Wahlen in Sachsen und Brandenburg: Im Hamsterrad der Abgrenzung

Parteien sollten für ihre Ideale werben, Überzeugungen zur Wahl stellen. Aber welche Ideale vertreten heute CDU und SPD? Sichtbar war nur eine politische Willensbekundung, welche sich alle etablierten Parteien zueigen gemacht haben: die Abgrenzung von der AfD.

Maja Hitij/Getty Images

Sicherlich konnten einige kritische Geister am gestrigen Wahlabend eine klammheimliche Freude darüber nicht verbergen, dass die Wähler in Sachsen und Brandenburg wahr machten, womit sich der Wähler im Westen noch nicht die Finger schmutzig machen will, wenn die AfD dort zur Volkspartei gewählt wird, in Sachsen sogar knapp an der 30-Prozent-Marke mit 27,5 Prozent der Wählerstimmen. Nein, das ist nun wirklich kein reines Protestwählen mehr, sondern schon ein massiver Wählerwille entlang der Themen der Alternative für Deutschland (AfD).

Dieses starke Ergebnis für die junge Partei wiegt noch einmal schwerer, wenn man sich erinnert, wie massiv und anhaltend die Denunziations-, die Diskreditierungs- und die Diffamierungsmaschinen der konkurrieren Parteien, der Leitmedien und des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gegen die AfD gearbeitet haben. Wenn das alles nur eine behauptete Opferrolle gewesen sein soll, dann muss der Sachse und der Brandenburger, der AfD gewählt hat, schon ein überproportional mitfühlender Zeitgenosse sein, dieser Partei nur aus Mitleid die Stimme gegeben zu haben.

Die Wahlbeteiligung war übrigens besonders hoch, was von den etablierten Parteien erhofft wurde, was sich aber nun ebenfalls gegen sie gerichtet hat. Nicht einmal mehr solche traditionellen Berechnungen und Einschätzungen scheinen noch zu funktionieren. Die Abgrenzung von der AfD arbeitete für, nicht gegen diese.

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Hier geht es im Übrigen gar nicht mehr darum, wer da warum nicht wählbar wäre, wer da „rechter” sei, als dem Land gut täte, wer gar Nazi wäre oder wie auch immer die Vorwürfe im einzelnen lauten: Es geht um Themen. Die größten Zuwachsraten bekam die Partei, die sich gegen den Wind aufgestellt hat, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, jene Probleme anzufassen, welche die Leute auf der Straße schon lange behandelt wissen wollen. Populismus?

Die AfD wird so zum Eiswasser der rapide schmelzenden Volksparteien. Die CDU in Sachsen und die SPD in Brandenburg haben zwar die meisten Stimmen auf sich verbuchen können, aber sehen so Wahlsieger aus? Nein, ein Sieg mit so starken Stimmenverlusten ist schwer verdaulich. Noch mehr, wenn vom Wähler entschieden wurde, dass es, will man mit Mehrheiten regieren, keine Zweiparteien-Koalition mehr geben wird. Mindestens drei Parteien müssen zusammenfinden, wenn die AfD als Koalitionspartner nicht erwünscht ist.

Das muss man sich noch einmal vergegenwärtigen: Die AfD konnte in Sachsen einen Zuwachs von über 18 Prozent für sich verbuchen. Ein einmaliges Ergebnis – die Grünen beispielsweise brauchten Jahrzehnte, um sich überhaupt einmal irgendwo solide und nachhaltig in der niederen Zweistelligkeit zu verankern – viel öfter noch überwog die Hoffnung, wenigstens die Fünfprozenthürde zu knacken.

In der Wahlnachlese bei Anne Will saß keiner der AfD-Vertreter aus Sachsen oder Brandenburg. Dort saß mit Reiner Haseloff (CDU) der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, der Alexander Gauland in etwa erklären wollte, dass die AfD keine Mehrheit im Land hätte. Aber was für ein Satz ist das eigentlich, gilt er doch für jede andere Partei ebenso.

