Olaf Scholz‘ Finanztransaktionssteuer dient allein dem Fiskus

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will Aktiengeschäfte besteuern. Wer glaubt, dass dadurch der Stabilität des Finanzsystems gedient ist, irrt. Am Ende geht es nur um linke Symbolik und die Erhöhung der Staatseinnahmen.

© Getty Images

Wer tatsächlich geglaubt hatte, dass Steuersenkungen auf der Agenda der Bundesregierung weit oben ständen, wird mal wieder enttäuscht. Vor allem für den sozialdemokratischen Teil der Koalition ist das Gegenteil der Fall.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat gerade den SPD-internen Machtkampf gegen einen früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister verloren, der in seiner Amtszeit nur durch zweierlei in Erinnerung blieb: mehrere verfassungswidrige Landeshaushalte und den juristisch zweifelhaften Ankauf von Daten über Steuerhinterzieher. Scholz weiß also jetzt, was er seiner Partei schuldig ist: Mehr Geld für den Staat. Also Schluss mit der schwarzen Null, also wieder Neuverschuldung, und zusätzlich noch mehr Steuern eintreiben, obwohl zuletzt Rekordeinnahmen zu verzeichnen waren. Ein Lieblingsprojekt derer, die seit langer Zeit bei den Jusos und nun mit Walter-Borjans und Esken in der ganzen SPD den Ton angeben, ist die Finanztransaktionssteuer. Und Scholz will sie ihnen gönnen: Umsätze von Aktien von Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland und einem Marktwert von über einer Milliarde sollen mit 0,2 Prozent des Umsatzes besteuert werden. Wohlgemerkt: Besteuert wird also auch der, der Verluste erleidet. Gewinne aus Aktien unterliegen ja ohnehin schon der Abgeltungssteuer.

Börsengeschäfte zu besteuern, das klingt nach Kampf gegen die „Spekulation“ und vermittelt vermutlich vielen Menschen, die sich zurecht über Auswüchse der Finanzindustrie empören, den Eindruck, hier würden nun endlich einmal diejenigen zur Kasse gebeten, die sich unrechtmäßig bereichern und die Finanzkrise ab 2007 verursacht haben.

METZGERS ORDNUNGSRUF 48-2019
Trotzt die SPD der Union auch noch die „schwarze Null“ ab?
Doch die Wirklichkeit des im Finanzministerium Geplanten sieht anders aus. Ifo-Präsdient Clemens Fuest hat recht: „Diese Steuer ist ein Beispiel für eine Politik, die vorgibt, Probleme zu lösen, sie aber tatsächlich eher verschärft.“ Die Ursache der Finanzkrise, beziehungsweise der übermäßigen Risikoneigung großer Akteure, die dazu führte, waren nicht zu „billige“ Aktiengeschäfte generell, sondern undurchsichtige Finanzprodukte, also sogenannte Derivate, und vor allem die geringe Eigenkapitalausstattung vieler Banken, die sie dazu verleitete, mit riesigen „Hebeln“, also Fremdkapital zu handeln, die im Schadensfall zu Domino-Effekten führen. Und nicht zuletzt auch die Erwartung, dass der Staat im schlimmsten Falle sowieso eingreifen und Banken retten würde – und diese Hoffnung hat sich ja auch (von Lehman abgesehen) erfüllt. 

Weder gegen intransparente Finanzprodukte, noch gegen die geringe Eigentkapitalausstattung der Banken wird aber Scholz’ Transaktionssteuer etwas ausrichten. Den Dschungel der Derivate zu lichten und viel strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken – das wären vorbeugende Maßnahmen gegen neue Finanzkrisen. Andere Länder bereits sinnvollerweise zusätzliche Abgaben auf Fremdkapitalfinanzierung eingeführt. Nicht der Aktionär selbst gehört besteuert, sondern die Finanzdienstleister. In Dänemark etwa gibt es eine Steuer, die sich auf deren Lohn- und Boni-Summen bezieht. Auch der Internationale Währungsfonds IWF empfiehlt eine solche „Finanzaktivitätssteuer“. 

