Alle reden vom Wetter

Wie machen es eigentlich die Schweizer? Die haben Berge und Wetter und Schnee und die Bahn ist trotzdem im Takt wie sonst nur ein ortsübliches Uhrwerk.

Aber man soll sich doch auf Kernkompetenzen konzentrieren. Und das ist nicht Service, sondern Mobilität. Bei jedem Wetter. Wer erinnert sich noch an die Bahnwerbung: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“. Heute redet hauptsächlich die Bahn vom Wetter und ist immer pünktlich – außer bei Sonnenschein oder Regen. Schnee ist in Vorwegnahme der Klimakatastrophe sowieso nicht mehr fahrplanmäßig vorgesehen.

Wie machen es eigentlich die Schweizer? Die haben Berge und Wetter und Schnee und die Bahn ist trotzdem im Takt wie sonst nur ein ortsübliches Uhrwerk.

Sogar zum Skifahren fährt man mit der Bahn. Raus aus dem Abteil, runter die Piste. Sind halt ein härteres Völkchen, die Schweizer. Obwohl bekanntermaßen auch die Schweizer Schwäche zeigen. Beispiel Andermatt, ziemlich genau in der Mitte des Landes gelegen. Lange war das Hochtal kurz vor dem Gotthard  sonst nur über einen Teufelspass erreichbar und aufgerüstet als das nationale „Reduit“. Dort sollten sich die letzten 30.000 Schweizer in einer meist unterirdischen Bergfestung zurückziehen und in eisiger Höhe dem Feind widerstehen.

Ausgerechnet dort hat jetzt der ägyptische Investor und Multimilliardär Samih Sawiris ein Luxusressort gebaut, genau da, wo bis vor kurzem in kargen Kasernen und Katakomben der Grundstein für Rheuma gelegt worden war. Im Luxushotel „Chebli“ gibt es einen mehrstöckigen Käse-Humidor, europäisch-asiatische Crossover-Sterneküche und sonstige Annehmlichkeiten nach dem Bedarf osteuropäischer Oligarchen und deutscher Steuerängstlicher, um dort dem Zugriff feindlicher Finanzämter aufs Angenehmste Widerstand zu leisten.

Aus dem Übungsgelände von Hochgebirgspanzern ist ein wunderbares, landschaftlich grandioses Skigebiet entstanden. Die letzte  Bahn – der Schneehüener­stock­-Express – wurde in diesen Tagen fertiggestellt, um die Skifahrer schnell zwischen Andermatt und Sedrun hin- und her zu schaukeln. Es ist wirklich herrlich.

Die Andermatter waren übrigens die gefürchtetsten Söldner in den europäischen Kriegen und werden noch heute für ihre manuellen Fähigkeiten gerühmt, etwa mit einem einzigen Schwert-Schlag zu enthaupten. (Die Schweizer Garde des Papstes jedenfalls hat eine Tradition, die wenig neo-christlich ist und besteht noch heute zum Teil aus Andermattern). Ansonsten haben sie von ihren Feldzügen im Alter Frauen aus allen Ecken Europas mitgebracht und mit ihnen die diversen handwerklichen Fähigkeiten importiert, die die Gegend berühmt gemacht haben. Europas brutale Geschichte in der Nussschale eines Hochgebirgstals.

Aber das war einmal. Heute ist das härteste Vergehen eine unpünktliche Bahn zum Skiparadies. Glückliche Schweiz.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 37 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

37 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
usalloch
5 Jahre her

„Man darf nicht grübeln mein Kind , sagte die Schweizer Mutter zu ihrem Kind als es fragte, ob hinter den Bergen noch Menschen leben“ Diese kleine Stichelei trifft heute zu 100% auf die Deutschen zu. Die Schweizer haben immer es verstanden, unterhalb des Radars der übrigen Länder ihr Land fortschrittlich ,demokratisch an das Weltniveau heranzuführen. Kein Grössenwahn hat sie jeh belästigt. Sie haben sogar das Migrantehproblem weitaus besser im Griff , obwohl sie pro Einwohner die doppelte Anzahl als Deutschland beherbergt.

giesemann
5 Jahre her

Aber das mit dem Hotel Chebli ist fake, nicht wahr, lieber Herr Tichy? Bitte, bitte geben Sie es zu. Ansonsten: Guten Rutsch, see yeah next year.

