FDP-Krise: Jetzt sind beide Augen blau

Eine erneute liberale Wahlniederlage in Hamburg ist die Quittung für Feigheit vor dem politischen Gegner. Die FDP-Führung hat Angst. Sie entschuldigt sich für demokratische Wahlen in Parlamenten, deren Rückabwicklung eine Kanzlerin aus dem Ausland anordnet. Die Folge: Wer nicht steht – fällt.

imago images / Andre Lenthe

Eine erneute liberale Wahlniederlage in Hamburg ist die Quittung für Feigheit vor dem politischen Gegner. Die FDP-Führung hat Angst. Sie entschuldigt sich für demokratische Wahlen in Parlamenten, deren Rückabwicklung eine Kanzlerin aus dem Ausland anordnet. Die Folge: Wer nicht steht – fällt.

Der FDP-Jubel über die Fünf-Prozent-Prognose ist verhalten, denn am Ende verliert die FDP unterm Strich die nächste Wahl. „Das ist für die Freien Demokraten eine Niederlage, wir haben uns ein besseres Wahlergebnis erhofft“, räumt Parteichef Christian Lindner frühzeitig ein. Statt 7,4 Prozent wie 2015 landet die FDP ganz knapp auf der Kante bei fünf – ein Minus von 2,4 Prozent. Sie muss anders als die AfD bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis am Montagabend weiter zittern.

In einem Wahllokal kamen die Liberalen nach der vereinfachten Auszählung am Sonntagabend auf 22,4 Prozent, die Grünen hingegen nur auf 5,1 Prozent. Hamburgweit war das Ergebnis umgekehrt ausgefallen. Sollte es hier eine Verwechslung gegeben haben, würden auf die FDP 423 Stimmen weniger entfallen als bisher angenommen. Nach den vorläufigen Zahlen liegt sie nur um 121 Stimmen über der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Die FDP würde also aus der Bürgerschaft fliegen.

Die Hamburger Niederlage steht für den Schlingerkurs der FDP und die Fortsetzung einer ganzen Serie von verlorenen Wahlen im vergangenen Jahr. Kaum Profil, keine klaren Kanten.

Die FDP-Führung wollte nach der Absage der Jamaika-Koalition im Bund die grünaffinen Medien mit einem Schwenk zum politischen Mainstream links der Mitte milde stimmen. Doch das finden viele FDP-Wähler gar nicht gut. Fünf verlorene Wahlen und ein blaues Auge in Thüringen sind die Quittung. In Bremen reichten nach Verlusten und trotz guter Spitzenkandidatin nur 5,9 Prozent für den Wiedereinzug ins Parlament. Die EU-Wahl endete mit mickrigen 5,4 Prozent in einer Blamage. Über zehn Prozent war das Ziel gewesen. In Brandenburg und Sachsen scheiterten die Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde. In Thüringen werden sie, sollte es zu Neuwahlen kommen, 2021 wie jetzt möglicherweise auch in Hamburg wohl wieder aus dem Parlament fliegen. Im Schnitt der Bundesumfragen liegt die FDP nur noch bei rund sieben Prozent. Parteichef Christian Lindner muss jetzt die nächsten Wochen um sein politisches Überleben kämpfen. Er muss sich schon am Wahlabend vor Kameras rechtfertigen: „Ich habe nicht laviert.“

FDP-Trost kann auch nicht das schlechteste Hamburger CDU-Ergebnis aller Zeiten sein. Natürlich seien die Thüringer Verhältnisse an allem Schuld, wird nach dem Wahldesaster von Hamburg in FDP-Führungskreisen verbreitet. AfD-Stimmen für einen FDP-Ministerpräsidenten, das geht ja gar nicht. Nach dem „Fiasko von Erfurt“ seien „natürlich viele Wähler irritiert gewesen“, räumt Parteichef Lindner ein. Ja, so kann man sich vermeidbare Niederlagen rein reden. Doch es gibt wie immer im Leben noch eine andere Art Sicht der Dinge. Wankelmut ist der Grund für die Schlappe. Schließlich hat das Umfallen des FDP-Chefs den eingetretenen Schaden vergrößert und nicht verringert.

