Gysis Mission

Vor 30 Jahren wurde die Diktatur der SED in Ostdeutschland gestürzt. Zwei Berliner Zeitungen nehmen dies zum Anlass, über den „Geist von 1989“ zu sprechen. Auskunft geben soll kein ehemaliger Sprecher der Oppositionsbewegung Neues Forum und auch kein Teilnehmer der Montagsdemonstrationen in Leipzig. Besprochen werden soll dies mit dem letzten Vorsitzenden der SED, Gregor Gysi. Für welchen Geist stand der Bundestagsabgeordnete der Linken im Herbst 1989? Eine Erinnerung. Von Hubertus Knabe.

"Seine Waschkraft macht ihn so ergiebig" - DDR-Wahlplakat mit Gregor Gysi vom November 1990

Die Tätigkeit eines Historikers ähnelt oft der heimischen Hausarbeit: Mit viel Mühe widmet man sich dem geschichtlichen Durcheinander, blickt in verborgene Winkel, freut sich über das eine oder andere Fundstück und bringt das Ganze am Ende in eine gewisse Ordnung. Doch schon nach kurzer Zeit muss man wieder von vorne anfangen, weil sich der Staub des Vergessens breit macht und sich niemand mehr darum schert, was wohin gehört.

Dies gilt auch für die Geschichte der Linkspartei und erst Recht für ihren medialen Vormann Gregor Gysi. Obwohl die Fakten über seine Rolle in der DDR, beim Staatssicherheitsdienst und bei der Rettung der SED hinlänglich bekannt sind, werden diese insbesondere von Journalisten immer wieder gerne vergessen oder unter den Teppich gekehrt.

Ein Beispiel dafür geben in diesen Tagen die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier. Die beiden Hauptstadtblätter haben zu einer Veranstaltung eingeladen, die den Titel trägt „Der Geist von 1989 – was ist davon geblieben?“. Chefredakteur Elmar Jehn und Redakteurin Sabine Rennefranz wollen darüber sprechen, was den Geist der Straßenproteste gegen die DDR-Staatsführung vor 30 Jahren ausmachte. Gast im Newscafé des krisengeschüttelten Berliner Verlages: Gregor Gysi.

Der Geist von 1989 – Ausverkaufte Veranstaltung der Berliner Zeitung mit Linken-Politiker Gregor Gysi

Es ist also offenbar wieder einmal nötig, Gregor Gysis Rolle im Jahr 1989 in Erinnerung zu rufen. Anders als die beiden Journalisten vielleicht annehmen, war er nämlich nicht dabei, als am 9. Oktober in Leipzig Zehntausende voller Angst auf die Straße gingen, nachdem ein Kampfgruppenkommandeur in der Leipziger Volkszeitung gedroht hatte, die „konterrevolutionären Aktionen endgültig und wirksam zu unterbinden. Wenn es sein muss, mit der Waffe in der Hand.“

Auch am 9. November, als sich eine wachsende Menschenmenge am Grenzübergang Bornholmer Straße in Berlin einfand und die bewaffneten Grenzer bedrängte, die Schlagbäume in den Westteil der Stadt zu öffnen, wurde Gysi nicht gesehen. Er gehörte weder dem Neuen Forum noch irgendeiner anderen Oppositionspartei an und er forderte auch nicht die Entmachtung der SED oder gar die Wiedervereinigung Deutschlands. Gregor Gysi, Nomenklaturkader des Politbüros, stand 1989 auf der anderen Seite der Barrikade: Er kämpfte dafür, die SED, die Stasi und die DDR vor dem Untergang zu bewahren.

Proteste ohne Gysi – Montagsdemonstration am 23. Oktober 1989 in Leipzig (2)

Die Krise des SED-Regimes

Vielleicht muss man noch einmal in Erinnerung rufen, wie das Regime der SED im Herbst 1989 ins Wanken geriet. Die Montagsdemonstrationen und die Massenflucht in den Westen hatten dazu geführt, dass der ewige Staats- und Parteichef Erich Honecker am 18. Oktober von seinem Kronprinzen Egon Krenz abgelöst wurde. Die unbeabsichtigte Grenzöffnung am 9. November beschleunigte den Niedergang des SED-Regimes, weil die Bürger nun mit eigenen Augen sehen konnte, was ihnen in 40 Jahren Sozialismus vorenthalten worden war. In der ganzen DDR gingen jetzt Hunderttausende auf die Straße und die neuen Oppositionsgruppierungen erhielten immer mehr Zulauf. Am 22. November sah sich die SED-Führung gezwungen, einen Runden Tisch einzuberufen, und am 1. Dezember strichen die bisher so gehorsamen DDR-Volkskammerabgeordneten die Führungsrolle der SED aus der DDR-Verfassung. Freie Wahlen waren jetzt nur noch eine Frage der Zeit..

Auch wirtschaftlich war die DDR am Ende. Ende Oktober erfuhr das Politbüro, dass das Land kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stand. „Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahr 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25-30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen,“ konstatierte der Chef der Zentralen Plankommission, Gerhard Schürer, in einer geheimen Analyse. Wenig später wurde auch das Zentralkomitee (ZK) über die Lage ins Bild gesetzt. „Milliarden über Milliarden sind falsch eingesetzt worden“, erklärte SED-Politbüromitglied Werner Jarowinsky den entsetzten ZK-Mitgliedern, die zum ersten Mal vom tatsächlichen Zustand der DDR-Wirtschaft erfuhren.