Nibelung
5 Jahre her

Die taugen heute in vielen Fällen einfach nichts mehr, denn wir haben trotz erweiterter schulischer Erkenntnis bestimmte Grundtugenden übersehen, denn Wissen allein reicht eben nicht aus um tägliche Arbeiten zu verrichten, dazu gehört auch die Einstellung, wie Wille, Fleiß, Verantwortung und Zuverlässigkeit und das ist in unserer Wegwerf- und Party-Gesellschaft nicht mehr vorgesehen. da haben ganze linke Generationen dafür gesorgt daß sich das ändert und wenn schon eine Kanzlerin verkündet, daß wir nur alles im europäischen Rahmen gemeinsam gestalten können, dann stellt sich doch die Frage, für was brauchen wir eigentlich noch eine Regierung und warum soll sich der Einzelne… Mehr

Gerd Koerner
5 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Die Zeit der eigenverantwortlichen Einzelkämpfer ist längst vorbei! Heute arbeitet man im TEAM. Das ist eine Abkürzung und steht für: „Toll Ein Anderer Macht’s“ Früher konnte der Einzelkämpfer mit Qualitäts- und Verantwortungsbewußtsein noch „richtig viereckiges Geld“ verdienen. Heute wird nur noch pauschal die gleiche Summe Geld auf ein 5-Mann-Team zu Mindestlohnkonditionen bezahlt. Schöne prekäre Arbeitswelt….

Britsch
5 Jahre her
Antworten an  Gerd Koerner

Gerd Koerner Pauschale Summe aber nur für den Aufbau, wie viele dazu nötig sind, ist egal. Davor kommen aber noch Planer usw. die dann bestimmen wie es gemacht weden soll und die Arbeitsabläufe gemacht werden sollen. Die bekommen zuerst „ihr“ Geld und bestimmen was die bekommen, welche aufbauen. Beim Aufbauen ist es dann egal, ob falsch geplant wurde, ob nach den Vorgaben überhaupt gearbeitet weden kann. Wird so gearbeitet wie vorgegeben und etwas klappt nicht, ist falsch, sind diejenigen schuld, die es aufbauen / praktisch ausführen, die hätten das selbstverständlich sehen müssen, daß da etwas nicht richtig ist und müssen… Mehr

Ecke
5 Jahre her

Ja, ja die Schweizer, sie haben auch die technische Großleistung Gotthard Tunnel geschafft. Eine Leistung die wir nie wieder, oder nur mit Hilfe der Schweizer erreichen können. Woher die unzureichende technische Minderleistung herkommt……das sollte eigentlich jeden klar sein.
Gutes Beispiel: der BER. Wir können noch nicht einmal einen mittelprächtigen, „pissigen“ Flughafen bauen. Eine Schande sondergleichen.
Die gegebene politischen Konstellation erlaubt es es einfach nicht. Mit Links/Grün ist bestimmt kein Staat zu machen. Wir brauchen in Deutschland einen radikalen Paradigmenwechsel.

benali
5 Jahre her
Antworten an  Ecke

@ Ecke

„Wir“ könnten wohl einen Flughafen wie BER bauen und wohl auch rechtzeitig fertigstellen. Aber BER ist ein politisches Projekt, geleitet von den dümmsten, aber sexiesten Politikern der Republik, wie der EURO und die ganze EU…

Kuestensegler
5 Jahre her
Antworten an  Ecke

Naja, ohne einen deutschen Tüftler hätten die Schweizer den Tunnel nicht gebaut: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/gotthard-brenner-oder-bosporus-kein-tunnel-ohne-herrenknecht/19966864.html

