Das Ende der Superhausse

Fast ein Jahrzehnt lang stiegen die Aktienkurse, immer nur für kurze Zeit unterbrochen. Jetzt ist erst mal Schluss damit. Anleger müssen umdenken.

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Nach dem Flash Crash, dem jähen ruckartigen Kurssturz an den Aktienmärkten von Anfang Februar 2018, waren gerade mal knapp zehn Monate vergangen, da ereilte im Dezember ein weiterer Crash die Börsianer. Die waren in der Zwischenzeit überwiegend zur alten Tagesordnung übergegangen. Das heißt, die meisten von ihnen nahmen offenbar an, dass die Aktienkurse ihren phänomenalen, fast zehnjährigen Anstieg auch im zehnten Haussejahr fortsetzen würden.

Vom erneuten Crash sind fast alle Aktien betroffen, egal, ob europäische, amerikanische, japanische oder chinesische, ob Value- oder Growth-Aktien, Standard-, Neben- oder Spezialwerte. Allerdings mit unterschiedlicher Intensität. Besonders US-Großanleger realisieren jetzt ihre immer noch beträchtlichen, über viele Jahre zustande gekommenen Kursgewinne aus amerikanischen und europäischen Aktien in größerem Umfang mit. Robert Rethfeld, Herausgeber des Börsendienstes wellenreiter-invest.de, verweist sogar auf diesen Zusammenhang: „Das Dezember-Minus im Dow Jones Index beträgt aktuell 8,7 Prozent. Eine solche Größenordnung wurde in der Nachkriegszeit bisher nicht erreicht. Die Verlust-Dimension reicht an die Werte aus der Großen Depression heran.“

Und nun? Zumindest diese Prognose dürfte sich als stichhaltig erweisen: Die Gewinnmitnahmen, und zwar nicht allein die der Amerikaner, werden weiter gehen. Die entscheidende Frage ist indes: Werden sie durch neue Aktienkäufe kompensiert, oder reichen diese nicht aus, um die Kurse vor dem weiteren Verfall zu bewahren? Die Antwort fällt eindeutig aus: Der erneute Crash ist für große Vermögensverwalter und Fondsmanager eine solche Zäsur, dass sie jetzt einen erheblichen Teil von ihrer noch verbliebenen Resternte in die Scheuer fahren und damit für das vorläufige Ende der langjährigen Superhausse sorgen.

Dies auch aus einem anderen Grund, der sich allein mit den zurzeit viel strapazierten Begriffen wie Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz nur unzureichend umschreiben lässt: Unternehmen, aber auch Staaten, werden mit einer ganzen Reihe von bereits bestehenden wie auch von neuen technologischen, finanziellen und gesellschaftlichen Umbrüchen konfrontiert. Beispiele: Carsharing, Elektroautos, Roboter, Sprachcomputer, Fintechs, Populismus, Überalterung, Urbanisierung, Migration, Cyberkriminalität und so weiter.

Was folgt daraus für die großen Geldverwalter und für private Anleger? Sie müssen umdenken, nach den Aktienfavoriten von morgen Ausschau halten. Dazu gehört das möglichst ständige Beobachten der Märkte. Wobei private im Gegensatz zu institutionellen Anlegern einen nicht zu unterschätzenden Vorteil haben: Sie können Aktien, deren Kurspotenzial nur noch begrenzt oder gar nicht mehr vorhanden ist, von heute auf morgen verkaufen. Und später können sie mit dem dadurch frei gewordenen Geld zukunftsträchtige Aktien kaufen.

So weit die grundsätzliche Überlegung. Zu schön, um wahr zu sein, werden Kritiker jetzt zu Recht einwenden. Denn die Praxis der Geldanlage ist ungleich komplizierter. Bleiben wir bei privaten Anlegern: Ihnen fehlen in der Regel die Heerscharen von Analysten, die den großen Geldverwaltern zuarbeiten. Ihnen fehlt auch der Überblick, um Hunderte von Aktien laufend zu verfolgen. Wobei zu fragen ist, welche Aktien überhaupt intensiver verfolgt werden sollen. Und dann auch noch das Spiel mit den Nerven: Vor allem private Anleger halten starke Kursschwankungen psychologisch nur schlecht aus. Das verführt sie oft zu Fehlentscheidungen – sie kaufen und verkaufen Aktien zu hastig.

