Die Diesel-Hatz läuft entgegen Rechtsstaat und Gewaltenteilung

Dass es in Deutschland seit drei Jahren Skandal noch keine Anklage oder Verurteilung gibt, legt die Vermutung nahe, dass es sich nicht um ein rechtliches Problem handelt, sondern um ein politisches.

Andreas Gebert/Getty Images

Als Tichy-Abonnent der ersten Stunde schätze ich Ihr Magazin, weil es jenseits der regierungstreuen Medienlandschaft objektive Fakten und eine alternative politische Interpretation bietet. Insbesondere trifft dies auf Ihre Berichterstattung über die Energiewende und den Dieselskandal zu, der nur als Ouvertüre zur Deindustrialisierung Deutschlands gedacht ist, wie richtigerweise Ihr Autor Holger Douglas in 11/2018 schreibt. Dazu ist es wichtig, den „Betrug über den Betrug“ öffentlich zu machen.

Unisono beklagen die regierungstreuen Medien, dass der jüngste Kompromiss zwischen Grenzwerten und Fahrverboten niemanden zufriedenstellt, weder die Realos, denen es langsam vor einem Verkehrs-Gau graut, noch die Fundis, die am liebsten die Automanager hinter Gittern sehen wollten, zumal diese sich weigerten, für ein Vergehen zu bezahlen, das sie nicht begangen haben – einer über Abschalteinrichtungen stotternden Kanzlerin zum Trotz. Aber in Anbetracht der Faktenlage war nichts anderes zu erwarten. Die nächsten Wahltermine vor Augen und die AfD im Nacken hat sich die Politik in eine Sackgasse manövriert, deren Kollateralschäden sie unter den Teppich zu kehren versucht.

Wer 2005 einen neuen Diesel mit der Abgasnorm EURO4 oder 2009 mit EURO5 kaufte, erwarb ein jeweils rechtlich zugelassenes Produkt. Sowohl der Hersteller als auch der Käufer müssen darauf vertrauen, dass dieses Produkt unbeschränkt nutzbar ist. Wenn das Produkt nicht die zugesicherten Eigenschaften besäße, könnte jeder Diesel-Fahrer sein Auto sofort bei seinem Händler abgeben und ein neues Modell wegen Vertragsverletzung verlangen. Läge außerdem ein Betrugsverdacht vor, müsste der Staatsanwalt ermitteln und gegebenenfalls Anklage erheben, und zwar gegen die jeweils verantwortlichen Personen. Folglich läge ein Fall für die Justiz vor und nicht für die Politik – so wollen es der Rechtsstaat und die Gewaltenteilung.

Was aber hier stattfindet, ist ein Kesseltreiben gegen eine Schlüssel-Industrie, der wir unsere Exporterfolge und damit unseren Wohlstand verdanken, und der es gelungen ist, in 20 Jahren die Abgase nahezu zu halbieren. Dafür müsste sie gelobt und nicht verteufelt werden.

Dass es in Deutschland seit drei Jahren Skandal noch keine Anklage oder Verurteilung gibt, legt die Vermutung nahe, dass es sich nicht um ein rechtliches Problem handelt, sondern um ein politisches, das ein Teil der Politiker bewusst mit ihrer Anti-Auto-Politik herbeigeführt haben, während der andere Teil ihnen blind gefolgt ist. Man sollte nicht vergessen, dass vor 20 Jahren der Diesel als Umweltretter gefeiert und mit Subventionen gefördert wurde von denselben Politikern, die heute eine Hetzjagd auf den Diesel veranstalten.

Das politische Problem ist allein der NOx-Grenzwert von 40 mg/m3 in der Luft, der an der Straße gemessen wird. Es ist eine logische Inkonsistenz, wenn allein vom Abgas der PKW auf die Luftwerte geschlossen wird, zumal der Diesel-PKW nur einen Teil beiträgt (hinzukommen LKW und andere Emittenten), sowie andere Faktoren wie das Verkehrsaufkommen hinzukommen.

Folglich wird es Zeit, den heutigen, politisch gesetzten Grenzwert wissenschaftlich überprüfen zu lassen, anstatt mit alarmistischen Meldungen von Tausenden NOx-Toten die Bevölkerung zu verunsichern, zumal der Grenzwert am Arbeitsplatz mehr als 20 Mal höher liegt.

Der Grüne Anton Hofreiter hat die Katze aus dem Sack gelassen: EURO6 sei die gleiche Dreckschleuder, also weg damit. Das Ende des Diesels soll das Ende des Benziners einleiten, der dann die CO2-Vorgaben im Flottenverbrauch nicht mehr einhalten kann, was Brüssel jetzt mit einer Erhöhung der Grenzwerte zu beschleunigen versucht. Das ist des Pudels Kern.

