesregierung in ihrem aktuellen Rentenpaket bis zum Jahr 2025 garantierte maximale Beitragshöhe von 20 Prozentpunkten auch darüber hinaus fortzuschreiben, dann würde die Nachhaltigkeitslücke um weitere 62 Prozentpunkte des BIP explodieren. Zum Vergleich: Die geplante Ausweitung der Mütterrente trägt mit 6 Prozentpunkten zur Nachhaltigkeitslücke bei.

Es ist ein Irrsinn, was die Berliner Koalition hier auf den Weg bringen will. Binnen einer Legislaturperiode macht sie die gewaltigen positiven Effekte zunichte, die der Nachhaltigkeitsfaktor der rot-grünen Rentenreform im Jahr 2003 sowie die Erhöhung des Renteneintrittsalters 2006 in der Großen Koalition I bewirkt hatten. Nach Überzeugung nahezu aller Fachleute wurde mit diesen gewaltigen Reformschritten drei Viertel der Nachhaltigkeitslücke in der Rentenversicherung erfolgreich geschlossen, die sich aufgrund der demografischen Entwicklung einstellen würde. Wenn man alle geplanten Maßnahmen der Bundesregierung saldiert, steigt die Nachhaltigkeitslücke des Staates und der Sozialversicherungen binnen dieser Legislaturperiode um gut 60 Prozentpunkte. Das Duo Angela Merkel und Olaf Scholz stehen für die teuerste Große Koalition aller Zeiten.

Was besonders fassungslos macht: Die Sozialpolitiker sollten durch die Entwicklungen in der Pflegeversicherung gewarnt sein. Der aktuelle Gesundheitsminister Jens Spahn muss die Suppe auslöffeln, die ihm sein Vorgänger Hermann Gröhe eingebrockt hat. Um bis zu 0,5 Prozentpunkte muss der Pflegebeitragssatz zum Jahresbeginn 2019 steigen, um die Kostenexplosion aufzufangen. Zum Fiasko für die Pflegeversicherung sind die von Gröhe eingeführten „Pflegegrade“ geworden, die zu massiven Ausgabensteigerungen führen. Wie üblich beschönigten die Sozialpolitiker bei Reformbeginn die gewaltigen Folgekosten. Man muss aber kein Hellseher sein, um spätestens für das Jahr 2020 ein gewaltiges Finanzierungsproblem in allen Zweigen der Sozialversicherung und bei den Pensionslasten der Beamten zu prognostizieren. Obwohl noch zu rot-grünen Reformzeiten Ziel aller Anstrengungen eine absolute Obergrenze von 40 Prozentpunkten beim Gesamtsozialversicherungsbeitrag war, steuern Sozialdemokraten und Union mit ihren aktuellen Gesetzesvorhaben zielstrebig auf eine deutliche Überschreitung zu. Sie scheinen nach dem Motto zu handeln: Nach uns die Sintflut!

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Kommentare ( 78 )

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pcn
5 Jahre her

Das ist nur ein Teil der Wahrheit, Herr Metzger! Die andere Hälfte Haben Sie nicht erwähnt: Fremdrentenleistungen und die Kosten für Migranten („Flüchtlinge“), die aus dem System Gesundheit und Pflege auch noch mitfinanziert werden. Und natürlich auch eine Rentenanwartschaften haben. All das wird den heute Einzahlenden aufgebürdet. Ganz zu schweigen die 50 Milliarden jährlich für die hier illegal Eingeteisten. Die Wahrheit ist, dass es wie fast immer um einen ganz anderen Interessengegensatz geht: den zwischen Arm und Reich. Durch Desinformation soll immer mehr Geld in die Kassen der privaten Versicherer gespült werden; die Bürger sollen für ihre erwartbare Altersarmut immer… Mehr

KfzMeister
5 Jahre her

Wer in die Bibel schaut, findet schon vor mehr als 2000 Jahren Hochkulturen, welche übermütig wurden und im Orkus verschwanden. Babylon, Sodom, Gomorrah.

KfzMeister
5 Jahre her

Die ganze Bohnenzählerei ist reichlich müßig, wenn Merkel und Soros so weitermachen dürfen.

Denn dann wird in der Mitte Europas Afrika und Arabien sein.

Was wir brauchen ist ein Ende des Hedonismus und endlich drei Kinder pro Frau.

Noch einen Latte M bitte
5 Jahre her

wer von den „wir“ sollte den Regierungswechsel denn in die Wege leiten? CDU/CSU stehen bei 30% und eine Kanzlerin, die die Strategie verfolgt „ohne mich geht gar nichts“ wird immer die willigen Büttel finden für irgendeine Koalition. Die Grünen legen ja erstaunlicherweise sogar wieder zu und welche Alternativen haben denn denn die dahin dümpelnden Sozen?