Die mächtige Staatspartei der DDR, die bis dahin jeden Winkel des Landes kontrolliert hatte, zerfiel damals wie im Zeitraffer. 600 000 der 2,3 Millionen Mitglieder kehrten der SED bis Anfang Dezember den Rücken, Tausende Grundorganisationen lösten sich auf. Im ZK spielten sich dramatische Szenen ab. „Wir sind belogen worden, die ganze Zeit über,“ rief der Generalintendant des Leipziger Theaters bei einer der tagelangen Sitzungen aus. „Mein Leben ist zerstört.“ Und der ehemalige SED-Chef von Schwerin forderte unter Tränen, dass die Todesstrafe wieder eingeführt werde und „wir die alle standrechtlich erschießen, die unsere Partei in eine solche Schmach gebracht haben.“

Ohne Konzeption – Amtsantritt des SED-Generalsekretärs und DDR-Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz am 24. Oktober 1989 (3)

Auch im Politbüro, das sich nach kommunistischer Überzeugung im Besitz der absoluten Wahrheit befindet, machte sich Kopflosigkeit breit. „Aber, Genossen, ich bitte doch um Verständnis,“ stammelte Krenz auf der ZK-Sitzung am 10. November, als ein Mitglied nach der angekündigten Konzeption für einen modernen Sozialismus fragte. „Ich weiß ohnehin noch nicht genau, was wir auf der Parteikonferenz sagen, geschweige denn jetzt schon eine Konzeption des modernen Sozialismus zu haben.“

Die Rettung der SED

In dieser Situation machten sich einige Funktionäre daran, die SED vor dem Untergang zu retten. Eine Schlüsselrolle spielte dabei Gregor Gysi, der im Herbst 1989 wie aus dem Nichts auftauchte und für Reformen nach sowjetischem Vorbild eintrat. Auf der Kundgebung am 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz hatte er noch öffentlich die führende Rolle der SED verteidigt und für den neuen Parteichef Egon Krenz geworben. Doch als er merkte, dass die Massen ihm nicht folgten, trat er die Flucht nach vorn an. In einer Mischung aus Putsch, Nötigung und geordneter Machtübergabe brachte er die SED unter seine Kontrolle. Dabei arbeitete er eng mit einer kleinen Gruppe von Funktionären zusammen, die dasselbe Ziel verfolgten. Zu ihnen gehörten unter anderem der von Krenz ins Amt gebrachte Ministerpräsident Hans Modrow, der ehemalige Vizeminister des DDR-Staatssicherheitsdienstes Markus Wolf sowie der Dresdener Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer .

Das erstes Ziel der Gruppe war es, Krenz, der sich immer mehr als Ballast für die Partei erwiesen hatte, wieder aus dem Amt zu treiben. Dazu wurden mehrere Demonstrationen vor dem ZK-Gebäude organisiert, auf denen Gysi den Rücktritt von ZK und Politbüro verlangte. Gleichzeitig verabschiedeten am 30. November 1989 etwa 150 Genossen einen Aufruf, in dem sie forderten, dass die Basis der SED auf dem kommenden Parteitag ihre Partei „zurückerobern“ müsse.

Zwischen Putsch und geordneter Machtübergabe – Ex-Spionagechef Markus Wolf bei der Demonstration auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz am 4. November 1989 (4)

Am 3. Dezember streckte Krenz die Waffen. Das Politbüro erklärte seinen Rücktritt und forderte die ZK-Mitglieder auf, es ihm nach zu tun. Danach nahm ein „Arbeitsausschuss“ die Geschicke der Partei in die Hand und tagte nun selbst im Sitzungsraum des Politbüros im „Großen Haus“ – wie die Parteizentrale intern genannt wurde. Neben den SED-Bezirkschefs gehörten ihm Gysi, Wolf und neun weitere Funktionäre an. SED-Genossen, die eine Auflösung und Neugründung der Partei forderten, blieben ausgeschlossen.

Der Ausschuss verfügte als erstes, den von Krenz geplanten Parteitag vorzuverlegen. Bereits am 8. Dezember 1989 kamen über 2700 Delegierte in der Ost-Berliner Sporthalle des Stasi-Clubs Dynamo zusammen. Eine Woche später trafen sie sich dort ein zweites Mal. Wer verstehen will, wie Gysi damals agierte, tut gut daran, das Protokoll zu studieren, dem auch eine CD beigefügt ist.

