Tichys Einblick
Aussöhnung mit den Emiraten

Israels Erfolgsrezept wird bestätigt: Frieden durch Stärke

Die „volle Normalisierung der Beziehungen“ zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) und Israel ist eine politische Meisterleistung von Trump. Deutschland und die EU haben nicht verstanden, was das Erfolgsrezept für Frieden im Nahen Osten ist: Stärke.

Rathaus von Tel Aviv in Landesfarben der Vereinigten Arabischen Emirate erleuchtet

imago Images/Xinhua

So dumm, unfähig und ahnungslos wie Medien und Politik seit drei Jahren Donald Trump medial darstellen, kann der zur Wiederwahl anstehende US-Päsident nicht sein. Die jetzt unter seiner Vermittlung zustande gekommene „volle Normalisierung der Beziehungen“ zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) und Israel ist eine politische Meisterleistung, die auch ein Signal zur Nachahmung an die arabisch-muslimischen Nachbarn auslösen könnte gefolgt von einer Welle des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Aus Abu Dhabi und Dubai waren die Anzeichen seit langem erkennbar. Dort hat man das 21. Jahrhundert begriffen: Gegen Israel geht in Nahost nichts mehr, mit Israel fast alles. Krieg ist kein Mittel zur Problemlösung, das arabisch-extremistische Terrorhandwerk hat keine Zukunft: Drohen, bomben, das eigene Volk betrügen und korrumpieren ist ein auslaufendes Geschäftsmodell. Die verheerende Explosion in Beirut ist jüngster Beweis dafür.

Die jungen Länder UAE und Israel ergänzen sich und begegnen sich auf Augenhöhe. Beide Länder haben mit gut neun Millionen Einwohnern eine ähnliche Bevölkerungsgröße, das Bruttoszialprodukt der sieben Emirate ist nur rund 10 Prozent höher als das des 2 ½ Flugstunden entfernt liegenden Israel. Den Reichtum beziehen die Scheichs in Abu Dhabi und Dubai aus großen Öl- und Gasvorkommen. Die Emirate haben sich mit ihren Flug- und Schiffshäfen zu einem Drehkreuz für den internationalen Personen und Warenverkehr und zu einem überregionalen Logistik-Zentrum gemausert.

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Israels seit 11 Jahren amtierender Ministerpräsident Netanyahu regiert einen demokratisch geführten Rechtsstaat mit 9.000 Start-ups, die seit fast zwei Jahrzehnten jährlich Milliarden an Investitionen aus allen Kontinenten anlocken und spielt inzwischen auch mit den ganz Großen im internationalen Gas-Geschäft. Unter seiner Führung entstand ein Energie-Konsortium mit Zypern und Griechenland, das eine 1.900 km lange Gas-Leitung ans europäische Festland auf den Peloponnes plant. Der amerikanische 160-Milliarden-Konzern Chevron hat mit einer Fünf-Milliarden-Investition kürzlich das geschäftliche Ruder des Projekts übernommen, das in der kommenden Dekade zu einer Alternative zu Putin-Merkels Nordstream-Gas-Pipeline wachsen könnte.

An den Reaktionen kann man sie erkennen: Der Iran mit seiner Terrorstruktur in Gaza und in der Westbank sowie die Türkei schäumen vor Wut. Verrat an der palästinensischen Sache, Dolchstoß und heuchlerisches Verhalten der UAE sind die Stichworte aus Teheran, Gaza/Ramallah und Ankara. Brüssel und Berlin begrüßen zwar die überraschende Nachricht aus Washington, halten sich aber gegenüber der ablehnenden Front versteckt ein Hintertürchen offen.

In der islamischen Welt tobt seit langem die Grundauseinandersetzung zwischen radikalen Schiiten mit dem Zentrum Iran und Sunniten, die in Saudi-Arabien ihre Heimat haben. Beide sind davon überzeugt, die Zukunft gehöre ihnen. Ein Kampfplatz für die Entscheidung, wer obsiegt, liegt in der Region um Israel, besser bekannt als Gaza und Westbank. Die USA haben sich schon längst vor Trump für die Saudis entschieden. Trump hat mit den Iran-Sanktionen den Konflikt lediglich zugespitzt. Der Platz der EU wäre aus viellerlei Gründen an der Seite der USA zugunsten Israels.

