„Dem Populismus widerstehen – Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen“

In der Arbeitshilfe kommt 297 mal der Begriff Populismus vor, 163 mal der Begriff Rechtspopulismus, der Begriff Linkspopulismus nicht, und der Begriff Klima-/CO2-/Öko-Populismus schon gleich gar nicht.

imago images / Michael Westermann

In Sachen „Rechtspopulismus“ ist zwar schon so ziemlich alles gesagt und geschrieben, aber noch nicht von allen. Man überbietet sich gegenseitig im Outen von Sündenböcken und im Bemühen um „Grenzziehungen“ – und das in einer sonst vielfach und willkommen entgrenzten Gesellschaft. Es vergeht denn auch keine Woche, in der sich nicht CDU, CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke, sonstige Parteien, die Mainstream-Medien respektive die Talkshows mit ihren zweibeinigen Wanderpokalen echauffieren, und es vergeht kaum ein Monat, in dem dies nicht auch NGOs, Gewerkschaften, Sozial- und Islamverbände, Historiker-, Soziologen- und sonstige „Tage“ tun. Da möchten die Kirchen nicht zurückstehen. Auf dem gerade eben zu Ende gegangenen Evangelischen Kirchentag war Rechtspopulismus selbstredend ein Thema – „selbstredend“, aber nicht „redend“ mit diesen Igittigitt-Leuten von AfD oder Pegida.

Nun hat die Deutsche Bischofskonferenz den großen verbalen Hammer herausgeholt – in Form der mehr als 70 Seiten umfassenden „Arbeitshilfe Nr. 305“ (download hier). Diese „Arbeitshilfe“, gedacht für die Gemeindearbeit, wurde soeben in Berlin vorgestellt.

Darin kommt 297 mal der Begriff Populismus vor und 163 mal der Begriff Rechtspopulismus, der Begriff Linkspopulismus nicht, und der Begriff Klima-/CO2-/Öko-Populismus schon gleich gar nicht. Also ist auch bei der 134maligen (297 – 163 = 134) Verwendung allein des Begriffs Populismus der Rechtspopulismus gemeint.

Übrigens: Der Name „AfD“  kommen nicht vor, auch wenn sie Seite für Seite gemeint sind. Andererseits wird feinsäuberlich „Demokratie“ und „Populismus“ voneinander unterschieden, wiewohl „Volk“ im Griechischen „demos“ und im Lateinischen “populus“ heißt. Aber lassen wir diese etymologischen Spitzfindigkeiten!

Man könnte aus diesen mehr als 70 Seiten Seite für Seite manches aufspießen. Es ist alles recht und schön, man hat es x-mal gehört und gelesen. Etwa in den Kapiteln bzw. Unterkapiteln „Flucht und Asyl“,Erzwungene Migration als Merkmal unserer Zeit“, „Wurzeln und Ursachen von Islamfeindlichkeit“, „Das christliche Abendland und die Muslime“. Nur über Homosexualität resp. Homophobie finden wir nichts. Vielleicht wäre man da in Kollision mit dem Islam geraten. Bezeichnend ist, dass die Kriminalität und Gewaltkriminalität oder die ausufernde Clan-Kriminalität von „Zuwanderern“ komplett unerwähnt bleibt. Vielleicht hätte das das selbstgemalte Bild gestört.

Dafür gibt es ein Unterkapitel: „Rechtspopulistische Instrumentalisierungen der Gender-Debatte“. Zu letzterem Unterkapitel hier ein Auszug, der auf Seite 53 dokumentiert, wie sich die Kirche einer Ideologie unterworfen hat. Zitat: „Den Gender Studies, also wissenschaftlichen (sic! – JK) Theorien zur sozialen Bedeutung von Geschlecht und zu gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen, wird generell Pseudowissenschaftlichkeit unterstellt. Ihnen wird vorgeworfen, die natürlichen Geschlechterunterschiede aufzulösen und auf diese Weise die Familie zu zerstören – und schließlich auch zu behaupten, das Geschlecht sei beliebig wähl- und wechselbar. Als ein zentrales Feld der Auseinandersetzung wird die Sexualerziehung ausgemacht. Mit dem Stichwort „Frühsexualisierung“ wird der Vorwurf verbunden, Schülerinnen und Schülern solle ein Umerziehungsprogramm aufgedrängt werden, um die genannten Ziele durchzusetzen. Schließlich werde auf der Ebene der Politik mit Gender Mainstreaming den Zielen der Gender-Ideologie zur Durchsetzung verholfen, etwa mit Regelungen für eine geschlechtergerechte Sprache, Quotenregelungen und anderen normierenden Eingriffen in gesellschaftliche und staatliche Strukturen.“ Ende des Zitats! Man fasst es nicht, haben die 20 Verfasser dieser Arbeitshilfe nicht geahnt, was der Vatikan in Sachen Gender kürzlich erfreulich deutlich und kritisch verkündet hat? Siehe hier.

