Vierte Amtszeit Merkel und in Berlin nichts Neues, bloß viel zu viel vom Alten

Es hat sich ein Stil zwischen Angela Dorothea Merkel und den Staatssendern etabliert, wo Journalisten nur noch Stichwörtchen geben und AM ihre Nichtaussagen ungestört in unvollständigen Sätzen vortragen darf.

Screenprint: ARD u ZDF

Hat Rainald Becker, ARD, wirklich geglaubt, Frau Merkel sagt ihm, was sie dachte, als sie ihr Wahlergebnis hörte, und ob sie überlegte, wer die 35 sind, deren Stimmen sie nicht erhalten hat? Tina Hassel hört von AM, nein, es könne nicht weitergehen wie bisher, „weil die Probleme völlig anders geworden sind“. Welche Probleme wie anders wurden, fragt Hassel nicht. AM darf auch mit bemüht bedeutungsvoller Miene sagen, die GroKo ginge m-i-t g-r-o-ß-e-r  E-r-n-st-haftig-k-e-i-t an die Regierungsarbeit. War das bisher nicht der Fall? Die nächste ungestellte Frage des braven ARD-Duetts.

Frau Hassel zitiert Steinmeier, der gestern von „einer Bewährungsprobe der Demokratie“ sprach und den Problemen, die den Leuten auf den Nägeln brennen, ob das nicht hieße, es wurde in der letzten Amtsperiode an diesen vorbeiregiert. Nein, natürlich nicht sagt AM. Einmal wagt Hassel die Nachfrage, aber wäre das nicht eine Mahnung des Bundespräsidenten? AM: nein.

Rainald Becker fragt, ob AM die AfD am Ende der Periode aus dem Bundestag haben will, ja durch Probleme lösen, ist die erschöpfende Auskunft. Tina Hassel: haben Sie sich über Spahns niemand-ist-arm geärgert? AM: langer Nullvortrag über Sozialpolitik. Becker: Wie ist es mit Seehofers Absicht von mehr Abschiebungen? AM: J-e-i-n. Mutige Nachfrage, wird es mehr Abschiebungen geben? AM: J-e-i-n.

Hassel: wäre Nahles nicht besser im Kabinett? AM: Schwurbel, schwurbel. Becker: Trump? AM: „ziemliche Krise des Multilateralismus“, nun muss Europa, müssen wir reden, schwurbel. Becker: Russland, Eskalation mit Britannien? AM: Wir müssen reden, reden. Der Höhepunkt die Frage Beckers, ob das ihre letzte Amtszeit ist. AM: summ-summ-summ. Tatsächlich fragt Hassel: aber was heißt das jetzt? AM: Ich könnte sagen, Sie kennen mich, ich antworte immer erst, wenn es notwendig ist. Ende der von zwei Journalisten kaum unterbrochenen vagen und zusammenhangslosen, unvollständigen Sätze in AM-leicht-und-seicht-Sprech. Die Sendung heißt Farbe bekennen. Hier blieb alles neblig grau.

Claus Kleber hatte AM schon nachmittags im Heute Journal des ZDF, das lässt sich praktischer Weise nachlesen: Die Blaupause für keine Farbe bekennen bei der ARD.

Was die zwei von der ARD noch zaghaft versuchten, lässt ZDF-Kleber gleich ganz sein. Einmal mehr führen beide vor, ein Staatssender wäre genug und halb so teuer. Es hat sich ein Stil zwischen Angela Dorothea Merkel und den Staatssendern etabliert, wo die Journalisten nur noch Stichwörtchen geben und AM ihre, höflich formuliert, kaum Sätze zu nennenden Nichtaussagen ungestört vortragen darf, bei denen die nach wie vor an sie Glaubenden einschlafen, die Ruhigen ihrer Gegner wegzappen und die Temperamentvollen unter ihnen sich sehr anstrengen müssen, keine Gegenstände in den Bildschirm zu werfen.

Frank-Walter Steinmeier sagte dem neuen Kabinett: „Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, wird ein schlichter Neuaufguss des Alten nicht genügen“. Genau das hat begonnen, der schlichte Neuaufguss des Alten durch die neu gewählte Kanzlerin, die alte, die bei der ARD zum ersten mal nach sehr langer Zeit wieder zu sagen wagte: Sie kennen mich. Ja, tun wir Frau Merkel, leider.

Vierte Amtszeit Merkel und in Berlin nichts Neues, bloß viel zu viel vom Alten. Armes Deutschland.

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Kommentare ( 124 )

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Arno Schäfer
6 Jahre her

Aus so Gründen habe ich längst aufgehört, Polit-Interviews im Staatsfernsehen anzuschauen -man kann genauso gut Farbe beim trocknen zusehen, beides ist gleicherlei interessant und politisch erhellend.
Karl-Eduard von Schnitzler ist nicht tot: Er hat in den Hassels, Beckers, Clebers, Slomkas, Maischbecks und all den anderen Vertretern der Presstitutes massenhaft Wiedergänger gefunden.