Mit welchen Mitteln und Tricks an allen Fronten gearbeitet wird, müsste Lindner an diesem Wahlabend endlich klar geworden sein. Die Staatsmedien von ARD und ZDF prognostizierten um 18 Uhr das Ausscheiden der AfD mit 4,7/4,8 Prozent unter lautem Hintergrundjubel im ARD-Redaktionsbereich. Der FDP wurde mit fünf Prozent das Ausscheiden angedroht. Nichts von dem wurde wahr. Doch die AfD-Politiker wurden so von den TV-Diskussionsrunden ausgeschlossen, da sie ja vermeintlich nicht mehr der Hamburger Bürgerschaft angehörten. Die FDP-Politiker durften als „Thüringen-Verantwortliche“ zum öffentlich-rechtlichen Abwatschen noch dabeistehen. Ein statistischer Zufall? Wohl kaum. Die AfD schneidet zwei Stunden später nach der Statistik des Hamburger Wahlleiters mit 5,6 Prozent (siehe Grafik) fast einen Punkt besser oder fast 20 Prozent besser ab. Am Ende sind es wohl 5,3 Prozent. Obendrein landet die AfD anders als vorhergesagt noch vor der FDP. Zudem erreichten die Grünen beim Hamburger Wahlleiter weniger Prozente. Wie soll man solche Abweichungen von ARD und ZDF nennen? Manipulation? Die Sender werden schon diverse Ausreden für ihre Fehlprognosen finden. Jetzt sollen es angeblich bei der AfD mehr Briefwähler gewesen sein. Das ist für deren Wähler jedoch völlig untypisch.

Keine Partei und keine Kanzlerin hat immer recht

Freiheit und bürgerliche Weltoffenheit währten leider nur ein paar Stunden in der FDP-Spitze. Nach der überraschenden Wahl des Liberalen Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen am 5. Februar erklärte FDP-Chef Christian Lindner noch mit Respekt vor dem demokratischen Ergebnis: „Thomas Kemmerich ist heute in Thüringen gegen einen Kandidaten der AfD und gegen einen Kandidaten der Linkspartei angetreten. Er hat damit das Signal verbunden, dass auch die politische Mitte im Parlament vertreten ist, nachdem die Union auf einen Kandidaten verzichtet hat.“ Mehr noch: „Im Landtag ist er als Kandidat der Mitte angetreten und wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Es ist nachvollziehbar, dass die Union ihn unterstützt hat.“ Die Unterstützung der AfD sei hingegen überraschend und nur rein taktisch motiviert. Genauso kann man es machen, aber dann muss die FDP-Spitze auch zu einer bürgerlichen Minderheitsregierung ohne AfD stehen. Gemeinsam gegen einen linksgrünen Proteststurm, der nur ein abgewähltes rot-rot-grünes Regierungsbündnis wieder an die Macht bringen will.

Eine Frage der Haltung: Wer nicht steht, fällt um

Doch FDP-Chef Lindner fällt lieber um, folgt brav den Weisungen der CDU-Kanzlerin. Angela Merkel hatte aus Südafrika nach der Wahl des Liberalen Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten mit einem Diktat angeordnet: „Das Ergebnis muss rückgängig gemacht werden.“ Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Gleich am Tag danach eilte Lindner sofort persönlich nach Erfurt, um die Anordnung der Kanzlerin umzusetzen, und die demokratische Wahl eines FDP-Regierungschefs rückgängig zu machen. Ohne viel Worte habe Lindner seinen Parteifreund und Ministerpräsidenten gleich zu Beginn der Begegnung ein Ultimatum gesetzt, berichten Thüringer FDP-Kreise. „Machen wir es kurz: Entweder trittst Du als Ministerpräsident zurück oder ich als Vorsitzender.“ Wie auf dem Bolzplatz voll im eins zu eins und „mutig“ gegen einen Landespolitiker – du oder ich.

Damit nicht genug: Das Krisenmanagement der FDP-Führung gipfelt dann noch in der eigenen Demütigung. Lindner entschuldigt sich im Bundestag am 13. Februar dafür, dass ein Ministerpräsident der Mitte, ein anständiger FDP-Politiker in einem demokratischen Akt überraschend gewählt wurde.

