Kurze Wutrede zum langen Virus-Wochenende

Die Staatsvertreter halten das Volk für so beschränkt, dass man ihm widerstreitende Fakten - überhaupt Argumentieren, Überzeugen, Streiten - nicht zumuten kann. Es kriegt einfach nur gesagt, was es zu lassen hat.

Schutzhaft. Das Land in den Fängen der Virokraten. Der Exit wird unter Verweis auf immer andere Kriterien hinausgeschoben, obwohl sie erfüllt sind. War es gestern noch die Verdoppelungszeit, ist es heute die Reproduktionszahl. Alles nur vorgeschoben, sonst würden die Verantwortlichen danach handeln. Sie suchen aber nach Begründungen für ihr Nichthandeln, heute, vor Wochen schon – als Handeln zwingend gewesen wäre.

I.

Was wollen sie denn noch? Dass das Virus sich offiziell verabschiedet? Reiseverbot. Willkürliche Schließungen. Widersprüchliche Anordnungen. Systematische Zerstörung der ökonomischen Ordnung. Staatsallmacht und Staatsversagen. Stilllegung von Bildung und Kultur. Verstoß gegen demokratische Spielregeln. Ende der Gewaltenteilung. Die Regierenden vermissen sie so wenig wie die Mehrheit ihrer Untertanen. Untertanen! Ja, dazu lässt die Mehrheit sich erniedrigen und merkt es noch nicht einmal. Freiheit? Wie kann man vermissen, was man vergessen hat! Endlich braucht man nicht mehr selbst die Verantwortung zu tragen. Nicht einmal denken ist mehr zwingend. Es schadet bloß. Ich könnte schreien. Nur zuhause natürlich, sonst heißt es am Ende noch: ab in die Klapsmühle! Der Herzinfarkt, dem ich drei bis fünf Mal täglich nahe bin, wenn ich platze, landet am Ende doch hoffentlich auch in der offiziellen Statistik: Ohne diesen Corona-Schschschsch müsste ich nicht durchdrehen.

II.

Also, was nun? Künstliches Koma mit Hilfe von Alkohol? Ich trinke nur in Gesellschaft. Verboten. Ein Freund lernt kochen. Im Selbststudium. Aber ich darf ihn nicht besuchen. Um einen Tisch herumsitzen, mit dem man nicht ersten Grades verwandt ist – verboten. Zum Meisterkoch sei es noch ein weiter Weg, schreibt der Freund. Die Zeit wird er bekommen. Wie ein Hund leide ich an der Schließung der Opern- und Konzerthäuser. Abgesehen davon, dass ich gerade als Opernkritiker auf nicht absehbare Zeit beschäftigungslos bin. Stütze habe ich keine beantragt. Aus Prinzip. Weil ich will mich nicht der großen Nanny an den Rockzipfel hängen. Ich bin verdammt noch mal kein Kind. Obwohl mich die Nanny so behandelt. Mitbürgerinnen und Mitbürger retardieren zu entmündigten Bettnässerinnen und Bettnässern. Für erziehungsberechtigt halten sich Lautsprecher von Söder bis Kleber. Wissen diese Arrrrchchchchch überhaupt, was sie anrichten?

III.

Wohl oder übel mehr Fernsehen? Leider bekommt es mir nicht. Schon beim Einschalten das erste leichte Tobsuchtssymptom. Es gibt nur noch das Virus. Das Programm ist zu hundert Prozent infiziert. Es zerstört den gesunden Verstand. Das Virus sitzt in den Gehirnen. Eine einzige Meinung, vorgetragen in zehntausend Talkshows und Extras und Spezials von immer denselben vironal verwirrten Populisten, Volksbeglückern und Betschwestern. Die schärfsten Interviewblondinen kriechen den Söders in den Allerwertesten. Wenn Kleber geradezu rituell auffordert, zuhause zu bleiben, hört es sich an wie: „Wollt Ihr die totale Panik!“

IV.