Der Stricker
5 Jahre her

Lustig: Gerade surfe ich von der Lektüre meines „Westfernsehens“ NZZ auf Ihre Seite. Der dortige Artikel „Im Land der Selbstgerechten“ (gemeint ist die Schweiz) schildert Probleme, die uns bekannt sein dürften: Eine in Wohlstand erstarrende Gesellschaft, die nicht erkennen will, daß die wirtschaftlichen Grundlagen, auf denen ausruhend wir Nichtigkeiten zu Problemen stilisieren, erst einmal erarbeitet werden mussten und weiter werden müssen. Fazit: Es geht uns zu gut. Da kann man schon mal aus Übermut eine Industrie (oder eine ganze Volkswirtschaft) zerstören. https://www.nzz.ch/meinung/schweiz-land-der-selbstgerechten-ld.1448316

Schoenberg
5 Jahre her

Die Schweizer haben bei der Bus- und Bahninfrakstruktur ein einfaches Konzept: sie schauen nach, was gebraucht wird und was die Menschen haben wollen, und dann bauen sie. Sonst lassen sie es bleiben. In Deutschland ist es umgekehrt: da wird erst was geplant und gebaut oder vermurkst (Großprojekte). Wird dann tatsächlich eine neue Bahnstrecke eröffnet, was sowieso kaum vorkommt, dann hofft man, dass auch Leute in die Züge einsteigen.

Wolfsohn
5 Jahre her

„Die Andermatter waren übrigens die gefürchtetsten Söldner in den europäischen Kriegen und werden noch heute für ihre manuellen Fähigkeiten gerühmt, etwa mit einem einzigen Schwert-Schlag zu enthaupten.“ – na, dass wird sich der ägyptische Investor ja pudelwohl fühlen … (sorry, aber der Sarkasmus war nur wirklich herausgefordert…

usalloch
5 Jahre her
Antworten an  Wolfsohn

Wieso? Mr. Samih Sawiris kennt sich als Ägyptischer in der Geschichte sehr gut aus und von daher doch clever. In Andermatt sind seine Investitionen bestens geschützt.

Stefferl
5 Jahre her

Ich halte die vielgerühmte Pünktlichkeit der Schweizer Eisenbahn mehr für Mythos als für Realität. Man sollte aber nicht vergessen, dass das Netz der Deutschen Bahn eine 10 mal so große Bevölkerung bedienen muss. Über 80 Millionen, statt 8 Millionen. Ca 33 500 Streckenkilometer gegenüber 3 172 Streckenkilometer. Die SBB gibt eine Pünktlichkeit von 88% an, gegenüber 94% bei der Deutschen Bahn. Es gibt aber einen tatsächlichen Unterschied: die Schweizer sind stolz auf alles, was aus der Schweiz kommt – auch auf die SBB, während es in Deutschland zum guten Ton gehört, auf die Bahn zu schimpfen. Und deshalb erhält man… Mehr

Gerd Koerner
5 Jahre her
Antworten an  Stefferl

Nehmen wir mal ein anderes Beisspiel. Fahren Sie doch mal nach Japan. Dort funktioniert der ÖPNV auch wie ein Schweizer Uhrwerk.

Boudicca
5 Jahre her

Was sich ein Ägypter in der Schweiz alles so leisten kann? Ob er einer der berühmten Facharbeiter ist, der mit dem Boot gekommen ist? Oder hat er in Ägypten am Entwicklungshilfempfangsministerium gesessen? Oder vielleicht das Klimawandelausgleichsministerium mit direkter Bankverbindung nach Berlin geleitet? Hat er je Reichensteuer in seiner Heimat gezahlt? Aber ganz bestimmt steigt kein Schwarzfahrer in die Bahn zu seinem Resort ein, ohne zu zahlen aus zusteigen. Danke für die vielen guten Artikel und das wir hier kommentieren dürfen. Wenn die Herrscher Ruhe wollen, geht es den Beherrschten schlecht und ganz so leicht wollen wir es ihnen doch nicht… Mehr

Kraichgau
5 Jahre her
Antworten an  Boudicca

viel einfacher,er ist koptischer Christ und hat mit seiner Brauerei(Sakhara zb) den Grundstein für ein anschliessendes Touristik und Industrie-Imperium unter Mubharak aufgebaut.
Ginge heute nicht mehr,denn klar denkende Kopten werden in Egypt zur vernachlaessigbaren Minderheit

Hadrian17
5 Jahre her

Köstlich … !