Gut eine Woche nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Regierungschef mit Stimmen der AfD hat der Bundestag in einer emotionalen Debatte erneut über das Thema diskutiert. Dabei entschuldigte sich FDP-Chef Lindner auch noch für die Vorgänge rund um die Wahl. „Wir sind beschämt“, weil man der AfD ermöglicht habe, die FDP und darüber hinaus die Demokratie zu verhöhnen, bat Lindner in einer Aktuellen Stunde für die Wahl Kemmerichs um Verzeihung. „Dafür entschuldige ich mich namens der Freien Demokraten“, versicherte Lindner. Eine „Winselrede“ nennen altgediente Freidemokraten seinen Offenbarungseid im Bundestag. Andere spotten: Lindner könne fortan aufrecht unter einer Limbo-Stange durch gehen.

Außerdem jammerte der FDP-Chef im Bundestag, die FDP habe sich doch ihrer Verantwortung gestellt. „Erfurt war ein Fehler, aber wir unternehmen alles, damit er sich nicht wiederholen kann.“

Kurz: Die FDP erklärt sich für schuldig und erniedrigt sich selbst. Darüber können SPD und Grüne, ja auch die SED-Erben laut lachen. Für ihr rot-grünes Paktieren nach dem Untergang der SED-Diktatur mit den umgetauften knallroten Genossen von der PDS oder dann Linkspartei in Sachsen-Anhalt (1994) oder sogar in der Hauptstadt (2001), haben sie sich nicht entschuldigt. Im Gegenteil: Sie pfiffen wie beim Magdeburger Modell eiskalt auf Versprechen, nicht mit der umbenannten SEDi zu kooperieren.

SPD-Ministerpräsident Reinhard Höppner hatte sich mit einer Wahllüge, indem er sein Versprechen brach, sich nicht mit Stimmen der PDS zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen – dann doch mit den Stimmen der Ex-SED ins Amt hieven lassen.
Aber die demokratische Wahl eines FDP-Kandidaten zum Ministerpräsidenten mit ungewollten AfD-Stimmen wird heute zum Skandal aufgebauscht.

Kein Freidemokrat hinterfragt die Kanzler-Intervention

Kein Freidemokrat, keine deutsche Zeitung, kein deutscher Sender hinterfragt die Kanzlerintervention. Sie nicken alle, denn es herrscht helle Begeisterung vor allem bei den einseitigen Medien über Merkels Entscheidung über das Schicksal eines Bundeslands. Die Kanzlerin hat, wie die Wahl in Hamburg zeigt, das bürgerliche Lager zerstört. Gerade 20 Prozent bleiben noch übrig. Aber es ist immerhin ein Schweizer Blatt wie die Neue Züricher Zeitung, die einen berechtigten und liberalen Blick auf die Dinge wirft: „Ist die Wahl von Thüringen ein Tabubruch, gar ein Skandal? Nein – das ist Demokratie,“ lautete der NZZ-Kommentar. Hier zur demokratischen Erbauung für jeden Liberalen nachzulesen.

Die Stigmatisierung von Andersdenkenden wird wie selbstverständlich hingenommen. Die FDP schwamm einst gegen den Strom – heute schwimmt sie nur noch mit und geht dabei unter. Der jüngst in einem demokratischen Akt gewählte und wenige Tage danach zum Rücktritt gezwungene Thüringer Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) steht rund um die Uhr unter Personenschutz. Seine Familie wird von einem linksgrünen Mob bedroht. FDP-Büros und selbst liberale Kommunalpolitiker sehen sich deutschlandweit Angriffen ausgesetzt, nur weil ein bürgerlicher Kandidat der Mitte mit AfD-Stimmen zum Regierungschef gewählt wurde. Eine FDP-Politikerin in Mecklenburg-Vorpommern musste nach einer Attacke mit Feuerwerkskörpern zusammen mit ihrer Tochter flüchten, teilte die FDP-Bundeszentrale en passant mit. Mahnende Worte der Kanzlerin gegen solche „Hetzjagden“, um den Sprachgebrauch des Kanzleramts aufzugreifen, gibt es nicht. Ein breiter kollektiver FDP-Protest bleibt bis auf ein paar Einzelstimmen und eine Pressemitteilung ebenso aus. Lieber schön in Deckung bleiben.

