Heimaten, Heimatin, Heimatinnen? Heimat! Punkt.

Eine ZDF-Moderatorin fordert, der Duden müsse ein neues Wort aufnehmen: 'Heimaten'. 'Heimat' in der Einzahl sei veraltet und passe nicht mehr zur heutigen Gesellschaft. Das Herumdoktern an dem Wort ist absurd, meint Tamara Wernli.

 

Heimat prägt den Charakter, die Weltanschauungen, Traditionen und Werte. Meine Heimat ist meine Schweiz. Auch mich hat sie geprägt in dem Sinne, dass Eigenverantwortung und Fleiss bei mir oberste Plätze einnehmen. Zu den schweizerischen Eigenschaften gehören gewiss ein gesunder Arbeitswille, Strebsamkeit, aber auch Demut vor unserem angenehmen Leben in unserem kleinen Land mit seiner direkten Demokratie.

Heimat ist bei mir der Ort, wo sich fremde Leute auf dem Spazierweg grüssen. Wo die Aussichten vom Berg am Schönsten sind. Die Schokolade am besten, das Käse-Raclette auch. Wo der Abfall exakt am Vorabend der Müllabfuhr vors Haus gestellt wird, und ja keinen Tag eher. Wo man nicht nur Papier vom Müll trennt, sondern auch Papier von Karton (!), und Nachbarn mit dem privaten Laubbläser das Herbstlaub eines einzigen Baumes im Gärtchen herumbewegen. Mit Heimat verbinde ich jede Menge Zeitgenossen, denen Missgunst ein Magengeschwür beschert und solche, die sich mit Hingabe um fremde Angelegenheiten kümmern. Im deutschen Wörterbuch der Märchenerzähler und Sprachwissenschaftler Brüder Grimm tauchte der Begriff 1877 auf. Heimat wird dort definiert als „Das Land, in dem man geboren ist oder bleibenden Aufenthalt hat“. Laut der Schweizerischen Traditionspartei FDP – Die Liberalen geht Heimat so: „Die Schweiz ist die Heimat für Menschen, die gewillt sind, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen und ihr Schicksal durch Fleiss, Respekt und Engagement selbstbewusst zu gestalten.“ Mir gefällt das.

‚Heimat‘ ist heute umstritten. Leider. Es gibt Bestrebungen, den Begriff abzuqualifizieren, ja, um ihn den Leuten mies zu machen. Der Antrieb trägt hauptsächlich ein politisch motiviertes Kostüm; Heimat in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, wird in linken Kreisen scheinbar als ‚Kampf gegen rechts‘ verstanden. In Deutschland, wo die Gemüter ja besonders leicht erregbar sind, ist ‚Heimat‘ für einige ein Reizwort – weshalb sie sich berufen fühlen, das Wort einer kultursensiblen Anpassung zu unterwerfen oder noch besser, es ganz zu verbannen.

#HeimatHorst
Politik: Finger weg von Heimat
Nach Angleichung verlangt ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. Sie will ein neues Wort im Duden: Heimaten. Wie der Stern schreibt, haltet sie den Begriff ‚Heimat‘ in der Einzahl für veraltet. „Könnte der Duden nicht endlich mal den Plural ‚Heimaten‘ aufnehmen“, verlangte Hayali. ‚Heimat‘ habe früher Sinn gemacht, wo man sein Leben lang an dem Ort lebte, wo man geboren wurde. Mit der heutigen Mobilität vieler Menschen passe der Begriff nicht mehr. Weiter sagt sie: „Wieso soll man die Kultur eines anderen Landes, in dem man vielleicht seine Kindheit verbracht hat, komplett und am besten auch lautstark von sich weisen, um Deutschland seine Heimat nennen zu dürfen?“ Hintergrund dieser Äusserungen ist Hayalis neues Buch ‚Haymatland‘, wo sie ihre Erfahrungen als Tochter irakischer Einwanderer in Deutschland schildert und den Hass, dem sie deswegen ausgesetzt ist.

