stern-RTL-Wahltrend – Warum verkauft der Stern seine Leser für dumm?

Die neueste Stern-RTL-Wahltrend verkündet in einem Beitrag in Titel und Einleitung, was sich im Text nicht wiederfindet oder konterkariert wird.

Screenshot: Stern

Es macht nicht wenige Leser fuchsteufelswild, wenn sie das im Artikel nicht wiederfinden, was ihnen die Überschrift verspricht, oder wenn wie in diesem Fall vom Beginn der Story am Ende nichts übrig bleibt.

Screenshot: Stern

Am Schluss des Beitrags erfahren die Leser dankenswerter Weise Folgendes:

Datenbasis: Das Forsa-Institut befragte vom 18. bis 21. April 2017 im Auftrag des Magazins stern und des Fernsehsenders RTL 2002 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger, die durch eine computergesteuerte Zufallsstichprobe ermittelt wurden. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- 2,5 Prozentpunkten.

Ihre selbst verschuldete Niederlage erlitt Petry am Kölner Parteitag der AfD, der am 22. und 23. April stattfand. Die Forsa-Umfrage war also abgeschlossen, bevor dieser Parteitag begann.

2021 statt 2017?
Frauke Petry: High Noon in Köln
Die Videobotschaft von Frauke Petry, in der sie eine Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl allein oder mit anderen zusammen ausschloß, verbreitete sie auf Facebook am 19. April mittags. Dass es etliche gab, die das mit einem Rücktritt vom Parteivorsitz oder dem Ausscheiden aus der Politik verwechselten, ist eine Tatsache. Ein Teil der Befragung war jedenfalls schon vorbei, bevor sich das rumsprechen konnte.

Dass die Befragten unter dem Eindruck dieses Videos stehen konnten, schloss Forsa auch dadurch aus, dass nach Petry nicht gefragt wurde, wie der Stern im letzten Absatz schreibt:

Eine Forsa-Umfrage unter 502 Wahlberechtigten am vergangenen Freitag ergab, dass 21 Prozent der Befragten Gauland kennen, aber nur ein Prozent dessen Kollegin Weidel. 16 Prozent gaben an, schon mal von Björn Höcke gehört zu haben. Beatrix von Storch kennen 4 Prozent, den AfD-Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen 3 Prozent. Einer Mehrheit von 63 Prozent ist – außer Frauke Petry, nach der nicht gefragt wurde – kein einziger AfD-Politiker bekannt.

502 Befragte? Also schon für den Laien nicht repräsentativ, während Profis das auch bei den üblichen 1.000er Befragungen als nicht gegeben sehen. (Zu Beginn des Stern-Textes ist von 2.002 Befragten die Rede, keine Erklärung für die beiden Zahlen.)

Zum eigentlichen Zweck der Auftraggeber der Umfrage erfahren die Leser:

"Schweigeverzerrung" und Co.
Wie man der CDU mit einem Klick 18,6% schenkt
„Die Union aus CDU und CSU hält die SPD nach wie vor auf Abstand: Im stern-RTL-Wahltrend kommt sie im Vergleich zur Vorwoche unverändert auf 36 Prozent, die SPD hält ihre 30 Prozent. Die AfD kann sich nach dem Verzicht ihrer Parteichefin Frauke Petry auf eine Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl um einen Punkt auf 9 Prozent verbessern und wäre nun wieder drittstärkste Kraft. Die Linke büßt einen Punkt ein auf 8 Prozent, während die Grünen einen hinzugewinnen auf 7 Prozent. Bei 6 Prozent stagniert weiterhin die FDP. Auf die sonstigen kleinen Parteien entfallen zusammen 4 Prozent. Der Anteil der Nichtwähler und Unentschlossenen beträgt 24 Prozent.“ (Hervorhebung Redaktion).

Um einen Punkt verbessern? Das ist bei einer „Fehlertoleranz … bei +/- 2,5 Prozentpunkten“ keine kühne Interpretation, sondern eine irreführende.

Am Ende bleibt von diesem Stern-Text nichts übrig als nicht zum ersten Mal, dass bestimmte Medien den Drang zu Paketchen haben, in denen nicht drin ist, was draufsteht.

