Arbeitnehmer, Dein Wille geschehe!

Kein Zufall, dass Arbeitsminister Hubertus Heil seinen Gesetzesentwurf für ein Rückkehrrecht von Teilzeit und Vollzeit jetzt vorlegt. Am Sonntag ist SPD-Parteitag, und da will der Regierungsflügel den eigenen Linken sagen können: Seht her, GroKo lohnt sich für uns.

Lukas Schulze/Getty Images

Von solchen innerparteilichen Überlegungen abgesehen, erlaubt der Entwurf einen Blick in die neue „soziale“ Arbeitswelt, wie sie dem linken Spektrum vorschwebt. Jeder Arbeitnehmer bekommt das Recht, sich bis zu fünf Jahre lang von der Vollzeit abzumelden, um dann – wenn es ihm in die Lebensplanung passt – wieder auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren. Was das für die Arbeitgeber und die betrieblichen Abläufe bedeutet, interessiert die beiden sozialdemokratischen Regierungsparteien – auch die CDU/CSU stimmt zu – nicht. Sollen doch die Arbeitgeber sehen, wie sie damit zurande kommen.

Kleinbetriebe mit bis zu 45 Mitarbeitern werden von diesem neuen Recht auf freie Arbeitszeitwahl verschont. Aber auch für etwas größere Betriebe wird es nicht einfach, wenn mehrere Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen ihre Arbeitszeit reduzieren. Das hat übrigens einen grotesken Nebeneffekt. Für einen Mitarbeiter, der aus persönlichen Gründen für ein Jahr nur noch 19 statt 38 Stunden arbeitet, muss das Unternehmen einen Teilzeit-Vertreter einstellen. Und schon wieder sitzt jemand in der angeblich so unsozialen „Teilzeitfalle“.

Heil, SPD und CDU/CSU wollen aber nicht nur Vollzeitbeschäftigten ein Höchstmaß an Flexibilität einräumen. Auch wer derzeit eine Teilzeitstelle ausfüllt, soll – falls ihm danach ist – sein Arbeitspensum nach Belieben erhöhen können. Sollte der Arbeitgeber aber gar keine zusätzliche Arbeit haben, dann muss er das notfalls vor Gericht nachweisen. Am Ende werden so die Arbeitsgerichte zur obersten Instanz bei der Planung betrieblicher Abläufe.

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Fragt sich nur, welche Rolle Unternehmer und Arbeitgeber in dieser neuen, schwarz-roten Arbeitswelt noch einnehmen. Offenbar sehen die Großkoalitionäre in einem Arbeitgeber einen Menschen, der einen Betrieb aufgebaut hat mit dem obersten Ziel, Menschen zu beschäftigen und zu bezahlen. Und ein Arbeitnehmer ist nach diesem Bild von Wirtschaft ein Mensch, der durchaus bereit ist, einem Arbeitgeber zu Diensten zu sein – aber zu seinen, des Arbeitnehmers Bedingungen, das heißt, wann ER arbeiten will und wie lange ER arbeiten will. Betriebliche Belange erscheinen da im „Freizeitpark Deutschland“ als lästige Nebensächlichkeiten, ebenso das Denken in den Kategorien von Umsatz und Gewinn, Kosten und Ertrag.

Dies alles vollzieht sich vor dem Hintergrund einer florierenden Wirtschaft mit dem höchsten Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung. Doch irgendwie scheinen die Großkoalitionäre zu glauben, anhaltendes Wirtschaftswachstum und eine stetige Zunahme der Beschäftigung wären ein Geschenk des Himmels an die Deutschen. Vielleicht sollten Union wie SPD einmal an die erste Legislaturperiode von Rot-Grün zwischen 1998 und 2002 zurückdenken. Auch damals gingen die Regierenden davon aus, die Wirtschaft wachse von allein. Deshalb wurde herumexperimentiert, wie groß wohl die Belastbarkeit der Wirtschaft sein könnte. Als die Herrschaften es wussten, war das Wachstum minimal und die Arbeitslosigkeit sehr hoch.

Angeblich wird man aus Schaden klug. Manche Politiker scheinen nach dem Vorsatz zu leben, auf keinen Fall klug werden zu wollen. Heils Gesetzentwurf belegt dies.