Noch einen Latte M bitte
5 Jahre her

Angestellte und Diener anderer Herren eben!

Marina
5 Jahre her

Wer das hier schreibt, wird sicherlich ueber eine gute Rente verfuegen? Das Problem der Rente bei 48 % ist, dass das fuer alle, die ueber eine niedrige Rente verfuegen, eine Katastrophe ist!! Sie lag mal bei 65 % wenn mich nicht alles taeuscht.

Ursula Schneider
5 Jahre her
Antworten an  Marina

… und sie sollte vor der „Haltelinie“, die man jetzt so lobt, sogar noch tiefer sinken als 48 %. Kaum zu glauben. Die „Haltelinie“ bei den Pensionen liegt, wenn ich richtig informiert bin, nach 40 Jahren bei über 70 % (vom Bruttogehalt der beiden letzten Jahre). Von einer Angleichung der „Haltelinien“ ist mir – trotz der dramatisch ansteigenden Pensionsausgaben und deutlich höheren Bezüge – allerdings nichts bekannt …

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Ursula Schneider

Eine Regierung nach Merkel wird auch an die Pensionen rangehen müssen. Es wird noch reichlich böses Blut geben.

Noch einen Latte M bitte
5 Jahre her
Antworten an  Thorsten

alle reden ständig von der Post-Merkel-Ära. Die Dame ist wohlgemerkt gerade mal 64. Da bleiben nach statistischer Lebenserwartung noch mindestens 17 Jahre und ich kann mich nicht erinnern, dass sie bereits angekündigt hätte, 2021 nicht mehr anzutreten. Wer dem dann verblüfften Michel das Fell über die Ohren ziehen wird ist m.E. bereits klar…

pcn
5 Jahre her

Wenn die Medien und Merkels Entourage sie weiterhin dazu ermutigen, dann wird diese unsägliche Frau uns auch nach 2021 erhalten bleiben. Die Grünen wären sicherlich nicht abgeneigt ihr Scherflein dazu beizutragen.

usalloch
5 Jahre her

Frau Angela Merkel will erstmal ausschlafen. Nach ihrem Winterschlaf wird die schwäbische Hausfrau dann anschließend zu unser aller Vorteil, den Besen wieder schwingen. Im übrigen sollte man nicht nur an die Pensionslasten der Beamten denken, sondern vor allen an die üppigen Renten für die Mitarbeiter des öffentlichen Rundfunks. Diese Wohltaten stehen nämlich in keinem Verhältnis zu den paar Murmeln die Herr und Frau Michel bekommen.

KfzMeister
5 Jahre her
Antworten an  usalloch

„Schwäbische Hausfrau“ ist doch nur eine ihrer Tarn-Identitäten. Wenn es darum geht die Visionen eines Soros umzusetzen, ist sie ganz und gar nicht schwäbisch.

horrex
5 Jahre her

„Die Große Koalition III unter Angela Merkel hat kostspielige Folgen. Die Nachhaltigkeitslücke für Staat und Sozialversicherungen steigt um rund 60 Prozentpunkte.“ – Nicht nur D A S!!! – Obwohl es eine große Baustelle ist. Und es wird der Nachfolge-Regierung in die Schuhe geschoben werden!!! Ausserdem: Ich begreife was augenblicklich passiert als einen „Wettlauf“. Wettlauf zweiter „Geschehnisse“, Handlungsstränge. A) Merkels Versuch der „Vollendung“ der EU (zu Lasten Deutschlands). B) Das Erstarken „realistischer“ Kräfte bis zur Beteiligung an einer Regierung. Welcher Handlungsstrang „gewinnt“ wird darüber entscheiden ob D. mit gigantischen oder NUR mit großen Hypotheken in eine Post-M-Ära geht. Darüber entscheiden, ob… Mehr

Noch einen Latte M bitte
5 Jahre her
Antworten an  horrex

Sehe ich mit dem Wettlauf ähnlich. Man erkennt es ja auch an der zunehmenden Schlagzahl. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob D überhaupt in eine Zukunft geht, oder nicht doch eher in etwas total(itär) Größerem auf/untergeht…

horrex
5 Jahre her

Ja!
Die Gefahr des „totalitär Größeren“
ist in Anbetracht der hochgradigen Ideologisierung erheblicher(!) Teile der Gesellschaft und der Macht die diese Teile (mindestens auf Grund der Ideologiesierung) bereits inne haben SEHR gegeben!!!

