Verkindlichung als Markenzeichen der Erwachsenen

Warum erwachsen werden, wenn ihr nicht erwachsen sein wollt, warum eure Werte annehmen, wenn nicht ´mal ihr zu ihnenn steht, warum mit euch auseinander setzen, wenn ihr euch stets zu uns setzt, warum auf die Erwachsenenwelt vorbereiten, der ihr entflieht.

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„Oh selig, oh selig, ein Kind noch zu sein!“ Der Refrain aus Lortzings „Zar und Zimmermann“ ist zum Refrain unserer Gesellschaft geworden, die in zwei Gruppen zerfällt: die einen sind es und die anderen wollen es wieder werden. Wir, die Erwachsenen, die Lehrer und Eltern, wir gieren nach jugendlichen Prädikaten: „lässig, cool, gechillt“. Albern, Blödeln, mit Jugendlichen auf Zeit wieder jung sein, macht für beglückende Momente das Vergangene gegenwärtig. Aber Jugendlichkeit als ersehnter, gar gelebter Dauerzustand macht uns Erwachsene zu Eindringlingen in eine Welt, der wir entwachsen sind, – wir äffen nach, um als das zu gelten, was wir nicht sind. Wir sind Lehrer, Eltern, doch tun alles, als solche nicht wahrgenommen zu werden.

Gegenentwurf
Für motivierende Leistungsschulen
Warum erwachsen werden, wenn ihr nicht erwachsen sein wollt, warum eure Werte annehmen, wenn nicht ´mal ihr zu euren Werten steht, warum sich mit euch auseinander setzen, wenn ihr euch stets zu uns setzt, warum sich auf die Erwachsenenwelt vorbereiten, wenn ihr nichts Besseres zu tun habt, als ihr zu entfliehen. Hallo, ihr Erwachsenen, ihr Lehrer, was wollt ihr? Werdet wie wir: lässig, cool, gechillt. Euch muss man nicht darum bitten, ihr lechzt doch danach, ihr Vorbilder. Vorbild von was, ihr Kopien von uns? Wer sind denn die Vorbilder von heute: wir, – nicht ihr! Wir geben den Rhythmus vor, nach dem ihr tanzt. Zu feige zum Nein, zu faul zum Fordern, zu träge zum Widerstand, euch ernstnehmen, wofür? Euch hat nicht zum Manne, zur Frau geschmiedet die allmächtige Zeit, ihr seid nur gealtert, aber nicht gereift. Jetzt hackt ihr euch in unsere Welt, weil ihr es nicht ertragt, das zu sein, was ihr seid: Lehrer, Eltern, Erwachsene! Ihr Vorbilder? Kopien seid ihr, elende Möchte-Gern-Jugendliche, ihr Botschafter der Erwachsenenwelt, aus der ihr euch ständig verkindlichen wollt. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“, wir haben schon das Himmelreich, um das ihr euch so bemüht. Willkommen im Club, ihr Kostümierten mit eurer falschen Jugendlichkeit, werdet erst ´mal erwachsen, damit wir euch ernstnehmen!

Und Recht haben sie. Warum halten wir „lässig, cool, gechillt“ nicht unsere Werte entgegen: verlässlich, verantwortungsvoll, engagiert! Unsere Werte verbinden uns mit unseren Mitmenschen, unsere Werte sind auf ein tätiges Miteinander ausgerichtet, unsere Werte sind das Fundament einer lebenswerten Gesellschaft.

„Lässig, cool, gechillt“ heißt doch nichts anderes als Verweigerung der uns gestellten Aufgabe. „Lässig, cool, gechillt“ sind die Werte der Egomanen, die emotionslos um sich kreisen und an ihrer Gleichgültigkeit fast krepieren! Mit denen ist kein Staat zu machen! Lasst uns wieder zu Widerständlern gegen „lässig, cool, gechillt“ werden. Einfach ´mal Nein sagen zu „billig, banal und blöd“, einfach ´mal mutig Ja sagen zu unserer Erwachsenenwelt, zu unserer Aufgabe als Lehrer und Eltern: Widerstand zum Auslebewahn, Widerstand zum Minimalistischen, – Widerstand zu dem Gleichgültigen, was uns Tag für Tag im Unterricht um die Ohren geklatscht wird. Widerstand ändert nicht unbedingt die Jugend, sie hat ein Recht Widerstand dem Widerstand zu leisten, aber genau an diesem Widerstand entsteht Persönlichkeit, Reife, eigene Position. Mit geschönten Noten, verlogenem Gelobe und feigem Geschone schonen wir unsere Nerven, aber drücken uns vor unserer Aufgabe. „Per aspera ad astra“, durch das Raue zu den Sternen, durch Fordern zur Persönlichkeit – in Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Unsere Aufgabe ist nicht, uns zum Jugendlichen zu setzen, um von ihm getätschelt zu werden, sondern seine ausgestreckte Hand zu ergreifen und ihm aufzuhelfen, ihn zu ermutigen, nach oben zu ziehen, zu unseren Werten, in unsere Welt, – behutsam, entschlossen und glaubwürdig: Du gehörst zu uns, wir stehen zu dir!

