Jungwähler im Osten: Grüne oder AfD, das ist die Frage

Eine Untersuchung des Wahlverhaltens der Altersgruppen zeigt ein differenziertes Bild: Bei den Jungen gewinnen sowohl Grüne wie AfD; die CDU gewinnt noch mit Hilfe der über 70jährigen - und die SPD hat keiner mehr lieb.

Carsten Koall/Getty Images

Beginnen wir mit den Wahlergebnissen in Sachsen entlang der Erhebungen von Infratest dimap: Dort haben die Christdemokraten in allen Altersgruppen Federn gelassen. Mit minus zwei Prozent noch am geringsten unter den Wählern „70 Jahre und älter“. Und um minus zehn Prozent herum bei den 18-44 Jährigen. In keiner Altersgruppe gab es einen Zuwachs.

Die Linkspartei hat sich in Sachsen ebenfalls in allen Altersgruppen ausgedünnt, durchgehend zehn Prozent verlieren die Linken hier bei allen Wählern ab 45 Jahren. Das ist deshalb interessant, weil hier die traditionelle Stammwählerschaft der Linken im Osten weggebrochen scheint. Die sichere Bank hat keine komfortablen Lehnen mehr für die mit der Linkspartei alt gewordenen.

Die SPD verliert in Sachsen in allen Altersgruppen um fünf Prozent. Angesichts der sowieso schon schmalen Ausgangslage sind fünf Prozent noch einmal mehr, als es fünf Prozent an anderer Stelle wären. Die höchsten (relativ) Stimmenanteile bekommt die SPD bei den über 70 Jährigen, hier aber dennoch nur halb soviel, wie die AfD, die wiederum nur halb soviel Stimmen bei den über 70 Jährigen eingefahren hat, als die CDU, die mit einem Anteil von 45 Prozent der uneinholbare Spitzenreiter der sächsischen Rentner geworden ist.

Junge gegen Rentnerdemokratie?

Ginge es hier nach dem früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, dann läge die CDU damit übrigens voll im Trend und man müsste als Christdemokraten gar nicht so bange sein, wenn Herzog schon 2008 feststellte: „Wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie. Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie.“ Aber ob sich die Rentner von morgen daran halten werden, wenn sie im Arbeitsleben zuvor die Grünen oder die AfD wählen? Viel plausibler ist es doch, anzunehmen, dass die Rentner von heute schon im Arbeitsleben den damaligen Volksparteien ihre Stimme gaben und einfach aus Nostalgie und einer Art Nibelungentreue dran geblieben sind.

CDU, Linkspartei und SPD verlieren ausnahmslos in allen Altersgruppen während die Grünen, die AfD und selbst noch die FDP in allen Altersgruppen Zuwachs verbuchen können (die FDP stellte lediglich in drei Altersgruppen ihre Werte von 2014 ein).

Nun müssen solche Erhebungen selbstredend immer im Verhältnis betrachtet werden. Zum einen, was die tatsächliche Zahl der Wähler der bestimmten Altersgruppen angeht, als auch, was die Gesamtzahl der Stimmen einer Partei angeht. So liegt die AfD hier im Endergebnis um teilweise über drei Längen vor den Grünen, den Linken und der SPD und noch weiter vor der an der Fünfprozenthürde gescheiterten FDP. Wer Stimmenzuwachs erzielt wächst meist in allen Gruppen; und prozentual gesehen ist auch die FDP gewachsen, auch wenn es nicht bis ins Parlament reichte. Aber das angebliche Greta-Monopol der Grünen bei den Jungwählern gibt es nicht; diese Gruppe wählt sehr unterschiedlich und viele davon AfD. Damit stimmt das Bild nicht mehr, wonach nur alte weiße Männer AfD wählen – wenn, dann ist die CDU die Herzens-Partei dieser Gruppe.