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Kommentare ( 46 )

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46 Comments
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Walter Knoch
6 Jahre her

Es scheint eine Entwicklung zu sein, die nicht zu stoppen ist. Der Vertragsfreiheit, dem freien Handeln freier Menschen, wird die Kandare angelegt. Die SPD lässt Bad Godesberg hinter sich, die Herz-Jesu-Sozialisten der Süssmuth-, Geißler-, Merkel-gewendeten CDU folgen mit Sympathie. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung wird immer mehr zur Chimäre. Eines fügt sich zum andern. Resettlement, Grenzöffnung, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, imperatives Mandat durch die Hintertür, Impulspapier. Wie zitiert Frau Lengsfeld A. M. aus dem Jahre 2015: „Aus Illegitimität Legitimät zu machen. Die Dame meint es ernst. Für die Partei, die seit 2005 den Bundeskanzler stellt, für die Partei eines Ludwig Erhard, die nur noch die… Mehr

hans schmal
6 Jahre her

Der Markt korrigiert Alles früher oder später, ist wohl ein ein Naturgesetz , man kann ihn positiv oder negativ beeinflußen , und damit eine Aufwärts. – (Win – Win ) oder eine Abwärtsspirale hervorrufen , aber eines kann man garantiert nicht man kann ihn niemals umgehen !
Sieht nach einer weiteren Maßnahme von Verlierern für Verlierer aus .
Damit wird das Ende nur ein bißchen dicker .

Mirko96
6 Jahre her

Das geht hier an der Wirklichkeit vorbei, die Firmen stellen doch nur noch befristet und in Teilzeit ein. Vollzeit wird umgangen weil da Sozialleistungen wie Weihnachtsgeld anfallen und dies sind Kosten welche die Arbeitgeber nicht bereit sind zu zahlen. Von der Masse die in Leiharbeit ihr Brot verdienen ganz zu schweigen. Vollbeschäftigung ist ein Märchen, für Geringqualifizierte gibt es so gut wie keine festen Anstellungen mehr. Der moderne Arbeitnehmer hat die Wahl zwischen einem Sklavenjob oder Hartz 4. Alles dreht sich nur um Kosten und der Mensch bleibt auf der Stecke. Die Lohnpolitik der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, zerstören Millionen… Mehr

Zweifler
6 Jahre her

Diese Regelung erhöht das Risiko für Unternehmen, dass Mitarbeiter in Teilzeit zusätzliche Arbeitszeit fordern und ungerechtfertigt erhalten. Es entsteht ein Kostenrisiko. Im Ergebnis wird jeder Unternehmer seinen Mitarbeitern Teilzeit verweigern, um sein unternehmerisches Risiko zu minimieren. Super durchdacht von der SPD, klasse Methode um den Flexibilität zu verhindern. Ähnlich lief das auch mit dem Telekommunikationsgesetz (TKG). Das Gesetz sollte ein Sonderkündigungsrecht im Falle eines Umzuges für Kunden schaffen. Das Sonderkündigungsrecht enthält nun eine Kündigungsfrist von 3 Monaten. Davor galt das BGB. Im Falle eines Umzuges galt bis zum TKG keine Frist, die Kündigung war damals nicht einmal nötig, da alle… Mehr

Tesla
6 Jahre her

Das läuft offenbar auf eine Neuauflage des „Rechts auf Arbeit“ hinaus. Hatten wir alles schon mal gehabt. In einem anderen deutschen Staat mit Mauer drum herum. Die Deutschen lernen nicht aus der Vergangenheit. Linke schon gar nicht, weil sie per se glauben, die Wahrheit gepachtet und die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. „Die Partei, die Partei, die hat immer recht…“. Ich sehe jetzt schon, wie das (wieder) enden wird, wenn man sie weiter machen lässt.

berndi
6 Jahre her

Klingt doch eher nach einer Regelung für 300 und mehr Mitarbeiter, zumal man das ja kontingentieren müsste.
Schätze das läuft nur drauf hinaus, dass die Löhne so knapp werden, dass sich keiner die Teilzeit leisten kann. Tolle Wurst.

