BAMF-Chef wehrt sich gegen organisierte Verhinderungen von Abschiebungen durch private Flüchtlingsräte

Insbesondere kritisiert Hans-Eckhard Sommer die „Flüchtlingsräte“, die immer wieder die Arbeit seines Amtes boykottieren würden, wenn er weiter befindet: „Es ist ganz offensichtlich, dass einige Organisationen das Interesse verfolgen, Abschiebungen generell zu bekämpfen – ich denke vor allem an selbst ernannte Flüchtlingsräte.“ 

TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images
Hans-Eckhard Sommer, head of the federal office for migration and refugees (Bundesamt fuer Migration und Fluechtlinge, BaMF)

Was hat das zu bedeuten, wenn sich der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Ende März 2019 mit kritischen Anmerkungen zum Versagen der Abschiebepraxis zu Wort meldet und obendrauf noch viel zu hohe Asylantragszahlen beklagt? Stehen hier wieder nur wahltaktische Motive im Vordergrund oder ist der Beweggrund ein ernsthaftes Interesse an einer Verbesserung, dem Taten folgen sollen?

Im Juni 2018 entband der Bundesinnenminister die damalige Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Ihrem Amt. Die entlassene Jutta Cordt hatte erst Ende 2016 von Frank-Jürgen Weise übernommen und Seehofer war gerade ein paar Monate Bundesinnenminister.

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Hans-Eckhard Sommer sollte nun endlich Ordnung bringen in die auf breiter Front in Misskredit geratene deutsche Bundesoberbehörde mit ihren über 7.000 überforderten und teils verunsicherten Mitarbeitern. Die Süddeutsche Zeitung begrüßte das CSU-Mitglied und ehemaligen Leiter des Sachgebiets Ausländer- und Asylrecht im Bayerischen Innenministerium so: „Auf seinem Schreibtisch: der bayerische Löwe. An der Wand: eine Weltkarte und München in Öl.“

Aber wieviel aussichtsloser als Sommer kann man eigentlich in ein Amt starten? Ab wann sollte man „Nein“ sagen und bis wann muss man als ausgewiesener Diener des Staates „Ja“ sagen, wenn einem der Gesamtpersonalrat bereits bei Amtsantritt aufträgt, was man zu tun hat, wenn eine dringend notwendige Beschleunigung der Verfahren hier als nicht durchführbar bezeichnet wird und von Sommer stattdessen „Entschleunigung der Asylverfahren hin zu Qualität“ verlangt wurde?

Sommer widersprach couragiert und wollte auf beides setzen: Geschwindigkeit als auch Qualität. Selbst eine Grüne im bayrischen Landtag bescheinigte dem neuen Behördenleiter damals, er sei „ein außerordentlich fleißiger Beamter“. Ein allerdings aus grüner Sicht vergiftetes Lob, wenn es da weiter hieß, er sei aber auch „ein superloyaler Umsetzer einer sehr restriktiven Flüchtlingspolitik.“

Nun kann heute selbst ein begeisterter Befürworter eines Refugees-Welcome-Kurses nicht ernsthaft davon sprechen, dass Deutschland sich durch so etwas wie eine restriktive Flüchtlingspolitik hervorgetan hätte. Hat Sommer der Einschätzung seiner politischen Gegner doch nicht entsprochen?

Jetzt, ein knappes Dreivierteljahr nach Amtsantritt, wendet sich der Präsident des BAMF mit einer Art Resümee an die Medien (im Interview mit Welt am Sonntag). Welt Online begleitet einen Bericht dazu mit einer Licht-und-Schatten-Fotografie des BAMF-Präsidenten: Sommer in Russell-Crowe-Pose, aber doch mehr wie in „A Beautiful Mind“, als aus dem Heldenepos „Gladiator“.

Insbesondere kritisiert Sommer hier die „Flüchtlingsräte“, die immer wieder die Arbeit seines Amtes boykottieren würden, wenn er weiter befindet: „Es ist ganz offensichtlich, dass einige Organisationen das Interesse verfolgen, Abschiebungen generell zu bekämpfen – ich denke vor allem an selbst ernannte Flüchtlingsräte.“

Die Arbeit der Räte legt diese These von Sommer tatsächlich nahe. Ganz neu allerdings ist diese Problematik selbstverständlich auch hier nicht, wenn das bayrische Innenministerium schon im Dezember 2017 „seinem“ privaten bayrischen Flüchtlingsrat (-rat klingt bundesweit hochoffiziell, ist aber auch hier eine private Initiative) vorwarf, Afghanen vor Abschiebungen beim Untertauchen zu helfen.

