US-Midterms: Die große Abrechnung mit Donald Trump blieb aus

Business as usual in der USA. Lassen sie sich von Claus Kleber nicht das Gegenteil weismachen.

Jim Watson/AFP/Getty Images

Wirft man einen Blick in die Geschichte der US-Zwischenwahlen, erkennt man, dass die Amerikaner die gesamte Macht nicht in einer Hand sehen möchten. Das Weiße Haus, der Senat und das Repräsentantenhaus wurden immer nur für sehr kurze Phasen von einer Partei allein kontrolliert.

So wie bei der Wahl von Donald Trump 2016 und wie bei der Wahl Barack Obamas 2008 bis zu den Zwischenwahlen 2010.

Regelmäßig musste die Partei, deren Präsident im Weißen Haus sitzt, bei den Zwischenwahlen Niederlagen und Verluste von Senat und/oder Repräsentantenhaus hinnehmen.

Obama war es, der bei diesen Wahlen historische Negativrekorde aufstellte. In beiden Zwischenwahlen seiner Amtszeit verloren die Demokraten mehr Sitze im Repräsentantenhaus (77) als die Partei jedes anderen wiedergewählten Präsidenten seit Harry S. Truman (Präsident von 1945-1953). Die Republikaner hingegen gewannen 2014 die größte Mehrheit im Repräsentantenhaus seit 1928.

Die Präsidenten Nixon, Ford, Reagan, George H.W. Bush, Clinton, George W. Bush und Barack Obama mussten mit gegnerischen Mehrheiten im Kongress regieren, neun von dreizehn Nachkriegspräsidenten hatten zeitweise den gesamten Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) gegen sich. Historische Normalität also.

„Normal” ist das Ergebnis der jetzigen US-Midterms dennoch nicht. Jedenfalls nicht nach Maßgabe der Prognosen der politischen Beobachter, die seit dem Erdbeben der Wahl Trumps im November 2016 („The biggest ‚Fuck you!‘ ever recorded in human history!“, Michael Moore) die Gegenbewegung, die blaue Welle (Blau ist die Farbe der US-Demokraten) und vieles ähnliches mehr als sicher und unvermeidbar prophezeiten. Viele wollen einfach nicht wahrhaben, dass Trump nicht von einer Minderheit von Hinterwäldlern gewählt wurde, sondern aus der Mitte der Gesellschaft.

Trump und seine Republikaner haben im Repräsentantenhaus (Status 07.11.2018, 09:00 Uhr) 26 Sitze und damit die Mehrheit verloren. Ronald Reagan verlor bei seinen ersten Midterms ebenfalls 26 Sitze, Bill Clinton 54 und Barack Obama gar 63 Sitze. Es war also nicht die große Abrechnung mit Donald Trump, sondern eine übliche, eher moderate Tarierung der Machtverhältnisse, wie sie in den USA bei Zwischenwahlen an der Tagesordnung ist.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Republikaner im Senat vier Sitze hinzugewannen. Noch bemerkenswerter, dass dies auch im bevölkerungsreichen Swing-State Florida, Heimat vieler Zuwanderer gelang, wo der dreimalige Amtsinhaber Bill Nelson dem Republikaner Rick Scott weichen muss.

Legislativ haben die Republikaner in den vergangenen zwei Jahren einiges erreicht und eine Menge ihrer Wahlversprechen in die Tat umgesetzt. Die Abschaffung der unbeliebten Pflichtversicherung ist dabei, die Steuerreform mit massiven Steuersenkungen ebenfalls. Die Wirtschaft wächst erheblich, deutlich stärker als unter Trumps Vorgänger, die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit 1973, die der Afro-Amerikaner so niedrig wie nie zuvor, seit diese Zahlen erhoben werden. Es gibt mehr offene Stellen als Arbeitslose. Die Konsumausgaben sind hoch, die Investitionen ebenso, die Exporte steigen. Löhne und Gehälter sind im 3. Quartal um 3.1 Prozent gestiegen, der größte Zuwachs seit einem Jahrzehnt.

Auf der Richterbank im Supreme Court sitzen mit Gorsuch und Kavanaugh zwei von Trump nominierte Richter.

Die Demokraten zeigten sich unfähig, vor diesem Hintergrund ein überzeugendes politisches Alternativkonzept zu präsentieren. Sie jagen noch heute russische Gespenster, die die Wahl 2016 manipuliert haben sollen und umschwärmen Porno-Stars wie Stormy Daniels. Den Wähler haben sie damit nicht beeindruckt.

Niemand weiß, was eigentlich genau die Botschaft der Demokraten für die Zwischenwahlen war.

Und während sich die Mehrheit wünscht, das Trump seine Manieren endlich an sein Amt anpasst, so wissen sie auch, dass es nicht seine Entgleisungen bei Twitter waren, die hier zu Wahl standen.

Business as usual also in der USA. Lassen sie sich von Claus Kleber nicht das Gegenteil weismachen.