Zerrissenheit der FDP-Anhänger an den Wahlständen

Bayerns Landtagsabgeordneter und Alterspräsident Helmut Markwort, FDP, bekommt vor der Kommunalwahl am 15. März in Bayern die Spaltung seiner Partei und ihrer Wählerschaft hautnah an den Wahlständen auf der Straße mit. „Im Münchner Kommunalwahlkampf erlebe ich täglich die Zerrissenheit der FDP-Anhänger. Die einen werfen mir vor, dass Kemmerich von der AfD gewählt worden ist. Die anderen beklagen sich bitter, dass die FDP Kemmerich im Stich gelassen hat.“ Selbst der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber ist über die Umfaller an der FDP-Spitze entsetzt.

„Die vorhersehbare FDP-Niederlage in Hamburg geht eindeutig auf das Konto des Parteivorsitzenden Christian Lindner“, urteilt Weißgerber. Lindner hätte sich mit einer FDP-geführten Thüringer Minderheitsregierung der bürgerlichen Mitte Respekt verschaffen können. „Stattdessen entschied er sich feige, seinem Ministerpräsidenten Kemmerich in den Rücken zu fallen.“ Aber die Wähler honorierten den Sieger und nicht den Verlierer im politischen Geschäft, mahnt Weißgerber mit seiner Erfahrung aus 19 Jahren Bundestag. „Die Regierung Kemmerich würde seit Wochen ordentlich arbeiten und hätte in der Öffentlichkeit einen starken freidemokratischen Eindruck hinterlassen“, meint ein „Sozialdemokrat ohne Parteibuch“ (seit einem Jahr), wie Weißgerber sich selber nennt.

Genauso hat es ein FDP-Silberrücken mit Erfahrung zuvor schon gesehen. Parteivize Wolfgang Kubicki gratulierte via dpa zur Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten in Thüringen: „Es ist ein großartiger Erfolg für Thomas Kemmerich. Ein Kandidat der demokratischen Mitte hat gesiegt. Offensichtlich war für die Mehrheit der Abgeordneten im Thüringer Landtag die Aussicht auf fünf weitere Jahre (Bodo) Ramelow nicht verlockend.“ Kubicki argumentierte wie Weißgerber: „Jetzt geht es darum, eine vernünftige Politik für Thüringen voranzutreiben. Daran sollten alle demokratischen Kräfte des Landtages mitwirken.“

Bundeskanzlerin Merkel hat dann die Chance für eine bürgerliche Minderheitsregierung der Mitte – ohne AfD – mit ihrem Diktat aus Südafrika skrupellos abgewürgt. Und der FDP-Bundesvorsitzende? Er stand nicht, er fiel beim ersten Wind um. Dabei hätte sich Lindner an eine Lebensweisheit seines Amtsvorgängers Philipp Rösler erinnern können: „Wer sich selbst zum Würstchen macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn er verspeist wird.“

Kubicki und manch andere altgediente Freidemokraten haben wie er ziemlich „die Schnauze voll“ vom Intriganten-Stadel in der FDP. Das bringe eine Partei um, kritisierte der Parteivize in der Bundestagsfraktion am 14. Februar nach dem Wahlakt in Thüringen mit gewohnt klarer Kante.

Beliebt in Funk & Fernsehen: Heckenschütze Gerhart Baum

Vielleicht meinte Kubicki damit auch einen altgedienten FDP-Heckenschützen. Denn an der Spitze bei der Selbstzerstörung der FDP findet sich seit Jahrzehnten immer wieder der nun 87-jährige linksliberale Aktivist Gerhart Rudolf Baum. Er hat zwar nichts mehr zu melden, und seit Jahrzehnten wenig politisch auf die Reihe gekriegt, aber in einem ist der Politrentner immer groß: Stets seinem FDP-Chef mit einer in Not geratenen Partei, konsequent über dankbare Medien in den Rücken zu fallen. Angefangen bei Otto Graf Lambsdorff über Guido Westerwelle, Philipp Rösler oder jetzt Christian Lindner – „Parteifreund“ Baum schießt liebend gerne liberal-konservativ gesinnte Parteichefs aus dem Frack. Für Baum trifft ohne Zweifel Konrad Adenauers sarkastische Steigerungsformel innerparteilicher Politik zu: Feind, Todfeind, Parteifreund.

