Zahlen des UNHCR bestätigen: Weniger Tote im Mittelmeer

Was für ein Desaster, wenn die UNO-Flüchtlingshilfe zerknirscht zugeben muss: Weniger Tote im Mittelmeer 2018 als 2017. Aber anstatt nun massive Kritik an der Arbeit der NGOs vor der libysche Küste zu üben, übt man sich in verwerflichen Zahlenspielchen und die deutschen Medien nehmen diesen Ballon noch dankbar auf, müssen sie sich doch so nicht verantworten, ihre Aufgabe sträflich vernachlässigt zu haben. Im Ergebnis allerdings bleiben sie so dabei.

Andreas Solaro/AFP/Getty Images

Wer mit wachem Verstand Nachrichten liest, der muss es überaus beschämend finden, was Teile der deutschen Presse gerade an verzerrenden Faktenlagen über Tote im Mittelmeer verbreiten, damit es als Nachricht nicht mit ihrem Weltbild kollidiert, wenn Zweidrittel der im Meinungsgeschäft Tätigen mit Rot-Grün sympathisieren, wie unabhängige Untersuchungen eines Hamburger Institutes für Journalistik ergeben hatten.

Im Detail geht es hier um eine zunächst sehr traurige Geschichte: Um Menschen, die elend samt Frauen und Kindern ums Leben kommen, weil sie sich libyschen Schleppern anvertrauen, die ihrerseits auf europäische Nichtregierungsorganisationen setzen, die ihnen kurz außerhalb libyscher Gewässer ihre menschliche Fracht abnehmen. Die pro Kopf tausende von Dollar bezahlt haben sollen, um dann in maroden Schlauchbooten eine Art russisches Roulett zu spielen, wenn laut Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe mittlerweile jeder „15. Flüchtling und Migrant den Überquerungsversuch mit dem Leben“ bezahlen soll. Randbemerkung: Selbst der UNHCR spricht hier nicht mehr ausschließlich von Flüchtlingen.

Die Schlagzeilen lesen sich aktuell in etwa so: Täglich sechs Tote im Mittelmeer, die Situation sei so entsetzlich wie lange nicht mehr. Anlass sind hier die aktuellen Zahlen des UNHCR für 2018, allerdings fast ausschließlich in der Interpretation der UNO-Flüchtlingshilfe. Die berichtenden sogenannten Leitmedien sind hier nicht Willens oder in der Lage, diese Informationen in echte Nachrichten umzuwandeln, wenn hier auf besonders perfide Weise Politik gemacht wird mit Menschenleben.

Wenn zwar berichtet wird, dass es anteilig an der sinkenden Gesamtzahl der Migranten mehr geworden sind, die ertrinken, wenn aber verschwiegen wird, dass es in absoluten Zahlen deutlich weniger sind, die 2018 ertrunken sind im Vergleich zu 2017 und noch viel weniger vergleichend mit den Zahlen von 2016.

Knapp 1.000 Tote weniger 2018? Warum wäre das keine Erfolgsmeldung wert? Weil dann auch nach den Ursachen dafür geschaut werden müsste, weil dann die Erkenntnis unumgänglich werden könnte, dass es auch an der massiven Behinderung sogenannter „Seenotrettungen“ von Nichtregierungsorganisationen in 2018 gelegen haben kann, dass weniger elend ertranken. Was für ein Vorwurf!

Die so genannten deutschen Medien sind nicht bereit, ihn zu erheben. Noch weniger, wenn Die ZEIT vor einigen Monaten erst einen veritablen Shitstorm erntete und dann schnell von ganz oben herunter Abbitte schwor und ihrer Redakteurin in den Rücken fiel, obwohl sie ihr den Auftrag erteilt hatten, diese düsteren Tatsache zu ehrlich zu kommentieren. Die Zeitung hatte bezogen auf die Aktivitäten der Schiffe der NGOs im Rahmen einer Debatte gefragt: „Oder soll man es lassen?“ Eben weil dann weniger Menschen sterben könnten.