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Kommentare ( 38 )

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Andrea Dickerson
5 Jahre her

Meiner Ansicht nach war es ein großer Fehler der Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat sieben Jahre zu gröhlen, sie würden Obama-Care „abwickeln“, sobald sie die Macht hätten, und hatten dann kein Alternativprogramm, nichts, gar nichts, außer etwas, was Pharma und Versicherungsfirmen glücklich macht, und das hatten wir bereits, brauchen wir nicht noch einmal. Mit dem Profitdenken von Firmen, Maximal- und Minimalprinzip, also mit den niedrigsten Kosten den maximalen Profit aus kranken und pflegebedürftigen Menschen herauszuholen, kann man keine Krankenversicherung aufbauen. Wären Republikaner hier unter ihrem Stein hervorgekommen, in Kombination Regulierung der Wirtschaft und Außengrenzen, beide Häuser wären republican geworden.… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
5 Jahre her

Diese Amerikaner! Es geht ihnen offenbar am Hintern vorbei, wenn die Medien eine blaue Welle prognostizieren. Was wir sehen, ist eine ganz normales, demokratisches Korrektiv. Der President wird zu mehr Kooperation mit dem Gegner gezwungen. Und für seine Wiederwahl gäbe es kaum eine bessere Konstellation als die jetzige. Kleber kann also noch weitere sechs Jahre mit Schaum vor dem Mund herumlaufen. Trump wird dies ebenso am Hintern vorbeigehen, wie das Geheul seiner eigenen Presse.

Hans von Stoffeln
5 Jahre her

Einen so wunderbar sachlichen Artikel wie diesen, der die Dinge nüchtern auf den Punkt bringt wird man in den Deutschen Mainstream Medien vergeblich suchen. Geradzu hyperventilierend erklären dort die Presseaktivisten, daß die heutige Wahl ein Aufbruch gegen Trump sei. Die Ernüchterung bei seiner Wiederewahl wird die Deutsche Journalie in Ihrem Wolkenkuckucksheim hart treffen.

BK
5 Jahre her

„Legislativ haben die Republikaner in den vergangenen zwei Jahren einiges erreicht und eine Menge ihrer Wahlversprechen in die Tat umgesetzt. Die Abschaffung der unbeliebten Pflichtversicherung ist dabei, die Steuerreform mit massiven Steuersenkungen ebenfalls.“

Dem gegenüber hat die Union in Deutschland in 13 Jahren Regierungszeit nichts erreicht. Im Gegenteil, die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie, und um einige hundert Milliarden gestiegen. Pflichtversicherte zahlen horrende Beiträge, warten auf Arzttermine wochenlang, wärend ganze Flüchtlingsfamilien mit Gratisleistungen überhäuft werden.

Was für ein Unterschied. Wer jung ist, sollte möglichst schnell seine Brufsausbildung abschließen, sich um gutes englisch bemühen, und ganz schnell rüber machen.

Lepanto
5 Jahre her

In den Medien hierzulande wird auch nicht berichtet, um was für Heilsbringer der Vielfalt es sich bei diesen Hoffnungsträgern („jung“, „weiblich, „muslimisch“, „Flüchtling“) denn oft auch tatsächlich handelt: Z.B. Ilhan Omar, 37. Sie nennt Israel einen „Apartheidsstaat“ und glaubt an eine weltweite jüdische Verschwörung, die verhindere, dass irgendwer etwas Schlechtes über Israel sagt, oder Rashida Tlaib, eine palästinensisch-amerikanische Sozialistin und BDS-Aktivistin, die ihre Parteikollegin, der Senatorin Kamala Harris rügte, weil diese sich mit dem „rassistischen“ israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu getroffen hatte, oder wie wäre es mit Ammar Campa-Najjar, der in Kalifornien für einen Sitz im Repräsentantenhaus kandidiert und finanzielle Unterstützung… Mehr

magistrat
5 Jahre her

Aus der Schule ist mir eins zum politischen System der USA in Erinnerung geblieben: es ist vollkommen verschieden von unserem, aber von historisch extrem geprüfter Robustheit. Letzteres haben alle die Journalisten verschwiegen, die mit Trump Wahl das Ende der US-Demokratie und anderen Unfug vorhersagten. Und die Meister im Untergang von Staatssystemen – auch demokratischen – sind schon noch die Deutschen. Die Berichterstattung der MSM zum aktuellen Geschehen in den USA hat in etwa das Niveau der Hofberichterstattung des „Goldenen Blatts“ oder der „Frau im Spiegel“ aus den europäischen Monarchien. Über konkrete Legislativ- und Exekutivprojekte kommt nichts, dafür halt Pornosternchen und… Mehr

Kassandra
5 Jahre her
Antworten an  magistrat

Ich hab mich heute morgen nach kurzem irritiertem Überlegen für die Berichterstattung in der NZZ entschieden.
Und siehe: es war gut!