Schließlich besitzt der mitteilungsbedürftige Ex-Bundesminister Baum – heute spöttisch in Reihen der Liberalen bekannt als Aktivist der Bewegung „Opas gegen rechts!“ – neben seinen Heckenschützenfähigkeiten auf die eigenen Linien auch noch den Makel eitler Selbstdarstellungskünste. TE-Autor Stephan Paetow beschrieb Baums jüngsten Auftritt bei Anne Wills kollektiver Selbstverständigungssendung gegen die Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten in Thüringen mit AfD-Stimmen süffisant so: „Mit den Worten, die Zivilgesellschaft habe den Dammbruch gestoppt, ‚aber ich auch!‘ forderte schließlich ebenso Gerhard Baum, FDP, die ihm zustehende Anerkennung ein.“

Drei Worte sprechen für Baums Charakter: „aber ich auch.“ Sein öffentlicher Geltungsdrang schadet der FDP seit Jahrzehnten, aber keiner stoppt ihn. So geht es halt wie in Hamburg oder bei eventuellen Neuwahlen in Thüringen weiter bergab. Wer nicht steht, der fällt – so wirkt das Gesetz der Erdanziehungskraft. Leider will Lindners FDP fallen.

Anbiederung an den Mainstream hat ihren Preis

Faire Journalisten und gar Freunde wird die FDP in den Medien nicht mehr finden. Die liberale Anbiederungsaktion an den Mainstream war damit völlig vergeblich. Dabei hatte die FDP-Führung sogar mit Thomas Maron extra einen Pressesprecher aus dem linken Journalistenlager (Frankfurter Rundschau) eingestellt, der jedoch nach gerade zehn Monaten im Amt gleich wieder von der Fahne lief.

Und wie springen die Massenmedien mit der FDP bei der ersten größeren Krise um? Wie immer. Oder um es mit Wolfgang Kubicki zu sagen: „Feuer frei aus allen Rohren!“ Für die FDP gibt es auch unter Soft-Lindner keinen Pardon. Denn es bleibt ein innerer Journalistenauftrag, die Liberalen aus der parlamentarischen Umlaufbahn zu schießen. So kommt nicht nur Grün-Schwarz im Bund an die Macht, sondern vielleicht sogar Rot-Rot-Grün. Die Merkel-CDU tut jetzt alles dafür und liefert dem Medientross die Munition. Ein regelrechter FDP-Hass gehört auch bei den Kulturaktivisten von der „heute Show“ oder im Kabarett zum alltäglichen Klassenkampf-Instrumentarium.

Nur ein Beispiel: Bei der BR-Live-Sendung „Fastnacht in Franken“ aus Veitshöchsheim mit hoher Einschaltquote (3,81 Millionen Zuschauer bundesweit) wird die FDP auf breiter Front für die Wahl ihres Ministerpräsidenten in Erfurt regelrecht niedergemacht. Bayerischen FDP-Politikern als Astronauten kostümiert, ruft der grüne Kaberettist Oliver Tissot aus Nürnberg zu: „Man müsste sie zum Mond schießen seit Thüringen.“ Tissot hilft Bayerns grüner Spitzkandidatin und Fraktionschefin Katharina Schulze gerne im Landtagswahlkampf. Kein Wunder also: Die „guten“ Grünen kommen auf der Fastnachtsbühne wie immer durchweg positiv weg im krassen Gegensatz zu anderen Parteien. Selbst Sebastian Reich mit Schweinchen-Puppe Amanda ätzt über Bayerns FDPler im Publikum: „Ihr könnt Euch als Taucher verkleiden, es geht bald abwärts.“

FDP-Zustand
Blaues Auge statt Befreiungsschlag
So ein Untergang funktioniert jedoch nur, wenn man sich als Partei selbst beschuldigt, anstatt sich zu verteidigen. Lindner und sein politischer Büchsenspanner, der Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann glaubten, sie könnten an der Anti-FDP-Medienfront irgendetwas befrieden. Nichts war es, doch das hat jeder Politprofi ohnehin gewusst. Bevor die AfD dank Merkels Griechenland- und Asyleinwanderungspolitik die politische Bühne eroberte, war die FDP das journalistische Hassobjekt Nummer eins – und die Vorurteile bestehen heute noch immer.