Ein vergleichbares Bild in Brandenburg: CDU, SPD und Linke verlieren ausnahmslos in allen Altersgruppen, die AfD, die Grünen und die FDP gewinnen in allen Alterskohorten ausnahmslos dazu. Über das Endergebnis sagt das zunächst nicht viel aus, wenn es in Sachsen dazu führt, dass die CDU dünn zwar, aber stärkste Kraft bleibt und in Brandenburg die SPD. Aber es sagt eine Menge über die Tendenz. Über eine Bewegung der Wähler aller Altersgruppen weg von den (ehem.) Volksparteien CDU und SPD und weg von der Linken mit ihrem dahinschmelzenden Identitätsangebot für die Wähler in den neuen Bundesländern.

So werden Verlierer doch noch zu Siegern

Und wie gehen die Medien mit diesen unangenehmen Fakten um? Der MDR beispielsweise orientiert sich gerne an den Altergruppen von Dimap und Tagesschau, wenn die Einteilung der Jungwähler in eine erste Altersgruppe von 18-24 Jahren folgende Überschrift zulässt: „CDU punktet bei älteren Wählern, Grüne bei den jungen.“

Der Tagesspiegel geht Dimap allerdings nicht auf den Leim, lässt die Wähler kurzerhand bis dreißig Jahren jung sein, trifft damit quantitativ eine viel bedeutsamere Gruppe und kommt also zu dem viel aussagekräftigeren Schluss: „(B)ei den Wählern unter 30 triumphierte nämlich auch die AfD. In Sachsen wurde die AfD in dieser Wählergruppe mit 22 Prozent der Stimmen gar stärkste Kraft.“ Interessant hier, das sich die sächsische Alterspyramide zwischen 20 und 30 zunehmend verdickt, die Einbeziehung der Wähler von 25 bis 30 also auch quantitativ erheblich ist – ergo auch in der Aussage überproportional an Gewicht hat.

Wer hat sich also verhoben, der MDR oder der Tagesspiegel? Sind die jungen Leute nun Grün- oder AfD-Wähler? Und ist man mit 29 noch jung oder nur bis 24, weil das dann etwas besser für die Grünen aussieht? So jedenfalls berichten zwei Medien Gegensätzliches und der Konsument dard sich für die ihm genehmere Wahrheit entscheiden.

Bei den 18-24-Jährigen in Sachsen geht es also denkbar knapp für die Grünen aus. Bei den 18-30 Jährigen ist die AfD der Favorit. Man beachte die Schnittmengen. Unbenommen davon allerdings liegt die Alternative insgesamt weit vor den Grünen. Sie punktet dabei ebenfalls überproportional in allen anderen Altersgruppen: Was früher herausragendes Merkmal der Volkspartei war, wird heute besser nicht mehr so laut erzählt.

Bemerkenswert auch folgender Satz des MDR: „Bei den Frauen gibt es in der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre einen Gleichstand zwischen AfD und CDU.“

Halten wir also fest, dass bei jungen Menschen in Sachsen bis zum 24 Lebensjahr die Grünen knapp vor der AfD liegen und das bei den 18-30-Jährigen die AfD die Nase vorne hat.

Gegenpol zu Bertelsmann-Studie

Wie aber passt das nun zusammen beispielsweise mit der gerade erst veröffentlichten fünfzig Seiten langen Studie der Bertelsmann Stiftung zur Willkommenskultur, die durchweg pessimistische Mehrheiten zu quasi allen Themenblöcken rund um Zuwanderung und Willkommenskultur ermittelt hatte, dann aber fast bockig mit dem Fuß stampfte und behauptete, dass immerhin junge Leute einen positiven Blick auf die Migration hätten. Sind hier die jungen AfD-Wähler aus Sachsen und Brandenburg gemeint, oder doch ausschließlich die verhältnismäßig geringe Zahl der überwiegenden Grünen-Sympathisanten bis 24 Jahren?