Mit Engelszungen redeten Gysi und Modrow gleich zu Beginn auf die Genossen ein, die Partei nicht aufzugeben. „Lasst diese Partei nicht zerbrechen, nicht untergehen, sondern macht sie sauber und stark,“ appellierte Modrow an die Delegierten. Gysi sekundierte ihm, indem er in düsteren Farben die rechtlichen Folgen einer Auflösung beschrieb: Die 44 000 hauptamtlichen Mitarbeiter des Parteiapparates würden mit einem Schlag arbeitslos. Das Eigentum der Partei würde zum Gegenstand langwieriger juristischer Auseinandersetzungen werden. „Bei Abwägung aller Folgen wäre eine solche Entscheidung in hohem Maße verantwortungslos,“ rief Gysi. „Auflösung und Spaltung der Partei sollten deshalb für uns nicht in Frage kommen.“

„Lasst diese Partei nicht untergehen“ – Außerordentlicher Parteitag der SED am 8. Dezember 1989 (5)

Ziel von Gysi und Co. war es, gleich zu Beginn des Parteitages eine neue Parteiführung zu wählen – und erst dann über den Zustand der SED zu reden. Die Funktionäre fürchteten nämlich, die Partei könnte sonst im Chaos auseinanderbrechen. Gysi erklärte, dass die Wahl einer Leitung „heute das Wichtigste“ sei. Und Modrow forderte gar, sechs Wochen nach der Absetzung Honeckers einen „Schlussstrich“ unter die Vergangenheit zu ziehen. „Wir können das nicht ununterbrochen und ewig mit uns herumschleppen.“ Bei einem Auseinanderfallen der SED, so machte er den Delegierten Angst, drohe auch ein Ende der DDR. „Wenn bei der Schärfe des Angriffes auf unser Land dieses Land nicht mehr regierungsfähig bleibt, weil mir, dem Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik, keine Partei mehr zur Seite steht, dann tragen wir alle die Verantwortung dafür, wenn dieses Land untergeht.“

Irgendwann tief in der Nacht wurde der Antrag auf Auflösung der SED zur Abstimmung gestellt. Die erschöpften Delegierten fügten sich der Regie und stimmten dagegen. Am nächsten Tag wählten sie Gysi, den der Ausschuss als künftigen Vorsitzenden auserkoren hatte, mit überwältigender Mehrheit zum neuen SED-Chef. Die Operation Überleben war für Erste gelungen.

Das lange Leben der Stasi

Die SED kämpfte in dieser Zeit aber nicht nur um das eigene Überleben, sondern auch um den Erhalt des DDR-Staatssicherheits­dienstes. Als „Schild und Schwert der Partei“ hatte er ihr 40 Jahre lang treue Dienste geleistet. Doch im Herbst 1989 stand er wegen seiner flächendeckenden Bespitzelung der Bevölkerung und der Verfolgung zahlreicher Andersdenkender ganz besonders am Pranger.

Flächendeckende Bespitzelung – Stasi-Minister Erich Mielke während eines Wählerforums in Zeitz 1981 (6)

Nach dem Rücktritt von Stasi-Minister Erich Mielke am 7. November 1989 wurde dessen Stellvertreter Wolfgang Schwanitz mit der Leitung des Dienstes beauftragt. Bei seiner Amtseinführung dankte Modrow den Stasi-Generälen für ihre Arbeit. Im Gegenzug versicherte Schwanitz, dass es Aufgabe der Stasi sei, „die Regierung und die Parteiführung wirksam dabei zu unterstützen, die gefährlichen Entwicklungen in unserer Gesellschaft zunächst zu stoppen.“ Er befahl deshalb, die oppositionellen Bürgerbewegungen verstärkt mit Spitzeln zu unterwandern.

Um der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen, wurde die Stasi Mitte November 1989 in Amt für Nationale Sicherheit umbenannt. Offiziell sollten nun nicht mehr Andersdenkende, sondern „nur“ noch Verfassungsfeinde ausspioniert werden. Da sowohl der Sozialismus als auch die führende Rolle der SED in der Verfassung festgeschrieben waren, machte dies freilich keinen großen Unterschied.

Mit Billigung von Partei und Regierung begann der Staatssicherheitsdienst zugleich, im großen Stil Dokumente zu beseitigen. Vor allem Spitzelberichte und die Ergebnisse der extensiven Post- und Telefonüberwachung sollten zerstört werden, wobei die von Demonstranten umlagerten Kreisdienststellen oberste Priorität hatten. „Was das Vernichten anbetrifft, Genossen,“ befahl Schwanitz auf einer Dienstbesprechung anlässlich seiner Amtseinführung durch Modrow am 21. November, „macht das wirklich sehr klug und sehr unauffällig. Wir werden stark kontrolliert.“

Trotz der Vorsicht wurde jedoch bald bekannt, dass die Stasi dabei war, systematisch ihre Spuren zu verwischen. Am 4. Dezember drangen deshalb Demonstranten in Begleitung von Staatsanwälten und Journalisten in die Erfurter Bezirksverwaltung der Stasi ein und richteten dort Bürgerwachen ein. In den nächsten Tagen wurden auch in Leipzig, Rostock, Jena und weiteren Städten die ­Stasi-Dienststellen besetzt.

