Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: nur eine weitere Etappe auf Merkels Machtmarsch

Für sich persönlich kann Merkel von der Ratspräsidentschaft in der EU profitieren, doch gerade auch deshalb können weder die EU noch Deutschland von Merkels und der anderen Mandarine Politik des extrem kostspieligen Zeitkaufens, des fortgesetzten Aufschiebens aller großen politischen Zukunftsfragen gewinnen, sondern nur verlieren.

imago images / Jens Schicke

Stephan Baiers Sicht – Deutschlands Ratspräsidentschaft: Merkels letzte große Schlacht – auf die deutsche Ratspäsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 ist nicht meine. „Merkels letzte große Schlacht“ könnte es sein, aber nicht für Deutschland, nicht einmal für die EU, für Europa sowieso nicht, aber vielleicht für der Angela Merkel Griff nach dem Stuhl des UN-Generalsekretärs. Von „Schlacht“ zu sprechen, ist hier in jeder Hinsicht unangebracht, Merkel führt keine Schlachten, sie setzt sich an die Spitze der jeweiligen Entwicklung, wenn damit für sie selbst kein Risko mehr verbunden ist. Ablesen kann sie das zuverlässig an der jeweiligen massenmedialen Einheitswelle.

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Baier schreibt: „In Brüssel hat die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – nach einer anfänglichen Schreckstarre, in der Chaos und nationale Alleingänge dominierten – das Ruder in der Hand. In Berlin regiert ihre Freundin Angela Merkel, die – im Herbst ihrer Kanzlerschaft – ab 1. Juli noch ein letztes Mal die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Dieses Damen-Duo wird die Europäische Union durch die Turbulenzen der zweiten Jahreshälfte steuern.“

Von der Leyen geht mit der EU um wie früher mit der Bundeswehr. Und Merkel?

Baier zitiert die Kanzlerin aus einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung: »„Das Virus kennt keine Grenzen, und so darf auch unsere Antwort als Europäische Union nicht an nationalstaatlichen Grenzen haltmachen. Wir müssen einander helfen, wo immer dies möglich ist.“ Deutschland gehe es „auf Dauer nur dann gut, wenn es auch Europa gut geht“. Es brauche „eine außergewöhnliche Kraftanstrengung (…) wobei uns knappe Kassen und der Wiederaufbau unserer Volkswirtschaften vor schwierige Abwägungen stellen“.«

Bitte gestatten Sie die Zusammenfassung in neuhochdeutsch: More of the same Bla Bla Bla as an ever closer union.

Noch einmal wie oben: „Dieses Damen-Duo wird die Europäische Union durch die Turbulenzen der zweiten Jahreshälfte steuern.“

Weder diese zwei Frauen noch sonst jemand wird irgend etwas „steuern“. Obwohl das Wort „steuern“ schon stimmt, allerdings in ganz anderer Bedeutung. Was die nationalen Mandarine in ihrer EU-Verkleidung tun werden, so weit sie es gegen die vier (noch) Aufrechten in Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlanden durchboxen können, ist es, die Minderheit der Netto steuerzahlenden Bürger in der Minderheit der sieben (noch) solventen von 27 Mitgliedsländern der EU zur Kasse zu bitten: Aus ihren – erst in Zukunft zu zahlenden – Steuern wollen die tonangebenden Mandarine der EU, das „Damen-Duo“ an der Spitze, die nationalen Mandarine der Südländer davor bewahren, ihre Länder durch Reformen zu modernisieren, so dass sie auf EU-Stütze nicht mehr angewiesen wären.

Weder Merkel noch Leyen noch sonst jemand wird den Prozess des Bröckelns der real existierenden EU aufhalten. Für die „europäische Idee“ gibt es nur eine Politik-Richtung, die Erfolg verspricht: radikale Dezentralisierung – erste Stufe: zurück zur EWG und noch mal neu anfangen.

Für sich persönlich kann Merkel von der Ratspräsidentschaft in der EU profitieren, doch gerade auch deshalb können weder die EU noch Deutschland von Merkels und der anderen Mandarine Politik des extrem kostspieligen Zeitkaufens, des fortgesetzten Aufschiebens aller großen politischen Zukunftsfragen gewinnen, sondern nur verlieren.

Da nicht nur die Grünen bei der EU-Agenda Klima und Umwelt ganz groß schreiben: Das einzig Nachhaltige von Merkels Ratspräsidentschaft wird sein, was ich totale Überverschuldung nennen möchte.

Der Krug geht unbelehrbar so lange zum Brunnen, bis er bricht.

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Kommentare ( 18 )

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Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „Für die „europäische Idee“ gibt es nur eine Politik-Richtung, die Erfolg verspricht: radikale Dezentralisierung – erste Stufe: zurück zur EWG und noch mal neu anfangen.“

> Besser kann man es nicht sagen. Danke!

Alf
3 Jahre her

Alles richtig Herr Goergen.
Weder Merkel noch Leyen noch sonst jemand wird den Prozess des Bröckelns der real existierenden EU aufhalten.
Aber hier geht es um unser Land.
Und unser Land besteht nicht nur aus Merkel.
Söder und Co. könnten Merkel aufhalten. Nur sie tun es nicht.
Was ist da passiert, daß Merkel sich alles erlauben kann?
Trump wird zerrissen, wenn er einen unsicheren Gang hat. Merkel zittert schon bei der Nationalhymne.
Und so eine Frau verfügt über unser Land und seine Zukunft?

