Die Politik verriegelt den Arbeitsmarkt

Empathie für das Unternehmertum ist Mangelware bei politischen Entscheidungsträgern. Die allermeisten Berufspolitiker sind sozialisiert im Dunstkreis des öffentlichen Dienstes mit seinem vom Berufsbeamtentum geprägten Anspruch: Einmal dabei, immer dabei!

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„Wenn es dem Esel zu wohl wird, dann geht er aufs Eis.“ Diese Redensart passt zur übermütigen Leichtfertigkeit, mit der SPD und Union seit vielen Jahren und systematisch die unternehmerische Freiheit beschränken und die Beschäftigung von Mitarbeitern bürokratisch überregulieren. Damit wird von der Koalition rückabgewickelt, was im Jahr 2003 mit der Agenda 2010 zur Fexibilisierung des Arbeitsmarkts gestartet wurde – und zwar in einer faktischen überparteilichen Koalition, weil die damalige rot-grüne Bundestagsmehrheit auf die Unterstützung des schwarz-gelb dominierten Bundesrats angewiesen war. Dass diese politische Flexibilisierungsoffensive enorme Erfolge zeitigte, belegt der gewaltige Beschäftigungsaufbau, der seit der Rekordarbeitslosigkeit von 5,3 Millionen im Februar 2005 stattgefunden hat.

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Statt Ursache- und Wirkungsmechanismen zu analysieren, scheint das Beschäftigungswunder aber Sozialdemokraten wie Union, erst recht natürlich Grüne und Linke anzuspornen, „Wunschkonzerte für Arbeitnehmer“ (NZZ-Aufmacher zum Brückenteilzeit-Gesetz) auszurichten. Obwohl viele Betriebe aufgrund des leergefegten Arbeitsmarkts ihren Beschäftigten im eigenen Interesse flexible Arbeitsbedingungen ermöglichen, um sie im Betrieb zu halten, schafft das erste Gesetz von Bundesarbeitsminister Heil für Mitarbeiter einen Rückkehr-Rechtsanspruch auf ihre alte Vollzeitstelle, die zuvor für ein bis fünf Jahre auf Teilzeitarbeit reduziert hatten. Außerdem sollen Arbeitnehmer mit Teilzeit-Arbeitsverträgen leichter einen Anspruch auf eine Vollzeitstelle im Betrieb durchsetzen können. Sofern der Arbeitgeber in eigener Entscheidung eine neue Vollzeitstelle schafft, muss er belastbare Gründe vorlegen, wenn er dafür einen anderen Bewerber statt des „aufstockwilligen“ Teilzeitbeschäftigten vorzieht.

Dieses Gesetz ist genauso lebensfremd wie die oft gehörte Begründung, dass Mitarbeiterinnen in der „Teilzeitfalle“ stecken. Wer Unternehmer fragt, bekommt fast immer zu hören, dass sie Mitarbeiterinnen gern in Vollzeit beschäftigen würden, aber die Frauen von sich aus abwinken – wegen der Kinderbetreuung oder ihrer „Work-Life-Balance“. Das Statistische Bundesamt hatte übrigens im Januar dieses Jahres Zahlen zu den Beschäftigungswünschen der 11,4 Millionen Teilzeitbeschäftigten veröffentlicht. Danach wollten 1,4 Millionen, also 10 Prozent, länger arbeiten, insgesamt eine Million Vollzeitkräfte dagegen kürzer – ob zeitweilig oder dauerhaft, blieb dabei offen. Aus einem Minderheitenwunsch leitet die Politik, wie so oft, dann einen gesetzlichen Regulierungsanspruch ab, der für alle Betriebe ab einer bestimmten Größe und ihre Mitarbeiter Wirkung entfaltet. Die Schaffung einer neuer Stelle birgt damit für den Unternehmer die Gefahr, dass er mit einem Teilzeitbeschäftigten, der aufstocken will, darüber streiten muss, warum er ihm einen neuen Mitarbeiter für diese Stelle vorzieht.

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Dabei gehört die unternehmerische Dispositionsfreiheit zu den Grundvoraussetzungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Ohne Unternehmer gibt es keine Arbeitsplätze. Diese Binsenweisheit scheint leider den Wahrnehmungshorizont des Gesetzgebers zu übersteigen. Deshalb gefährden regulatorische Eingriffe schlussendlich Arbeitsplätze. In Frankreich hat in der Regierungszeit des sozialistischen Präsidenten Francois Holland ein hartes gesetzliches Kündigungsverbot zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. Denn wenn sich ein Unternehmen in Krisensituationen nicht von Mitarbeitern trennen kann, dann wird es alles daran setzen, keine neuen Mitarbeiter einzustellen.

