Die Gender-Sprache treibt neue Blüten

Hochschulen, Kommunen, Ministerien und Betriebe fluten die deutsche Sprache mit Vorgaben zur „wertschätzenden“ und „geschlechterumgreifenden“ Kommunikation. Die Stadt Köln stellt sich mit einem 56 Seiten-„Leitfaden“ an die Spitze des Wahnsinns.

imago/Christian Ohde

Ist es nicht bewundernswert, was Deutschland umtreibt? Da rackern sich – vom Steuerzahler oder vom GEZ-Zwangsgebührenzahler üppig finanziert – Tausende an Sprach-„Wissenschaftlern“, Gleichstellungsbeauftragten, Duden-Beratern, Talkshow-Ladies, ARD/ZDF-Moderatoren ab, um dem Volk gouvernantenhaft endlich die Sprache zu entreißen. Hochschulen, Kommunen, Ministerien und Betriebe, die etwas auf sich halten, fluten das, was einst deutsche Sprache war, mit „Leitfäden“ zur „wertschätzenden“ und „geschlechterumgreifenden“ Kommunikation.

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Getoppt hat das die Stadt Köln, angeführt von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (am Rande: Das war die mit der „Armlänge Abstand“). Frau Reker firmiert nun als Herausgeberin für 56 Seiten „Leitfaden“, erarbeitet vom „Diversity Arbeitskreis“. Apropos „Arbeitskreis“: Hier werden sich die Verfasser schon ein zweites Mal untreu, schließlich heißt es ja „der“ Leitfaden und nun auch „der“ Arbeitskreis. Buh, das geht doch gar nicht. Aber es ist ernst: Der „Leitfaden“ gilt seit 1. März 2021 und ist bis Ende 2022 umzusetzen. Köln folgt damit der kommunalen Gender-Avantgarde Hannover, wo man Entsprechendes seit 2018 pflegt.

Klar, dass die Oberbürgermeisterin bei so viel Revolution das Vorwort an das „liebe Kollegium“ beisteuert. „Kollegium“ heißt immerhin: Der Bürger Normalo ist (noch?) nicht gemeint. Gemeint ist die Stadtverwaltung mit ihren rund 17.000 Mitarbeitern. Insofern sind wir ein wenig beruhigt. Auch weil man mit dem neuen Leitfaden an die 10,6 Prozent LSBTI-Personen in Köln (so der „Leitfaden“) denkt. In den Jahren 2019 und 2020 haben sich immerhin ganze zwei Personen  in Kölns Standesämtern das Geschlecht „divers“ eintragen lassen.

„Vater“ und „Mutter“ sollen auch vermieden werden. „Elternteil“ ist angesagt. Denn es gebe ja auch Regenbogenfamilien mit „Vater/Vater“ oder „Mutter/Mutter“. 

Im Leitfaden liest man dann unter anderem: 75mal den Gender-Asterisk etwa in Kölner*innen, Expert*innen, Kolleg*innen, Einwohner*innen, Freund*innen, Medienmacher*innen, jede*r. Und: Türsteher*innen (sic!). Oder: „Frau X mit ihrem Mann“ soll zukünftig heißen „Frau X mit Partner*in“. Als Anrede ist zukünftig zum Beispiel vorgesehen: „Sehr geehrt*e Kim Schmitz“. 

Das Ganze ist angeblich auch aussprechbar: mit einem „glottalen Stopp“. Letzterer wird wie folgt erklärt: „Dabei handelt es sich um eine kurze Sprechpause … Diese Pause ist ähnlich wie die kurzen Pausen bei den Wörtern be-inhaltet oder The-ater“. Logopäden werden einiges zu tun haben, sofern sie nicht von den Anne Wills, Claus Klebers oder Petra Gersters in Beschlag genommen sind.

Aber es soll auch Möglichkeiten geben, den Gender-Asterisk (oder Obelisk oder Idefisk oder Mirakulisk oder Troubadisk?) zu vermeiden: Aus Mitarbeitern werden Mitarbeitende, aus Antragstellern Antragstellende, aus Bewerbern Bewerbende, aus Studenten Studierende. Damit werden Konstruktionen möglich wie die folgenden: „Im Hörsaal sitzen schlafende Studierende“ Ja, was denn nun, schlafen sie oder studieren sie? Oder betreiben sie Hypnopädie? Oder nehmen wir den makabren Satz: „In unserer Stadt hatten wir letztes Jahr drei tote Radfahrende.“ Also doch nicht tot oder auferstanden? „Studierend“ und „radfahrend“ ist ein Partizip Präsens: Da tut eine Person gerade eben etwas. Also kann sie nicht schlafend oder tot sein. Außerdem gibt es in Köln ab sofort „Einwohnende“! Klingt dummerweise ein wenig nach dem bekannten “Einsitzende“.

Leider fangen nun auch immer mehr Unternehmen an, „gendersensible“ Sprache zu verwenden. Audi entwickelte Anfang 2021 einen 13-seitigen Leitfaden mit dem Titel „Vorsprung beginnt im Kopf“. Audi hat sich für den sogenannten „Gender Gap“ entschieden, den Unterstrich. Beispiel: „Audianer_innen“. Bei der Entwicklung des Leitfadens arbeitete Audi mit der „Prout at Work“ zusammen; das ist eine Stiftung, die LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz sichtbar machen will. Klar, man spielt sich die Bälle oder (Bäll*_:/Innen?) zu. Interessant ist jedenfalls, dass sich die Stadt Köln beim Pharmaunternehmen Boehinger-Ingelheim dafür bedankt, dass man deren bereits vorhandene Gender-Fibel hatte nutzen bzw. abkupfern dürfen.