Marlies K.
3 Jahre her

Ich hoffe TE bleibt weiter dran, uns über die Ratspräsidentschaft zu informieren. Geschickterweise beginnt diese am 1.7 genauso die Mehrwertsteuerkürzung. Andere Zeitungen werden vermutlich nur die Mehrwertsteuer in den Focus nehmen. Oder die Urlaubsreisen. Damit wir schön abgelenkt sind. …..

Reimund Gretz
3 Jahre her

Es ist ein TRIO! Merkels letztes großes Gefecht Deutschland zu schaden, die EU Ratspräsidentschaft! ALS STEUERZAHLER SOLLTE MAN WISSEN WOFÜR MAN ZUKÜNFTIG ARBEITEN GEHT! Die „Großfrausucht“ von Angela, ihrer „Ziehtochter“ Ursula und der „EURODRUCKERPRESSE“ Christine! Wir müssen den Menschen in Deutschland nicht immer mehr Geld abnehmen um Länder zu unterstützen die schon jahrelang Misswirtschaft betrieben haben, Sowohl der Immobilienbesitz als auch das Privatvermögen ist bei der Bevölkerung in diesen Ländern höher als in Deutschland. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat ein siebenjähriges Budget im Umfang von 1,1 Billionen Euro und ein kreditfinanziertes Programm zur wirtschaftlichen Erholung in Höhe von 750… Mehr

HRR
3 Jahre her

Werter Herr Goergen,
das Damen-Duo funktioniert reibungslos nur als Damen-Dreigestirn!
Ohne die Dritte im Bunde, Madame Lagarde, die die erforderliche Penunze bereitstellt, um den Schrottladen EU samt abgewracktem Deutschland noch ein Weilchen am Laufen zu halten, geht gar nichts!

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  HRR

Ich weigere mich, bei dem Trio Infernale von „Damen“ zu reden. Ich habe eine ganz andere Vorstellung von Damen.

Kassandra
3 Jahre her

Momentan gibt es wegen Corona einen vereinfachten Zugang zu Hartz IV-Leistungen. Alles, was dem Gebaren dieser Politik durch Geldentzug schneller ein Ende bereiten kann, sollte genutzt werden, wenn irgendwie die Möglichkeit dazu besteht. Funfakt: die GEZ muss nicht mehr bedient werden.

daldner
3 Jahre her

Wie der Kerl, der in der Kneipe den Max macht und Lokalrunden schmeißt, während seine Frau putzen geht…

Thorsten
3 Jahre her

Es ist FALSCH zu denken, dass sich Deutschlands politische Elite Zeit kaufen will. Sie will sich Macht in der EU kaufen – die Rechnung bezahlt ja der dumme deutsche Steuerzahler.

Solange er nicht durch Wahlen diesem Treiben ein Ende setzt wird es weiter gehen. Warten bis zur „Endpleite“ halte ich für unerträglich. Vor allem die Zeit danach wird an 1945 erinnern …

Jasmin
3 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Dem ersten Absatz Ihres Kommentars stimme ich völlig zu. Dem zweiten tlw. nicht. Egal, welche Partei in D gewählt wird, keine wird D aus der EU herauslösen wollen/ können. Auch die AfD nicht, denn eine Entflechtung wird nicht nur von innerdeutschen Parteien, der Wirtschaft, diversen NGO unterlaufen werden, sondern die anderen EU- Länder und inter-/ supranationale Organisationen werden es verhindern. Darüber hinaus bietet die EU allen Parteien eine gute Möglichkeit der Versorgung ihrer Abgeordneten (bei relativ geringer Verantwortung ggü den Bürgern). Die EU, die uns als großes Friedensprojekt verkauft wurde, das wirtschaftliche Prosperität generieren soll, wird erst scheitern, wenn die… Mehr

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Was glauben Sie, was passiert, wenn eine andere deutsche Regierung den Austritt beschließt?
Frankreich besetzt das Rheinland? Die Dänen kapern Schleswig?
Nichts dergleichen würde geschehen.
Die EU würde natürlich zerbrechen und dann könnten die europäischen Nationen könnten eine Neuauflage der guten alten EWG beschließen, die so wunderbar funktioniert hatte.

Unterfranken-Pommer aus Bayern
3 Jahre her

>Der Krug geht unbelehrbar so lange zum Brunnen, bis er bricht.<

Mit Verlaub, Herr Goergen, unter Merkel (und im kleineren auch vdL) wird zuerst der (steuerzahlende) Brunnen brechen. Hilft dem Krug (Merkel), denn er bleibt ganz, ist aber von nun an leer (inhaltsleer war er/sie ja schon immer) und wird sich für Höheres empfehlen und sich weder an Deutschland noch der EU die Raute schmutzig machen müssen.

Metaphoröser kann ich's nimmer ausdrücken.

Carlotta
3 Jahre her

Lieber Herr GOERGEN, was hatte eigentlich die vor zwei Jahren erhoffte rollende Lawine aufgehalten?

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Heute schrieb mich eine Bekannte an, und bat, eine Petition gegen etliche Baumfällungen im Innenhof vor ihrem Fenster zu unterschreiben, da dort baulich heftigst „verdichtet“ werden soll.
Sankt Florian hilft nicht mehr. Die Millioneneinwanderung kommt jetzt nahe, ganz nahe – aber sie versteht anscheinend den Zusammenhang immer noch nicht.
Und Lawinen wie auch Moränen oder Wanderdünen kommen im Gedankengang solcher Menschen nicht vor.

Noergel Jo
3 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Ja, die Lawine rollt. Mit zunehmender Wucht und Geschwindigkeit. Aber eben in die falsche Richtung.