Falk Kuebler
6 Jahre her

„Armes Deutschland.“

Hält er, mit seinem Super-Kurz, uns hämisch feixend (ganz sicher, wenn man ihn sehen könnte) vor Augen…

Gemein…

Udo Kemmerling
6 Jahre her

Das ist einer der übelsten Trends der letzten Regierungsbildung. Der lauwarme Aufguß von etwas, das schon frisch gebrüht ungenießbar war, wird mit viel inhaltsleerem Gewäsch als „neu“ angepriesen. Die Verursacher von Problemen suggerieren uns den Willen zum Aufbruch, der konkret in die Tat umgesetzt der eigene Rücktritt wäre. Es gibt nur eine einzige Institution, in der noch härter der Bock zum Gärtner gemacht wird, und das sind Vereinten Nationen. Dort sitzen unzählige Vertreter von Unrechtsregimen vorzugsweise islamischer Prägung und pervertieren den eigentlichen Auftrag. Ganz so offensichtlich und dementsprechend undemokratisch traut sich unsere Regierung noch nicht. Aber der Weg Deutschlands zeigt… Mehr

Christian Kohler
6 Jahre her

Ich drücke es mit einem Zitat von Franz-Josef Strauß aus:“ Manche Dinge müssen zu Ende faulen“.

Manfred Gimmler
6 Jahre her

Die viel gepriesene Geschicklichkeit der Kanzlerin ist doch in Wirklichkeit nichts anderes als eine abhängige Variable von Botmäßigkeit, Karrieregeilheit, Rückgratlosigkeit, Kleinmut, Feigheit und unkritischer Bewunderung salbadernder Journalisten. CDU-Parteitage müssen bei jedem aufgeklärten Bürger Ekelgefühle auslösen – eine körperliche Abwehrreaktion, die vor gefährlichen Dummheiten schützt.

Wie man im Anblick des billionenteuren Scherbenhaufens dieser farblosen, uninspirierten und empfindungslosen Versagerin, die sich den Bürgern nur mit einem dicken, zähflüssigen, inhaltsleeren Gesprächsbrei „mitzuteilen“ vermag, immer noch Aufmerksamkeit zu schenken vermag, weckt in zunehmendem Maße Zweifel an dem Vermögen und Willen eines Großteils der Medienwelt, sich den wahren Problemen des Landes zuzuwenden.

Angelico Oberlauf
6 Jahre her

Loriot hatte nicht nur einen feinen Humor sondern auch eine prophetische Gabe: „Politik bedeutet, und davon sollte man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu reden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenigen Worten zusammenfassen: Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens und das ist es was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens die konzentrierte Beinhaltung als Kernstück eines zukunftweisenden Parteiprogramms…………..“ Nur dass man bei Loriot noch schmunzeln konnte, bei AM ergreift mich enfach Fassungslosigkeit. Sie wird wohl weitere 3,5 Jahre „auf Sicht fahren“, was man auch mit „völliger Planlosigkeit“… Mehr

verum dicere
6 Jahre her
Antworten an  Angelico Oberlauf

Loriot unvergessen: https://youtu.be/y3ibMpND67o

Falk Kuebler
6 Jahre her
Antworten an  verum dicere

Grossartig, absolut grossartig…

Soll man lachen? Soll man weinen? Beides abwechselnd, aber heftig…

Nick Saxe
6 Jahre her

Diese Fernsehmacher wirken wie die Groupies beim Meet and Greet ihres Idols.

Tubutsch
6 Jahre her

Danke.
Ich weiß das: man kann immer weniger klug abstrahieren und daher reden, weil man die Details jeden tag erlebt. Und man sieht die Muster. .. und man wird so was von wütend. ..

Danke für den Text.

„Sie sind nicht allein “ (hendryke)

Schwabenwilli
6 Jahre her

Die dürfen doch nur das Fragen was vorher festgelegt wurde, vom Team Merkel, warum also die Beschwerde über die interviewenden Journalisten, es sind die Sender, die Rundfunkanstalten, die Rundfunkräte, die Chefs. Warum sagt das ZDF Bsw. nicht zu Merkels Vasallen und ihr selbst, „Moment mal, wenn wir nicht die Fragen stellen dürfen die wir wollen, dann machen und senden wir eben kein Interview“? Es ist ein gigantischer Filz der Hand in Hand zusammen arbeitet. Man stützt sich gegenseitig und Verdient, zumindest sein Gehalt, als egal was bei den ÖR, gut dabei. Diese Strukturen aufzuzeigen, aufzubrechen und zu zerstören bedarf völlig… Mehr

Casa Done
6 Jahre her

„Das einzig Gute, was ich der ganzen Sache abgewinnen kann, ist, das in den nächsten 3,5 Jahren nichts außergewöhnliches passieren wird“
Da bin ich mir nicht sicher, denn der Druck im Kessel steigt. Noch mehr Übergriffe, TafelDiskussionen, Terroranschläge, öffentliche Denunziationen (Sarrazin, Pirincci, Tellkamp), das unerträgliche Gehabe der Staatsmedien, die Arroganz der Regierenden, die Anschläge der faschistischen „Antifa“, zunehmende Verteilungskämpfe um die sozialen Wohltaten bei abnehmender Konjunktur und steigender Arbeitslosigkeit. Jederzeit kann hier eine explosive Gemengelage entstehen und dann wären die G20-Krawalle nur ein kleiner Vorgeschmack.