Der Kunde wurde wieder nicht gefragt

Wenn die Autobranche über CO2-Vermeidung, autonome Fahrzeuge und Datenschutz spricht, steht der Gesetzgeber im Mittelpunkt, nicht der Kunde.

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Wie wollen die Automobilhersteller die strenger werdenden Grenzwerte für CO2, Rußpartikel und Stickoxyde erreichen? Welche Strategie führt zu einer Mobilität, die ohne fossile Brennstoffe auskommt? Welche Rolle können synthetische Kraftstoffe dabei spielen? Wie können vernetzte Fahrzeuge, die ständig miteinander und mit dem Hersteller kommunizieren, dem Datenschutz gerecht werden? Wie kann der Bus- und Lkw-Verkehr elektrifiziert werden? Welche „moralischen“ Regeln brauchen autonome Autos? Das waren die wichtigsten Fragen, die beim diesjährigen Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie (VDA) abgehandelt wurden. Die hochkarätig besetzte Veranstaltung in Berlin offenbarte die ganze Bandbreite der Herausforderungen, vor denen die Branche derzeit steht. Und sie zeigte noch etwas anderes: Die meisten der dort diskutierten Fragen stellt nicht der Kunde, sondern der Gesetzgeber. Ein Dilemma, das mehr noch als die neue Konkurrenz aus dem Silicon Valley oder aus China die Automobilindustrie bedroht. Denn die Vorschriften zwingen die Industrie, Autos zu bauen, die der Kunde gar nicht will.

Die Autobranche ist schon seit langem absurd überreguliert. In einem gesetzlichen Rahmen, der sogar die Größe der Außenspiegel vorschreibt, wird der gestalterische Spielraum von Ingenieuren, Designern und Produktplanern immer weiter eingeschränkt. Wer heute einen Airbag entwickelt, muss mehr als 3.000 Vorschriften aus mehr als 100 Märkten weltweit beachten.

Bei der Vermeidung von CO2-Emissionen schreiben Gesetzgeber in Europa und China mit Förderung und Verboten die Technologie vor: den Elektroantrieb. Damit werden der Kreativität der Industrie Ketten angelegt. Andere Wege bleiben ungenutzt. So wollen die deutschen Autohersteller den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge auch durch den Einsatz synthetischer und biologischer Kraftstoffe der zweiten Generation drosseln. Sie werden unter anderem durch Wind- und Sonnenenergie erzeugt, wenn diese im Überfluss zur Verfügung steht. Oder durch Algen, die mittels Sonnenlicht und CO2 aus der Luft Biomasse aufbauen, die dann zu einem sauberen Treibstoff verarbeitet werden kann. „Fischer-Tropsch-Verfahren“ heißt dieser Prozess, der in Deutschland erfunden wurde.

Unbestreitbarer Vorteil von CO2-neutralem Diesel oder Benzin: Sie senken sofort die Klimagas-Emission des gesamten Fahrzeugbestandes, ohne dass die Kunden teure, elektrisch angetriebene Modelle kaufen müssten. Denn dazu ist derzeit nur eine verschwinden kleine Minderheit bereit. Außer in Norwegen, wo die Regierung die Gewinne aus dem Erdölexport in die Förderung von E-Mobilität investiert, liegt die Nachfrage nach Elektroautos in Europa überall im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Regulierungen ersticken die Innovation

Zweiter Vorteil der CO2-neutralen Kraftstoffe: Die deutschen Autobauer können ihre erprobte Technologie der Verbrennungsmotoren länger nutzen. Das hat wenig mit Bequemlichkeit oder Profitstreben zu tun. Ohne die Gewinne aus ihrem klassischen Autobau könnten sich die Hersteller die Investitionen in neue Antriebe gar nicht leisten. Damit wollen die Unternehmen auch die unvermeidbare Folge der Elektrifizierung für die Arbeitsplätze in ihren Werken drosseln. Mindestens jeder siebte Job wird durch den Wegfall von Getrieben, Diesel- und Benzinmotoren verloren gehen. Die hoch automatisierte Produktion von Batterien und E-Motoren wird das niemals kompensieren können.