Die Organisation fand damals nichts dabei, sich mit einer ziemlich durchsichtige Ausrede zu verteidigen: „Wir empfehlen lediglich, sich vor der Abschiebung möglichst nicht in der Unterkunft aufzuhalten.“ Nun ist über ein Jahr vergangen, geändert hat sich nach Sommer allerdings wenig, wenn er nun fordert, das diese Machenschaften der Räte endlich „mit den Mitteln des Strafrechts geahndet werden soll(en).“

Unterstützung für Sommer kommt aus dem Innenministerium, wenn ein aktueller Gesetzentwurf vorsieht, dass künftig bestraft werden soll, wer Betroffene vor einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung warnt. Der private Niedersächsische Flüchtlingsrat reagiert empört und berichtet, dass auch das niedersächsische Innenministerium seine Kommunen dazu angehalten hätte, „ Abschiebungen rigider umzusetzen“. Das Ministerium würde verlangen, dass sich die bei Abschiebungen weniger erfolgreiche Kommune an den erfolgreicheren orientieren sollte. Tatsächlich reicht diese Forderung sogar viel weiter und in Niedersachsen bis ins Jahr 2011 zurück, ohne das es nennenswerte Fortschritte in der Abschiebepraxis gegeben hätte.

Für den privaten Flüchtlingsrat sind alle Bemühungen hingegen Anzeichen eines „Rollback allerorten“. Weiter heißt es da: „Sukzessive werden in Niedersachsen immer mehr Errungenschaften geschleift, auf die rot-grün einst stolz war.“ Auf dem Startfoto des Flüchtlingsrates posieren die Helfer mit Sonnenblumen im Hintergrund sieht man das gelbe Kreuz der Anti-Atom(-kraft)müll-Bewegung. Der politische Hintergrund ist also ablesbar. Nein, die Grünen machen nicht einmal ein Hehl daraus, mit diesen Räten vernetzt zu sein, wenn die Partei von einer landes- und bundesweiten „Vernetzung mit NGOs, u. a. dem Nieder­sächsischen Flüchtlingsrat e.V.“ berichtet.

BAMF-Präsident Hans-Eckhard Sommer bemängelt weiter, dass eine Ausbildungsstelle nicht ausreichen dürfe, einem abgelehnten Asylbewerber zu einer Duldung zu verhelfen: „Diese gut gemeinte Regelung sendet meines Erachtens ein gefährliches Signal ins Ausland: Wer arbeitet, darf trotz Ablehnung in Deutschland bleiben. (…) Schleuser machen damit Werbung.“

Allgemeiner in seiner Kritik wird Sommer, wenn er darauf hinweist, das zuviel Migranten ohne Asylgrund nach Deutschland kämen. Nun klingt das eher nach einem ausgelatschten Schlappen, als das es als neue Erkenntnis in der Asyldebatte durchgehen könnte. Solche Feststellungen waren allerdings über die letzten drei Jahre Beweggrund für Politik und Medien, ihre viel früheren Verkünder als Rechte oder gar Nazis zu diffamieren und zu diskreditieren. Also auch bei Sommer alles nur Wahlkampf? Der durchsichtige Versuch, das sinkende Schiff der Union als Volkspartei für die kommenden Europa- und weitere deutsche Landtagswahlen irgendwie über Wasser halten? Ist der fleißige Bürokrat auch Wahlkampfhelfer?

„Wir haben im vergangenen Jahr 162.000 Asylerstanträge registriert. Das ist vergleichbar mit einer Großstadt, die jährlich zu uns kommt.“, sagte Sommer gerade gegenüber der Welt am Sonntag. Aber welche neue Erkenntnis soll das eigentlich sein und wer glaubt ernsthaft, dass das so wahltaktisch Aufgewärmte jemals ernsthaft vom pseudo-empörten Statement in die politische Handlung übergehen würde?