Wenn mir noch mal jemand Geduld und Solidarität empfiehlt, und mir einreden möchte, Freiheitsberaubung rette Menschenleben, schmeiß ich den Kasten aus dem Fenster, der dann die schuldlose Nachbarin trifft, die somit auch in die Corona-Todesstatistik gehört. Wohin denn sonst! Das Virus kennt kein Erbarmen. Dieser Staatsoberhauptdarsteller hat es wirklich gesagt: „Jeder von Ihnen hat Menschenleben gerettet und rettet täglich mehr“. Das ist ein so haarsträubender Schschschrrrreck, dass man … Kann man ihn noch ernst nehmen? Und wenn ich es nicht kann – bin ich dann gemeingefährlich? Denn es gilt doch gewiss auch umgekehrt: Jeder, der den totalen Lockdown für verhängnisvoll hält, zerstört Menschenleben und zerstört täglich mehr. Wir erleben die vollständige Moralisierung einer Notlage. Bitte noch mehr Not! Leiden ist menschlich. Hör her, du Stein! Auch Moralisieren kann töten. Erklär das mal denen, die gerade nicht behandelt werden, obwohl sie an Krebs leiden!

V.

Das Schlimmste ist: Die Staatsvertreter halten das Volk für so beschränkt, dass man ihm widerstreitende Fakten – überhaupt Argumentieren, Überzeugen, Streiten – nicht zumuten kann. Es kriegt einfach nur gesagt, was es zu lassen hat. Sonst ist Mutti böse und das ist nicht mehr ihr Land. Ist dieses Volk tatsächlich schon so verweichlicht und verblödet, sich von Ahnungslosen, die jahrelang die absehbare Gefahr ignoriert haben, sagen zu lassen, dass WIR DEUTSCHEN es mal wieder viel besser hinkriegen, wenn wir das Virus einfach mit Geld zuscheißen? Es ist Euer Geld, Ihr Säckel! Die Volksverächter in Berlin spüren Aufwind. Sie dürfen alles verscherbeln, Hauptsache es steht Sicherheit darauf. Das auf die gewählten Flaschen gezogene deutsche Wesen trägt die Aufschrift Sicherheit.

VI.

Und fünfundsiebzig Jahre nach dem Ende der letzten Katastrophe wieder eine Stunde Null. Manche träumen davon – wie dieser Bundespräses: „Nach der Krise werden wir in einer anderen, neuen, besseren Gesellschaft aufwachen.“
Ja, Aufwachen! Aber nicht im Luftreich des Traums, den die Deutschen von jeher beherrschen. Sondern hier und jetzt.

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Kommentare ( 256 )

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256 Comments
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Walter Knoch
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Herles, vor ein paar Tagen habe ich mir aus Zufall kurz vor der Tagesschau den Beitrag von Aust über Hannelore Kohl zu Gemüte – ohne Ironie so formuliert – geführt. Was hat das mit Ihrem Beitrag zu tun. Die paar ergreifenden Minuten in denen ein Sohn der Verstorbenen über die Verlassenheit seiner Mutter nach der mit Eiseskälte von Merkel exekutieren Hinrichtung der Freundschaft zur Familie Kohl und insbesondere zu Hannelore Kohl, offenbarten für mich mehr über den Charakter dieser „Kanzlerin auf Ewig“ und der politischen Schickeria (Parteifreunde), als es ein Wälzer von 1000 Seiten hätte tun können.… Mehr

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Herles, im Grunde gibt es ihrem Beitrag nichts hinzuzufügen. Eine Kleinigkeit möchte ich trotzdem wagen: Die momentane, wie bestellt anmutende Situation lässt mich daran denken, dass all die unangenehmen Dinge wirtschaftlicher Art, die mit ihr einher gehen auch ohne CoviD 19 in der Pipeline waren. Möglicherweise wären die Folgen nicht ganz so drastisch geworden mit denen wir jetzt garantiert rechnen müssen, aber die Abschwächung unserer wirtschaftlichen Daten waren auch vor der Pandemie kein Geheimnis. Und da liegt für mich der Missbrauch der momentan herrschenden Gesundheitsverfassung der Nationen. Man hat den alles tragenden Sündenbock idealerweise gefunden und möchte… Mehr