Harry Charles
5 Jahre her

EIGENTLICH SOGAR EIN ERFOLG FÜR TRUMP
Man darf dabei ja nicht vergessen, dass hier nicht direkt über ihn abgestimmt wurde, sondern über Repräsentanten seiner Partei. Es ist also durchaus möglich, dass jemand, der Trump 2016 gewählt hat dies auch wieder tun würde, auch wenn er jetzt den Repräsentanten der gegnerischen Partei gewählt hat, weil der möglicherweise bessere Arbeit im jeweiligen Wahlkreis geleistet hat. Und unter Berücksichtigung des korrekt ausgeführten historischen Vergleichs mit anderen Präsidenten kann man das ganze eher als Erfolg für Donald Trump sehen.

Rainer Gehrig
5 Jahre her

Wer 5 Minuten Zeit hat, kann sich ja mal die unglaubliche Kurzbiographie von Martha McSally durchlesen und ihr dann für das extrem knappe Rennen für den Senatsitz von Arizona (vormalig Trump-Gegner Jeff Flake) beide Daumen drücken. Zur Zeit führt sie mit nur knapp 16000 Stimmen. (74% ausgezählt). Was für eine Power-Frau!!! DIE sollte die erste Präsidentin der USA werden!
https://en.wikipedia.org/wiki/Martha_McSally
https://mcsally.house.gov/about/full-biography
(Als erste Frau ein Kampfgeschwader kommandieren und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verklagen, verdient höchsten Respekt)

Falk Kuebler
5 Jahre her
Antworten an  Rainer Gehrig

Wirklich erstaunlich. Danke für den Hinweis. Ich drücke kräftig!

Dann fiel mir rein assoziativ Frau v.d.Leyen ein und ich musste laut lachen 😉

Abifiz
5 Jahre her
Antworten an  Rainer Gehrig

Sie hat (05:45 MEZ) gewonnen!

Rainer Gehrig
5 Jahre her
Antworten an  Abifiz

Leider nicht. Es wird immer noch gezählt in Arizona! Stand derzeit 07.21 MEZ:

Sinema
932,870
49.1%
McSally
923,260
48.59%
75% ausgezählt
https://www.foxnews.com/midterms-2018/senate
In Broward Country, Florida gibt’s auch mal wieder massive Probleme und Ungereimtheiten. Die Rennen dort um Senatssitz und Gouverneur sind nocht nicht entschieden und es werden wohl wieder Gerichte bemüht werden. Man fasst es nicht, was da abgeht…

Franz O
5 Jahre her

Ja, alles in allem passt es. Natürlich ist es eine Niederlage für Trump. Aber keine historisch Ungewöhnliche. Schlimm wäre es, wenn er den Senat verloren hätte. So kann er allerdings weitere zwei Jahre lang konservative Richter einsetzen. Ginsburg hat absehbar schlechte Gesundheit und könnte demnächst versterben oder amtsunfähig werden. Breyer ist auch nicht mehr der Jüngste. Mit viel Glück kann er noch zwei weitere oberste Richter ernennen. Repräsentantenhaus und Senat werden sich nun wie üblich gegenseitig die Gesetzesvorhaben blockieren, der Präsident regiert weiterhin wie üblich über Executive Orders. Das macht Donald wahrscheinlich sowieso schon seit Beginn seiner Amtszeit lieber, als… Mehr

Abifiz
5 Jahre her
Antworten an  Franz O

Zu unseren sehr beliebten – und noch mehr geliebten – Ischias-Kumpanen & -Compadres habe ich mir eine entsprechend liebevolle und höchst „verträgliche“ Lösung ausgedacht: Sie können doch Ihren so mühsam und redlich verdienten Lebensabend auf der wunderschönen Ischia-Insel vor Neapel verbringen im Einklang mit Mutter Natur, und Ihre unsäglichen Beschwerden dabei mit den wirklich ausgezeichneten „Ischia Forastera Superiore“ und „Ischia Biancolella Superiore“ (beide auch als Spumante [Sekt] zu haben) und dem seit der Antike berühmten Rotwein „Ischia Piedirosso Superiore“ (den die Einheimischen verschmitzt in ihrem Dialekt „Per ‘e palummo“ nennen [wortwörtlich „Bleifuß“, im Deutschen jedoch eher als „Bleifüße“ wiederzugeben] aufgrund… Mehr

Oberotto vom Angelika Merkel FanClub
5 Jahre her

„Niemand weiß, was eigentlich genau die Botschaft der Demokraten für die Zwischenwahlen war.“ Ich widerspreche, die Botschaft ist sehr wohl bekannt. Sie lautet ‚resist‘ bzw. totale Opposition. Das ganze treibt sogar richtige Stilblüten: Der wahrscheinlich vielen bekannte Eisproduzent Ben and Jerry’s hat kurz vor den Wahlen ein Eis unter dem Namen ‚pecan resist‘ rausgebracht.

Wer es nicht glaubt:
https://www.benjerry.com/flavors/pecan-resist-ice-cream

Trump muss aber noch ein zentrales Wahlversprechen einlösen. Er muss endlich die Mauer bauen lassen.