Autokonzerne manipulieren vermutlich die Zulassungszahlen

Die seit Januar geltenden EU-Grenzwerte für den CO2-Flottenausstoss lassen die Zulassungszahlen für reine Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride explodieren.

© Steffi Loos/Getty Images

Seit Januar dieses Jahres gelten in der EU verschärfte Emissionsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge. Richtwert ist ein CO2-Ausstoss von 95 g/km, der allerdings gewichtsnivelliert wird um das Gewicht und die Stückzahl aller verkauften Autos eines Herstellers. Weil ab kommenden Jahr bei der Überschreitung der herstellerspezifischen Grenzwerte ihrer gesamten Flotte hohe Strafzahlungen fällig sind, die pro Gramm Grenzwertüberschreitung 95 Euro pro verkauftem Fahrzeug ausmachen, zeigt die Januar-Zulassungsstatistik, wie die Autokonzerne jetzt vorsorglich ihre Absatzzahlen frisieren.

Während im Dezember noch in großem Stil sportliche Geländewagen (SUV) mit Tages- und Eigenzulassungen in den Markt gedrückt wurden, um die eigene CO2-Bilanz ab dem Jahr 2020 nicht zu belasten, sind im Januar durch gewerbliche Zulassungen, wohl vor allem Eigenzulassungen der Hersteller, die Absatzzahlen von reinen Elektrofahrzeugen und von Plug-in-Hybriden förmlich explodiert. In Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien, den fünf größten westeuropäischen Märkten, hat sich der Absatz reiner E-PKWs im Januar mehr als verdoppelt, der von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen gar mehr als verdreifacht. Und das in einem Umfeld, in dem sich der gesamte Kraftfahrzeugabsatz gegenüber dem Januar 2019 um 7,5 Prozent reduziert hat.

Nicht die Konsumenten haben den Nachfrageschub ausgelöst, sondern die Autokonzerne, die mit Hilfe der Nullemissions-Boni, die EU-Europa für reine Elektrofahrzeuge bietet, ihre Flottenverbräuche nach unten drücken wollen. Ein Elektroauto mit Nullemission auf dem Papier wird laut EU-Verordnung wie zwei Fahrzeuge gezählt. Auch für Plug-in-Hybride gelten erhebliche Boni. Dabei ist das ökologische Augenwischerei, weil allgemein bekannt sein müsste, dass der Strom aus der Steckdose alles andere als CO2-frei ist und allein die energieaufwendige Batterieproduktion einen CO2-Ausstoss produziert, der erst nach einer Fahrleistung von rund 100.000 km gegenüber einem Diesel-Verbrenner kompensiert ist.

14,5 Milliarden Euro Strafzahlungen drohen den Autokonzernen

Für die Hersteller geht es um große Summen, die ab kommenden Jahr als Strafzahlungen an die EU drohen. Die Unternehmensberatung PA Consulting hat berechnet, welche Summen auf einzelne Hersteller zukommen könnten, sollten die Emissionsgrenzwerte überschritten werden. Für den VW-Konzern drohen laut PA Consulting bis zu 4,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr, sollte die Grenzwertüberschreitung bei den prognostizierten 12,5 Gramm CO2 pro Fahrzeug liegen. Die hohen Verkaufszahlen treiben beim VW-Konzern die Strafzahlungen auf dieses hohe Niveau. Daimler könnten für eine prognostizierte Überschreitung von 11 Gramm CO2 pro Fahrzeug Strafzahlungen von 997 Millionen Euro treffen, BMW müsste für eine Überschreitung von 7,6 Gramm CO2 pro Fahrzeug mit einer Strafzahlung von 754 Millionen Euro rechnen. Insgesamt prognostiziert PA Consulting für die 13 führenden Autohersteller in Europa eine Strafsumme von rund 14,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr, die aufgrund der Absatzzahlen und Grenzwertüberschreitungen im Jahr 2020 erstmals fällig würde.