Menschen aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes anzufeinden, ist niederträchtig. Heimat liegt im Herzen. Dass man von Menschen verlangt, sich für eine Heimat zu entscheiden oder die Kultur eines anderen Landes abzulegen, weil sie an einem neuen Ort leben, halte ich für Unsinn. Heimat liegt im Herzen. Menschen können davon selbstverständlich zwei haben, wie sie auch zwei Kulturen in sich haben können.

Genauso absurd aber ist die Forderung nach einer Anpassung von Begriffen, weil einige sich dadurch eventuell ausgegrenzt fühlen – oder weil Heimat im Singular für eine bestimmte Gruppe nicht zutrifft. Heimat ist nicht ‚veraltet‘, braucht keine Anpassung. Solche Ideen verändern nichts im Leben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Mit ‚Heimaten‘ im Duden fühlt sich niemand eher Zuhause, wohler oder dazugehöriger. Es macht Integration nicht einfacher, die Sehnsucht nach dem alten Wohnort nicht geringer. Anfeindungen nehmen nicht ab.

Wie mit der gegenderten Sprache zwingen auch die Verfechter der kultursensiblen Sprache der Gesellschaft ihre Ideologie auf. Sie wollen bestimmen, was die anderen zu denken und zu fühlen haben und wie sie sprechen sollen. Man ortet irgendwo eine Ungerechtigkeit und schliesst von sich auf alle anderen.

Hayali ist nicht die einzige, die mit dem Wort ‚Heimat‘ Mühe hat. Für die Grüne Jugend Deutschland ist der Begriff laut Twitter ‚geschichtlich vorbelastet‘ und ‚ausgrenzend‘; wenn sie könnte, würde sie ihn wohl für immer auf dem Biokompost entsorgen. Ein Links-Politiker meinte laut der Berliner Zeitung, die Betonung von Heimat würde von den Rechten verwendet. „Der Begriff ist mindestens unsensibel, wenn nicht völlig deplatziert.“

Wenn eine TV-Moderatorin die Duden-Redaktion zur Änderung eines Wortes auffordert (und dabei übersieht, dass ‚Heimaten‘ im Plural im Wörterbuch schon existiert) oder junge Grüne fragwürdige Weisheiten von sich geben, ist das kein Empörungsthema. Es lädt höchstens zum Schmunzeln ein. Denn stellen wir uns einmal vor, wir würden jeden Begriff, der nicht alle Menschen dieser Welt miteinschliesst rückwirkend anpassen, die Wörterbuch-Redaktionen wären die nächsten Jahrzehnte statt mit Rechtschreibung vollzeitlich mit Hypersensibilität beschäftigt. Und würden wir jeden Begriff verbannen, der angeblich ‚geschichtlich vorbelastet‘ oder von radikalen Rechten benützt wird, hätten wir bald einen ziemlich geschrumpften Duden – und könnten irgendwann genauso gut binär sprechen.

Für die meisten Menschen ist ‚Heimat‘ weder vorbelastet noch ausgrenzend – ich kenne auch keine einzige Person mit Migrationshintergrund, die sich an dem Wort stört. Heimat weckt positive Gefühle, und dafür muss man nicht einmal besonders patriotisch sein oder politisch rechts. Weil man es den Leuten aber so auslegt – gerade in Zeiten, wo die Stimmung rund um Kultur- und Identitätsfragen eh schon angespannt ist – reagieren viele frustriert: Die versuchte Verknüpfung von ‚Heimat‘ mit völkischem Gedankengut und das Herumdoktern an dem Begriff empfinden sie als seine Abwertung. Zugespitzt formuliert: Wenn jemand wegen der erhöhten Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturen – die in grossen Teilen der Gesellschaft kritisch betrachtet oder gar abgelehnt wird – die allgemeingültige deutsche Sprache anpassen will, dann halten viele das halt für eine saublöde Idee. Aber wie gesagt, es ist bis jetzt nur eine Idee. Die Entrüstung kann zuwarten.