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Der vom Wahlerfolg partiell reanimierte Alexander Gauland wollte den Christdemokraten dann noch ein wenig ärgern und sprach von einer bürgerlichen Mehrheit aus CDU und AfD. Das allerdings schmeichelt eher der CDU, als dass es die AfD kompromittieren könnte. Denn die Frage, wer hier bürgerlich ist, trifft die CDU im Osten mindestens im selben Maße, wie es der AfD abgesprochen werden soll. Man kann nur mutmaßen, wie viele CDU-Wähler diese Partei noch gewählt haben, weil sie schon immer CDU gewählt haben nach 1990, weil das doch die Wiedervereinigungspartei von Helmut Kohl war, während die SPD unter Lafontaine damals lieber noch ein paar Jahre mit zwei Deutschlands operieren wollte, während Kohl schon die LKWs mit der Westmark Richtung Osten in Marsch setzte.

Das haben die Leute nicht vergessen – und es darf als ein kleines Wunder angesehen werden, dass dieser dankbare Blick auf die CDU jahrzehntelang bestanden hat und sich scheinbar als Erzählung noch auf ein paar junge Wähler vererbt hat, die unter einer Bundeskanzlerin Merkel aufwachsen, die im Osten noch mehr und noch schneller zum Feindbild so vieler geworden ist, als es im Westen unter dem Regenbogen der Einfalt in Vielfalt je möglich wäre.

Diese Wahl muss dennoch als eine Wahl der Themen bezeichnet werden. Im selben Maße, wie die Republik seit Monaten auf Sachsen und Brandenburg geschaut hat, strahlen diese Wahlergebnisse auf Bundesebene zurück. Hier dominierten keine Landesthemen, so sehr die Parteien das auch betonen wollten, während sie sich zu nur einem Spiel verabredet hatten: alle gegen die AfD. Denn anders sind Mehrheiten nicht mehr zu bekommen. Wohlbemerkt: Mehrheiten für bisherige Volksparteien, nicht für Themen.

Wer von Sachsen und Brandenburg aus nach Berlin schaut, der sieht dort eine Kanzlerin und eine Regierung, die munter weiter der Massenzuwanderung das Wort redet, wenn Angela Merkel wieder staatliche Schiffe ins Mittelmeer schicken will, um nur noch mehr illegale Zuwanderer in Schlauchbooten ihrer Schlepper zu animieren, diese Boote als Fährverbindung nach Europa zu betrachten.

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Sachsen und Brandenburg: Im Osten mit großer Mühe nichts Neues
Viele Sachsen und Brandenburger sehen eine Kanzlerin, deren Türkei-Deal sich nicht als verlässliches Bollwerk gegen eine weitere Zuwanderungsroute erwiesen hat, sehen eine Regierung, die zudem vergessen hat, eins und eins zusammenzuzählen, wenn sie nicht einmal die Kosten der Zuwanderung durch eine solide Wirtschaftspolitik absichert, sondern im Gegenteil gerade alles dafür tut, die deutsche Wirtschaft einem Umweltdiktat zu unterwerfen, das in seiner zerstörerischen Kraft ziemlich einzigartig sein dürfte: eine wohlstandsvernichtende Politik der verbrannten Erde, organisierte Industriebrachen.

Viele Sachsen und Brandenburger wehren sich zudem gegen ein Diktat der Gutmeinenden, die ihnen vorschrieben wollen, wie sie zu leben und zu denken haben, mit wem und nach welchen neuen Regeln und warum ihr bisheriges Leben bisher so falsch war. Aber eine Mehrheit würde laut Haseloff nicht AfD wählen? Ja, das stimmt. Ebenso, wie es keine Mehrheit gibt, die eine der anderen Parteien wählt.

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Der eingefrorene Konflikt
Was für ein Vorwurf ist das, wenn es im Jammerton heißt, alle würden nur immer über die AfD sprechen? Der Fokus auf die AfD war in den letzten Monaten Legion, wo es doch in Demokratien der Fokus auf jene Themen hätte sein müssen, welche die Bürger umtreibt. Demokratie heißt eben nicht, den Bürgern nur irgendwie eine politische Agenda aufzudrängen mit allen Mitteln, Demokratie heißt zuvörderst zu schauen, was der Bürger überhaupt will. Wer das Populismus schimpft, der mag damit Recht haben, aber was ist denn falsch daran, auf Bürger zu hören?

Und wie falsch ist das, wenn Angela Merkel unterstellt wird, wie das jüngst eine englische Zeitung getan hat, die Kanzlerin würde ihr Volk befragen, wie es regiert werden möchte? Näher an der Wahrheit ist doch, dass diese Kanzlerin eine Agenda verfolgt, für die sie sich die Unterstützung der Medien, der Kirchen und einer Reihe staatlich hoch subventionierter Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – kurz von lauter Funktionären gesichert hat.