Axel Jung
6 Jahre her

… Wenn man eine Gesellschaft so organisiert, dass möglichst jede/r arbeiten soll (anderenfalls gilt man als faul oder Konjunkturschädling) oder gar muss (weil die Gehälter ansonsten nicht ausreichen, das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu finanzieren), und gleichzeitig erwartet, dass die Leute Kinder in die Welt setzen oder sich um Alte und Pflegebdürftige kümmern, dann muss den Betroffenen auch ermöglicht werden, ihren zeitlichen Einsatz auf die verschiedenen Lebensbereiche flexible aufzuteilen, ohne dass dies zu lebenslangen Benachteiligungen führt. In diesem Zusammenhang von einem angeblichen „Freizeitpark Deutschland“ zu fabulieren, ist eine Unverschämtheit sondergleichen. Witschaft ist kein Selbstzweck, dem alles unterzuordnen ist, sondern… Mehr

Walter Knoch
6 Jahre her
Antworten an  Axel Jung

Die Semantik, die sie anschlagen, zeigt aus welcher Richtung der Wind weht (pfeift). Deshalb zuvor eine generelle Bemerkung: Es gibt viel Not in diesem Lande. Nicht immer ist diese Not der Gesellschaft zuzuschreiben. Eine freiheitliche Gesellschaftsordnung, die bewiesen hat, unser Lebensstandard zeigt es, dass sie allen anderen Modellen überlegen ist, soll sukzessive umgemodelt werden. Mit Aushebelung der Vertragsfreiheit, mit Knebelung in der Disposition der Arbeitskräfte. Unser Wohlstand beruht nicht mehr, so die „Vision“ der „Visionäre“, die lt. Schmidt einen Arzt aufsuchen sollten, auf der unternehmerischen Tätigkeit am Markt, an dem das einzelne Unternehmen suchen muss, seine Leistungen unterzubringen. An dem… Mehr

Axel Jung
6 Jahre her
Antworten an  Walter Knoch

Guter Mann, Sie glauben also ein Ahnung zu haben „aus welcher Richtung der Wind weht“. Glauben ist bekanntlich nicht wissen und daher wäre es möglicherweise ratsam, mit derartigen Mutmassungen etwas sparsamer zu sein. Wenn Sie meine Anmerkung aufmerksam gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich eine Regelung auf freiwilliger Basis grundsätzlich vorziehen würde. Ausserdem wäre Ihnen aufgefallen, dass ich mich nicht über angeblich unzureichende Gehälter beklage, sondern lediglich darauf hinweise, dass die Menschen sich Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie der Meinung, dass sich aus einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung uneingeschänkte Vefügungsrechte eines Unternehmens über die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer ableiten… Mehr

Walter Knoch
6 Jahre her
Antworten an  Axel Jung

Zunächst mal, sehr geehrter lieber Axel Jung, ich bin vielleicht Vieles, bestimmt aber nicht ihr Guter Mann. Können wir uns auf die in Mitteleuropa gelten Umfangsformen einigen? Aber solche Kleinigkeiten beiseite gelassen. Es ist die Semantik, die den Mann, die Frau verrät. Was denn, wenn nicht unsere Wortwahl! Ich bin mitnichten der Meinung, dass der Arbeitgeber absolute Verfügungsrechte über den Arbeitnehmer hat. Allerdings bin ich sehr wohl der Meinung, dass die Verteilung der Rechte mittlerweile durch den Gesetzgeber schon sehr weit zulasten der Arbeitgeber verschoben ist. Eine freiheitliche Gesellschaftsordnung geht davon aus, dass Menschen die Bedingungen zu denen sie Verträge… Mehr

Sonni
6 Jahre her
Antworten an  Walter Knoch

Sehr geehrter Herr Koch, ich bei vollkommen Ihrer Meinung. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass die meisten Menschen, die niemals selbständig waren, diese ganzen Zusammenhänge niemals erkennen werden oder erkennen wollen. Der Arbeitgeber ist nicht dafür verantwortlich, die miserable Politik auszugleichen. Um Menschen die Möglichkeit zu geben, zeitweise Pflege oder mehrzeitlich Kindererziehung oder was weiß ich zu leisten, hätte der Staat locker genügend Geld zur Verfügung, welches er bereits abgeschöpft hat. Stattdessen schmeißt „Berlin“ das Geld zum Fenster raus, als gebe es kein Morgen (leider nicht für die Menschen in Deutschland), bürdet den Arbeitgebern noch mehr Lasten… Mehr