Sprache ist nicht statisch, die Ausdrucksform entwickelt sich weiter – wir sind sensibler geworden, aufgeklärter. Dinge, die wir früher gesagt haben, passen nicht mehr ins zeitgenössische Gesellschaftsbild. Diese Änderungen finden statt, graduell, weil die Mehrheitsgesellschaft sie vorantreibt. Und nicht, weil sie von einigen Heimat-Skeptikern gefordert werden.

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Kommentare ( 38 )

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38 Comments
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Entsetzenblankes
5 Jahre her

Schlimm ist, dass diese Person von mir und anderen, die wir ihre Leistungen nicht in Anspruch nehmen wollen, fürstlich alimentiert wird, ohne dass wir uns wehren können. Lebt gesponsort und saturiert von den Deutschen und bekämpft uns ideologisch. Pfui Teufel.

Harry Charles
5 Jahre her

WILLKOMMEM IN DER TUGENDPRAHLER-ANARCHIE Bei jemand, der krankheitsbedingt oder infolge Genusses toxisch-berauschender Substanzen schwere Wahrnehmungsstörungen hat verwischen sich alle für eine normale Psyche charakteristischen Differenzierungen. Laute als elementarste sprachliche Einheiten machen nur dann Sinn, wenn sie voneinander klar zu unterscheiden sind. Man spricht in der Linguistik (Sprachwissenschaft) dann von „phonetischer Diskrimination“ (hat nichts zu tun mit politischer Diskriminierung). Leer-leerer-am leersten, schwanger-schwangerer-am schwangersten, minimal-minimaler-am minimalsten, lauwarm-lauwärmer-amlauwärmsten: wer das alles für sprachliche Normalität hält ist wohl eher ein Fall für die Freund’sche Couch. Dass uns ausgerechnet das ehemals knochentrocken-reaktionäre Grablicht-TV nun mit ähnlichen sprachlichen Stilblüten malträtieren will muss eigentlich nicht weiter kommentiert… Mehr

Xutl
5 Jahre her

Frau Moderatorin, ich kenn da noch so’n Wort ohne Plural: Verstand. Denn entweder hat man einen oder man hat ihn nicht!

IJ
5 Jahre her

Multiple Heimaten => Multiple Patrioten => Multiple Persönlichkeiten => Klappsmühle (wahrscheinlich auch multiple – zumindest in der Wahrnehmung der „Multiplen“).

Gerhard R.
5 Jahre her

Wem es in unserem schönen Land nicht gefällt, wer hier alles auf den Kopf stellen will, der möge aus diesem Land verschwinden. Es ist völlig inakzeptabel, wenn eine kleine, von unserem großen Kasperltheater (fälschlicherweise als Regierung bezeichnet) verhätschelte Minderheit glaubt, ganz Deutschland auf den Kopf stellen zu können. Im vorliegenden Falle empfehle ich die Rückkehr dieser Dame in eine andere ihrer vielen Heimaten, zum Beispiel in das Land ihrer Väter bzw. Mütter. Vielleicht kann sie dort auch eine Stelle als hochbezahlte Moderatorin für ALLES erhalten. Wenn Sie den Irak versucht umzukrempeln, ist mir das sch…egal. Dort würde allerdings ihre einzige… Mehr

Nihil Nemo
5 Jahre her

Den veröffentlichten Diskurs bestimmen zur Zeit die Anywheres. Für die ist das Zuhause, wo die schwarze Mastercard akzeptiert wird und das Internet schnell ist. Den dumpfen Deppen, die zu blöd sind, es zu Globalisten zu bringen, soll die Heimat als Trost- und Rückzugsort aberzogen werden. Aber wissen Sie was? Die Meinung der Frau Halali geht mir hinten knapp vorbei.

jakob_georg
5 Jahre her

Hallo Frau Wernli,
Vielleicht hat es sich noch nicht bis in die Schweiz herumgesprochen.
Frau Hayali ist die 3-fach Quotenfrau vom ZDF (Frau, Mihigru, Lesbe), quasi die
godmotherin of quote. Da können Sie nicht mit Argumenten kommen.
Die Frau kann nicht nur alles, sie kann auch alles besser. Sie macht Fernsehen,
Sportstudio, Bücher, sie wird die nächste Bundespräsidentin, denn sie vereinigt alles
auf sich, was in Deutschland wichtig ist.