Was für eine Verweigerung, wenn es nur wenig Recherchearbeit bedarf, die vom UNHCR gemeldeten 2.275 Ertrunkenen aus 2018 mit denen aus 2017 ins Verhältnis zu setzen, als fast 3.000 überwiegend junge männliche Afrikaner auch diese faktische Allianz zwischen Schleppern und NGOs mit ihrem Leben bezahlen mussten.

Was für ein Versäumnis allerdings: Der UNHCR selbst erwähnt diesen – für die Beurteilung des Schaffens der NGOs im Mittelmeer – so immanent wichtigen Sachverhalt in seinen Hauptmitteilungen mit keinem einzigen Wort. Und die Medien nehmen diese Verschweigespirale dankbar an. Was aber, wenn genau so wieder neue Boote ins Mittelmeer getrieben werden? Wenn also junge engagierte Europäer, die Leben retten wollen und aufs Meer hinausfahren in der Folge wieder vermehrt Schlauchboote anlocken, die von den Schleppen hin zu diesen Booten geschickt werden und so tausende in unmittelbare Lebensgefahr bringen.

Jeder berichtende Journalist muss sich jetzt selbst fragen, wie wichtig es geworden ist, dem UNHCR massiv auf die Finger zu schauen und aufzuschreiben, wenn diese Organisation auf eine Weise Informationen verstümmelt, dann publiziert und verbreitet, wie hier: „Durch die zurückgefahrene Seenotrettung ist die Flucht über das Mittelmeer wieder zur tödlichsten (See-)Fluchtroute der Erde geworden.“ Eben genau das ist dann nicht der kausale Zusammenhang, wenn durch die „zurückgefahrene Seenotrettung“ doch vor allem ein Ergebnis erzielt wurde: Fast 1.000 Tote weniger!

Nun kann dem Leser diese Debatte hier bei TE bekannt vorkommen. Tatsächlich hatten wir schon im August 2018 exakt auf diese Tragödie vor der libyschen Küste hingewiesen und schon damals festgestellt, was noch wenige wahr haben wollte: Weniger Schiffe der NGOs vor der Küste, weniger Tote im Mittelmeer.

Anstatt betreten zu schweigen über zu viel Unsinn, den man zu verbreiten bereit war und nun einfach selbst einmal zu recherchieren, empörten sich damals einzelne Medien ausgerechnet über die Recherche von TE und legten es zudem mit erstaunlicher Perfidie darauf an, die Nachricht als solche und die Verbreiter der Nachricht zu diffamieren – sich dabei umschauend versichernd, dass es bloß genügend Gleichgesinnte gibt, die diese Schmutzkampagne in den sozialen Medien begleiten.

Nun, wo die abschließenden Zahlen für 2018 aus der Feder des UNHCR noch einmal in aller Deutlichkeit belegen, dass nach Rückzug der NGO-Schiffe weniger Migranten elend ertrinken, da schweigen die Schreihälse betroffen, stecken den Kopf in den Sand und hoffen einfach, dass dieser Kelch an ihnen vorbeigeht, anstatt nun wenigstens die schlimmsten Fake-News und Diffamierungskampagnen der Vergangenheit denen gegenüber einzugestehen, die bereit waren, journalistisch aufzutreten. Jämmerlich. Ach was: einfach nur eine erbärmliche Feigheit.

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Kommentare ( 35 )

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Ein Mensch
5 Jahre her

Wie wäre es denn wenn man Seenotrettung dahingehend organisiert, das die Geretteten von den Rettern wieder in Afrika abgeliefert werden. Dazu bedarf es natürlich Freiwilliger und Spender die diese Art der Rettung durchführen und/oder finanzieren. Meiner Ansicht nach ist das die einzige dauerhaft erfolgversprechende Methode um den Schleppern die Grundlage ihres Tuns zu entziehen. Wer einmal bezahlt hat und wieder in Afrika landet, der zahlt nicht nochmal und das spricht sich schnell rum. Ich wäre bereit das zu unterstützen, auch wenn man diese Spenden sicherlich nicht von der Steuer absetzen darf.