Systematische Spurenbeseitigung – Besetzte Stasi-Bezirksverwaltung in Erfurt 1989 (7)

Wie Gysis einstiger Mitstreiter Wolfgang Berghofer berichtete, soll es in dieser Zeit zu einem Geheimtreffen bei Modrow gekommen sein, an dem auch Gysi und Ex-Spionagechef Wolf teilgenommen hätten. Modrow habe dabei erklärt: „Genossen, wenn wir die Partei retten wollen, brauchen wir Schuldige!“ Als Berghofer fragte, wie er sich das vorstelle, habe er zur Antwort erhalten, man bräuchte „Verantwortliche, zu denen es in der Gesellschaft schnell einen Konsens“ gebe. Als Modrow als Sündenbock das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) genannt habe, sei Wolf aufgesprungen, doch Modrow habe ihn mit den Worten beruhigt: „Die Aufklärung des MfS halten wir selbstverständlich aus dieser Einschätzung heraus.“ Weil Gysi bestritt, an einem solchen Treffen teilgenommen zu haben und dem Verlag mit einer Klage drohte, wurde sein Name in der Veröffentlichung von Berghofers Bericht geschwärzt.

Unbestritten ist aber, dass Gysi und Modrow damals eine neue Linie einschlugen. Unter dem Druck der Öffentlichkeit beschloss der Runde Tisch am 7. Dezember, die umbenannte Stasi aufzulösen. Auch Gysi, der als Vertreter der SED teilnahm, stimmte zu. Am nächsten Tag teilte Modrow Schwanitz die Entscheidung mit. Die Stasi sollte jedoch nicht völlig verschwinden, sondern durch einen „Verfassungsschutz“ und einen „Nachrichtendienst“ ersetzt werden – der zweite Versuch, die Bürger mit einem Etikettenschwindel zu täuschen.

Auch Gysi plädierte auf dem SED-Parteitag im Dezember »für den unverzüglichen Aufbau eines Nachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes der DDR«. Zugleich trat er entschieden gegen die „Diskriminierung“ und „Verfolgung“ bisheriger Stasi-Mitarbeiter und ihrer Familien auf. „Unsere Partei“, so Gysi, „wird sich stets auch für die Interessen der Staatsbürger in Uniform einsetzen.“

Staatsbürger in Uniform – Ex-Spionagechef Markus Wolf (li.) neben Stasi-Opfer Walter Janka auf dem SED-Parteitag im Dezember 1989 (8)

Unter dem Vorwand, den Verfassungsschutz aufzubauen, blieb die Stasi in ihren Grundstrukturen intakt – und vernichtete weiterhin vielerorts im großen Stil ihre Akten. Erst unter dem Eindruck Zehntausender Demonstranten, die vor der Berliner Zentrale die vollständige Auflösung der Stasi forderten, hob die Modrow-Regierung am 13. Januar 1990 den Beschluss zur Bildung eines Verfassungsschutzes wieder auf. Nur den Protesten auf der Straße und dem Besetzern der Stasi-Dienststellen ist es zu verdanken, dass der Staatssicherheitsdienst schließlich wirklich aufgelöst wurde.

Noch extensiver wurde die Aktenvernichtung allerdings in der SED betrieben – vor allem in der Parteizentrale, wo Gysi seit seiner Wahl zum Vorsitzenden am 9. Dezember 1989 residierte. Nach einem Bundestagsbericht wurden von den ZK-Abteilungen, die für die Finanzierung der SED und anderer kommunistischer Parteien zuständig waren, etwa neunzig Prozent der Unterlagen geschreddert. Von der Abteilung Sicherheitsfragen, die den Staatssicherheitsdienst und die anderen bewaffneten Organe lenkte, und den Unterlagen der einzelnen Politbüromitglieder blieb ebenfalls kaum etwas übrig.

In Panik geriet die Parteiführung offenbar kurz vor den Volkskammerwahlen im März 1990. Damals zeichnete sich ab, dass Gysis Partei nach über 40 Jahren erstmals in die Opposition geschickt werden würde. In Anwesenheit des Vorsitzenden beschloss das Parteipräsidium deshalb die massenhafte Vernichtung von Kader- und Registraturunterlagen der SED. Geschreddert wurde nicht nur die Mitgliederkartei der SED, sondern auch die Zentrale Kaderregistratur mit 55.000 Akten ehemaliger oder aktiver Nomenklaturkader – einschließlich Gysis eigener Akte.

Massenhafte Vernichtung von Kaderunterlagen – Sitz der SED-PDS-Zentrale in Berlin (hier im Jahr 1974) (9)

Um das durchzuführen, bestellte die Partei bei einer süddeutschen Maschinenfabrik „Aktenvernichter, Pressenkombinationen und Plastiksäcke“, wie sich später bei der Suche nach dem beiseite geschafften SED-Vermögen herausstellte. Gekauft wurden nicht irgendwelche Reißwölfe, sondern die größte Aktenvernichtungsmaschine Europas mit angeschlossener Papierpresse. Die mitbestellten 2000 Plastiksäcke reichten aus, um 160 000 Kilo Aktenmaterial gepresst abzutransportieren, was etwa 80 000 gefüllten Aktenordnern entspricht. Ein Strohmann hatte sich die Maschine auf der CeBIT-Messe in Hannover am 24. März 1990 vorführen lassen und den Kaufpreis von 80 000 ­D-Mark an Ort und Stelle aus einem Koffer bezahlt. Für den Abtransport der Papiere gelang es der Partei sogar, Soldaten einzuspannen, die inzwischen dem Abrüstungsminister Rainer Eppelmann unterstanden.