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Kommentare ( 66 )

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66 Comments
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Thomas
6 Jahre her

Allgemeine Info zu Forsa: Ich bin ein halbes Jahr vor(!) der Flüchtlingskrise per Telefon von Forsa zu einem bestimmten Thema befragt worden und ich hatte meine Zustimmung gegeben, dass Forsa mir ca. 1 Mal pro 2 Monate eine Umfrage zum Ausfüllen per Mail zuschickt. Es kamen Umfragen zu Politik und Gesellschaft. Als bei einer Umfrage herauskam, dass ich AFD wählen würde, habe ich nur noch Umfragen erhalten, wie z.B. ob ich mir in naher Zukunft eine neues Auto kaufen wollte usw. Selbst als im Fernsehen schon monatelang in den großen Diskussionen nichts anderes als das Thema Flüchtlinge diskutiert worden ist,… Mehr

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Ich dachte, das gibt’s schon. Jedenfalls beanspruche ich kein Copyright.

fred müller
6 Jahre her

So wie die Medienkonzerne, mit ihren fragwürdigen und Hirnwaschenden Stiftungen aufgebaut sind, kann nichts weiteres entstehen als Volksverdummung und Lüge zum Wohl des Kapitals. Eigentlich müsste so etwas wie Sat1/Pro7-Media, Funke Gruppe, Springer, Burda und wie sie heissen, verboten sein, da es betrügerische Medienvielfalt suggeriert, ohne wirklich eine Vielfalt zu bilden und schon gar nicht unabhängig zu sein

ioeides
6 Jahre her

Genau das plant angeblich Herr Mateschitz (red bull), der ja mit servus TV auch schon einen österreichischen TV-Sender besitzt.

NewOrder
6 Jahre her

Aber umso mehr verteidigen diese „Anderen“ die Regierungslinie der Kanzlerin. Bei Springer ist es die freundschaftliche Verbundenheit zur Kanzlerin. Wie positiv oder negativ das für eine regierungskritische bzw. objektive Berichterstattung sein könnte, kann sich jeder ausmalen. Der Leser honoriert es jedenfalls immer mehr mit Nichtbeachtung. Auch im Hause Springer rauschen infolgedessen die Auflagenzahlen in den Keller, verbunden mit hohem Glaubwürdigkeitsverlust.

Freitagsnase
6 Jahre her

Auch die anderen verlogenen Schmierblätter von Spiegel über Bild bis zur Welt befinden sich weiter im freien Fall. Da können bald mal wieder einige Mitlügner freigesetzt werden. Bei Astro-Tv sind solche Gestalten gut als Kartenleger zu gebrauchen.

Wolfgang Melka
6 Jahre her

Das war doch zu erwarten! Nimmt man dann auch noch die 70er Hippies und sonstigen Blumenkinder mit ihrem Friedens-Delirium hinzu, so ist das Gebilde fertig. Die daraus folgende „antiautoritäre Erziehung“ hat das ihrige dazugetan, indem die in diesem „Geiste“ Erzogenen heute jede Art von – nomen est omen – Autorität nicht nur ablehnen, sondern ihr sogar feindlich gegenüberstehen; und das ganz und gar nicht mehr friedlich, wie es doch eigentlich diese Art von „Erziehung“ bewirken sollte. Die somit genau das Gegenteil von dem erzeugt hat, wofür sie gedacht war: Anarchie; und das nicht nur bezüglich der äußeren Entwicklung der politischen… Mehr

Luisa
6 Jahre her

502 Befragte? Na, die traun sich was. Vielleicht Mitarbeiter-Befragung stern + + .

Andreas Huber
6 Jahre her

Zur Überschrift: Der ’stern‘ kann nicht anders. Er ist eben so: dumm.
Wer liest sowas?

Erwin2016
6 Jahre her

Hat mal jemand dran gedacht, das Frau Petry hochschwanger ist und das sie im Wahlkampf ein Kleinkind zu versorgen hat. Wie man dann einen Wahlkampf bestreiten will ? Kann man machen, mit Kindermädchen und so. Bloss an ihrer Stelle würde ich mir die Zeit freischaufeln.