Dürfen wir dennoch hoffen? Goethe schrieb 1817 in seinen „Schriften zu Literatur und Theater“: „… die Zeit wird kommen, wo der Deutsche wieder fragt: auf welchen Wegen es seinen Vorfahren wohl gelungen ist, die Sprache auf den hohen Grad von Selbständigkeit zu bringen, dessen sie sich jetzt erfreut.“ Aber das war vor 204 Jahren – lange vor der Gender-Pandemie und lange vor der Dekadenz deutscher Sprache.


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Kommentare ( 104 )

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Lore
3 Jahre her

Aus Bürgern werden Bürgende – aber DAS wissen wir bereits, dass wir alle für diese schwachsinnige Politik zahlen müssen

Back to the roots
3 Jahre her

Ein Glück daß ich in der freien Wirtschaft arbeite. Ich beginne noch heute und bis in alle Ewigkeit meine interne Korrespondenz mit „Sehr geehrte Kollegen“.
Sollte einmal jemand auf die wahnwitzige Idee kommen, daran Anstoß zu finden, kriegt er von mir eine möglichst detaillierte Einweisung in den vor allem effizienten Gebrauch von Sprache. Diese „gendergerechte“ Vergewaltigung der Sprache ist das wohl augenfälligste Anzeichen der um sich greifenden Dekadenz in der westlichen Hemisphäre. Umständlich, teuer, nutzlos, kann weg!

bfwied
3 Jahre her

Ach ja, wir wissen ja, jedenfalls wir denken Könnende – hier ist das Partizip Präsens angebracht, da wir das immer können, es sei denn, wir betrinken uns im Falle des ausufernden Amüsements ob dieser Idiotie -, dass der menschliche Irrsinn so grenzenlos ist wie die damit verwandte Dummheit. Also schreiben wir so weiter wie bisher, lassen die Vernunft walten und drücken uns damit strukturiert, präzise und so aus, dass keiner im Urwald der Genderismen im Gestrüpp verlorengeht. Einen so an lächerlicher Genderidiotie strotzenden Brief vom Amt schicken wir wieder zurück mit der Aufforderung, eine vernünftige Anrede zu schreiben. Wenn das… Mehr

Peter Silie
3 Jahre her

Jemand eine Idee, wie man einen Haufen Verrückter wieder los wird?

HGV
3 Jahre her

Meine Heimatstadt hat ein herausragendes Problem, dass endlich seiner Lösung zugeführt ist. Drogen, Dreck, Verkehr, Wohnungsmangel und das Sterben der Innenstadt zu einem großen Döner-, Hamburger und Coffee-to-Go Laden sind da nur sekundär. Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis und eröffnet einen Nebenkriegsschauplatz. Köln ist mittlerweile so sexy wie Berlin. Aber die Kölner haben gerade Frau Reker für die nächsten Jahre als „Bürgermeister*in“, vielleicht auch Bürgermeisternde bestimmt. Seit Fritz Schramma, der eine Reihe fataler Entscheidungen getroffen hat, wie z.B. die Moschee, bewegt sich Köln infrastrukturmäßig auf den Abgrund zu. Frau Reker ist da nur „das Letzte“… Mehr

Physis
3 Jahre her

Ich schmeisse Bettelbriefe etc. UNFRANKIERT mit dem Zusatz „zurück an Absener“ in den Briefkasten.

Michaelis
3 Jahre her

Man kann nur jedem und jeder anraten, rigoros mit jedem Unternehmen usw. zu brechen, welche sich dieser Sprachverhunzungen bedienen!! Ich für meinen Teil hab das bereits bei Abonnements usw. getan. Audi und Boehringer kommen also auch nicht mehr infrage – interessant. Sollte ich von einer Behörde mit diesem Schwachsinn traktiert werden, dann werde ich mir das schriftlich oder mündlich vor Ort verbitten!!

Hieronymus Bosch
3 Jahre her

Wen wundert das alles noch? Das deutsche Bildungswesen ist doch schon kängst gegen die Wand gefahren! In einer mir bekannten Schule sollen sich die Schüler wegen Corona die Noten selbst geben, nach eigens geschaffenen Kritierien. Zitat der Lehrerin: Wie bewertet ihr euch sebst und wie würdet ihr eue MitschülerInnen bewerten? Der ganze Gender-Schwachsinn ist nur ein weiteres Zeichen dafür, dass Deutschland schon längst im geistigen Koma liegt! Ein vorzeitiges Aufwachen ist nicht zu befürchten!

Werner Hueskes
3 Jahre her

Eine Anmerkung zu Ihrem Text, Herr Kraus: Der Einwohnende ist nicht mit dem Einsitzenden gleichzusetzen, denn ich kann durchaus einsitzen. Ich einwohne aber nicht, nirgends!
Einen Gedanken will ich hier wiederholen: Denken diese Einfaltspinsel auch den Genderstern? Läuft eine grüne Abgeordnete durch den Tiergarten und sagt zu sich selbst: „Hoffentlich nehmen mich die Wähler……..innen auch wahr?!“.
Leider darf auf die Frage keine ehrliche Antwort erwartet werden.

AlterEgo
3 Jahre her

Diversity wird die neue Diskriminierung. Was nicht nur alte weise Männer wie mich betrifft, sondern Normals generell. Eine kleine Randgruppe predigt, mit medialem Rückenwind‘, wo es lang zu gehen hat. Vermeintlich ‚offene‘ Sprache (Liebe Teilnehmer und Teilnehmerinnen) wirkt ausgrenzend – was ist denn gerade mit denen, die nicht in den Topf Teilnehmer*innen passen?
Es gibt schon gute Gründe für eine generische Form….