Gegen die Wiedervereinigung

Zwischen Gysis Wahl zum Vorsitzenden der SED im Dezember 1989 und den Volkskammerwahlen im März 1990 lagen Monate harter Arbeit. In dieser Zeit ging es vor allem darum, die diskreditierte Partei wieder hoffähig zu machen. Auch hierzu bediente sich Gysi eines Etikettenschwindels.

Gysi und sein Umfeld waren der Meinung, dass die Partei unbedingt einen anderen Namen bräuchte, um wieder wählbar zu werden. Auf der anderen Seite fürchtete der gewiefte Jurist, dass ihr durch eine Umbenennung ihr riesiges Vermögen verloren gehen könnte. Den Delegierten des Parteitags im Dezember 1989 wurde deshalb vorgeschlagen, dem Namen „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“ nur eine Ergänzung beizufügen: „Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS).

Wie sich Gysi die Wiederbelebung der verstörten Partei vorstellte, zeigt seine Grundsatzrede, mit der er die Delegierten im zweiten Teil des Parteitages im Dezember 1989 auf ihre Aufgaben einschwor. Um den Auflösungsprozess zu stoppen, sollten „Instrukteur­brigaden“ ausschwärmen und die Partei an der Basis konsolidieren – nicht nur, wie heute, in den Wohngebieten, sondern auch in den Betrieben und Genossenschaften, wo die Partei jahrzehntelang das Sagen hatte. Auch die kommunistische Kinderorganisation sollte unverändert an den Schulen weiterwirken. Lediglich im Staatsapparat und in den Streitkräften hielt Gysi den immer lauter geforderten Rückzug der Partei für unausweichlich. Eindringlich schärfte er den Delegierten ein: „Es gibt keine andere Partei oder demokratische Bewegung in unserem Land, die auch nur annähernd so viel organisierte Kraft in sich vereinigt. Aber wir müssen uns überall zeigen, artikulieren, deutlich sagen, was wir wollen, wie wichtig diese Partei für unser Land ist und, Genossen, mit gesenktem Kopf hat man nur einen begrenzten Blickwinkel.“

Instrukteurbrigaden an die Basis – SED-PDS-Vorsitzender Gregor Gysi (re.) und sein Stellvertreter Wolfgang Berghofer (li.) mit Ex-Spionagechef Markus Wolf (10)

In seiner Rede erklärte Gysi auch, wie er sich die Zukunft der DDR dachte. Die Ausführungen zeigen seine Vorstellungen vom „demokratischen Sozialismus“ – die die Linke heute sicherheitshalber nur noch als vage Vision beschreibt – gleichsam am lebenden Objekt. Die Partei sollte weiterhin eine bestimmende Rolle spielen, einen Rückzug in die Opposition erwog er nicht einmal. Die Stützung der Modrow-Regierung sei „von lebenswichtiger Bedeutung für unser Land und unsere Bürger.“ Eine neue sozialistische Verfassung sollte zwar die Grund- und Menschenrechte garantieren, aber „nationalistischen Anschlussbewegungen für ein Großdeutschland“ – was immer damit gemeint war – und rechtsradikalen, faschistischen oder neonazistischen Bewegungen keinen Schlupfwinkel bieten. Der von niemandem gewählte Runde Tisch, an dem Diktaturkader und Oppositionsvertreter in merkwürdiger Gleichberechtigung zusammensaßen, sollte fortbestehen, weil der dort erzielte Konsens „weitgehend dem Willen des Volkes“ entspreche.

Auf wirtschaftspolitischem Gebiet präsentierte Gysi ein Wolkenkuckucksheim voller Widersprüche: Einerseits sollte die DDR in die internationale Arbeitsteilung eingebunden werden, auf der anderen Seite sollten ihre Währung und ihr Binnenmarkt geschützt sowie ein „Ausverkauf“ verhindert werden. Auf der einen Seite sollten die Subventionen gestrichen werden und die Betriebe und ihre Beschäftigten „uneingeschränkt“ nach dem Leistungsprinzip arbeiten. Auf der anderen Seite forderte er eine in der Verfassung festgeschriebene „Dominanz des Volkseigentums“, starke Gewerkschaften und „Demokratie in der Produktion“. Einerseits verlangte er eine Senkung von Steuern und Abgaben, andererseits sollte der Staat allen Bürgern mit niedrigem Einkommen finanziell unter die Arme greifen und große Summen in Kultur und Gesundheitssystem stecken. Dass die DDR bankrott war und ihre Wirtschaft nicht einmal mehr die eigene Bevölkerung versorgen konnte, erwähnte Gysi mit keiner Silbe.