Tesla darf für seine Fabrik vorerst nicht weiter roden  
Allerdings haben die Autokonzerne noch viele Möglichkeiten, ihre Emissionen und damit ihre Strafzahlungen zu reduzieren. Sie könnten mit Preisnachlässen Elektrofahrzeuge in die Märkte drücken oder Servicedienstleistungen zur Steigerung der emissionsarmen Fahrzeugnutzung pushen. Um die EU-Emissionsvorgaben bis 2021 zu erreichen, müssten Europas Autohersteller bis 2021 noch mehr als 2,5 Millionen (!) Elektrofahrzeuge verkaufen. Das entspräche einer Steigerungsrate von 1.300 Prozent binnen eines Jahres. Ob da die Konsumenten wohl mitspielen? Und noch ein kleiner, aber wichtiger Hinweis: Auch Strafzahlungen und Verkaufsförderprogramme der Hersteller zahlen am Ende immer die Kunden.

Die Autofahrer werden doppelt abkassiert

Wie streng die EU-Vorgaben für Neufahrzeuge sind, mag jeder Leser am Verbrauch seines heutigen Fahrzeugs ablesen, das in aller Regel ein Auto mit Verbrennungsmotor sein dürfte. Ein Liter Benzin verbrennt zu 2,33 Kilogramm CO2, ein Liter Diesel zu 2,64 Kilogramm CO2. Deshalb entspricht der aktuelle EU-Grenzwert von 95g CO2/km einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Liter Diesel bzw. 4,1 Liter Benzin pro 100 Kilometer. Geht man von einer durchschnittlichen Lebensdauer und Fahrleistung eines Autos von 200.000 Kilometern in etwa 12 bis 15 Jahren aus, dann führt ein Gramm CO2-Grenzwertüberschreitung zu einmaligen Kosten beim Hersteller von 95 Euro. Für 200 kg CO2-Mehrausstoss im Autolebenszyklus bedeutet das einen CO2-Preis pro Tonne von 475 Euro. Das ist mehr als stattlich, zumal im Vergleich zu den CO2-Preisen, die für andere Branchen gelten. Dabei ist die ökologische Lenkungswirkung vergleichsweise gering, weil die vielen Millionen Bestandsfahrzeuge außen vor bleiben. Allerdings  bezahlen alle Autofahrer beim Tanken über die Energiesteuer ohnehin eine sehr hohe CO2-Abgabe. Bei einem Diesel-PKW beträgt die Energiesteuer 47 Cent je Liter, bei einem Benziner sind es 65 Cent pro Liter. Dazu kommt jeweils noch die gesetzliche Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Umgerechnet auf den CO2-Austoss pro Tonne zahlen wir beim Tanken als Diesel-Fahrer 211 Euro an den Finanzminister, als Benzin-Kraftfahrzeughalter sogar 329 Euro.

Würde die deutsche Politik im Verkehrsbereich synthetische Kraftstoffe fördern und kluge Beimischungsregelungen forcieren, ließe sich der CO2-Ausstoss im Gesamtfahrzeugbestand mit deutlich weniger finanziellem Aufwand bewerkstelligen. Und der Verbrennungsmotor wäre kein Auslaufmodell, der auf dem Altar einer vermeintlich klimaneutralen E-Mobilität geopfert würde.


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Kommentare ( 53 )

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Wolf
4 Jahre her

kurz zusammengefaßt – aus meiner Sicht : das alles – auch das von z. B. User horrex – interessiert weder den Wähler noch die MSM noch „unsere“ Politiker.

Felix-Schmidt
4 Jahre her

Bei der Energiewende und der CO2 Bepreisung geht es letztlich vor allem um eines:
Die INDIVIDUELLE Mobilität der Bürger soll massiv eingeschränkt werden. Man soll gerade noch zum Arbeitsplatz fahren / laufen können, aber PRIVAT möglichst nicht mehr mobil sein.

Das ist der eigentliche Hintergrund für den „Krieg“ gegen den Verbrennungsmotor. Ist diese Technologie erst einmal zurück gedrängt, wird der „Krieg“ ausgeweitet in einen „Krieg“ gegen das Auto an sich. Wetten?