Wer der Nachfolger des Verbrennungsmotors sein wird und wann er kommt, wissen weder die Parteien und Regierungen noch die Redaktionen, denn dies entscheidet der Markt. Es sei denn, die Politik maßt sich diese Entscheidung an. Dann aber sind wir in jener Planwirtschaft, deren Mobilitätsangebot mit dem Trabi wir bestens kennen.


Harald O. ist TE-Leser.

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Kommentare ( 24 )

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Markus Gerle
5 Jahre her

Vielen Dank zunächst einmal für den gelungenen Beitrag. Aber noch eine Anregung für Journalisten, die Politiker interviewen: Es wäre schön, wenn man mal Typen vom Schlage Hofreiter fragen würde, warum der Diesel in keinem anderen EU-Land ein Thema ist. Dabei kenne ich viele europäische Metropolen, in denen die Luftqualität viel schlechter ist als in deutschen Städten.

Mittelmann
5 Jahre her

Ich gebe dem Autor zwar recht, es fehlt mir eine gründliche Sachanalyse zur Entstehung des Problems. Stickstoffdioxid (NO²) wird von der WHO als Marker für verkehrsbedingte Luftbelastung benutzt. Ozon und Feinstaub eignen sich dafür trotz höherer Schädlichkeit schlechter, weil sie stärkeren natürlichen Schwankungen unterliegen. Ob NO² jetzt auch politisch ausgesucht wurde etc. ist für mich Spekulation – mag sein, ich weiß das nicht. Das Problem ist aber nicht unbedingt, dass der Grenzwert zu niedrig ist. Mit (durchaus großen) Einschränkungen, die ich hier nicht darlegen kann, weil es ausufern würde, taugt die 40µg-Grenze als Markierung für „gesundheitsschädliche Abgasluft“. Folgen Sie mir… Mehr

Lazar
5 Jahre her

Na selbstverständlich. Ich finde auch das diese Diesel-Hatz oder gar Auto-Hatz mehr als berechtigt ist, denn es kann ja nicht sein das man bei geschlossener Garagentür und laufenden Motor ernsthafte Gesundheitsschäden bis hin zur Todesfolge erleiden muss, obwohl in anderen Erdteilen schon seit Jahrhunderten die Vorzüge eines Lasten-Esels ständig bewiesen werden. Desweiteren bin ich ein strikter Gegner des Breitbandausbaus/Digitalisierung denn es ist ja hinlänglich bekannt das sich das Internet als grosser Stromfresser zunehmend erweist. Auch stehe ich einer grossangelegten Wohnungsbauoffensive ablehnend gegenüber, denn es wurden in den letzten Jahren genügend Erdställe/Erdlöcher in Bayern entdeckt, die zudem völlig unbewohnt sind. Nicht… Mehr

Gilbert Brands
5 Jahre her

Vermutlich sind die bislang verhängten Fahrverbote samt und sonders rechtswidrig. Im Grundsatzurteil sieht das Bundesverwaltungsgericht den Konflikt mit dem Grundgesetz und erlaubt Fahrverbote als „letztes und temporäres Mittel, wenn alle anderen Maßnahmen versagen“. Die Verbote sind aber weder letzte Mittel (Verbesserung der Verkehrsführung durch Grüne Welle wurde z.B. nicht durchgeführt; in den meisten Städten ist die Rote Welle die Regel) noch temporär (gesperrt wird grundsätzlich und nicht bei Überschreitung). Wer ein Knöllchen bekommt, sollte es drauf ankommen lassen. Anscheinend sind bislang aber keine verhängt worden, und eine Klage ist nur Betroffenen möglich.

Thomas Holzer
5 Jahre her

Aus dem Artikel:
„Es sei denn, die Politik maßt sich diese Entscheidung an.“

Und genau dies tut die Politik, sie maßt sich diese Entscheidung an; alleine der politisch gewollte Hype um das angeblich so saubere E-Auto ist mehr als ein Indiz dafür.
Und diese Anmaßung sieht man ja nicht nur in der „Verkehrspolitik“.

Zum „Schadstoffausstoß“: Auch Bremsen und Gummiabrieb der Reifen tragen zu diesem bei.

Und abschließend zu den angeblichen „Nox-Toten“: Im Schnitt werden wir laut staatlicher Statistik alle immer älter, die Lebenserwartung steigt, was nichts daran ändert, daß wir schlussendlich doch sterben werden 😉

Sonny
5 Jahre her

Ich bin sehr mit Ihrem Kommentar einverstanden, mit einer Ausnahme:
So weit mir bekannt ist, gibt es keinen einzigen Beweis über auch nur einen Toten aufgrund der Überschreitung des NOx-Wertes. Insofern hätte ich dem Satz „…, anstatt mit alarmistischen Meldungen von Tausenden NOx-Toten die Bevölkerung zu verunsichern…“ ein „vermeintlich“ bzgl. der Tausenden NOx-Toten vorangestellt.
Einmal davon abgesehen bezweifle ich stark die Kompetenz der für die Bestimmung dieser Grenzworte verantwortlichen EU-Palamentarier. Ich bin überzeugt davon: Hier geht es nicht um Wissenschaft, sondern um eine (neue) Religion.