Michael M.
5 Jahre her
Antworten an  Ein Mensch

Genau das ist der Punkt, das hätte sogar noch den Vorteil das wegen der kürzeren hin und rück Strecken noch deutlich mehr Menschen gerettet werden könnte. Ein Notzarztwagen fährt ja auch zum nahegelegensten Krankenhaus und nicht tausende Kilometer weiter.
Darauf müsste eigentlich jeder (ein kurzer Einsatz seines gesunden Menschenverstandes reicht dazu allemal), selber drauf kommen. Dass das nicht so gehandhabt wird lässt eigentlich nur folgenden Schluss zu, es geht nicht wirklich in erster Linie um die Rettung von möglichst vielen Menschen …

Sandrarichter
5 Jahre her

„Durch die zurückgefahrene Seenotrettung ist die Flucht über das Mittelmeer wieder zur tödlichsten (See-)Fluchtroute der Erde geworden.“ – Dieser Satz ist schlicht Fake News und diejenigen, die ihn so oder so ähnlich verbreiten, werden zu Fake News Medien. Allerdings bezweifle ich, dass wie im Resümee geschrieben die Schreihälse dieser Fake News Medien jetzt schweigen werden, zu tief haben sie sich mittlerweile in ihren Schützengräben verschanzt, um ihre Positionen noch zu verändern. Stattdessen werden sie aggressiv in die Angriffsverteidigung gehen, wie es z.B. Stefan Winterbauer auf unsägliche Art auf Meedia.de getan hat. Solche Leute sind nicht an der Wahrheit interessiert, da… Mehr

Bummi
5 Jahre her

Man kann es auch noch klarer formulieren. Die linksgrünen Schleuser im Mittelmeer haben den Tod tausender Menschen im Mittelmeer verursacht. Dazu Mrd. Schäden in der EU. Unterstützt durch die staatlichen Organe und die Kirchen.

Paul J. Meier
5 Jahre her

Wurden sie nicht auch von diesem Medienmagazin M. wegen ihres Artikels bei TE diskreditiert? Irgendwo hab ich das gelesen, haben diese inzwischen eigentlich mal Stellung dazu genommen?
Gruß
P.M.

Contra Merkl
5 Jahre her

Wer in den USA dabei erwischt wird, wie er Menschen illegal ins Land bringt, wird von Homeland Security verhaftet. Solche Gesetze sollten die Mittelmeerländer schleunigst auf den Weg bringen. Hätte man da von Anfang an gleich reagiert, wäre die ganze Problematik im Keim erstickt. Die ganze Schlepperei hätte gar nicht diese Dimensionen angenommen. Das man da nicht der Marine Befehl erteilt, diese Schiffe beim Einfahren in die eigenen Hoheitsgewässer aufzubringen, verstehe ich nicht. Fahr in Italien mal zu schnell, da sind die aber ganz fix dabei und das ist richtig teuer. So sollten die mal bei diesen Schleppern reagieren. Da… Mehr

Herr_Schmidt
5 Jahre her
Antworten an  Contra Merkl

Ich glaube den Italienern kann man in dem Dilemma noch die geringsten Vorwürfe machen.