In seiner Rede wandte sich Gysi auch entschieden gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands. Die Funktionäre wussten, dass sie ihre Privilegien dann verlieren würden. Für ihr Überleben benötigte die SED die DDR, wie umgekehrt die DDR nur mit Hilfe der Partei gerettet werden konnte. „Eine Vereinigung beider deutscher Staaten, das wäre die von keinem Politiker zu verantwortende Entscheidung, die DDR in ein unterentwickeltes Bundesland mit ungewisser sozialer Zukunft für seine Bürger zu verwandeln, das heißt sie zum Armenhaus der BRD zu machen,“ machte Gysi den Delegierten Angst. „Es wäre die unwürdige Verabschiedung von einem Land, das trotz alledem den geachteten Namen Deutsche Demokratische Republik trägt.“

„Wir sind ein Volk“ – DDR-Transparente vom Herbst 1989 im Deutschen Historischen Museum (Foto: Colin Smith)

Bedrohlich klangen auch Gysis Warnungen, dass es bei einer Vereinigung zu einem gefährlichen Rechtsruck in Deutschland und vielleicht sogar zum Krieg kommen würde. „Großdeutschland“, wie er sich ausdrückte, „das wäre ein Sieg der Rechten in Deutschland und würde die Linken an den Rand der Gesellschaft drängen.“ In einer nationalistischen Welle würden „die Rechten“ sofort die ehemaligen deutschen Gebiete in Polen und anderen Ländern fordern. In ganz Europa begännen dann Diskussionen zur Grenzrevision, so dass der Frieden ernsthaft bedroht wäre. Im Interesse aller deutschen Demokraten, der europäischen Völker, des Friedens und der Stabilität in der Welt würde die DDR als „die linke deutsche Alternative“ gebraucht. Gysis Fazit: „Indem wir für uns streiten, kämpfen wir für die DDR, für die soziale Sicherheit unserer Werktätigen, ja, für Stabilität und Frieden in ganz Europa!“

Der Schatz der Arbeiterklasse

Man kann über Gysis Rolle im Jahr 1989 nicht schreiben, ohne nicht noch etwas anderes zu erwähnen: Seine Entschlossenheit, das in Jahrzehnten der Diktatur widerrechtlich angehäufte SED-Vermögen mit Händen und Klausen zu verteidigen. Gysis Einstellung zum Milliardenschatz der Arbeiterklasse, die seine Beteuerungen, für soziale Gerechtigkeit und die Belange der Ostdeutschen einzutreten, Lügen strafte, lässt sich auch dem Protokoll des Parteitags im Dezember entnehmen. Wörtlich sagte er dort:

„Es wollen sehr viele Kräfte an das Eigentum der Partei heran. […] Wir werden auch prüfen, was wir davon brauchen und was wir davon nicht brauchen. Genossen, aber ich sage das so deutlich, wir haben auch nichts zu verschenken, weil … (Beifall) ihr müsst euch mal überlegen: Diese Tagung, die wir hier durchgeführt haben, seht euch doch selber an, wie eure Versorgung war, die war doch ausreichend, aber doch nicht irgendwie luxuriös. Das kostet uns alle zusammen eine Million [Mark]. Die müssen wir bezahlen. […] Sauberkeit brauchen wir in diesen Sachen, das ist richtig, aber von einer Wegwerfpolitik halte ich nichts. Natürlich müssen wir uns Gedanken machen, damit wir, sagen wir mal, ernst genommen werden, dass wir das ernst nehmen, dass die anderen keine Chance haben, politisch-organisatorisch tätig zu sein. Vielleicht stellen wir ihnen Gebäude zur Verfügung […]. Vielleicht sind wir großzügig und sagen, ein Jahr braucht ihr nicht zu bezahlen, aber danach. Ich sage das nur – wir sind ja bereit entgegenzukommen –, und wir können uns jetzt auch nicht auf so eine Mentalität einlassen, und deshalb scheue ich jedes Risiko, das muss ich sagen, ich scheue jedes Risiko, das uns in dieser Hinsicht im Bestand gefährdet. Denn das ist eine Überlebensfrage. Und es gibt ja jetzt schon die Forderung der SDP [Sozialdemokratische Partei], was wir alles rausrücken müssen usw. Wir werden uns auf all das nicht einlassen. Ich zumindest bin da ganz prinzipiell.“

„Das ist eine Überlebensfrage“ – PDS-Schatzmeister Dietmar Bartsch (li.) und Parteivorstandsmitglied Klaus Steinitz auf einer Pressekonferenz im Dezember 1990 (11)

Um das SED-Vermögen zu retten, schritt die Parteispitze unter Gysi sofort nach ihrem Amtsantritt zur Tat. Bereits am 15. Dezember 1989 legte die Notarin Sabine Herrmann eine interne Information über die zahlreichen parteieigenen Unternehmen vor. An deren Ende vermerkte sie lapidar: „Insgesamt erscheint mir das ›Verstecken des Parteivermögens‹ in vorstehende Betriebe legal.“ Fünf Tage später fasste das Präsidium des Parteivorstandes den Beschluss Nr. 4/89 über „Maßnahmen zur Sicherung des Parteivermögens der SED-PDS“. Er sah vor, das vorhandene Parteivermögen zu erhalten und „wirksame Schritte gegen Angriffe auf das Eigentum der SED-PDS einzuleiten“.

Mit welcher kriminellen Energie die Parteioberen versuchten, das SED-Vermögen vor dem Volk in Sicherheit zu bringen, ist ein eigenes Thema. Mit Strohmännern, Nummernkonten und Geheimbriefen Gysis an seinen Schatzmeister Dietmar Bartsch bietet es Stoff gleich für mehrere Krimis. Die „Unabhängige Prüfungskommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ resümierte 1998, dass Gysis Partei die ihr „obliegende gesetzliche Pflicht nicht erfüllt, vollständig und wahrheitsgemäß über die Entwicklung ihres Vermögens seit dem 8. Mai 1945 bzw. den Stand dieses Vermögens zum 7. Oktober 1989 sowie über die seitdem erfolgten Veränderungen zu berichten“. Die bis Anfang 1991 vorgelegten Unterlagen hätten vielmehr „der von Anfang an von der Partei verfolgten Strategie [entsprochen], ihr Alt-Vermögen dauerhaft zu verschleiern und zu sichern“.