Ja, Parteien sollten für ihre Ideale werben, Überzeugungen zur Wahl stellen. Aber welche Ideale vertritt heute noch die CDU und welche die SPD? Sichtbar in Sachsen und Brandenburg war nur eine politische Willensbekundung, welche sich alle etablierten Parteien zueigen gemacht haben: die Abgrenzung von der AfD. Allerdings wäre es die notwendige Aufgabe jeder Partei, sich von allen anderen Parteien abzugrenzen, will man seine Existenzberechtigung weiter behaupten.

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Kommentare ( 58 )

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Werner Brunner
4 Jahre her

Machen „wir “ uns doch mal ehrlich …. E gibt zwei Berufe , für deren Ausübung man / frau keinerlei Ausbildung bzw. Ausbildungsnachweise benötigt … 1 ) Politiker 2 ) Journalist Das ist u.a. auch einer der Gründe , warum sich in ihnen so viele Idioten tummeln …… Es mag ja noch andere “ Berufe “ geben , wo die selben Zustände herrschen , aber deren Vertreter besitzen wenigstens noch so viel Scham ihre Klappe zu halten …. Jederzeit sind diese Hetzer , Wahrheitsverdreher , Lügner ….. zu hören , zu lesen und zu besichtigen im ÖR , in den… Mehr

Eberhard
4 Jahre her

Nur die AfD abwerten funktionierte nicht. Das da, wenn die Mitte immer mehr nach Links gewurstelt wird, eine Korrektur fällig ist nur die logische Folge. Wenn nicht die AfD dann wäre eine andere Partei entstanden. Wer kann schon wissen was für eine dann? Dem ehemaligen Linksruck der Volksparteien ist die AfD, als Korrekturfaktor ihrer verfehlten Politik im letzten Jahrzehnt, zu verdanken und den Menschen im Osten. Im Osten deshalb, weil dort mehr Lebenserfahrung mit entgleister linker Politik vorhanden und der Mut diese in die Schranken zu weisen, noch im Blut. Da mögen sich die ehemaligen Volksparteien noch so um Abgrenzung… Mehr

Winni
4 Jahre her

Gibt es die FDP eigentlich noch? Oder ist die egomanische 2-Personen-Partei gerade mit dem Porsche auf Spritztour und wartet bis nach der Sommerpause, um nicht ernst gemeinten scheinliberalen populistischen Unfug im Bundestag zu erzählen und die AfD Redner in die Schranken zu weisen?

Cluny
4 Jahre her

@Alexander Wallasch – schönen Dank für Ihre Erwiderung mit den offenen Worten, kein Problem. Wer austeilt muß auch… – Ich darf Ihnen versichern, daß ich keine social media benutze und ausschließlich (selten) bei TE kommentiere. FAZ habe ich vor Jahren aufgegeben, wie auch Welt. Sendungsbewußtsein habe ich schon lange versucht mir abzugewöhnen, bin ausgewandert (CH) und leide an den Zuständen längst nicht mehr wie dazumals. Freunde u. Bekannte bitte ich, mich nicht per whatsapp oder mail mit billigen Hetzpamphleten zu behelligen. Ihre Arbeit und die von TE schätze ich außerordentlich. Mir sind zwei Punkte wichtig: 1., die seit Jahren andauernde… Mehr

Alexander Wallasch
4 Jahre her
Antworten an  Cluny

Vielen Dank Ihnen! Schwer Ihnen zu widersprechen ? einzig und allein die Absicht würde ich vielleicht bestreiten. Da ist teilweise so viel Dummheit und Zufälligkeit erkennbar, dass ich manchmal glaube, der ein oder andere war selber erschrocken was man da angerichtet hatte – danke !

Schwabenwilli
4 Jahre her
Antworten an  Cluny

„Die Zuwanderung z.B. ist gewollt und willkommen.“

Ich bleibe dabei. Die würden das gerne Rückgängig machen können es aber nicht mehr, sie haben die Stampede schon ausgelöst.

**

mmn
4 Jahre her

Die Arbeit des öffentlich-schrecklichen Rundfunks gegen die AfD war auch am Wahlabend gut zu besichtigen. Im Vordergrund stand immer die Perspektive von CDU, SPD und Grünen; die AfD wurde so weit ausgeblendet, wie das möglich war, ohne sich völlig der Lächerlichkeit preiszugeben. So wurde sie in gezeigte mögliche Koalitionskonstellationen konsequent nicht einbezogen, obwohl das journalistisch geboten gewesen wäre (auch wenn die anderen Parteien im Vorfeld eine Zusammenarbeit ausgeschlossen haben). Es hätte mich nicht einmal überrascht, wenn die Hochrechnungen (Grafiken und Zahlenreihen) ohne die AfD über den Bildschirm gegangen wären. Seltsam jedenfalls die Reihenfolge der Parteien, die keinem erkennbaren Kriterium folgte… Mehr

Cluny
4 Jahre her
Antworten an  mmn

Kriterium für die Reihenfolge war die Dauer der politischen Betätigung, habe ich irgendwo aufgeschnappt. Das ist wahrscheinlich so ähnlich wie die Nummer mit dem Alterspräsidenten… Sie erinnern sich.

schukow
4 Jahre her

Wenn Ihr erster Satz stimmt, ist die CDU keine Partei, sondern ein Haufen von Waschlappen…..was so ähnlich klingt wie Wahlschlappen. Ob es da einen Zusammenhang gibt? 🙂

usalloch
4 Jahre her

„Die Ergebnisse müssen uns heute wirklich wachrütteln“ Mit diesem Satz hat ein gewisser Herr Laschet aus NRW zugegeben, das Madame Merkel und ihre Abnicker sich immer schon im Halbschlaf befunden haben. Jetzt möchte man nur noch das Medikament und die Dosis erfahren. Aber vielleicht erleben wir es noch, das Löwe nicht geschlafen, sondern nur geschlummert hatte.

Maja Schneider
4 Jahre her

Im Grunde haben wir doch schon seit längerem nur zwei Parteien: CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke und die FDP auf der einen und die AfD auf der anderen Seite, und das wird sich offensichtlich noch verstärken . In ihrer blinden Wut auf die AfD nehmen die etablierten Parteien und ihre treuen Medien schon gar nicht mehr wahr, dass der Wähler beim besten Willen nicht mehr ausmachen kann, für was die einzelne Partei überhaupt noch steht außer für die Ideologie einer Zuwanderung ohne Grenzen mit allen bekannten Folgen, ein deindustrialisiertes Land, in dem man von Energiesicherheit nur noch wird träumen können und… Mehr

Goldenmichel
4 Jahre her

System Journalist Gabor Steingart meint:

„Noch sind die Wähler nicht zum Äußersten entschlossen. Aber mit jedem Wahltag wächst der Anteil derer, die diesen Systemwechsel durchziehen wollen. Zynisch könnte man sagen, die Phrasenhaftigkeit vieler etablierter Berufspolitiker, das vorsätzliche Weghören in Fragen der inneren Sicherheit und der „Kampf gegen Rechts“ zahlen sich aus – aber eben für die -Anderen-.“

Herbert Rehm
4 Jahre her

Am Wahlabend tat ich mir Herrn Ziemiak (Generalsekretär der CSU) an. Dieser Herr behaupetete doch allen Ernstes in der ARD, das Wahlergebnis löse bei ihm Freude und
Zufriedenheit aus. Kann mir jemand erklären, was dieser Komiker raucht. Zu den Fakten: die CDU verlor in Brandenburg und Sachsen zusammen 14,7 %. Mit der SPD ( – 10,6%) ergibt das ein Ergebnis der „GroKo“ von insgesamt – 25,3 %. Und der freut sich und ist zufrieden. Da kann ich – rein intellektuell – nur mehr Mitleid haben.

schukow
4 Jahre her
Antworten an  Herbert Rehm

CDU, nicht CSU. Aber macht nichts, die sind da genauso verstrahlt.
In NRW wird derzeit nach jemandem gefahndet, der hochreines Amphetamin in Verkehr gebracht hat. Es sind wohl schon welche daran gestorben. Könnte doch sein, daß er zu den Kunden gehört.

Heimatland
4 Jahre her
Antworten an  Herbert Rehm

Ist doch logisch das er sich freut, hat er doch seinen Arbeitsplatz ohne jegliche Ausbildung gut bezahlt erhalten können. Bitte kein Mitleid, sie sind selber schuld, vor allem unbelehrbar.