Roland Tichy schrieb dazu übrigens schon Anfang 2018:

„Jedes Jahr soll also eine Stadt von der Größe Münster, Bonns oder Bochums einwandern; meist Leute, die in die hiesige Wirtschaft nicht integrierbar sind – ihnen fehlt Sprache, Know-How, Verständnis. Viele werden von Anfang an und leider für immer ausschließlich Empfänger staatlicher Unterstützungsleistungen.“

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Kommentare ( 78 )

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78 Comments
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Abl
5 Jahre her

Aus dem Text; „Es ist ganz offensichtlich, dass einige Organisationen das Interesse verfolgen, Abschiebungen generell zu bekämpfen – ich denke vor allem an selbst ernannte Flüchtlingsräte.“ Wie wäre es den selbst ernannten Räten die Folgekosten aufzubrummen, notfalls auch ans private Vermögen gehen und bis zum Hl.St.Nimmerleinstag den Lohn, die Pension pfänden ? Weiter; Wir empfehlen lediglich, sich vor der Abschiebung möglichst nicht in der Unterkunft aufzuhalten. Ist das nicht eine Straftat? Behinderung der Justiz oder sowas in der Art ? Auch hier müsste man gegen diese Vorgangsweise in aller Härte durchgreifen ! Es kann nicht sein das Jemand der keinen… Mehr

Delion Delos
5 Jahre her

Ist Sommer der nächste Maaßen? Oder ist das einfach nur Wahlkampf-Getöse?

Abl
5 Jahre her
Antworten an  Delion Delos

Ist Wahlkampf – Getöse !
Der Michl soll wieder dasselbe wählen wie …………..
Ja schon wissen …..

Nachdenklich
5 Jahre her

Mir ist schon lange schleierhaft, warum für Asylbewerber keine Sachleistungen bevorzugt werden. Dann wäre endlich ein Pullfaktor beseitigt – genau daran kann man erkennen, dass die Überflutung „mit Menschengeschenken“ so gewollt ist. Zur Zeit findet eine Diskussion statt, das Taschengeld für diesen Personenkreis zu erhöhen, obwohl er schon jetzt höhere Sätze bekommt als andere Taschengeld- Empfänger, Alte und Behinderte in Heimen bekommen monatlich ca. 110 Euro, Asylbewerber ca. 135 Euro – wo bleibt gleiches Recht für alle? Mir hängt das alles täglich mehr zum Hals heraus, muss ich mich rechtfertigen dafür, dass ich diese „Geschenke“ nicht haben will?

elly
5 Jahre her

und der linke Shitstorm ist ihm gewiss.
Wozu die teuren Abscheibungen, wenn die Leute dann trotz Einreissperre wieder einreisen könne, das Asylverfahren samt Versorgung von Vorne beginnt. Da können wir uns die Abschiebungen gleich sparen, im wahrsten Sinn des Wortes.

Nachdenklich
5 Jahre her
Antworten an  elly

Ohne Grenzkontrollen wird das nichts und immer mehr reisen nach neuesten Angaben ganz gemütlich mit dem Flugzeug ein!

hoho
5 Jahre her

Die Frage ob das jetzt echt ist oder der gute Herr das tut was ihm aus wahl-taktischen Gründen befohlen wurde, werden wir nach EU Wahl erfahren – wenn er bis dahin den Job behält dann war es reine Taktik und wenn er entlassen wird, wird bedeuten dass er sich echt Gedanken gemacht hat. Das glaube ich aber nicht und tippe auf wahl-taktische Überlegungen. Die da oben sind vielleicht Verbrecher oder stark verwirrt aber doof sind sie in keinem Fall. Ich hatte (zugegeben nicht zu starke) Zweifel damals als Seehofer sein Tanz gemacht hat. Ich habe gedacht dass so heftig das… Mehr

Nachdenklich
5 Jahre her
Antworten an  hoho

Lieber hoho, auch damals war das schon Wahlkampf-Taktik vor der Landtagswahl in Bayern – wieder wurden die Wähler nur ver**scht. Bin sehr froh, dass ich mich davon nicht habe beeindrucken lassen – aber fragen Sie mein Umfeld, ich bin ja auch ein N**i. Mittlerweile fällt mir nichts anderes mehr ein als mich sarkastisch selbst so zu bezeichnen, verzweifle beinahe am Wahlverhalten des Durchschnittsbürgers. Da hilft dann nur noch Tichys und der Gang durch den Garten.