Die von Scholz geplante Steuer könnte sogar, wie Fuest sagt, spekulative Preisausschläge verstärken, wenn sie dazu führt, dass die Umsätze am Aktienmarkt insgesamt sinken. Je geringer die nämlich sind, desto stärker wird der Einfluss einzelner großer Akteure auf die Preisbildung. Scholz will Kleinaktionäre in Mithaftung nehmen für die Schäden, die die Großen anrichten. 

Außerdem: Aktien sind bekanntlich genau jenes Eigenkapitel, an dem es vor allem in Deutschland und vor allem in der Finanzwirtschaft ja mangelt. Die Besteuerung von Aktienhandel erhöht also die Attraktivität von Fremdkapital für Geber und Nehmer, also von weiterer Verschuldung. 

METZGERS ORDNUNGSRUF 46-2019
Ohne verpflichtende Zusatzvorsorge droht Altersarmut
Dahinter stehen vermutlich zwei Motive: Erstens und vor allem die Maximierung der Steuereinnahmen. Vermutlich ist es gar nicht beabsichtigt, die Zahl der Aktionäre in Deutschland noch kleiner zu machen als sie ohnehin im internationalen Vergleich schon ist. Die geringe Höher der Steuer (bei einem Handelsumsatz von 1000 Euro werden 1,20 Euro fällig) wird vermutlich auch niemanden vom Aktienkauf generell abhalten. Gerade weil das staatliche Rentensystem seine Versprechen nicht einhalten wird und immer mehr Bürger das ahnen, gehören Aktien fast unvermeidlich zum privaten Altersvorsorgeprogramm von immer mehr Bürgern. Und von dieser Entwicklung will der Fiskus nun profitieren. Nicht die Lenkungswirkung der Steuer, die wie oben gesagt, ohnehin wenig sinnvoll ist, dürfte für die Regierenden ausschlaggebend sein, sondern der Wunsch nach noch mehr Steuereinnahmen. Zweitens dürfte für Scholz die Minimierung des politischen Widerstands für die Transaktionssteuer und gegen die Finanzaktivitätssteuer ausschlaggebend sein. Die Gesamtheit der Aktionäre ist schlecht bis gar nicht politisch organisiert, die Finanzindustrie dagegen sehr gut und schlagkräftig. 

Und der Koalitionspartner? Vom hessischen CDU-Finanzminister Thomas Schäfer kam zwar deutliche Kritik an Scholz’ Plänen – mit ähnlichen Argumenten wie den oben genannten: „ Nicht Spekulanten, sondern die kleinen Aktiensparer werden zur Kasse gebeten. Für mich ist dies in einer Zeit ohne Zinsen das falsche Signal.“  Aber die Kanzlerin selbst und ihre Parteifreunde in der Bundestagsfraktion haben in den vergangenen 14 jähren wahrlich oft genug bewiesen, dass sie im Ernstfall kaum mehr als Verzögerung und minimale kosmetische Änderungen gegen den kleineren Koalitionspartner durchsetzen. 

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Kommentare ( 19 )

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Stolzer Franke
4 Jahre her

Ich ergänze: irgendwoher muss das Geld für die Villen und Luxusautos der SPD-, Linken- und Grünen-Funktionäre herkommen.

Stolzer Franke
4 Jahre her

Ich verstehe nicht, wieso es noch immer Leute gibt, die glauben, dass die SPD irgendetwas für den kleinen Mann tut. Die Steuer soll nicht professionelle Trader betreffen – sondern diejenigen, die aus Angst vor Altersarmut eben nicht sparen, sondern investieren wollen. Die SPD möchte, dass sie stattdessen ihr Geld schön bei der Bank ablegen und Negativzinsen zahlen. Auch zeugt die FTA vor einer irrationalen Grundskepsis gegenüber dem Marktsystem, zu welchem nun mal auch das Finanzwesen zählt. Vor dem Neid der „Genossen“ gegenüber demjenigen, der statt drei Stunden am Tag auf FFF-Demos zu gehen und „Nazis“ zu verprügeln sich vor den… Mehr

kv
4 Jahre her

Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn.
Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
um Brot und Stiefel seine Stimm‘ verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.
(F.Schiller)

Wir sind so weit.