Setzt man nun voraus, dass die AfD der teils illegalen wie anhaltenden Massenzuwanderung kritisch gegenüber steht, dann passt hier etwas nicht zusammen. Und tatsächlich ist die Auflösung dieses Dissens denkbar einfach: Die Umfrageergebnisse zur Studie der Bertelsmann Stiftung sind so vernichtend negativ, dass zwar im Vergleich mit den sonstigen Umfragergebnissen die jüngeren Wähler „positiver“ auffallen, aber dennoch voller Skepsis sind, was die Verheerungen der Migration seit 2015 angeht. Es ist Statistik nach der Methode: „Weniger schlimm ist schon gut genug.“

So schreibt beispielsweise rtl.de über diese Studie:

„Einen optimistischen Blick auf Migration und Integration haben in Deutschland vor allem junge Menschen (…). Nur 43 Prozent der Unter-30-Jährigen finden, es gebe zu viel Einwanderung.“

43 Prozent finden, es gäbe zuviel Einwanderung! Aber was bedeutet das übertragen auf die Ergebnisse der beiden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg? Das bedeutet, dass eine noch viel größere Zahl junger Leute Thesen der AfD aufgeschlossen gegenübersteht, als sowieso schon diese Partei gewählt haben. Und das räumt dann gleich mit dem nächsten Gerücht auf, dass die AfD in den neuen Bundesländern ihr Potential längst ausgeschöpft hätte: Hier prognostizieren die neusten Statistiken der AfD noch Luft nach oben und geben einen Arbeitsauftrag an alle weiteren Parteien, sich endlich wieder den Themen der Menschen anzunähren, anstatt sich mit der Nostalgiebewegung der Alten zufrieden zu geben oder die Jungwähler sich selbst zu überlassen bzw. den Grünen und der AfD.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 35 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

35 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Marion Soennichsen
4 Jahre her

Erinnern Sie sich noch an die letzte Hamburger Bürgerschaftswahl? Da gabt es eine sehr gute Analyse der AfD kurz nach der Wahl. Auch hier zeigte sich, am Beispiel der SPD, dass die SPD überwiegend von den über 60jährigen gewählt wurde. Das ist die Generation, die sich noch an die alte SPD, an Helmut Schmidt und Klaus von Dohnanyi, erinnert; an die guten alten Zeiten, als Hamburg noch hanseatisch war. So gesehen ist die SPD, die älteste Partei Deutschlands, einer Art „Alzheimer Partei„ geworden, die nur noch in und durch die Erinnerung an alte Zeiten lebt. Sie scheint noch von der… Mehr

Nibelung
4 Jahre her

Das ist doch das eigentliche Problem der Schwarzen und Roten, weil sie die Alten durch natürliche Auslese verlieren und Junge kaum nachkommen und deshalb verlagert sich jetzt schon sichtbar das Parteienspektrum und die Grünen werden vorwiegend von den ganz jungen aufgefrischt, während die AFD Leute im besten Alter zwischen 30 und 50 erhält und die CDU/CSU ihr Rückgrat bei den 60-jährigen aufwärts hat und dabei noch überproportional von Frauen und deshalb muß sich niemand wundern, wenn bei denen die Auflösung langsamer vor sich geht, die Roten sind bereits am Ende, weil da noch die Malocher für sich erkannt haben, daß… Mehr

RalledieQ
4 Jahre her

Viele junge Grünenwähler werden ihre Meinung noch ändern, nämlich wenn sie Steuern und Stromrechnungen selbst zahlen müssen. Allerspätestens dann, wenn dank der Grünen und ihren NGOs die Wirtschaft kaputt geht und „Irgendwas mit Medien“ kein Geld mehr einbringt. Auf der anderen Seite werden aus 40-Jährigen AfD-Wählern so schnell keine CDU- oder SPD-Wähler mehr. Das linke Lager ist in Sachsen geradezu ausgeblutet. Lernen die linken Parteien daraus? Nein, lieber feiern sie die wenigen urbanen Hipsterwahlkreise in Leipzig und Dresden für ihre Erfolge und verdammen gleichzeitig das dumme abgehängte Land.