Tizian
5 Jahre her

Eines dürfte feststehen, auch wenn Renten-und Sozialversicherung der Bürger den Bach runtergehen wird, die üppigen Pensionen für Politiker und Beamte sind sicher und werden stetig weiterfließen, aus dem, was auch immer an Finanzen in den Töpfen verbleiben wird. Diese Leute legen sich ganz sicher nicht den eigenen Gelderfluß trocken. Es ist ja letztlich nur eine Frage, was zuerst an wen abfließt und wie man dann den Rest verteilt. Diese Leute haben schmarotzend vor-und ausgesorgt und die Bevölkerung wird das so weiterbezahlen wie bisher auch.

horrex
5 Jahre her
Antworten an  Tizian

Ein wichtiger Gedanke.

Thomas
5 Jahre her
Antworten an  Tizian

Die Eliten des Westens haben sich von ihren Bevölkerungen (die sie wählen und bezahlen) abgekoppelt und verachten diese. Sie benutzen die Drittweltimmigranten als Waffe gegen die angestammten Bevölkerungen.
Das kann nicht funktionieren.

Noch einen Latte M bitte
5 Jahre her
Antworten an  Thomas

kommt drauf an was man unter „funktionieren“ versteht und ob die dann nötige staatliche Gewalt sich unterm Strich rechnet…

KfzMeister
5 Jahre her
Antworten an  Thomas

Bisher geht das ziemlich gut. Google, Soros, Merkel, Barbara Spectre haben doch ganze Armeen von treuen Unterstützern. ANTIFA sind nur ein kleiner, gewaltsamer Teil davon.

Cenuit
5 Jahre her
Antworten an  KfzMeister

Da muss ich ihnen beipflichten ;
denn die zu hundertausenden, verantwortungsvoll demonstrierenden Bürger, mit selbstbewußt hochgehaltenem Transparent:
„raus aus der EU – unserer Freiheit, unseren Kindern , unserer Zukunft zu liebe!“
erblickt mein Auge , trotz innigstem Wunsche und allen Verstands ,seit mehreren Jahren nicht.

Lieber rottet man sich zusammen und bezeugt ganz enthemmt vor lauter romantisch, verklärtem Mitgefühl, für Abenteurer, Verbrecher und Asylforderer aller Herren Länder und jedwelcher colleur ….. die Sozialkassen schleunigst zu öffnen.

Welch ein Desaster!

pcn
5 Jahre her
Antworten an  Thomas

Noch…!

BK
5 Jahre her

Bei diesen Politikern können wir uns alle bald an die Hände fassen, und Kumbaya singen. Im Grunde bekommen sie doch nichts auf die Reihe. Aber man wird sich da schon zu helfen wissen, denn irgendwie muss der ganze Schlamassel bezahlt werden. Von höheren Steuern träumen sie ja immer, und wenn bald auch noch die Deutsche Bank gerettet werden muss, die Italiener sich aus dem Euro verabschieden, die Wirtschaft einen Abschwung nimmt, dann sind das Dinge mit denen niemand von denen rechnen konnte. Mehrwertsteuer dann 25 %, und 60% Einkommensteuer. Letzterer nicht als Spitzensteuersatz, sondern als Regelsteuersatz.

Habakuk06
5 Jahre her
Antworten an  BK

Das mit der Erhöhung der MWsteuer habe ich schon vor den BTW prophezeit.
Ich wundere mich sehr, dass es noch nicht geschehen ist.

Cenuit
5 Jahre her
Antworten an  Habakuk06

Man muss sich das mal „auf der Zunge zergehen lassen “ – egal welchen Mist ich auf meiner Arbeit veranstalte….. die exakt aufgerundete Pension etc.pp. bekomme ich sowieso…lebenslang! Bei jedem Arbeitsverhältnis hätte dies die sofortige Kündigung zur Folge; unter Umständen lange gerichtliche Kämpfe um überhaupt an vereinbarte Bezüge zu gelangen. Wahrscheinlich, bei passendem Alter , Abrutsch in die soziale Misere. Unter Umständen Klagen von ehemaligen Geschäfts/Berufs /Leistungsträgern – Partnern , Regresspflicht, gerichtliche Verfahren usw. usw. …in meinem Fall sogar mit Menschenleben….. All das bleibt dieser Klientel erspart ! WIR schauen dabei zu.Hoffen auf deren Entgegenkommen ?…, glauben an Veränderungen zu… Mehr

pcn
5 Jahre her
Antworten an  Habakuk06

Sie wird statt MwSt. CO2-Steuer heißen….nach 2021.

pcn
5 Jahre her
Antworten an  BK

Draghi sitzt am Gelddrucker. Die Maschine läuft und läuft…und wird auch noch lange laufen.