GNaB
3 Jahre her

Erfrischend und befreiend mal seine eigene Gedanke von jemand anderem aufgeschrieben zu sehen. In Teil 2 hoffe ich zu lesen, wie wir verhindern können; dass genau das bei der (als sicher geltenden) nächsten Welle – spätestens nächstes Jahr – wieder passiert. Die Rechtspflege durch die Gerichte wurde faktisch eingestellt; Richter üben sich in Opossum-Stellung vor der drohenden Gefahr. Sobald auch das wieder anläuft; müssen sämtliche der absolutistischen Entscheidungen der Sonnenkönigin und ihrer Lakaien auf den juristischen Prüfstand. Nur die flächendeckende Stigmatisierung als rechtswidrig wäre ein Bollwerk gegen eine Wiederholung. Jedes verbot; ladenschliessung; jedes Bußgeld muss von den Betroffenen vor Gericht… Mehr

Hannibal ante portas
3 Jahre her
Antworten an  GNaB

Genau! Super Idee, so wie 2015.
Sie haben aber einen schwarzen Humor, ist nicht jedermanns Sache.

Entenhuegel
3 Jahre her

Danke, Herr Herles, Sie haben mir aus der Psyche gesprochen – you made my day!

Diese WUT muss auch mal raus …

Dr. Kari Koester-Loesche
3 Jahre her

Als Laie mögen Sie toben, Herr Herles. Als möglicherweise betroffener Bürger sollte Sie dankbar sein für die Maßnahmen, die getroffen wurden, wenn auch viel zu spät und zu zögerlich – vermutlich unter dem ideologischen Diktat von Merkel: lieber grenzenlos infiziert als ein Virus/einen Syrer/einen Afrikaner ausgesperrt.

Dr. Kari Koester-Loesche
3 Jahre her

Ich vermute, keiner der Kommentatoren hat beruflich mit gefährlichen Infektionserregern zu tun. Einander überbietende Wut der Kommentatoren ist verständlich, Haltung statt Realitätssinn kennen wir aus der grünroten Politik zur Genüge, aber beide sind der Gefahr nicht angemessen. Wer möchte denn riskieren, mit Atemnot im Krankenhaus zu liegen und, wenn nicht tot, mit lebenslanger Schädigung der Lunge (Fibrose = weiterhin nicht voll funktionsfähige Lunge) weiterzuleben, möglicherweise auch mit den in jüngster Zeit beobachteten Hirnschädigungen? Wer eine lässiger Behandlung eines lebensgefährlichen Keimes bevorzugt, sollte hier im Blog über das Fiasko in Frankreich nachlesen.

Islay Tedd
3 Jahre her

Beispiel: Für Pr. Didier Raoult: „Der mit diesem Virus verbundene Anstieg der Mortalität ist nicht signifikant sichtbar. „“ 16.04.2020 Professor Didier Raoult, Direktor des Instituts, berichtet im neuesten wissenschaftlichen Informationsbulletin der IHU Méditerranée Infection über die neuesten Entwicklungen der Epidemie und ihren Einfluss auf die Sterblichkeit in Frankreich. Was stimmt denn nun? Welche dokumentierten und belegten Todesfälle o h n e Vorerkrankungen (insbesondere auch der Lunge) gibt es in Frankreich tatsächlich? Ist die Überbelegung von Kliniken vielleicht sogar der Panik um Corona geschuldet? Oder dem bereits vorher kaputtgesparten Gesundheitssystems in Frankreich (wie auch in vielen anderen europ. Ländern)? Jeder einzelne… Mehr