Viele Grüße aus Genderland

Albert Pflueger
5 Jahre her

Ich habe diese Sprachmanipulatoren so dermaßen satt. Schon 11 Radfahrende im Straßenverkehr getötet. Studierende finden keine Wohnung. Was für ein Müll! Vor allem haben diese Spinner die Sprache nicht verstanden. Sie hält nämlich- und zwar exclusiv für Frauen- eine eigene Sprachform bereit, die aber nur zur Anwendung kommt, wenn das weibliche Geschlecht im Sinnzusammenhang einer Erwähnung bedarf. Ist dies nicht der Fall, werden alle mit ein und demselben Wort bezeichnet. Ein Busfahrer fährt Bus, ob mit Penis oder mit Vulva, aber nur einer Busfahrerin kann der BH verrutschen. Und daß man diese generische Wortform als „männlich“ bezeichnet, hat nichts mit… Mehr

Kaltverformer
5 Jahre her
Antworten an  Albert Pflueger

Es geht schlicht darum die Deutschen umzuerziehen, egal ob sie wollen, oder nicht.
Unsere Kinder werden dieser radikalen Minderheit schon im Kindergarten ausgesetzt und das geht in der Schule weiter. Diese Generation hat gar nicht die Chance, die Manipulation zu erkennen, sondern wird auf ihr Dhimmi-Dasein vorbereitet.

Wir, die noch in einer tatsächlichen liberalen Gesellschaft aufgewachsen sind und in der Schule auf logisch, rationales Verständnis gelehrt bekommen haben, wir erkennen diese Manipulation und deshalb wird der Ungeist des dritten Reiches hochgehalten und wir damit zugeschüttet. Das Ziel, dadurch keine strukturierte Gegenwehr zu zulassen, wird damit vollumfänglich erreicht.

Ostfale
5 Jahre her

Das Lied „Unsre Heimat“ lernte in der DDR jeder Thälmann-Pionier *(also jeder); es endet mit den Versen: „Und wir lieben die Heimat, die schöne und wir schützen sie, weil sie dem Volke gehört, weil sie unserem Volke gehört.“ Na Frau Halali (und Konsorten) – wie ist das jetzt mit „Heimat ist voll nazi“ und der Sozialismus siegt? Irgendwas passt nicht bei der Begründung der Notwendigkeiten der gerade stattfindenden Installierung der DDR 2.0. Bleibt nur die Frage, für wen – für Sie oder für mich? * Anm.: Thälmannpioniere – Jugendorganisation, der FDJ, der SED. In etwa gleich zu setzen mit den… Mehr

Gabriele Kremmel
5 Jahre her

Versteht Frau Hayali die Vielfalt der deutschen Sprache nicht richtig oder will sie sich nur wichtig machen? Oder ist das bereits Teil des Medienauftrags, globale Migration als unausweichliche Tatsache in einem durchweg positiven Licht darzustellen? Heimat braucht keinen Plural, denn sie definiert sich über das vorgestellte Adjektiv. Wer sich an mehreren Orten beheimatet fühlt hat eine alte, eine neue, eine angestammte, eine künftige oder eine Wahlheimat, und vieles mehr, vielleicht sogar eine verlorene oder eine neugewonnene. Nicht jeder Ortswechsel ist ein Wechsel in eine neue Heimat, und Heimatgefühl ist keine Frage von Ortswechseln. Manche leben zwar an einem neuen Ort,… Mehr