Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Generaldirektor der WHO, wurde am 3. August in den BBC News mit den Worten zitiert, es könne durchaus auch nie eine Impfung gegen Covid-19 geben – “… there might never be”. Nachdem es eher unwahrscheinlich ist, dass Covid-19 uns von selbst verlässt, ist es wieder mal Zeit, uns zu fragen, wie wir mit dem Corona Virus leben wollen.
In Zeiten, in denen alles, auch der Umgang mit Viren, nur noch in “moralischen” Kategorien bewertet wird, möchte ich vorausschicken: ja, Corona ist eine schwere Erkrankung die man keinem Menschen wünscht. Aber über den Umgang mit dem Virus muss hinterfragend nachgedacht werden.
— Chris Veber (@ChrisVeber1) August 18, 2020
Nehmen wir das Präventionsparadox. Laut unserer Regierung sterben nur deswegen so wenige Menschen in Österreich, weil wir so super Maßnahmen haben. Weswegen wir das Virus nicht ernst nehmen und die Regierung kritisieren. Eine Katastrophe zu verkünden, Maßnahmen zu verhängen, um sich dann als Verhinderer der Katastrophe darzustellen, ist logisch nicht haltbar. Die Regierung hätte uns auch vor Vampiren warnen, Ausgangssperren nach Einbruch der Dunkelheit verhängen und Knoblauch verteilen können. Um anschließend das Ausbleiben der Vampirtoten zu feiern. Mit Verlaub, das ist wirklich paradox.
Rechnen wir statt dessen nach, wie viele Tote es im maximalen worst case Szenario in Österreich geben könnte. 2/3 der Bevölkerung erkranken über die Jahre, danach sollte Herdenimmunität erreicht sein. Bei einer Fallmortalität von 0,26% (Ischgl Studie) und 8.6 Mio Einwohnern wären das 15.000 Tote. Mit einem Durchschnittsalter von über 80 Jahren. Eine enorme Zahl.
Aber in Österreich wird auch ohne Covid-19 gestorben. Im Jahr 2018 starben 84.000 Menschen mit einem Durchschnittsalter von 81 Jahren. Und nach der Entwicklung der Übersterblichkeit in Österreich sieht´s sehr danach aus, dass die Covid-19-Toten in der Gesamtsterbezahl aufgehen und diese nicht bzw. marginal erhöhen.
Dabei führen auch die Maßnahmen gegen Covid-19 zu Todesfällen. Inzwischen treten vermehrt Mediziner in die Öffentlichkeit, die auf die medizinischen Opportunitätskosten der Maßnahmen hinweisen. Mehr Krebstote, mehr Herzinfarkte, mehr Suizide. Es ist unsicher, dass die Corona Bekämpfung in absoluten Zahlen Leben rettet.
Was sicher ist, die Maßnahmen beeinträchtigen unsere Möglichkeit, gut zu leben. Unser Freizeitverhalten ist beschnitten, unsere sozialen Kontakte beeinträchtigt, unsere Bewegungs- und Wirtschaftsfreiheit eingeschränkt. Wir riskieren die Ausbildung und Sozialisation unserer Kinder. Den Untergang des Kultur- und Nachtlebens.
Warum? Eine Erklärung ist die Ersetzung des Diskurses über den Umgang mit Covid-19 durch das derzeit seuchenhaft um sich greifende Moralisieren. Wissenschaftler wie Christian Drosten werden auf der Seite der Guten verortet, ihre Thesen in religiöse Höhen und den Status der Unfehlbarkeit erhoben. Abweichende Meinungen, die zum Beispiel der Oxforder Epidemiologe Carl Heneghan oder John Ioannidis von der Stanford University vertreten, werden bestenfalls ignoriert oder dämonisiert. Covidleugner! Aluhutträger! Dabei ist die Möglichkeit der Falsifikation einer These eine Grundbedingung der Wissenschaft. Selbstgerechtigkeit hat hier nichts verloren und verhindert das Finden von Problemlösungen.
Eine andere Erklärung ist die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politik, Fehleinschätzungen einzugestehen. Und dann wäre da noch die Lust am uneingeschränkten Regieren per Verordnung, ohne Rücksicht auf Parlament, Gesetze und Verfassung nehmen zu müssen. Es herrscht ja Notstand.
Jüngsten Forschungsergebnissen nach wird Covid-19 auch durch Aerosole verbreitet. Hält sich in Räumen bis zu 5m von einem Infizierten in der Luft. Trotz Lüftung und Filter. Masken helfen nicht gegen Aerosole. Also haben wir jetzt 2 Möglichkeiten: einen ausgewachsenen afrikanischen Elefantenbullen von unseren Mitmenschen Abstand halten. Oder uns gleich daheim einsperren. Oder wir lassen die Hysterie hinter uns und leben unser Leben. Ich für meinen Teil habe mich entschieden.
Abschließend noch zur sehnsüchtig erwarteten Impfung. Sollte diese wirklich bis zum Ende des Jahres verfügbar sein (die Russen “haben” sie ja schon …) wäre ich überrascht, dass die Pharmaindustrie bis jetzt ebenso altruistisch wie unnötig Zeit und Geld in klinische Tests investiert hat, die eigentlich nicht nötig waren. Oder es hat doch einen Grund, warum im Schnitt 9 Jahre in klinische Tests eines Wirkstoffs investiert werden. Dann wären die 9 Monate, die dem Covid-19-Impfstoff zugestanden werden, sehr kritisch zu sehen. Denn Geld und Druck können Zeit nicht ersetzen.
Chris Veber, Ex-Philosoph, Ex-Grüner, Unternehmer, freier Journalist.