Zurück zur „Arbeitshilfe“ insgesamt: „Rechtspopulistische Tendenzen fordern uns heraus, sowohl gesamtgesellschaftlich, als auch innerkirchlich“, sagte der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Hamburgs Erzbischof Stefan Heße, bei der Vorstellung der „Arbeitshilfe“ am 25. Juni 2019 in Berlin. Es sei bedenklich, so Heße, wenn sich rechtspopulistische Bewegungen als Verteidiger des christlichen Abendlandes inszenierten und wesentliche Aspekte des christlichen Menschenbildes ausblendeten. Apropos „christliches Abendland“: Nach Auffassung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, sei dieser Begriff abzulehnen, weil er ausgrenzend wirke! Siehe hier.

Und dann: Die Bischöfe plädieren zwar dafür, mit den Anhängern der Rechtspopulisten im Gespräch zu bleiben. Aber: „Als Kirche müssen wir allen Positionen und Tendenzen gegenüber widerstehen, die fordern: Das Eigene, die Deutschen oder die Katholiken zuerst“, ergänzte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Was bedeutet das nun an Ort und Stelle, etwa für den Umgang der Kirche mit der AfD? Triers Bischof Stephan Ackermann spricht da von einem „Dilemma“. Die Ausladung der AfD vom Evangelischen Kirchentag habe der AfD nämlich viel Aufmerksamkeit gegeben, bedauert er. Aber: Spitzengespräche wie mit den übrigen Parteien gebe es mit ihr nicht, meinte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Das gelte auch für die „Christen in der AfD“.

Aha, ist man geneigt, zu munkeln und zu fragen: Hat nicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kürzliche eine Hymne auf die „offene Gesellschaft“ gesungen und dazu aufgefordert, man müsse mit Menschen anderer Meinung ins Gespräch kommen? Oder gab er hier nur den Pharisäer, um sich dann wie andere Spitzenpolitiker der arrivierten Parteien in eine Kirchentags-Gesinnungsblase zu begeben – eine Gesinnungsblase, die zu Unrecht mit dem Motto überschrieben war: „Was für ein Vertrauen“. Besser wäre der Titel gewesen: „Was für ein Misstrauen!“

Es zeugt jedenfalls nicht von Souveränität und Selbstsicherheit, wenn man sich einer gesellschaftlichen Kraft oder auch nur Bewegung verweigert, die die größte Oppositionspartei im Bundestag darstellt und die in allen 16 Landtagen vertreten ist. Man macht sie dadurch nur stärker. Bei einer Podiumsdiskussion anlässlich der Vorstellung der Arbeitshilfe warnte der Dresdner Politikwissenschaftler und CDU-Berater Werner Patzelt denn auch zu Recht davor, die Probleme zu übersehen, die am Aufkommen des Rechtspopulismus Mitschuld trügen.

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Kommentare ( 144 )

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giesemann
4 Jahre her

Das Bild gibt doch Hoffnung für die Ökumene; die scheinen zu merken: Wir müssen uns zusammen tun und wir brauchen eine Einigung zur „Rechtfertigungslehre“ – wenn der Moslem kömmt, kann das sehr nötig sein … .

Max Hermann
4 Jahre her

Die deutsche Niederlassung der römischen Kirche versteht sich als „pilgerndes Gottesvolk“ durch die Geschichte, das nicht an einen Ort gebunden sei (S. 9). Ich fände es interessant, wenn die DBK diesen Punkt mal mit der polnischen Niederlassung der römischen Kirche ausdiskutieren würde. Die Bistumsgrenzen der deutschen Niederlassung schließen stets bündig mit den Landesgrenzen der Bundesrepublik Deutschland ab. Wenn Denken in Nationalkategorien so gefährlich und rückständig ist, warum enden die deutschen Bistümer an den nationalen Grenzen? Die deutsche Niederlassung der römischen Kirche hat keine Einwände dagegen, dass „das deutsche Volk“ (bisher kirchlicherseits noch nicht bestrittene Bezeichnung im Grundgesetz) durch seine Landesparlamente… Mehr

tavor1
4 Jahre her
Antworten an  Max Hermann

Herr Hermann, Ihr Kommentar ist ein echter Input. Er geht an die Zahnwurzel – da wo’s der Kirche eigentlich wehtun sollte. Wenn sie nicht schon betäubt wäre. Die in der hier diskutierten Schrift propagierte no-border-Ideologie steht in einem krassen Gegensatz zu den finanziellen Existenzgrundlagen der deutschen Bischöfe. Wollen die abgebildeten Herren denn wirklich die Kuh schlachten, die sie melken? Hier ist wohl mehr Bigotterie im Spiel, als der liebe Gott erlaubt. Aber die beiden, die wir da auf dem Foto sehen, haben längst gelernt, daß man sich dem linken Zeitgeist anbiedern kann, auch ohne persönliche Nachteile auf dem eigenen Girokonto… Mehr