Klaus Schenck lehrt Deutsch und Religion – Psychologie als Wahlfach.

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Kommentare ( 52 )

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52 Comments
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Pe Wi
6 Jahre her

Sorry, dass ich mir erlaubt habe, etwas mehr über „geil“ zu schreiben. 😉

Jens Frisch
6 Jahre her

Zum „Verschwinden der Kinheit“ kommt es auch durch die Frühsexualisierung – das wusste schon der alte Freud.

Jens Frisch
6 Jahre her

Passend hierzu ein Interview mit Stephen Fry. (Wear baseball caps only when you play baseball):

https://www.youtube.com/watch?v=eJQHakkViPo

F.Peter
6 Jahre her

Die Verweigerung der an Erwachsene gestellte Aufgaben fängt schon da an, wo nie für eigenes Tun oder Nichttun die Verantwortung übernommen wird! Schuld sind immer die anderen, die Freunde, die Lehrer – die Schule allgemein, der Chef, das Wetter, die widrigen Umstände usw.usf. Es treibt mir schon den Blutdruck nach oben, wenn ich in den Nachrichten höre, dass es mal wieder eine Massenkarambolage wegen der Wetterverhältnisse gegeben habe! Nee, die Ursache sind nicht die Wetterverhältnisse sondern schlicht die nicht angepasste Fahrweise einiger Zeitgenossen in ihren verherrlichten und wohl angenommen unzerstörbaren Karossen! Und solange auch die heutige Generation nicht zur Verantwortung… Mehr

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Super Artikel! So unerschütterbar logisch! Danke.

Was noch gesagt werden muss: Erwachsensein wird in dieser Gesellschaft leider ungern belohnt. Wenngleich die Bereitschaft zum Belohnen zum Erwachsensein gehört. Geben und Bekommen sind erwachsene Zwillinge.

Die in der Praxis entstandene „Wirtschaftsschule“ mit ihrem Konkurrenzdenken lehrt hingegen, dass der Erfolg größer ist, je weniger man hergibt. Kinder überall, die das Leben für ein Wirtschaftsspiel halten.

Schwabenwilli
6 Jahre her

Scheint ein Merkmal von Hochkulturen zu sein. Aldous Huxley hat das in seiner „schönen neuen Welt“ schon ganz gut erkannt.

Irgendwie dumm wenn der täglich Kampf um’s Dasein wegfällt.

Vielleicht könnte mit dem Fortschreiten der Technologie und aufkommender KI mal ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte aufgeschlagen werden. Ansonsten wiederholt sich das doch alle paar tausend Jahre.

hasenfurz
6 Jahre her

Guter Hinweis, danke! Muß ich mal wieder raussuchen.

hasenfurz
6 Jahre her

Einfach mal konsequent ein paar hinter die Löffel geben oder sonst deutlich sanktionieren, wenn der Nachwuchs mit jugendlichem Terror zum Grenzen austesten rumnervt, würde ja schon reichen. Das darf aber nicht sein, da soll ja der Erwachsene „Ansprech-Partner“ sein, weil Kinder und Teenies sich nur auf „gleicher Ebene“ ernstgenommen fühlen, man soll „die Leute da abholen, wo sie sind“ und dergleichen Konsumenten- und Dienstleistungsdenke mehr, gefördert von den linksgrünen Phantasten. Jaa, wenn man diesen Schwachsinn von Konsumismus auch überall mitmacht, dann egalisiert sich eben alles, und am Ende hat Jeder immer Recht, irgendwo. Und jeder darf sich rausnehmen, und hin… Mehr

Gernot Radtke
6 Jahre her
Antworten an  hasenfurz

Alte Pfadfinder-Regel! Nehmen Sie zur Eigensicherung einen Schneidewerkhandling mit. Wenn es geklappt hat (ich meine nicht ‚aufgeklappt‘), melden Sie sich bitte hier im Forum zurück und beschreiben uns den casus, der über das erzieherisch Notwendige dann wohl hoffentlich nicht hinausgegangen sein wird.

Gernot Radtke
6 Jahre her
Antworten an  Gernot Radtke

Ich wußte es doch: ein hasenfurz schlägt nur politisch korrekt – sich durchs Leben und die faule Frucht vom Baume. Merken Sie es? Wir benutzen schon crypto speach, Ist ja noch nicht verboten. Danach wird’s echt eng. Ein Handy mit blitzschnell ausfahrbarem Dirididirida (Giftstachel) und automatischer Positionsmeldung bei einem Integrationsbeauftragten wäre in diesen unseren Zeiten auch was Nützliches.

