Bei Illner plauderten sechs Reiche über die Armen

Nicht alles, was hinkt, ist auch ein Vergleich, aber wenn Spahn und Habeck sich in Hartz 4-Empfänger versetzen, dann rotiert das Zynometer.

Screenprint ZDF/maybrit illner

„Warum sollten Robert Habeck oder ich nicht im ZDF die Klos putzen oder bei Frau Ostermann im Betrieb arbeiten können, wenn wir Hartz 4 Empfänger wären? Das ist doch zumutbar, oder nicht, Herr Habeck?“ Natürlich denkt Jens Spahn nicht im Ernst daran, jemals dienstlich Klos putzen zu müssen, und auch Robert Habeck war, nach kurzem Erschrecken, bereit zu sagen: Ja, das wäre zumutbar. Willkommen bei Maybrit Illner. Da saßen sechs Reiche in der Runde und plauderten ein wenig über die Armen, über die man ja in letzter Zeit so viel hört. Weil keiner der sechse aber wirklich jemanden davon kennt, orgelte das ZDF Fakten aus der Faktenmaschine wie „40% der Deutschen haben nix gespart“ und „25% (oder waren es 20) der Arbeitnehmer arbeiten im Niedriglohnsektor“.

Malu Dreyer im schicken Blazer in AfD-Blau guckte dabei, als käme sie auch gerade so über den Monat. Robert Habeck, der grüne Prediger aus Holstein, führte wieder einmal sein Konzept Bargeld für alle ohne Prüfung, ohne Druck aus, und veranschaulichte sein System mit einem Vergleich zum Verbot des Rohrstocks im Schulunterricht. Da hätten die Verfechter des Prügels auch argumentiert, jetzt mache keiner mehr seine Hausaufgaben. Spontan fielen uns da rotgrüne Schulen vom Schlage der Rütli-Schule ein, die haben die Hausaufgaben gleich ganz abgeschafft, aber das gehört nicht hierher. Fünfzehn Jahre hätten die Grünen das Sozialsystem kritisiert, so der grüne Mann, aber jetzt hätten sie eine Lösung, d i e Lösung. Malu verstand zwar augenscheinlich nichts von dem, was der Robert da schwätzte, merkte aber wohl, dass die Grünen ihr und den Genossen nun auch noch die letzte Butter vom Brot nehmen wollen. Da hilft der SPD auch kein Debattencamp und kein Chancenzukunftsgesetz mehr, oder dass die Arbeitslosenversicherung jetzt Arbeitsversicherung heißt.

Neu hinzugekommene Leser seien an dieser davor Stelle gewarnt, sich die Sendung noch einmal in der Mediathek anzuschauen. Zwar sind Personen und Aussagen in unserer Besprechung authentisch, allerdings werden aus dramaturgischen Gründen die unfassbaren Längen und Plattitüden der Sendung gnädig übersprungen, so dass Sie beim Lesen nicht abschalten. Denn in der Tat neigten vor allem die Partei-Politiker beim Palaver zu umständlicher Beschreibung ihrer Visionen, besonders Habeck und Dreyer. