Reporter ohne Grenzen: Bundesregierung folgt beim NetzDG Empfehlung aus China und Iran

Offensichtlich ist für die Bundesregierung nichts dabei, wenn laut Reporter ohne Grenzen (ROG) ausgerechnet die Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) einer Empfehlung von Vertretern im Rat aus Iran und China gefolgt ist. Und Russland dann dem deutschen NetzDG.

© FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images

Jeder ist mal dran: Nach 2009 und 2013 stellen sich am 8. Mai 2018 Vertreter der deutschen Bundesregierung zum dritten Mal den Fragen von UN-Mitgliedern zur menschenrechtlichen Lage in Deutschland. Grundlage dafür ist hier eine Art periodisches Überprüfungsverfahren (Universal Periodic Review, UPR). Staaten, die sich weigern, können beispielsweise nicht für einen Sitz im Menschenrechtsrat kandidieren. Wenn nun allerdings China, Tunesien, Saudi-Arabien, Kuba und Nigeria eine Stimme in diesem Rat haben, könnte man sich diese Befragung theoretisch getrost schenken. Denn wie würde sich das anfühlen, wenn ein Vertreter einer dieser Staaten kritische Fragen zu Menschenrechten, Pressefreiheit usw. in Deutschland stellt oder dreister: sogar Empfehlungen gegenüber der deutschen Bundesregierung aussprechen würde?

Problem hier allerdings: Offensichtlich ist für die Bundesregierung nichts dabei, wenn laut Reporter ohne Grenzen (ROG) ausgerechnet die Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) einer Empfehlung von Vertretern im Rat aus Iran und China gefolgt ist. Heiko Maas ferngesteuert. Russland übrigens nahm das deutsche NetzDG sofort dankbar auf und führte ein vergleichbares Gesetz ebenfalls ein. Für ROG-Geschäftsführer Christian Mihr gibt es Defizite in Deutschland trotz hoher „Pressefreiheitsstandards und vergleichsweise gute(n) Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten“. Seine Organisation warnte die Bundesregierung in einer Sachverständigen-Anhörung im Bundestag vor der Einführung des NetzDG, diesem Rat allerdings folgte die Bundesregierung nicht.

— ReporterohneGrenzen (@ReporterOG) May 4, 2018

Zum Vorfeld der Anhörung gehört auch die Abgabe eines Staatenberichtes durch die Bundesregierung, welcher dem Gremium im Februar 2018 vorgelegt wurde. Auch hier ist die Kritik von Reporter ohne Grenzen massiv: Deutschland würde darin Negativentwicklungen einfach verschweigen. Ausführlich würde man sich zur Menschenrechtssituation äußern, die Meinungs- und Pressefreiheit nehme in diesem Bericht nur einen geringen Stellenwert ein und wesentliche Negativentwicklungen ließe er einfach unerwähnt.

Zwar fördere die Bundesregierung laut Vorabbericht zur Anhörung Maßnahmen für digitale Sicherheit, um die Meinungs- und Pressefreiheit für Journalisten und Menschenrechtsaktivisten zu schützen. Diese Maßnahmen würden laut Reporter ohne Grenzen allerdings durch Maßnahmen im Inland konterkariert. Und die Mängelliste der Reporter-NGO ist noch länger: Es gäbe kaum Fortschritte bei der Informationsfreiheit. Bemängelt wird auch die Einführung des so genanten Staatstrojaners in Strafverfahren, der geeignet ist, Smartphones zu hacken und verschlüsselte Kommunikation mitzuschneiden, also auch potentiell eingesetzt werden kann, sensible Gespräche zwischen Medien und ihren Quellen mitzuschneiden.

Die Kritik der Reporter ohne Grenzen wird noch angeheizt von einem Text, den Monika Grütters (CDU), Staatsministerin für Kultur und Medien für den Tagesspiegel schrieb unter der Überschrift: „Das Internet bietet mehr Freiraum, als Demokratie verträgt“. Dort fordert Grütters im Prinzip, die zivilisatorische Errungenschaften und Menschenrechte bräuchten in Deutschland „eine Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen.“ Wie das genau aussehen soll noch über das NetzDG hinaus – wird es die Bundesregierung bei der kommenden Anhörung erneut von China, dem Iran plagiatieren, umsetzen und dann Russland als Blaupause überlassen?

Was bringt die Bundesregierung da gerade auf den Weg, welchem System folgt das? Staatliche Souveränität ebenso wie Entscheidung auf der Basis eines demokratischen Konsens werden aufgegeben und legitimiert mit Verweis auf den Menschenrechtsrat der UN. Vergleichbar den elend langen Diskussion der großen Koalition um den Familiennachzug subsidiär Geschützter, während zeitgleich der UNHCR zehntausende Zuwanderer auf Europa verteilt, die mutmaßlich alle ein Ziel haben: Deutschland. Und behaupten lässt es sich anschließend immer: Sorry, liebes Volk: Eine höhere Macht entscheidet, uns sind leider die Hände gebunden. So allerdings agierten in düster absolutistischen Zeiten Kirchenfürsten mit dem Gottesverweis, wenn sie ihren Schäflein deren fundamentalste Menschenrechte verweigerten.

Unterstützung
oder