Walter Knoch
6 Jahre her
Antworten an  Axel Jung

Ergänzend: In einer freiheitlichen Ordnung werden Verträge zwischen Individuen ausgehandelt. Der Staat gibt einen g r u n s ä t z l i c h e n Rahmen vor. Was Ihnen vorschwebt ist eine autoritäre, staatsgläubige Ordnung. Mit Freiheit hat das alles nichts mehr zu tun. Die GESAMTE Gesellschaft, was immer das ist, hat sich dort zurückzuhalten, wo sie in den Bereich eingreift, der dem Einzelnen aus guten Gründen vorbehalten ist.

Aber wir müssen, so wurde uns bekannt gemacht, mittlerweile täglich die Bedingungen unseres Zusammenlebens neu aushandeln.

Sonni
6 Jahre her
Antworten an  Axel Jung

Jedem Arbeitnehmer in Deutschland steht es völlig frei, sich selbständig zu machen, wenn ihm die Situation nicht gefällt. Die meisten jedoch scheuen das Risiko, die Verantwortung, und den Arbeitsaufwand. Es ist viel leichter, auf eine höher geordnete Instanz zu vertrauen, die andere dazu verpflichtet, die eigenen Lebensumstände möglichst angenehm zu gestalten und zu finanzieren. Abgesehen davon ist hier der Gesetzgeber und die Politik für die miserablen Zustände verantwortlich. Wenn ich den Unternehmen jegliche Handlungsspielräume entziehe, indem ich alle nur möglichen Gewinne bis zur Schmerzgrenze abschöpfe um solche Sachen wie Target 2 zu finanzieren oder die Sozialleistungen für illegale Migranten hergebe,… Mehr

mfohr
6 Jahre her

genau diese sozialistischen Utopien werden unsere Arbeitswelt kaputt machen. als Arbeitgeber ist man nur noch Erfüllungsgehilfe dieser Utopien. es geht nur noch darum, kleinen gesellschaftlichen Gruppen eine sozialistische Heimat zu schaffen, alles wird geregelt und qutotiert. wir können sicher sein, dass das Investitionsklima in D dadurch schon jetzt leidet und in Zukunft marginalisiert wird. da in einer Rezession die Steuern und Abgaben zurückgehen werden, können sich die „Reichen“ und „Erben“ dann über mehr Aufmerksamkeit freuen. die CDU hat jegliche Koordinaten verloren und könnte sich eigentlich selbst auflösen und der SPD beitreten.

Volker Detering
6 Jahre her

Mich interessiert diese Schongrenze. Betriebe bis 45 Mitarbeiter fallen nicht unter die neue Zwangsmassnahme. Warum nicht 46 oder 44? Warum ueberhaupt eine Einschraenkung? Wenn es doch gerecht ist, dann sollte es doch fuer alle gelten muessen. Dann ist dieser Gesetzentwurf also ungerecht gegenueber den Gebeutelten in Betrieben unter 45 Beschaeftigten oder nicht? Also schafft neues Unrecht? Oder haben grosse Firmen einfach die Ressourcen um sich entsprechend anzupassen? Arbeitgebern in der Nachts-nicht-schlafen-koennen-Zone von um die 45 Mitarbeitern, die wegen der Hubertus-Zufallszahl entweder expandieren oder zurueckfahren wollen wird die Entscheidung immerhin „leicht“ gemacht.

wolleus
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Müller-Vogg, wenn es nicht so ernst wäre müßte man darüber lachen. Für mich nicht vorstellbar, daß keine 30 Jahre nachdem die Planwirtschaft und der Sozialismus (dieses Mal der rote) wieder ihren Bankrott erklärten genau mit solchem Sozialismus wieder angefangen wird. Gegenwärtig wird doch ständig über das 3. Reich berichtet und die 68er. Wäre es nicht eine Geschichte wert über das Godesberger Programm der SPD zu berichten? Dabei herauszuarbeiten, daß die SPD ihre marktwirtschaftliche Einstellung zwischenzeitlich verraten hat und jetzt wieder auf dem Weg zur Neo-SED ist. Genauso wie einst in der SBZ die Ost-SPD sich mit der… Mehr