bfwied
5 Jahre her

Ganz abgesehen von den niedrigeren Zahl der Ertrunkenen, was freilich eine gute Entwicklung ist, wie viele von der prinzipiell erst anlaufenden Völkerwanderung – Afrika nimmt pro Woche derzeit 1 Mio. zu, und da das nicht linear geht, werden es bald weit mehr als 1 Mio. sein – wollen die denn hier aufnehmen und alimentieren. 5 Mio., also die Hinzugekommenen von 5 Wochen, oder von 10 Wochen, einem Jahr? Das ist doch der zentrale Aspekt. Was ist, wenn, wie das UNHCR sagt, wir 200 Mio. verkraften könnten, also dem Bevölkerungswachstum von weniger als 2 Jahren? Ist dann plötzlich Schluss, oder was… Mehr

mfohr
5 Jahre her

dieser body-count ist von Perversion geprägt, eine polemische Waffe der bunten Globalisten. ohne NGOs würden die Zahlen marginal werden und damit der Inhumanität ein Ende gesetzt. es sind die Toten der Ökosozialisten und ihrer Freunde, und dieser Realität müssen sie sich stellen. erschreckend ist dabei die Rolle des UNHCR und anderer nur scheinbar neutraler Organisationen. übrigens sage ich damit nicht, dass es keine Migration geben kann. im Gegenteil: Asylgründe und Flucht gem. Genfer Konvention müssen in Europa nach Gesetz behandelt werden, aber eben nicht von Deutschland alleine.

Nibelung
5 Jahre her

Diese Art zu reisen ist nun mal gefährlich, insbesondere dann wenn man sich in die Hände von skrupellosen Schleusern begibt und weil sie eben wissen, offiziell nicht hereingelassen zu werden, versuchen sie es auf diesem Wege und tragen somit selbst mit dazu bei, Leib und Leben zu gefährden und das müßte nicht sein, denn das horrende Kapital, welches sie für diese Tour einsetzen widerspricht eigentlich der Armutsvorstellung und es wäre vielleicht sinnvoller dieses Geld in der Heimat einzusetzen, aber das wird als Vorschuß für ein besseres Leben im Ausland eingesetzt, ohne über die Folgen nachzudenken und ist im Prinzip auch… Mehr

Pherman
5 Jahre her

Erstens. Das ist ein Rückgang um 650, nicht „fast 1000“. Von wegen journalistische Genauigkeit. Zweitens: Die libyische Küstenwache wurde mehrfach beschuldigt Menschen beim Ertrinken allein zu lassen oder das sogar zu forcieren. Die Zahlen von 2018 könnten mangels Beobachtung von NGOs eine höhere Dunkelziffer aufweisen als in den Vorjahren.

Eine Polemik, okay, aber etwas plump.

Alexander Wallasch
5 Jahre her
Antworten an  Pherman

Möglicherweise ein klein wenig asozial, was Sie hier zum Besten geben, finden Sie nicht?

Herr_Schmidt
5 Jahre her
Antworten an  Pherman

Hmm, es wäre tatsächlich mal wichtig zu wissen, wie diese Statistik zustande kommt. Wer genau zählt die Toten, mit und ohne NGOs.

Herr_Schmidt
5 Jahre her
Antworten an  Pherman

Noch was: Sie meinen früher haben die NGOs auf ihren „Rettungsschiffen“ die Libysche Küstenwache beim „Ertrinkenlassen“ der Migranten beobachtet? Schon schräg diese Vorstellung, wenn man ein wenig darüber nachdenkt!
Warum sind die „Rettungsschiffe“ der NGOs nun nicht mehr da, wenn doch vorgeblich die Gefahr größer geworden ist? Weil sie nicht mehr in der EU anlegen dürfen? Werden sie gehindert, die in Seenot geratenen in Libyen oder einem anderen Land an der afrikanischen Mittelmeerküste in Sicherheit zu bringen? Es geht doch vor allem um die Rettung von Menschenleben, oder?

ShaundasSchaf
5 Jahre her

„…empörten sich damals einzelne Medien ausgerechnet über die Recherche von TE und legten es zudem mit erstaunlicher Perfidie darauf an, die Nachricht als solche und die Verbreiter der Nachricht zu diffamieren.“

„In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht.“
Kurt Tucholsky