Contra Merkl
4 Jahre her

Die Autohersteller bauen jetzt halt ihre elektrischen Fahrzeuge und stellen die ihren Vertragshändlern auf den Hof. Die haben dann die teuren Fahrzeuge stehen und bezahlen dafür ab dem ersten Tag Geld. Ebenfalls können dann zusehen, wie sie die Autos an den Mann oder Frau bringen. Dazu werden die halt auch Zugelassen, die Fahrzeuge zu Vorführzwecken genutzt. Durch den Gebrauch des Fahrzeugs können dann Sonderangebote gemacht werden, Hauptsache das Fahrzeug kommt vom Hof. Zusätzlich leisten sich Betriebe für ihr gutes Gewissen ein solches Elektroauto. Der Azubi fährt damit Frühstück holen, die Auszubildende darf damit die Post wegbringen. Dazwischen werden ein paar… Mehr

Sonny
4 Jahre her

Diese von der EU forcierte Planwirtschaft geht völlig an den Bedürfnissen und Wünschen aller Kunden vorbei, ist ja kein Geheimnis. Hier soll etwas durchgedrückt werden, was schon vor hundert Jahren als ineffizient bewertet und nicht weiter verfolgt wurde. Wem nützt es die Autoindustrie in Europa zur Melkkuh zu machen, weil ihnen gar nichts anderes übrig bleibt? Die Autoindustrie ist selbst schuld (und auch wir als Kunden bzw. Wähler). Welche Autokonzerne sind denn ernsthaft gegen diese unsinnige Planwirtschaft vorgegangen? Die einzigen, die davon wirklich profitieren, ist die EU-Bürokratie mit Milliarden von Strafzahlungen. Und wer glaubt, dass dieses Geld der Allgemeinheit zugute… Mehr

horrex
4 Jahre her

Gehört vielleicht nicht ganz hier her, höchetens was die Strafzahlungen angeht, trotzdem: Professor Jörg Wellnitz von der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und Inhaber einer Professur in Melbourne, hat sich akribisch mit allen Aspekten der E-Mobilität auseinandergesetzt. Das Ergebnis: „Sie kann und wird nie so kommen, wie von Industrie und Politik prognostiziert. In der Volksmeinung ist E-Mobilität eine tolle Sache“, sagt der Professor, „aber sie macht überhaupt keinen Sinn, wenn man sich alle Aspekte des Themas einmal vor Augen führt.“ Für gerade einmal 16 % des klimaschädlichen Kohlendioxidausstoßes ist der Autoverkehr verantwortlich. „Belastender ist da ja schon die Massentierhaltung und die… Mehr

WGroeer
4 Jahre her

Jetzt kann ich auch Herrn Ramelows kürzlichen Besuch auf der Erfurter Automesse richtig einschätzen. Er war auf einer Trauerfeier!

Martin L
4 Jahre her

Ich habe keine Ahnung. Aber ein Vorteil ist ja, dass es noch eine Welt außerhalb der EU gibt. Ganz egal wie verrückt die Regeln der EU sind, die EU wird immer in Konkurrenz zu den anderen Ländern sein.
Ähnlich wie der kommunistische Block blöderweise auch immer die Konkurrenz der westlichen Staaten hatte.
Und wenn es in der EU zu mies läuft, sieht es für die EU schlecht aus.

drnikon
4 Jahre her

Es geht nicht um Klima oder Umweltschutz. Seit den 1960ern haben die Kulturmarxisten diese Themen als Trojaner entdeckt, um den letzten Teil der freien Welt auch nochbzu zerstören. Etwas anderes können die eh nicht. Ich melde mich ab. Wird mir zu blöd hier.

Audix
4 Jahre her

Wer verbockt eigentlich den ganzen Weltrettungsmist der EU? Und warum wehrt sich niemand? Der deutsche Michel pennt bis das Geld alle ist. Grüne helfen den Roten beim nächsten Versuch zum Sozialismus. Autokonzerne meinen immer noch, durch Anpassung das große Geschäft zu machen – das machen nur die Vorstände. Gewerkschaften sind linksgrün, Arbeitsplätze egal, wenn es um die Rettung der Welt geht. Kurz und gut, ein Narrenhaus das irgendwann zusammenbricht, dann ist alles zu spät, Wohlstand futsch. „Schlimmer als blind sein ist nicht sehen wollen.“ W. I. Lenin. Marx (sinngemäß): die Krise ist die Voraussetzung für den Umsturz.

Werner Geiselhart
4 Jahre her

Die EU braucht nach dem Brexit neue Einnahmequellen.
Die Umwelt und das Klima sind nicht der Grund für die Grenzwerte. Die EU-Bürokraten wissen genau, dass die Werte nicht eingehalten werden können, ausserirdische Technik ist noch nicht verfügbar.
Es wird deshalb allein auf die Neueinnahmen spekuliert, ohne zu bedenken, dass nach der Zerstörung dieser Industrien nicht nur diese Einnahmen wegfallen.