Doch Empathie für das Unternehmertum ist Mangelware bei politischen Entscheidungsträgern. Die allermeisten Berufspolitiker sind sozialisiert im Dunstkreis des öffentlichen Dienstes mit seinem vom Berufsbeamtentum geprägten Anspruch: Einmal dabei, immer dabei! Man vergegenwärtige sich nur den beispiellosen Aderlass an langjährigen Fachkräften, den die Rente mit 63 seit 2014 in unzähligen Betrieben bewirkt hat. Rund 1 Million eingespielte Fachkräfte wurden durch die Verlockung der abschlagsfreien Rente aus den Unternehmen „herausgekauft“. Dafür auf einem leergefegten Arbeitsmarkt Ersatz zu finden, war und ist in weiten Teilen Deutschlands nahezu unmöglich.

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Zu einem weiteren Sargnagel für die unternehmerische Freiheit wird auch die geplante Einschränkung der befristeten Beschäftigung werden. Dabei weisen die amtlichen Statistiken vor allem eine Bringschuld der öffentlichen Arbeitgeber aus. In der Privatwirtschaft gibt es prozentual viel weniger befristete Arbeitsverhältnisse als beim Staat. Statt die Privatwirtschaft zu drangsalieren, sollten Politiker lieber vor der eigenen Haustüre kehren. Dass die Arbeitsmarktregulierungen auch in sich inkonsistent sind, wird sich zeigen, wenn Bundesarbeitsminister Heil den Gesetzentwurf für die Einschränkung der befristeten Beschäftigung vorlegt. Denn auf der einen Seite besteht der Rechtsanspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeit, auf der anderen Seite der Rückkehranspruch in Vollzeit binnen ein bis fünf Jahren. Außer mit befristeten Verträgen kann ein Unternehmer aber doch wohl kaum die zeitlich befristete Arbeitsvolumen-Reduzierung der Bestandsbelegschaft kompensieren.

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Kommentare ( 15 )

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Wolfgang M
5 Jahre her

Alles hängt mit allem zusammen. Deutsche Frauen bekommen zu wenige Kinder. Dafür importieren wir Syrerinnen oder Sudanesinnen, damit in Deutschland wieder mehr Kinder geboren werden. Frauen Teilzeit zu gewähren mit der Garantie der Rückkehr in Vollzeit könnte eine andere Lösung bieten. Nicht jede Frau sieht die Lösung ihrer Probleme in der ganztägigen kostenlosen staatlichen Versorgung der Kinder. Sie selbst wollen für ihre Kinder zuständig sein und sie in ihrem Sinne erziehen. Im Grunde müsste jeder Unternehmer dies einsehen. Da manche es nicht einsehen, muss das leider gesetzlich geregelt werden. Kleine Unternehmer können sich übrigens durch Zeitverträge für die Aushilfe schützen.… Mehr

horrex
5 Jahre her

Zu formulieren „Empathie für das Unternehmertum ist Mangelware“ halte ich für mindestens eine G E H Ö R I G E (!) Untertreibung!!! Sowohl was Merkel angeht als auch was die Meinung breitester Bevölkerungsschichten angeht. Ich beschreibe die Stimmung/Situation – nur unwesentlich übertreibend – mit: Dem Unternehmer wird von breitesten (!) Bevöllerungsschichten nicht nur „unmoralisches Verhalten in Form von hemmungsloser Gier“ unterstellt, sondern längst und weit darüber hinaus gehend, sogar des Vorsatzes(!) beschuldigt, NUR und in erster Linie zu arbeiten, um seinen Kunden und mit „fiesesten Machenschaften“ s c h a d e n zu wollen!!! – Was zwar –… Mehr

Maja Schneider
5 Jahre her

Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel aus der Feder eines Insiders. Da die Propagandamaschinerie von Politik und MSM nicht müde wird, dem Bürger diese Art von Politik als großen Wurf für die Arbeitnehmer zu verkaufen und ihn davon zu überzeugen versucht, dass die SPD als einzige Partei für soziale Gerechtigkeit steht , werden die wenigsten diese hier aufgeführten Aspekte erkennen. Scheinheiligkeit, Heuchelei, Regulierungswut und Inkompetenz, diesen Eindruck muss man leider immer wieder gewinnen, bestimmen nicht nur in diesen Punkten die so kurzsichtige Politik.