Doch dagegen lässt sich einiges unternehmen. Zum Beispiel eine Beobachtungsliste erstellen, auf die Aktien gehören, die – aus welchen Gründen auch immer – Kurspotenzial versprechen. Dabei sollten der Phantasie keine Grenzen gesetzt sein.
Schließlich kommt es auf das richtige Timing an – eine Herausforderung an die Beobachtungsgabe, an das Gespür für Chart-Formationen und an die richtige Deutung des Zusammenspiels von fundamentalen und kurstechnischen Einflüssen. Zum Trost: Selbst wenn es dann trotzdem zu der einen oder anderen vorübergehenden Fehlspekulation kommt, ist bei zuvor gründlichen Recherchen zu erwarten, dass am Ende doch noch ordentliche Kursgewinne herausspringen. Zeit heilt Wunden, auch an der Börse.


Manfred Gburek ist Wirtschafts- und Finanzjournalist, er schrieb mehrere Bücher zu verschiedenen Geldthemen. Sein erfolgreicher Ratgeber Besiege die Inflation ist in überarbeiteter Neuausgabe ist in unserem Shop erhältlich: www.tichyseinblick.shop

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Kommentare ( 14 )

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14 Comments
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Peterson82
5 Jahre her

Insbesondere für Privatanleger ist der Weg eigentlich ziemlich einfach. Er ist kein Fonds-Manager, muss niemanden etwas beweisen und auch nicht Handeln wenn etwas schlechter läuft. Er kann Situationen aussitzen. Er muss nur seine Risiko-Tragfähigkeit kennen, setzt sich eine Asset-Allokation und kann direkt loslegen. z.B. aus der Hüfte geschossen 10% Staatsanleihen ETF mit Investment Grade, 10% Unternehmensanleihen ETF, 10% Rohstoffe (physisch oder ETC), 1 ETF All Country World oder z.B. 50% MSCI WORLD / FTSE Developed World und den Rest Emergin Markets. Er muss sich eigentlich mit gar nichts beschäftigen, er nimmt einfach den Stand der Entwicklung der Märkte mit. Er… Mehr

Augustiner Edelstoff
5 Jahre her

Naja, der Knall 1928/29 hat fast 20 Jahre benötigt und führte indirekt in den WK2 weil der Deutsche dann anders wählte.
Fachleute meinen das 1928 aber ein Kindergeburtstag gegen den kommenden Crash ist. Und wenn ich mir die Billionen an Derivate, Kredite und sonstige Forderungen ansehe, dann freue ich mich nicht auf den Knall.
Dann glauben sie wirklich das nur ein Multikulti deswegen wieder in sein heimatland geht? Ich denke eher das diese Menschen sich nehmen was sie kriegen können. Siehe Unruhen und Plünderungen im letzten Jahr in Frankreich

Dirk Badtke
5 Jahre her

Mit dem Wort „Populismus“ war der Artikel schon auf dem Restmüll. Guten Morgen

Redaktion
5 Jahre her
Antworten an  Dirk Badtke

Nachteil solcher Brille: Von dem Populismus, den Sie meinen, ist bei Gburek nicht die Rede.

Augustiner Edelstoff
5 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Sehr wohl, den er thematisiert nicht die Veränderungen warum es jetzt zu einem beussten Crash kommt und WARUM überhaupt die Märkte 10 Jahre gestiegen sind. Das lässt er alles im Ungewissen. Ausserdem wenn sie sich den 10 Jahres Chart ansehen, was redet der Autor von einer Resternte? Die Aktien sind nur wegen dem irrsinnig billigen Geld zu 0% Zinsen durch Rückkaufprograme der eigenen Firmen und durch Grossinvestoren so gestiegen. Es wirken von vorne bis hinten manipulierte Parameter, die alle Marktkräfte ausgehebelt haben. Wenn Gburek meint das wäre alles normal und die Party wäre jetzt halt vorbei dann hat er die… Mehr