Thorsten
5 Jahre her

Nicht nur, dass die „Migranten“ dauerhafte Sozialfälle bleiben, sondern sehr oft auch noch ihre zahlreichen Kinder. Zu allem ÜBberfluss verstopfen und blockieren sie damit das deutsche Schulsystem, so dass der (seltene) bio-deutsche ABC-Schütze auf der Strecke bleibt.

SystemKritiker
5 Jahre her

Ist dieses Statement Selbstkritik oder nur der Versuch einer Wahrheitsfindung? Nein – wenn ich CDU/CSU lese, denke ich jetzt immer an den Weber von der EVP – der den Orban an die Wand stellen will, oder einen Söder, der die AfD-Wähler beleidigt – aber die Mitglieder zur Rückkehr aufruft. Dümmer gehts nimmer…. Die CSU/CDU macht doch Links-Grüne-Sozen Politik und solche „Flüchtlingsräte“ sind nur Verschleierung einer Koordinierungsstelle für Links-Grüne Politik und Manipulationen oder Weitergabe von Abschiebeterminen aus zuständigen Behörden ist daher kein komplizierter Vorgang – man muss nur die entsprechenden Leute vor Ort haben. Wie die Info-Strecke funktioniert weiß jeder und… Mehr

Gjergj Kastrioti
5 Jahre her

Endlich mal einer in einer entscheidenden Position, der mal diese Verhaltensweisen der sogenannten Flüchtlingsräte anprangert… hoffentlich ergeht es ihm nicht so wie Herrn Maaßen.

Devamed
5 Jahre her
Antworten an  Gjergj Kastrioti

Sein Chef (Seehofer) begehrte im vergangenen Jahr auch gegen unsere Kanzler**… und machte im Endeffekt wieder den „Bettvorleger“.
Immer das selbe Spiel „good cop – bad cop“ oder „den Bosbach“ in der CDU.
Vor den LT-Wahlen in BY Söders Schulterschluss mit Orban oder FPÖ; und jetzt nach der Wahl?!
Leider fällt die Mehrzahl der Wähler immer wieder auf diese durchsichtigen Manöver herein und lässt sich im Wahlkampf dadurch hinter die Fichte führen.

Johann Thiel
5 Jahre her
Antworten an  Devamed

Immer und immer und immer wieder.

Nachdenklich
5 Jahre her
Antworten an  Devamed

??????? Danke

Devamed
5 Jahre her
Antworten an  Devamed

Berichtigung:
Statt „Kanzler**“ sollte es natürlich heißen: „Frau Dr. Angela Dorothea Merkel“.

MfG
D.V.

Heimatland
5 Jahre her

Wer sich die Bundestagsdebatten in den letzten Monaten angesehen hat den wird dieser Artikel nicht beunruhigen, es ist doch alles so gewollt, bis auf eine Partei. Es fällt auf, dass bei den Erwiderungen gegen die AFD es nur um Rechts und Nazi geht, keine Gegenargumentation, kein wir stellen sie. Außerdem gehört im Bundestagsparlament ein absolutes Handyverbot, die sollen zuhören und lernen(wär sehr wichtig bei Grün und Rot). Ich bin so froh, dass ich noch auf dem Lande lebe, man merkt zwar Unterschiede zu früher, aber wenn ich in München bin, Hilfe, wie ist das dann erst in Berlin, obwohl selber… Mehr

JoergPlath
5 Jahre her

„Was hat das zu bedeuten, wenn sich der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Ende März 2019 mit kritischen Anmerkungen zum Versagen der Abschiebepraxis zu Wort meldet und obendrauf noch viel zu hohe Asylantragszahlen beklagt?“ Das Merkel in Kürze wieder jemand über die Klinge springen lässt, wird das bedeuten. Wäre ja noch schöner, wenn schon wieder jemand in diesem Deutschland die Wahrheit sagt!