J.Thielemann
4 Jahre her

Die Steuereinnahmen sind hoch wie nie. Aber überall fehlt Geld. Also nicht wirklich überall. Der neue EU-Beitrag von 45 Milliarden- das Geld ist da. Flüchtlingskrise, Energiewende- keine Probleme. Aber die Kommunen ächzen. Also wird Geld aufgetrieben, wo sich noch irgendwas bewegt. Pendler? Da hat noch jemand Arbeit. Da lässt sich was abzwacken. Wer sich so ein Hobby leistet, kann dafür auch was abgeben. Altersvorsorge? Wird zum Teil doppelt besteuert. Jemand will in Aktien anlegen, Aktienkultur in D bisher mies?! Mit Aktien erwirbt man einen Unternehmensanteil- auf Gedeih und Verderb. Eine unternehmerische Entscheidung also. Unternehmer haben wir viel zu wenig. Aber… Mehr

spindoctor
4 Jahre her

Von Fürsten befreit, ergreift das Proletariat die Macht.

humerd
4 Jahre her

Olaf Scholz‘ Finanztransaktionssteuer dient allein dem Fiskus- also doch nicht der Grundrente für Alle?! Die Kreativität der SPD Spitze: nach der Forderung einer erheblich höheren CO2 Steuer, der Vermögenssteuer, kommt jetzt „Walter-Borjans will Firmenerben und Top-Verdiener stärker besteuern“ https://www.welt.de/politik/deutschland/article204315978/SPD-Walter-Borjans-will-Firmenerben-und-Top-Verdiener-staerker-besteuern.html und für alle, die heute glauben, das würde sie nie treffen: Spitzenverdiener ist man bei der SPD und den Linken ganz schnell, und die Finanztransaktionssteuer lässt auch ganz schnell auf alle Kontobewegungen ausdehnen. Einzig Unternehme erben wohl die Wenigsten und wenn die Pläner der SPD Wirklichkeit werden, gibts auch keine Unternehmen mehr in Deutschland. Die SPD ist der Feind des Mittelstandes… Mehr

Markus Gerle
4 Jahre her

Ich sehe noch ein weiteres Motiv für die Steuer bei der SPD. Man beachte die ständigen Angriffe der SPD auf die private und sogar staatliche Altersvorsorge. Beispielhaft seien genannt: die Doppelbesteuerung von Renteneinkommen, der Betrug an den Betriebsrentnern, die Halbierung des Steuerfreibetrages auf Kapitalmarktgewinne, der Riester-Betrug usw. Anzumerken ist auch die neue Vorabbesteuerung von Fondsgewinnen, bevor diese überhaupt realisiert wurden. Das ging in den Medien (sogar hier) unter, erhöht aber den Liquiditätsbedarf bei Investitionen in Fonds und ETFs. Betrachtet man alle Maßnahmen zusammen, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die SPD, aber auch die CDU unter allen Umständen… Mehr

Schoenwetterschreiberling
4 Jahre her

„Umsätze von Aktien von Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland (…) werden besteuert“ bedeutet: Ich kaufe keine Aktien von in Deutschland ansässigen Unternehmen.

Wird damit nicht ein weiteres Mal den wenigen verblieben Big Playern in unserem Land geschadet, oder sehe ich etwas grundsätzlich falsch?!

StefanB
4 Jahre her

Wo es etwas zu fassen gibt, greift der Räuber namens Staat zu. Er kann nie genug bekommen.

Ananda
4 Jahre her

Es gibt ein aktuelles Video von Dirk Müller, einen der Börseninsider. Darin erzählt er er sei von der Regierung nach seiner Sichtweise der Transaktionssteuer gefragt worden. Seine Antwort war, dass diese im Hochfrequenthandel, also kaufen und verkaufen innerhalb kürzester Zeit, sehr sinnvoll sei um den Zockern, diesen unattraktiv zu machen und damit die Schwankungen am Aktienmarkt einzudämmen. Die Kleinstanleger, die versuchen ihre Altersversorgung mit Aktien zu retten, sollten seiner Meinung nach verschont werden. Was passiert??? Die Zocker dürfen weiter Zocken, die durch gewollte Inflation und Nullzinsen bereits abbarbierten Kleinstanleger, dürfen blechen. Früher hat der Staat Anreize gesetzt Wohlstand aufzubauen –… Mehr