(1) Bundesarchiv, Bild 183-1990-1120-308 / Weisflog, Rainer / CC-BY-SA 3.0
(2) Bild 183-1989-1023-022 / Friedrich Gahlbeck / CC-BY-SA 3.0
(3) Bundesarchiv, Bild 183-1989-1024-033 / Zimmermann, Peter / CC-BY-SA 3.0
(4) Bundesarchiv, Bild 183-1989-1104-431 / Grimm, Peer / CC-BY-SA 3.0
(5) Bundesarchiv, Bild 183-1989-1208-041 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA 3.0
(6) Bundesarchiv, Bild 183-1982-0126-311 / CC-BY-SA 3.0
(7) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Erfurt_Stasigeb%C3%A4ude_1989.JPG
(8) Bundesarchiv, Bild 183-1989-1216-010 / Senft, Gabriele / CC-BY-SA 3.0
(9) Bundesarchiv, Bild 183-N0715-0302 / CC-BY-SA 3.0
(10) Bundesarchiv, Bild 183-1990-0106-005 / Settnik, Bernd / CC-BY-SA 3.0
(11) Bundesarchiv, Bild 183-1990-1217-012 / Grimm, Peer / CC-BY-SA 3.0


Der Beitrag von Hubertus Knabe ist zuerst hier erschienen.

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Kommentare ( 77 )

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Haerter
4 Jahre her

Mich interessiert nur eine Frage, wann ist die Bundesrepublik zahlungsunfähig? Oder wird Geld gedruckt, bis der Arzt kommt?

Reinhard Lange
4 Jahre her

Bei 2,3 Millionen SED-Mitgliedern und einem angenommenen Mitgliedsbeitrag von 30 Mark monatlich wären das allein knapp 70 Millionen Mark pro Monat oder rund 800 Millionen im Jahr. Bei im Schnitt 50 Mark Beitrag je Parteimitglied wären es sogar fast 1,4 Milliarden im Jahr gewesen. Man muss deshalb sicher davon ausgehen, dass nicht das gesamte SED-Vermögen unrechtmäßig erworben war und eine Partei ein berechtigtes Interesse haben muss, legales Vermögen zu schützen. Insofern erscheint mir der Artikel einseitig.

Hans Wurst
4 Jahre her
Antworten an  Reinhard Lange

Der mitgliederbeitrag war einkommensabhängig und lag zwischen 0,5 und 3%. bei einem Durchschnittseinkommen von 1.300 Mark dürfte der durchschnittliche Beitrag pro Nase vermutlich eher zwischen 20 und 25 Mark gelegen haben. Aber immer noch 550 bis 700 Mio/Jahr.

Erich Schmidt
4 Jahre her

Na klar, war Schalck-Golodkowski schuld. Die SED-Bonzen hatten ihn oft genug gewarnt: „Alexander, du kannst uns hier nicht ständig mit Westprodukten versorgen, sodass wir in Saus und Braus leben, während unsere Werktätigen nicht mal Rauhfasertapete oder Fliesen kaufen können.“ Aber er hat ja nicht gehört. Was sollten sie also machen?

F.Peter
4 Jahre her

Noch während ich diesen Artikel lese, fällt mir spontan ein, dass Gysi bei seinen öffentlichen Auftritten immer ein süffisantes Lächeln im Gesicht hatte.
Kommt wohl daher, dass er sich amüsiert fühlen musste ob seiner „gelungenen“ Aktion, die SED zur PDS zur Linke zu formieren, dabei erkleckliches Vermögen beiseite zu schaffen und dann noch von diesem Land öffentlich hofiert zu werden. Nach dem Motto: Gekonnt beschissen und die merken nicht mal, dass sie beschissen wurden und hofieren mich auch noch………..
Charakter geht irgendwie anders!

keefa78
4 Jahre her

Wegen ähnlichen „betreuten Denkens“ habe ich schon vor 1 Jahr mein Abo der BERLINER ZEITUNG gekündigt – sie ist m.o.w. immer noch die „alte“…

Reinhard Lange
4 Jahre her
Antworten an  keefa78

Die Berliner Zeitung hat gemeinsam mit der Frankfurter Rundschau, dem Kölner Stadt-Anzeiger und der Mitteldeutschen Zeitung eine Redaktionsgemeinschaft und gehört zur DuMont Mediengruppe. Ihr Chefredakteur Jochen Arntz ist 1965 in Köln geboren worden. Vor DuMont waren Gruner + Jahr und später Holtzbrink die Eigentümer.

Was ist Ihre Vermutung? Alle noch von der SED unterwandert?