Tichys Einblick hatte bereits an dieser Stelle nach der Thüringen Wahl Ende Oktober 2019 vorausschauend den desolaten FDP-Zustand beschrieben. Über das aktuelle Führungsversagen ist hier vieles nachzulesen.

Der Autor wurde daraufhin vom FDP-Management in einer Art Racheakt von allen Terminen wie Information abgeschnitten und ausgegrenzt. Ehre wem Ehre gebührt. In neosozialistischen Zeiten sollten wir Rosa Luxemburg gedenken. Wir wollen die Kommunistin natürlich nicht verehren, sondern vielmehr ihre Botschaft wie in der Endzeit der DDR bei den Straßenprotesten dialektisch gegen die linksgrüne Meinungsdiktatur wenden (wissend, das sie selbst diesen Grundsatz nur innerhalb des eigenen Lagers gelten ließ): Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.

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Kommentare ( 192 )

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moorwald
4 Jahre her

Die FDP wollte vor allem immer eines: mitregieren. – Mit der Zeit hat sie dann vergessen, wozu. Und da wußten es die potentiellen Wähler natürlich auch nicht mehr.

caesar4441
4 Jahre her

Lindner war immer schon blauäugig.

Contra Merkl
4 Jahre her

Die frustrierten Gesichter… die gucken als ob der Chef grade in der Halle verkündet hat, die Firma ist Pleite, morgen können alle aufs Amt fahren zum Stempeln. Lohn gibt es am Monatsende auch nicht mehr, aber die Arbeitsklamotten sollen noch abgegeben werden, natürlich gereingt. Da dachten die bei der FDP, sie sind drin, die böse AfD ist raus, man kann es sich mit 5 Prozent gemütlich machen die nächsten Jahre. Geld kommt satt jeden Monat. Siegessicher werden Interviews gegeben. Nu wurde sich verzählt, bzw. wurden die Stimmen der einen Partei der anderen angeschrieben. Upps, naja man hat es ja gemerkt.… Mehr

Thomas Visconti
4 Jahre her

Schade, dass es keine echte liberale Partei gibt. Eine Partei, die sich wirklich in der Mitte befindet und ein Regulativ zwischen extremen linken oder rechten Ansichten darstellt. Sowas würde ich sofort wählen.
Wofür steht diese FDP eigentlich? Kann mir das irgendwer erklären? Herr Lindner jedenfalls kann es nicht…

Lutz Herzer
4 Jahre her

Herr Lindner, vergessen Sie dann nicht, das Licht auszumachen.

Eco
4 Jahre her

Thüringen mag die paar Stimmen gekostet haben, die zu 5% fehlen, aber damit ist der Verlust der anderen 2,4% nicht erklärt. Der FDP fehlt es an Personal und Themen, es reicht eben nicht ein wirtschaftliberale Umfaller-Lindner-Wahlverein zu sein.
Die FDP braucht ein breiteres Profil und eine positivere Ausstrahlung. Früher stand die FDP nämlich auch mal für Menschenrechte, eben zu Zeiten eines Gerhard Baums und einer Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Diesen liberalen Flügel gibt es nicht mehr.