Manfred Gimmler
4 Jahre her

Die Annäherungen der „Selbstgerechten“ an Phänomene des Populismus im 1. Abschnitt: „Im Rechtspopulismus zeigt sich besonders deutlich, was den Kern einer sogenannten ‚gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit‘ ausmacht. Gruppenbezogen ist eine Men-schenfeindlichkeit, wenn sie bestimmte Men¬schen zwar nicht unbedingt als Einzelne aus¬grenzt, sie aber aufgrund bestimmter Merk¬male pauschal bestimmten Gruppen zuordnet und so als Gruppe stigmatisiert.“ Welche bestimmte Gruppe zu stigmatisieren ist denn aber gegenwärtig besonders schick und garantiert stets billigen Applaus? Und wer bitteschön beteiligt sich daran in besonders unchristlicher Weise? Richtig: Es sind die Pfaffen, die offenbar viel zu selten sich selbst fragen, was würde Jesus an unserer Stelle tun? Die… Mehr

eviamara
4 Jahre her

Bitte gehen Sie davon aus, daß gerade Menschen, die sehr gläubig sind, die Kirche verlassen. Ich z.B. betrachte mich als gläubige Katholikin, meldete mich aber ab, denn ich will nicht, daß meine Kirchensteuern kriminellen Schleppern wie der Seenotrettung gespendet werden. Leider ist das in Deutschland nur mit einem Kirchenaustritt möglich. Wenn ich in meiner Heimatstadt Nürnberg durch die Straßen gehe, gehe ich in die Kirchen und bete, daß sie nicht zu einer Moschee werden! Seitdem ich ausgetreten bin, bete ich besonders viel zu Gott: „Laß diesen Kelch der Islamisierung an uns vorüber gehen!“ Die Kirchenfürsten verlassen ihre Gläubigen aber Gott… Mehr

Dodo
4 Jahre her
Antworten an  eviamara

Ich bin evangelisch und habe es auf Grund meiner Erziehung immer für „unanständig“ gehalten, auch nur über einen Kirchenaustritt nachzudenken.
Schließlich ist Mitglied der Kirche zu sein Glaubensinhalt: „Ich glaube an die heilige christliche Kirche. “
Den Begriff „Kirche“ im Sinne von Gemeinschaft der Gläubigen habe schon immer weit gefasst und Chisten aller Konfessionen mit einbezogen. Ich bin nun zu dem Schluss gekommen, dass die EKD jedenfalls kein Teil dieser Kirche mehr ist. Die EKD ist weder heilig noch christlich.

Ich bin dann mal Weg.

raiglo
4 Jahre her

Die Körperhaltung auf obigen Foto sagt doch alles. Wie der devote Katholik neben dem selbstbewußten moosgrünen Reformierten kuscht. Wie er so offensichtlich damit seine Zustimmung ausdrückt … Es ist alles einfach nur zum … Urghhh Würg bäh. Ich bin 1972 aus der Kirche ausgetreten und das ist auch gut so!

Bummi
4 Jahre her

Die Kirche ist ein riesiger Wirtschaftsbetrieb. Die verdient prächtig mit den Flüchtlingen. Deshalb unterstützt die auch das illigale Schleusertum im Mittelmeer und finanziert die Boote von NGO.

P Realist
4 Jahre her

Bevor sie andere kritisieren und sich selbst moralisch überhöhen, sollten Marx und Co die zahlreichen furchtbaren Missbrauchsfälle aufklären und endlich Konsequenzen ziehen. Diese Missbrauchsfälle sind ein ungeheuerlicher Skandal, der öffentlich kaum diskutiert wird. Die katholische Kirche erkauft sich die Gnade der Mainstream Medien mit totaler Unterwerfung!

pcn
4 Jahre her

Ich hätte als AfD Politiker nicht das geringste Interesse an einem Gespräch mit Marx oder Bedford-Strohm. Mit Verrätern und Pharisäern, die vor Muslimen das Kreuz ablegen, würde ich nur sprechen, wenn ich sie eines Tages wegen Mitschuld an den unzähligen Vergewaltigungen und Morden von „Schutzsuchenden“ auf der Anklagebank sähe!

Roland Mueller
4 Jahre her

Die Herrschaften haben wieder einmal einen veritablen Beitrag dazu geleistet, das die Kirche am Sonntag leer bleibt. Von vermehrten Kirchenaustritten mal ganz zu schweigen.

Aljoschu
4 Jahre her

Wenn es nicht eigentlich um die Zukunft unseres Landes ginge, dann wäre es schon fast wieder lustig, zu beobachten, wie sich die beiden deutschen Staatskirchen selber zerlegen! Ja, von der SPD lernen, heißt Siegen lernen – oder besser: heißt Vorwärts in die Selbstauslöschung! Als hätten wir nicht schon genug dieser „Verfahrensanweisungen gegen Rechtspopulisten“, siehe Pamphlet der Frau Dr. (?) Giffey, „Woran erkenne ich einen Sprössling eines Rechtspopulisten?“ oder diverse Rauslassungen der Anette Kahane-Stiftung, so machen sich nun auch die beiden Kirchen – eine neue Form der Ökumene wohl! – den linken Kampfbegriff „Rechtspopulismus“ zu eigen. Ich kann euch nur Eines… Mehr