Um aber auf Entlassungen verzichten zu können, müssen die Motoren- und Getriebewerke so lange durchhalten, bis in 10 bis 15 Jahren die Babyboomer in Rente gehen. Ginge es nach den Kunden, die nach wie vor Autos mit Verbrennungsmotoren den Vorzug geben, hätte die Industrie diese Zeit. Doch nach den Kunden geht es schon lange nicht mehr. Die Gesetzgeber in Brüssel und Berlin wollen es anders. Sie haben Europa die weltweit mit Abstand strengsten CO2-Grenzwerte verordnet, 25 Prozent strenger als in den USA vor Trump – und gleich noch festgelegt, wie diese erreicht werden sollen: mit Elektroautos und Verbrenner-Verbot.

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Kommentare ( 15 )

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Franzi Meierdierks
6 Jahre her

Berlin geht ja schon voran – die bösen Lieferanten kommen demnächst per Lastenfahrrad oder mit dem Spreekahn.

Eysel
6 Jahre her

Kennzeichnen sie ihren Artikel doch bitte mit „Ironie“ 😉
Ich bin mir überhaupt nicht sicher, dass „Solcherlei“ wirklich flächendeckend als solche verstanden wird. –
Ironie, Zynismus, Sarkasmus, … benötigen ein Mindestmaß an …
An dessen Vorhandensein ich schon länger nicht mehr glaube. –

Eysel
6 Jahre her

In ihrer von Ideologie getriebenem Hybris Erziehungswahn plus Machbarkeitswahn dann, geau dann und nur dann wenn es um IHRE Ziele geht, scheine gewisse Menschen zu glauben, dass ganz selbstverständlich selbst natürliche Gesetzmäßigkeiten sich ihren Spinnereien unterzuordnen haben. – Als könten „Verordnungen“ Naturgesetze ändern. – – Einfach nur irre! – PS und nebenbei: Jegliche rer.nat. scheint nur dann „gut“ zu sein, wenn sie Argumente liefert die ideologisch „passen“. – Ansonsten: Bä rer. nat., schon in Schule und Uni. – Das ähnelt verdammt der Unterordnung ALLER Wissenschaften in ihrem sämtlichen Tun und Lassen unter den Marxismus die man in der UDSSR, DDR… Mehr

Andreas Bartholomäus
7 Jahre her

Hallo Guido Reinking,

wie man Effektiv die spezifischen Schadstoff-emissionen reduzieren kann? Mit einem Sachgemäßen Messverfahren welches die spezifische genutzte Kraftstoffmenge×Faktor→Laufzeitparameter ermittelt. So wie z.b. bei Bau- und Landmaschinen der spezifische Stundenverbrauch und nicht der Relative Kraftstoffverbrauch mal Wegstrecke angegeben wird.

Den spezifischen Schadstoffausstoss anhand des relativen Kraftstoffverbrauch×Faktor→Wegstreckeparameter zu ermitteln, kann man zwar machen, eine signifikante Reduzierung bei der Kraftstoffmenge und somit effektive Schadstoffminderungen sind so allerdings nicht messbar, weil das Brennraumvolumen bei jedem Verbrennungstakt grundsätzlich voll befüllt wird. 2000ccm werden auf 100km Wegstrecke immer die selbe relative Brennraumfüllmenge benötigen, irrelevant vom Wirkungsgrad einer Wärme-Kraft Maschine wie z.b. der Verbrennungsmotor.

mfg

Steuerzahler
7 Jahre her

Die Idee, das sich die Abgasgrenzwerte per Gesetz beliebig nach unten drücken lassen, ist wohl schierer Aberglaube. Jules Verne hat zwar mit seinem Flug zum Mond Recht behalten, aber die Reise zum Mittelpunkt der Erde ist nach wie vor blanke Illusion. Irgendwann sollte doch auch der einfältigste Zeitgenosse kapieren, das nicht alles nach Belieben machbar ist.