Beim betreuten Denken gebe ich ihnen Recht. Dazu braucht es aber nicht die DDR. Das ist auch heute weit verbreitet ganz ohne Politbüro oder Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda.

dobbi
4 Jahre her

Danke, Herr Knabe. Kein Wunder, dass die derzeitige Regierung der Stadt Berlin Sie fürchtet*wie der Teufel das Weihwasser. Lassen Sie sich nicht unterkriegen, trotzdem Sie so hinterhältig geschasst wurden. Wir brauchen Ihren Klarblick inmitten all der Nebelmaschinen.

*möglicherweise auch auf Bundesebene?

taliscas
4 Jahre her

Genau! Man beschwört den Geist von 1989 indem man den Ungeist interviewt.
Perverses Geschichtsverständnis.

Gruenauerin
4 Jahre her

Zitat: … „Er befahl deshalb, die oppositionellen Bürgerbewegungen verstärkt mit Spitzeln zu unterwandern.“ …
Und hier betritt Merkel die Bühne. Der „Demokratische Aufbruch“ von dem dann enttarnten Stasispitzel gegründet, war auch die Heimstatt von AM.
Danke für diesen Artikel. Jetzt sehe ich einiges klarer, was vorher nur ein Bauchgefühl war.

Van Nelle
4 Jahre her

klasse gemacht:
friedliche Wende, herzergreifende Wiedervereinigung

noch besser gemacht:
Weitermarsch von SED und 68er Spießern durch die Institutionen

Reinhard Lange
4 Jahre her
Antworten an  Van Nelle

Leider ist es tatsächlich heute so, dass in Ostdeutschland die weit überwiegende Zahl aller Führungspositionen in Politik, Justiz, Verwaltung und Industrie von Westdeutschen besetzt wird. Das ist so viele Jahre nach der Wende ein Skandal. Hier die Fakten: „Die vorliegende Studie zeigt: Heute, 25 Jahre und damit eine Generation nach der Wiedervereinigung, sind die Ostdeutschen in gesellschaftlichen Führungspositionen noch immer nicht adäquat repräsentiert. Zum Teil vollzieht sich statt einer Angleichung gar eine gegenteilige Entwicklung, geht ihre Zahl gar zurück. Zugespitzt lässt sich feststellen, dass, obwohl vielerorts eine Frauenquote, nirgends jedoch eine Quote für Ostdeutsche gefordert wird, die Ostdeutschen in Führungspositionen… Mehr

Van Nelle
4 Jahre her
Antworten an  Reinhard Lange

Quoten? Warme Plätzchen?
Der Sozialismus lebt!
Wiederauferstanden aus Ruinen werden wieder Ruinen geschaffen. Diesmal aber gesamtdeutsch!

berlden
4 Jahre her

Ich hatte erst kürzlich ein Gespräch mit meinem Sohn und zwei seiner Freunde über die DDR. Alle besuchen die 11. Klasse eines Berliner Gymnasiums. Die DDR war bislang nur am Rande Thema des Unterrichts. Ich will es mal so zusammenfassen. Die Stasi war an allem Schuld, die SED bestand nur aus Honecker und Mielke und dass die Linkspartei die direkte Nachfolgerin der SED ist, versetzte alle drei Jugendlichen in Staunen. Dass es da ein Politbüro der SED gab, ohne deren Anweisungen die Stasi nichts getan hätte, auch das wird nicht gelehrt. Eben weil die SED ihre Führungsrolle in der Verfassung… Mehr

Thomas Hellerberger
4 Jahre her
Antworten an  berlden

Es war letztendlich der Massenmord an den Juden (dessen „Aufarbeitung“ von außen nach Deutschland hereingetragen wurde, indem die Shoa (wie sie die Juden nennen) als „Holocaust“ über eine US-Fernsehserie emotionalisiert wurde und damit begreifbar) der das 3. Reich bei den Deutschen, abgesehen von einer kleinen Zahl harter Alt- und Neunazis, nachhaltig diskreditierte. Bis dahin galt ein Stauffenberg eher als Verräter und Hitler als Erbauer von Autobahnen, der einfach ab 1939 immer von seinen Generälen schlecht informiert gewesen war. Dazu kam in den 1970ern ein Generationswechsel. Aber, im Unterschied zu heute, die Selbstaneignung einer Schuld, die ja an sich nur ihre… Mehr

Gruenauerin
4 Jahre her
Antworten an  Thomas Hellerberger

Stimmt. Dazu kommt noch, dass wir im Osten (ich bin 1956 eingeschult worden) eigentlich zu den Siegern gehörten. Wir waren der antifaschistische Staat und mit der Sowjetunion verbündet, man sagte auch befreundet. Über uns wurde keine Schuldkeule geschwungen. Dafür musste der Westen herhalten, der Klassenfeind, wo alte Nazis wieder zu Ehren kamen. Man kann davon halten was man will, aber so wurde meine Generation sozialisiert. Wer heute keine alternative Literatur außerhalb der Sagas liest, wird von der Sozialisierung – egal ob West oder Ost – nicht ablassen, da es sein Leben ist und war. Wer lässt sich schon gern belügen… Mehr

Theo van Gogh
4 Jahre her
Antworten an  Thomas Hellerberger

Die US-Fernsehserie über die „Shoah“ habe erst den Blick auf das Wesen des verbrecherischen NaziRegime eröffnet ist völliger Unsinn. Die Aufarbeitung begann schon viel früher mit den 68ern.