Tichys Einblick
Kirche im sozialen Größenwahn

Diakonie versteckt Umfrageergebnis: Mehrheit lehnt weitere Flüchtlingsaufnahme ab

Der Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirche stört sich an dem Ergebnis einer eigenen Umfrage: Eine große Mehrheit ist gegen die Aufnahme weiterer Migranten. Die Reaktion des Diakonie-Präsidenten Ulrich Lilie offenbart puren Größenwahn.

Diakoniepräsident Ulrich Lilie

IMAGO / epd

Eine große Mehrheit der Deutschen lehnt laut einer aktuellen Umfrage die weitere Aufnahme von „Geflüchteten“ ab. Dieses Ergebnis entsprach ganz offensichtlich aber nicht den Wünschen der Auftraggeber, nämlich der Diakonie Deutschland. Und so versteckte der Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirche in seiner Pressemitteilung die Umfragezahlen weit unten und begann stattdessen gleich mit der eigenen Forderung – „Integration und Sozialpolitik zusammen denken“ – und einer angesichts der Einwanderungszahlen abstrusen Behauptung – „Die vergangenen Jahre waren eine Politik der Abschottung statt der Integration“.

Die 5001 durch das Umfrageinstitut Civey Befragten hatten mit absoluter Mehrheit gesagt, dass sie die weitere Aufnahme von „Geflüchteten“ ablehnen. Die Fragestellung, die bei Umfragen bekanntlich das entscheidende Werkzeug zur Beeinflussung des Ergebnisses sein kann, hat durch den Einschub „angesichts der steigenden Zahl an Flüchtenden weltweit“, wohl eher eine positive Antwort herausgefordert. Aber die gab nur eine Minderheit von weniger als 30 Prozent. 62,5 Prozent lehnen die weitere Aufnahme ab, 47,3 Prozent wollen das sogar „auf keinen Fall“.

Ähnlich negativ fällt auch das Urteil der Befragten darüber aus, ob die „Geflüchteten“ der letzten zehn Jahre „gut in der Gesellschaft angekommen“ seien. Auch diese Frage provoziert nicht gerade eine ablehnende Antwort. Hier antworten 21,6 Prozent „eher nein“ und 36,2 Prozent „nein, auf keinen Fall“. 

Diese Ergebnisse sind für den Diakonie-Präsidenten Ulrich Lilie aber offenbar kein Grund, die weitere Aufnahme in Frage zu stellen, oder gar etwa die Rolle der eigenen Institution in diesem Zusammenhang kritisch zu reflektieren. Nein, Lilie fällt lieber gleich moralische Urteile. Gönnerhaft meint er zunächst klarstellen zu müssen: „Nicht jede und jeder, der Migration kritisch sieht, ist dabei rechtsextrem.“ Aber irgendwie halt doch, denn: „Aber ohne diesen Resonanzboden hätten es die furchtbaren rechten Vereinfacher mit ihrer ‚Wir-oder-ihr‘-Logik viel schwerer, daraus politischen Profit zu schlagen.“ 

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Dass gerade am unteren Ende des sozialen Spektrums die Freude über zusätzliche Armutseinwanderung oft nicht sehr groß ist, erkennt auch der Diakonie-Präsident: „Wer sich sozial bedroht fühlt, keine Perspektive für sich und seine Kinder sieht, am oder unter dem Existenzminimum lebt, macht innerlich schneller dicht – auch gegenüber Geflüchteten. Ganz besonders, wenn er oder sie im selben Quartier mit Geflüchteten zum Beispiel um die knappe Ressource Wohnraum konkurriert oder den Staat nicht als Unterstützung, sondern als Hartz IV-Sanktionierer erlebt.“ 

Mit dem letzten Satz wird schon klar, worin die Diakonie die Lösung sieht: Nicht etwa den Zuzug von Sozialleistungsempfängern begrenzen, sondern einfach noch mehr Staatsgeld auch für die heimischen Bezieher. O-Ton Lilie: „Wir müssen den ‚Entweder-oder-Reflex‘ überwinden, mit dem Einheimische und Flüchtlinge von Populisten gegeneinander in Stellung gebracht werden. Das führt komplett in eine Sackgasse. Was wir stattdessen brauchen, ist eine Politik des ‚Sowohl-als-auch‘.“

Das meint die Diakonie also mit „Integration und Sozialpolitik zusammen denken“. Etwas knapper und deutlicher formuliert könnte man sagen: Her mit der Staatsknete! Das ist also das Rezept desjenigen, der sich über „furchtbare Vereinfacher“ empört.

Aber nur mehr Geld für alle – ob heimische Opfer der hartherzigen „Hartz IV-Sanktionierer“ oder „Geflüchtete“ – reicht Diakonie-Präsident Lilie nicht für den von ihm gewünschte „Stimmungswechsel“. Es werde noch „zu wenig geredet“ über Integrationserfolge. O-Ton Lilie: „Wir müssen auch die erfolgreichen Integrationsgeschichten hörbar und Deutschland als das Einwanderungsland, das es faktisch ist, positiv erlebbar machen. Es braucht diese guten Geschichten, um die Entweder-oder-Narrative leiser werden zu lassen.“ Noch mehr schöne Geschichten also müssen her! Und diejenigen, die noch immer meinen, dass die Versorgungskapazitäten unserer Gesellschaft beschränkt seien („Entweder-oder-Narrative“!) , sollen damit zum Schweigen gebracht werden. Fehlt nur noch der Hinweis auf die „Wundersame Brotvermehrung“ am See Genezareth. Aber mit Bibelzitaten wollte der Kirchenmann wohl niemanden vor den Kopf stoßen. 

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Die wundersame Brotvermehrung findet schließlich längst auch ohne Jesus statt. Diakonie-Präsident Lilie berichtet: „Zum Beispiel die Geschichte des Refugio in Kreuzberg – ein Wohnprojekt für Einheimische und Geflüchtete der Stadtmission. Oder das Projekt ‚Work First‘ für und mit geflüchteten Frauen, das vom Arbeitslosenfonds der rheinischen Kirche, der dortigen Diakonie und vom Jobcenter Köln gefördert wird. Es gibt unzählige solcher Beispiele und unerzählte Geschichten – von interkulturellen Kindergärten oder Seniorenwohnprojekten, Sportvereinen oder Betrieben.“

Man darf eben nur nicht fragen, wo das Geld herkommt. Die Frage und ihre Antwort  – von den (Kirchen-)Steuerzahlern könnte schließlich den „Entweder-oder-Reflex“ bestärken und die „Politik des sowohl als auch“ als das entlarven was sie ist: Eine höchst unsoziale Spielart des Größenwahns.

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