Außenminister-Darsteller Heiko Maas spricht unbelehrbar aber immer noch von der Zwei-Staatenlösung, die längst keine realistische Grundlage mehr hat. Und die Genugtuung darüber, dass Jerusalem auf eine Teil-Annexion verzichtet, überstrahlt in Berlin alles. Die Berliner Außenpolitik will sich immer noch nicht eingestehen, dass ihre Nahost-Strategie voller Fehler ist. Deshalb waren Berlin und Brüssel beim Entstehungsprozess des Washington-Abu-Dhabi-Jerusalem-Deals politisch auf der Zuschauertribüne und können allenfalls hoffen, wirtschaftlich Peanuts-Zulieferer zu werden. Niemand im Nahen Osten braucht unsichere Kandidaten, die wohlklingende Sprüche pflegen, hinter denen heiße Luft oder eklatante Widersprüche stecken. Wer gerne Null-Toleranz gegenüber Terror und Gewalt predigt, aber auf Geschäfte mit dem Terrorstaat Iran hofft, spielt auf der Bühne der Macher und Entscheider in Nahost nicht mal mehr eine Nebenrolle.

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Israel hat mit UAE die diplomatischen Tore zum vierten moslemischen Land nach Ägypten, Jordanien und Azerbaidschan geöffnet, ohne Siedlungen in Judäa und Samaria zu evakuieren, ohne Jerusalem wieder zu teilen oder sich auf die Grenzen von 1967 zurückzuziehen. Drei vermeintlich unverzichtbare Kriterien für einen Frieden in Nahost, die ein halbes Jahrhundert bei UN, EU und in Berlin ohne jegliche Fortschritte heruntergebetet werden. Netanyahu und die Bin Zayed al Nahyan-Familie haben alle widerlegt. Auch die saudische Friedensinitiative aus dem Jahr 2002.

Frieden durch Stärke, heisst die Erfolgsdevise in Nahost. Und gemeint ist nicht nur die militärische Potenz, sondern vielmehr digitalisierte Landwirtschaft gegen Hunger und Trinkwassernot, Meerwasserentsalzung, Tröpfchen-Bewässerung, Drohnenbau und -abwehr, Satelliten-Technologie, Cyber-Sicherheit in der Internet-Kommunikation und nicht zuletzt Kooperation im Kampf gegen das pandemische Covid-19-Virus.
Netanyahu hat bewiesen, dass er für Frieden bereit ist, alles andere zu opfern, auch den „Deal of the Century“, der sieben Monate nach seiner Veröffentlichung jetzt Vergangenheit ist. Die Teil-Annexion von Judäa und Samaria ist „vorläufig“ vom Tisch. Seine engste Gefolgschaft, die Siedler, die sich fast am Ziel sahen, werden sich zu den täglichen Demonstranten in Jerusalem gesellen, die wegen Corona, den wirtschaflichen Auswirkungen und wegen eines Gerichtsverfahrens vor Netanyahus Amtssitz ihren Unmut entladen.

Es ist kein Zufall, dass Washington den UAE-Israel-Deal „Abraham Accord“ nennt. Bereits 2019 hat die Regierung in Abu Dhabi beschlossen ein “Abrahamic Family House” zu bauen, in dem eine Moschee, eine Kirche und zum ersten Mal seit 50 Jahren wieder eine Synagoge in einem muslimischen Land errichtet wird, die an die gemeinsamen Wurzeln der drei monotheistischen Religionen erinnern sollen. UAE hat mit der vollen Normalisierung der Beziehungen zu Israel auch einen weiteren Schritt in der Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten vollzogen und sich für die abrahamischen Werte, die Morgen- und Abendland verbinden, entschieden. Es gibt berechtigte Hoffnung, dass Bahrain, Qatar, Saudi-Arabien und Kuwait folgen werden. Aber wo sind die Stimmen in der EU und in Berlin, die den Grundkonflikt erkennen, die rhetorische Kraft haben, eine offene Diskussion zu führen und mutig das politische Ruder herumzuwerfen?

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