F.Peter
6 Jahre her
Antworten an  Sophie

Und wieviele Erzieherinnen, SozialarbeiterInnen und sonstige diesem Genre angehörige waren bei diesem Schwachsinn dabei?
Wäre doch mal interessant zu erfahren – auch um zu erfahren, wer da unsere Kinder unter seiner Obhut hat!

Antisozialist
6 Jahre her
Antworten an  hasenfurz

„Noch etwas: Ich bin die Mutter und nicht die Freundin meiner Tochter.“

Richtig ! Das Kernproblem sind nämlich nicht nur Jugendliche und Heranwachsende, welche Ansprüche nur an die Gesellschaft stellen und nicht an sich selbst, sondern auch eine verkindlichte Elterngeneration, welche es als bequem erachtet ihrer erzieherischen Verantwortung nicht nachzukommen. Der Publizist und Buchautor Henryk M. Broder hat das einmal sehr treffend formuliert: „Ich habe nichts gegen Kinder, ich habe nur etwas gegen Eltern, die vor ihren eigenen Kindern kapitulieren und dies obendrein noch als pädagogische Meisterleistung betrachten.“

Gernot Radtke
6 Jahre her

Alles schön und gut, aber wohl schon zu spät. Wie soll im Rahmen einer durchfeminisierten Weichei-Pädagogik mit Erziehern, die auch ihrerseits geistig verschaft (wie ein Schaf) sind, wenig Lust auf Leben, Kraft, Kampf, Eroberung, Bewährung, Selbstbewußtsein, Welt-Neugier einzubringen haben und die meiste Zeit lieber irgendwelche unsozialen Gerechtigkeitslöcher in die Kinderköpfe hineinjammern, ja, wie soll aus einer permanent verkrampften und verpieften Sicht der Welt und des Menschen eine Lust auf Freiheit, Entdeckungen, Abenteuer, Wagnisse, Erfolg denn überhaupt entstehen können, wonach jede Jugend giert? Und zu den herunteregalisierten Restbeständen letzter autochthoner Bildungsatolle kommt jetzt auch noch die ganze Wissens- und Existenzialheiterkeit des… Mehr

Pe Wi
6 Jahre her
Antworten an  Gernot Radtke

Ich will ja niemanden zu nahe treten. Was mir damals auffiel, als wir zur BRD stießen, waren die Männer, die ich nicht mehr für voll nehmen konnte. Irgendwie waren das keine Männer mehr. Ein Kerl muss ein Kerl sein mit allem was dazu gehört. Was da nun heute so herumläuft und tut, als ob er Mann wäre, ist noch schlimmer. Aber ehrlich, ich will niemanden zu nahe treten. Wenn’s gefällt. Mir muss das ja nicht gefallen.

F.Peter
6 Jahre her
Antworten an  Pe Wi

Was hierzulande als Mann verstanden wird, konnte man ja an dem berüchtigten Sylvester in Köln und anderen Städten erleben! Offensichtlich war da keiner der Begleiter der Frauen willens, die Übergriffe überhaupt abzuwehren, geschweige denn zu verhindern!
Da darf mal wohl schon von Weicheiern sprechen, die bei jeder Widrigkeit unter den Rock der Mama flüchten – ansonsten aber auf dicke Hose machen mit Moped, Smartphone oder Prolloauto!

Jens Frisch
6 Jahre her
Antworten an  Pe Wi

Sie meinen so mit den Kumpels nach dem Fußball ein paar Bier trinken, in der Kneipe schon mal die Fäuste fliegen lassen, so einen Schimanski Typen?

Ne, der Schimmi ist schon längst in Rente…

Pe Wi
6 Jahre her
Antworten an  Jens Frisch

Nein meine ich nicht.

Sagittarius A *
6 Jahre her

Alles Facetten einer fehlgesteuerten, degenerierenden Gesellschaft, die verlernt hat, dass man sich ab und an auch mal gerade machen muss und das Leben eben nicht ein einziger Tranquilizer ist. Kinder wissen es nicht besser und brauchen entsprechend gereifte Personen/Eltern/Freunde um entsprechende Eigenschaften zu erlernen, die über „chillen“ hinausgehen. Ich empfehle jedem Interessierten die Bücher des Kinderpsychiaters Michael Winterhoff, in denen er die Trägheit und Abhängigkeit von manchen Eltern schildert, die denken durch Nichterziehung bzw. Kumpelbeziehungen würden sie ihren Kindern etwas besonderst gutes tun. Das Gegenteil ist der Fall, da nichtgeforderte Kinder nie bestimmte, wertvolle Eigenschaften ausbilden können. Diese müssen den… Mehr