merkelinfarkt
5 Jahre her

In neue deutsche Kraftwerke, Autofabriken, Hochöfen, Raffinerien, Finanzinstitute, Bergbau oder Gentechnik wird in 2019 wohl besser nicht investiert! Die Gesetzgebung des neuen, deutschen Grünsozialismus merkelscher Prägung wird hier und weiteren Industriebereichen fast 100%-ig zu unlösbaren, „hausgemachten“ Problemen einschließlich folgender Kurs-Crashs im Zigmilliardenbereich und Arbeitsplatzauflösungen im Millionenbereich führen. Bürger, Arbeitnehmer, Autobesitzer und Wähler sollten sich da nicht auch noch als Aktionäre die Pfoten verbrennen. Klug Anlegen ist eine Kunst, die in Deutschland nicht geschätzt, kaum beherrscht und steuerlich seit 2009 auch noch hart mit Mehrfachbesteuerung abgestraft wird. Allerdings konnten Deutsche bei der letzten Bundestagswahl zu 87% nicht einmal vernünftig im eigenen… Mehr

Marc Hofmann
5 Jahre her

Es ist doch leicht erklärbar..die Zinsen in den USA haben bei den Investoren wieder das Interesse geweckt. Man zieht einen Teil seines Vermögens vom Aktienmarkt ab und parkt es im Zinshafen. Man kann sich mit der guten Zinsentwicklung in den USA wieder breiter aufstellen…das Risiko der Geldanlage auf mehr Beine verteilen.

Peter Gramm
5 Jahre her

Die Spekulationen gehen weiter. Es ist zu viel Kohle im Markt für die es keine sinnvollen Anlagemöglichkeieten gibt. Aus diesem Grunde wird gezockt. Der Kapitalismus frisst seine Kinder. Unsere Wirtschaftsprofessoren doktern auch nur an den Symptomen herum ohne einen Ausweg aus der Misere zeigen zu können. Wie im Krieg. Es muß alles zerstört werden damit neu aufgebaut werden kann, so auch in unserem Wirtschaftssystem. es muß einen crash geben der alles ruiniert und zerstört, dann muß es einen gewaltigen Schuldenschnitt geben. Danach können wir wieder von vorne anfangen.

horrex
5 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Interessanter Kommentar.
Wirtschaftsprofessoren „doktern“ und der Kapitalismus „frisst“.
Und das Ende betreffend scheinen sie zu wissen wie Alles neu auf zu bauen ist.
Wirklich interessant!

horrex
5 Jahre her

Ergänzung: A) Man sollte sich auf die Branchen/Gebiete spezialisieren von denen man beruflich/ausbildungsmässig etwas versteht. B) Man sollte – mit Sinn und Verstand und OHNE sich psycchologisch von … ins Bockshorn jagen zu lassen – QUALITÄT kaufen. – Z.B. Dvidenden-Kontinuität, oder Längerfristigkeit eines Geschäftsmodells. – Auch wenn einem hier und da ein angeblich ach so „sensationeller“ Trend entgeht. – • Timing??? – Das haben A l l e versucht. – WER hat es geschafft??? Nerven??? – Es geht nicht um „Nerven“. Es geht darum, ganz selbstverständlich vorhandene „Ur-Triebe“ wenigstens halbwegs im Griff zu haben. Niemand von Denen die hier lesen… Mehr

W aus der Diaspora
5 Jahre her

Man sollte grundsätzlic nur mit dem Geld an die Börse geen (Aktien kaufen) dass man auc verlieren kann.

W aus der Diaspora
5 Jahre her
Antworten an  W aus der Diaspora

Sorry, mein „H“ klemmt …

horrex
5 Jahre her

Kosto meinte:
Wenn Einer (gute) Aktien nicht hat wenn sie fallen,
der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.
Ich meine:
Man sollte bei all dem die „professionellen Notwendigkeiten“ der Fondsmanager im Auge behalten. Deren „Notwendigkeiten“ sind nicht(!) zwangsläufig dieselben
wie die Notwendigkeiten eines stinknormalen (längerfristigen) Anlegers!!! –

Dieter Rose
5 Jahre her

ist das für den Normalbnürger nicht etwas zuvike verlangt.
Familie, Beruf; Beobachtung von Stromversorgern und KFZ-Versicherungen
und all die anderen „Freuden“ des Alltags lassten aus!
Und dann noch die Parteien beobachten, dass man nicht bei
Populisten und/oder Nazis landet!