Dr. Michael Kubina
4 Jahre her

Mitte 20 ist m.E. genau der Punkt im Leben der meisten jungen Menschen, an dem die illusionären Weltverbesserungsträume von realistischern Sichtweisen abeglöst werden, Folge von Bildung, ersten Erfahrungen in der realen Welt, Notwendigkeit, sich selbst im Leben zu behaupten. Eine Partei, die das Wahlalter senken will sagt daher im Gunde: Ich will Stimmen für eine illusionäre Politik und bekomme sie v.a. bei pubertierenden.

Armin Reichert
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Michael Kubina

Der Punkt ist erreicht, wenn die „Anywheres“-Illusionen von der „Somewheres“-Realität eingeholt werden.

Andreas aus E.
4 Jahre her

Bedenkt man, daß wohl noch längst nicht alle jüngeren Menschen in Sachsen und Brandenburg die „Schönheit“ multikulturellen Zusammenlebens in westdeutschen Brennpunktstädten „live und in Farbe“ erlebt haben (ein Wochenendtrip zum Konzert oder ins Stadion oder Schulausflug reicht nicht, da trägt man Touristenbrille, es muss schon der Alltag sein), das aber zunimmt, dürfte die Begeisterung für „Grün“ eher abnehmen. Zwei Wochen Praktikum beispielsweise in Hamburg mit täglichem Gebrauch von Bus und Bahn, gern etwas später am Abend, sorgt für manchen Aha-Effekt. An Berlin als „Bundesgosse“ mag sich gewöhnt haben, aber daß derartige Zustände im „Westen“ nahezu flächendeckend herrschen, dürfte gewisse Schockwirkung… Mehr

giesemann
4 Jahre her

Die Jungen scheinen zu merken, dass es enger wird – gerade für sie, die sie noch ihr Leben vor sich haben. Einer mit Restlaufzeit von vielleicht noch 10 Jahren wie ich kann das anders sehen – mich für mein Teil hindert das aber nicht, im Sinne der Jungen zu wählen. Die AfD ist wohl per se nicht der frische Wind, der wehen muss, aber sie kann den anderen Parteien den Marsch blasen. Ende der Invasion, raus mit den Taugenichtsen, lese gerade, dass die Polizei gegen Schleuser, Türken und Araber vorgeht, gut so.

Armin Reichert
4 Jahre her

Oder kurz:

Sind Sie dafür, dass in Deutschland 20 Millionen (Quelle: Kordula Kovac, CDU) Neusiedler aus v.a. islamischen Ländern für immer leben dürfen?

(Ja): CDU, CSU, FDP, SPD, „Grüne“, Linke

(Nein): AfD

friedrich - wilhelm
4 Jahre her

….deutschland befindet sich also in einer durchaus komfortablen lose – lose situation! und diese wird immer besser!

TH-Kartoffel
4 Jahre her

Mal ein Surftip für Herrn Wallasch, die Ergebnisse der Jugendwahlen U18. Hier die Ergebnisse für die Europawahl 2019:

https://www.u18.org/europawahl-2019/wahlergebnisse/wahlergebnisse-deutschland

Wenns nach U18 ginge, würden wir schon in einem grünen Kommunismus leben, z.B. Hessen: 40% Grünwähler. Generell ist eine Tendenz zu linken Parteien erkennbar. Interessant sind die teileweise krassen Unterschiede im Wahlverhalten nach Bundesländern.

Fundamentiert
4 Jahre her

Die AfD setzt sich wenigstens für die Zukunft der Jungwähler ein, damit auch sie später einmal ihre Kinder sicher aufwachsen lassen können. Die Grünen hingegen wollen mehr Migration, mehr Steuern aus der Tasche ziehen, Drogen legalisieren um die sozial Gefährdeten noch leichter abstürzen zu lassen, sind gegen das klassische Bild der Familie (Vater,Mutter,Kind), sind wirtschaftsfeindlich außer es dient der eigenen Kaste. Und mit dieser Partei verhandelt die CDU nun, da werden sch wohl in Zukunft noch mehr Jungwähler mit ihrem Kreuz für die AfD entscheiden.