Alex
7 Jahre her

Ich bin schon über 40 und froh darüber. Der Abstieg der uns in allen von ihnen genannten Teilen bevor steht wird atemberaubend. Meine Kinder sind noch klein, ich sage ihnen bereits heute, sie müssen sich darauf einstellen, diesen Kontinent zu verlassen.

Das macht mich einerseits sehr traurig, andererseits ist es notwendig, bei dem was sich bereits heute abzeichnet.

reinerhanskurt
7 Jahre her

Fragt sich, warum die “ Nichtdeppen „, die ja die Meinungsführerschaft mit Unterstützung der Medienbranche haben, keine staatlich geförderten E-Autos kaufen? Die Deppen zumindest haben handfeste Argumente. Das hängt mit naturgesetzlich-physikalischen Gegebenheiten der elektrochemischen Spannungsreihe zur Stromspeicherung zusammen. Die lassen sich nicht durch ideologische, planwirtschaftlichen Vorgaben ändern. Fragt sich auch, warum der Rest der Welt nicht der deutschen Energiewende folgt. Das hängt eben auch mit der Fähigkeit zur Stromspeicherung zusammen. Alles nur Deppen? Viel Spaß mit dem elektrischen Golf.

Harry James mit Armbrust
7 Jahre her

Die Kunden werden diese Fragen auf ihre Art beantworten. Wir werden entweder die alten Autos bis zum auseinanderfallen fahren, oder neue Benziner/Diesel aus dem Ausland kaufen.
Dabei wird die Autoindustrie in Deutschland (das letzte Standbein, dass D noch hat) kaputt gehen. Aber was interessiert es die Politik? Genausoviel wie die hohen Immobilienpreise dank der Ökobaugesetze, nämlich gar nicht!

hefdie
7 Jahre her

~ „….., bis in 10 bis 15 Jahren die Babyboomer in Rente gehen“ sowas von lächerlich, die Babyboomer werden gerade mit jungen wehrfähigen Multikulti-Jungs aufgefüllt. In Rente gehen die, die gearbeitet haben. Die Anzahl der Menschen wird in DE nicht geringer, eher die Menschen die sich diese „Premium“-Fahrzeuge leisten kann. Und das DE wieder mal den Technikzug verpennt hat (nach Kamera, Video, etc) ist jedem klar Denkenden schon lange bewusst. Aber man kann es ja machen wie unsere Politik, immer schön die Realität ignorieren und fest daran glauben das der Schnee schwarz ist. haha

Betreutes Denken
6 Jahre her
Antworten an  hefdie

Alle Grünen Projekte verteuern das Leben der Bürger. Während aber die beamteten grünen Kernwähler sich dank hoher vom Steuerzahler erpressten Bezügen und Pensionen die propagierte Weltenrettung leisten können oder sogar selbst davon profitieren (siehe Wind- und Solarsubventionen), leiden die unteren Einkommensschichten. Nicht die sogenannten Reichen sind Schuld, dass es den sozial Schwachen immer schlechter geht, sondern die Grünen. Miete, Mietnebenkosten, Energiekosten, Lebensmittel, Mobilität, praktisch jedes Produkt und jede Dienstleistung, alles wird durch die Grüne Politik immer teurer. Das wäre mal ein lohnendes soziales Programm für den würseeligen Schulz. Aber da kommt nichts außer heißer Gerechtigkeits-Luft. Die sozial Schwachen bluten für… Mehr

Det
7 Jahre her

Ja das böse CO2. Um das zu bekämpfen werden grossflächig in den USA Wälder gerodet, damit der deutsche Öko seine Pellet-Heizung betreiben darf, anstatt ihm diese bei Feinstaubalarm abgestellt wird.
Warum das CO2 eines gerodeten Waldes besser ist als das eines vor Millionen Jahren zerfallenen, das konnte mir noch kein Öko erklären.
Bei den Maiswüsten ebenso und der Schwachsinn springt nun aufs Auto über.