Mr.Bolp
3 Jahre her

Von welcher Gefahr konfabulieren Sie eigentlich in Ihren Kommentaren? Jeder schwere Krankheitsverlauf einer Infektionserkrankung führt potentiell zu Komplikationen und (chronischen) Folgeerscheinungen. Der Punkt ist, dass Covid-19 in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle mild, oder sogar asymptomatisch verläuft. Menschen wie Sie, allen voran die Politik, bleiben den Beweis schuldig, dass die monströsen, freiheitsberaubenden Maßnahmen tatsächlich gerechtfertigt sind, die Evidenz dafür fehlt nämlich komplett. Damit Sie das Gefühl haben, keine Lungenfibrose zu bekommen, müssen alte Menschen zu Hause vereinsamen, und, an welcher Erkrankung auch immer, alleine sterben. Behandlungen von Krebspatienten werden aufgeschoben, Väter sind nicht bei Geburten dabei, etc. Nein, an den… Mehr

Schiffskoch
3 Jahre her

Ja, wer hätte denn gedacht, dass wir in eine derartige Situation kommen?
Ich schon. Eigentlich wunderte ich mich eher, dass es so lange gedauert hat.
Kopfschütteln kann ich nur über den treudoofen Optimismus meiner Landsleute, die ernsthaft daran glauben, dass Leute die bisher Gender-Gaga, Asyltourismus, und Klimasektentum nach Leibeskräften unterstützt haben, unseren Karren nun wieder aus dem Dreck fahren werden.

Oberharzer
3 Jahre her

Ja, ja, das TV Programm. Auf x Sendern um 20:15 die neue Lage an der Coronafront. Die martialischen Töne vom Krieg gegen Corona. Da müssen wir solidarisch zusammen stehen. Auf zum letzen Gefecht bis zum Endsieg, voran mit Angela der großen Führerin.
Dabei sitzt das Volk im viralen Luftschutzbunker und wartet auf Entwarnung. Bis dahin kann es noch dauern. Ein Land wird sterben aus Angst vor dem Tod, wenn es so weiter geht.

Walter Eiden
3 Jahre her

Aus ohnmächtiger Verzweiflung entsteht Wut und aus ohnmächtiger Wut entsteht Verweiflung. Wohl dem der als Autor eines (Online)Magazines, als Blogger oder Videomacher seine Emotionen kanalisieren und auch noch überwiegend Zustimmung ernten kann. Ein Teil von „uns“ Konsumenten dieser Beiträge versucht durch das Schreiben von Leserkommentaren es den „Machern“ gleich zu tun. Für eine geringe Zeitspanne funktioniert es sogar aber letztlich bleibt die Situation (vorerst) wie sie ist. Eine Situation wie es sie weltweit noch nie gab und dessen „Größe“ von vielen (den meisten?) Menschen überhaupt nicht in Gänze erfasst werden kann weil das momentan real existierende Unvorstellbare eben Unvorstellbar ist.… Mehr

Fulbert
3 Jahre her
Antworten an  Walter Eiden

Warum muss es immer Verschwörung sein? Der Cocktail aus Dummheit, Aktionismus und Hybris, dem wir ausgesetzt sind, treibt bizarrere Blüten als jede sinstere Zusammenkunft verschwörerischer Kräfte.

Silverager
3 Jahre her

„Wie ein Hund leide ich an der Schließung der Opern- und Konzerthäuser.“
Also, werter Herr Herles, bei dem, was man uns in den Opernhäusern (naja, ich kann eigentlich nur von der Münchener Staatsoper reden) in letzter Zeit vorgesetzt hat, bin ich über die Schließung nicht ganz so traurig wie Sie.
Im übrigen teile ich Ihren Wutausbruch zu hundert Prozent.

Guenter Beyer
3 Jahre her

Es ist schlimm, wenn man feststellen muss, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit von Deppen regiert werden. Aber noch schlimmer ist, dass sich die Mehrheit unserer Mitbürger derartig manipulieren lässt.

Leka
3 Jahre her
Antworten an  Guenter Beyer

Das Werkzeug -Verängstigung und Panikmache durch Dramatisieren einer potentiellen Bedrohung der Gesundheit – hat funktioniert. Die Stabsstelle „wirksam regieren“ kann sich auf die Brust klopfen.
Es ist wirklich traurig, dass, mit nur wenigen Ausnahmen, die gesamte Bevölkerung dieser Manipulation nichts entgegenzusetzen weiß!