swengoessouth
5 Jahre her

Die Politik unternimmt alles um kleinen Unternehmen das Überleben so schwer wie möglich zu machen; über Steuern möchte ich erst gar nicht reden. Jeder Unternehmer kann ein Lied davon singen über die perversen bürokratischen Vorschriften. Am liebsten wäre es der Politik und den Gewerkschaften es gäbe ein paar große Konzerne, die wie der öffentliche Dienst organisiert sind. Deshalb wird Schritt für Schritt das Unternehmertum vergrellt bis der letzte die Lust verloren hat. So wird die Zukunft des Landes zerstört. Dabei ist der Staat doch der größte Schuft. Wer wirft denn jeden Sommer vor den Ferien die temporär angestellten Lehrer raus,… Mehr

W aus der Diaspora
5 Jahre her

Da versucht eine Person, eine DDR 2.0 zu errichten. Und ist sehr erfolgreich damit.
Denn, was macht nun der Unternehmer?

bei gut 40 Arbeitnehmern wird er vermeiden weiter zu wachsen. Größere Unternehmen werden, soweit möglich, ins Ausland abwandern.

Wenn man sich das zu erreichende Ziel ansieht, ein Gesamt-Deutschland, auf, oder unter dem Level der Ex-DDR, so passt das alles wunderbar.

mathilda
5 Jahre her

Danke, genauso ist es (allerdings auch für größere Unternehmen, so ab 200 MA)! Die Ignoranz und Wichtigkeit der Amts-Politessen, Kontrolleure, Bürokraten und Überregulierer ist nicht zu ertragen. Warum muss ein Antrag 8-fach eingereicht werden? Warum überhaupt, wenn eine Veränderung offensichtlich unwesentlich ist? Warum gibt es dafür kein Einspruchsrecht, sondern nur eine Hoheitsentscheidung einer (Amts-) Person? Was für eine Verschwendung von Zeit und Ressourcen. Man steht nicht nur für die eigenen MA gerade und in der Verantwortung sondern beschäftigt auch noch alle flankierenden Bürokratiemonster mit durch. Man wird gezwungen lähmend „Arbeit zu spielen“, statt produktiv zu sein. Gibt es ein sympathisches… Mehr

horrex
5 Jahre her
Antworten an  mathilda

Ganz und gar zutreffend!!!
Was wir brauchen ist keine „Industrieförderung“. Was wir brauchen ist – lediglich – ein „Fuß von der Unternehmensbremse“ (in Form all der vielen Behinderungen)!!!

Schwabenwilli
5 Jahre her

Danke für den interessanten Kommentar. Ein weiteres Beispiel für die Nutzlosigkeit der SPD.

Ananda
5 Jahre her

Das Netz der Total Bevormundung zieht sich doch inzwischen auf allen Ebenen langsam zu.
Das von Ihnen genannte „Wunschkonzert“ für Gruppen und Grüppchen, zwängt eben den Rest in ein Regelkorsett. Die Bevormundungen schießen ungezügelt ins Kraut. Ein schmaler Korridor was man noch sagen und denken darf, was man essen darf, ob man zur WM noch Fähnchen schwenken darf. Migranten haben bei allem Vorfahrt, Teilhabe genannt, soll ins Grundgesetz.

Die Wünsche des Klientels sind manigfaltig.

Frau Hoelle
5 Jahre her

Die Kanzlerin könnte locker aushelfen bei den fehlenden 1 Mio. in Rente gegangenen Fachkräften, meine ich. Sogar mit weit mehr als dieser einen Million. Ach so, nee, doch nicht, die sind ja jetzt gut aufgehoben in Hartz4. Von meinen Teilzeitkolleginnen (und das sind einige), würde der größere Teil am liebsten gar nicht arbeiten – geht aber nicht, weil ein Gehalt hinten und vorne schon seit langem nicht mehr reicht. Als der erste Asylantenstrom meine Stadt erreichte, 20.000 sind inzwischen hier, standen plötzlich 125 neue Stellen auf der Homepage der Stadtverwaltung – sonst herrscht immer „Einstellungsstop“ – zur Besetzung. Alle befristet,… Mehr

Hajo
5 Jahre her

Die Welt sieht ein Unternehmer, egal welcher Größe mit völlig anderen Augen, als ein rundumversorgter Beamter, der von den Schwierigkeiten, von wenigen Ausnahmen abgesehen keine Ahnung hat und deshalb müßten weit mehr gestandene Praktiker in der Politik tätig sein, aber die haben in der Regel keine Zeit um sich um die Politik zu kümmern und in diese Nische sind eben die Beamten und Freiberufler und Taugenichtse jeder Art eingestiegen und die erheben nun den Anspruch der politische Nabel der Welt zu sein und der kreative und arbeitende Rest hat sich dem unterzuordnen und die Großunternemen machen einen fatalen Fehler mit… Mehr