Gerro Medicus
5 Jahre her
Antworten an  Sonny

Zitat: „Hier geht es nicht um Wissenschaft, sondern um eine (neue) Religion.“ Meiner Meinung nach ist es viel profaner. Es geht lediglich darum, dem Staat neue Steuerpfründe zu erschließen. Ich glaube nicht daran, dass der Verbrennungsmotor abgeschafft wird. Aber ich glaube daran, das analog zu den sogenannten Klima (CO²-)-Zertifikaten zusätzliche Zwangsabgaben für Autobesitzer erfunden werden. Es geht um die Besteuerung unserer Atemluft. Das ganze Tamtam um Fahrverbote und Abwrackprämien soll nur das wahre Ziel, die Ausplünderung der Bürger, verschleiern. Dasselbe Ziel steckt auch hinter der angeblichen „Energiewende“. Da wurde nichts gewendet, aber der Bürger wurde ausgeplündert. Einen persönlichen Nutzen hat… Mehr

Eberhard
5 Jahre her

Geht es wirklich nur um Umweltschutz und Gesundheit? Nur mal die vom Fluglärm gesundheitlich gefährdete Menschen fragen. Sie haben keine mächtige Lobby, die da mit Verboten viel Geld verdienen kann. Im Gegenteil. Viele der Dieselaffäre Abzocker und Verbieter sind selber Vielflieger. Umweltsschutz nach Gutsherrenart, in dem der Gutsherr bestimmt was gut oder böse. So scheinen es auch die Grünen zu halten. Sollen sie mal da weltweit die Verhältnisse ändern, wo zig oder sogar hunderte Millionen, auch durch ihre Konsumansprüche gesundheitlich gefährdet. Zusätzlich sorgen sie mit ihrem Einwanderungswahn, ja noch selber hier für zusätzliche Umweltkonsumenten. Alles hängt eben auch mit allem… Mehr

Alois Dimpflmoser
5 Jahre her

Es wird Zeit, dass aus dem Links-Staat wieder ein Rechts-Staat wird. Es gibt keinerlei Rechtssicherheit mehr: Ein rechtmäßig erworbener und teuer bezahlter Diesel-PKW ist von heute auf morgen nichts mehr wert. In der BRD natürlich, in JEDEM ANDEREN LAND auf der Welt dürfen Diesel fahren, nur bei uns sind die giftig, anderswo nicht, in der EU auch nicht! Und wenn ich heute einen Benziner für 30.000 EUR kaufe, wer garantiert mir, dass ich damit nächstes Jahr noch fahren darf? Weil die grünen Spinner irgendwelche abstrusen Grenzwerte erlassen! Und wenn ich eine neue Heizung einbauen lasse, kann ich sicher sein, dass… Mehr

Udo Kemmerling
5 Jahre her

„Folglich wird es Zeit, den heutigen, politisch gesetzten Grenzwert wissenschaftlich überprüfen zu lassen…“ Wenn irgendeiner dieser linksgrünen Weltretter auch nur eine Latte am Zaun hätte, gäbe es weder eine Dieselkrise, eine Energiewende oder gar einen „Klimaschutz“, geschweige denn einen wahnwitzigen Atomausstieg. Solche Hirngespinste existieren ausschließlich durch das völlige Ausblenden wissenschaftlicher Erkenntnisse. Eine Melange aus Wunschdenken und antikapitalistischen Reflexen darf den Wohlstand und die individuelle Mobilität des Bürgers angreifen, ohne das auch nur ein relevantes Mitglied der Bundesregierung sich kritisch dazu äußert. Tatsächlich ist es gerade der Staat, der über die Bildung und die Fördergelder der Forschung dieses Tränental der Ahnunglosigkeit… Mehr

Vivi_Virtual
5 Jahre her

Es steht zu befürchten, dass das Verständnis der Deutschen für diese Zusammenhänge in völlig falsche Reaktionen mündet. Gefühlt sehr große Teile der Bevölkerung geben die Schuld allein der Automobilindustrie und sehen ihr Heil ausschließlich in der Wahl der Grünen, die „die Einzigen sind, die unsere Probleme lösen können“. Merkels der Hessenwahl geschuldeter Vorstoß wird verurteilt: „Wie kann die sich über EU-Recht erheben?“ Das von offenbar Verängstigten immer wieder gehörte Argument: „Wir können ja sterben, das interessiert die Politiker nicht, Hauptsache, sie können das Großkapital unterstützen“ zeugt davon, wie erfolgreich die Propaganda der Grünen und sozialistisch steuernden NGO aufgegangen ist. Gesunder… Mehr