Gerro Medicus
4 Jahre her
Antworten an  Eco

Die FDP, verehrte(r) Eco, ist wie der Mann ohne Eigenschaften. Liberal ist nur der Positiv zu dem Komparativ Neoliberal und den Superlativ Sch***egal! Der Liberalismus, wie ihn noch ein Sir Rolf Dahrendorf vertrat, ist schon lange tot. Eine richtige Heimat hatte er in Deutschland ohnehin nie. Für die CDU, zeitweilig auch für die SPD, hatte diese Partei nur die Rolle des nützlichen Idioten, des Mehrheitsbeschaffers. In den Zweierkonstellationen konnte sich die FDP jedoch nie behaupten, ihr waren die Pöstchen und Pfründe, die sie durch eine „Beteiligung“ an der Regierungsmacht erhielt, stets genug. Ihr Wirken beschränkte sich auf Steuererleichterungen für ihre… Mehr

Albert Pflueger
4 Jahre her

Dieser Spruch von Luxemburg sagt gar nichts über die Freiheit aus. Freiheit ist etwas individuelles, es ist nicht die Freiheit, etwas zu denken, wie die Luxemburg suggerieren will, denn die Gedanken sind frei, immer! Wer es nötig findet, das zu betonen, zeigt, daß er nicht einmal das selbstverständlich findet, er outet sich als Ideologe. Vielmehr ist Freiheit Handlungsfreiheit, es ist das Recht, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen, unabhängig von Bevormundung, und die Ergebnisse seiner eigenen Arbeit, aber auch die seines persönlichen zufälligen Glücks, zum eigenen, und zum Vorteil derer, an denen einem etwas liegt, einzusetzen nach eigenen… Mehr

Klare Kante
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Doch der Spruch der Sozialisten-Ikone Luxemburg taugt auch in der heutigen Zeit immer noch als dialektischer Gag, indem man linke Ideologie gegen linke Ideologen wendet – wie unten beschrieben. So haben es mutige Demonstranten im Herbst 1989 auf den Straßen von Ost-Berlin und Leipzig mit ihren Spruchbändern getan: Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Sie wurden ihnen von Stasi-Mitarbeitern aus den Händen gerissen, denn sie haben die SED-Diktatur mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Soweit sind wir unter dem Merkel-Diktorat nach 30 Jahren Mauerfall schon wieder gekommen.

moorwald
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

zu ergänzen: die Freiheit ohne Furcht vor Ausgrenzung und Reppressalien seine Meinung zu äußern.

Albert Pflueger
4 Jahre her

Ich finde es schlecht, daß eine Oppositionspartei wie die AfD in einer großen Stadt lediglich auf 5% Zustimmung trifft. Allerdings muß man bedenken, daß die Idee, über 50% des jeweiligen Jahrgangs an die Universitäten zu locken, dafür sorgt, daß die alle in den Städten sind. Wenn dann noch ab 16 gewählt werden kann, hat man eine dramatische Verschiebung nach grünlinks in der Wählerschaft. Wieso dürfen Leute, die nicht mal für sich selbst verantwortlich sind, weil sie nicht volljährig sind, eigentlich wählen? Ich habe drei Kinder, und ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß das gut ist. Diese Einschätzung teilen meine Kinder.

Dieter Kief
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Man kriegt auch ein Infantilisierung der Diskussion und der Politik durch die Herbasetzung des Wahlalters. Ein Doppelfehler.

Medienfluechtling
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Wenn man sich dazu noch anguckt, in welchen Vierteln die wenigsten wählen waren, sieht man, dass das häufig die Viertel mit hohem Ausländer Anteil sind, welche von ihrer Wahlmöglichkeit keinen Gebrauch machen.
Wenn die z.B. durch Kandidaten aus ihrem Kulturkreis angesprochen werden, gibt es da noch einmal deutlich was zu holen. Meist für die SPD. Deutsche werden in diesen Vierteln wegen dem demographischen Wandel demokratisch in 10-15 Jahren dagen nicht mehr ankommen.

Albert Pflueger
4 Jahre her

Weiß eigentlich irgendjemand, wofür die FDP steht? Ich habe lange gedacht, sie sei inzwischen sowas wie AfD light, eine Protestpartei, die man wählt, um zu zeigen, daß man den Merkel-Kurs ablehnt, aber die AfD auch. Inzwischen kann man gar nichts mehr zeigen, wenn man die wählt. Außer Mitleid.

Gerro Medicus
4 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Mitleid? Nicht mal das!

Cojo Tee
4 Jahre her

Wir konstatieren erleichtert: Die Geschlechtsumwandlung Christine Lindners in Erfurt war erfolgreich!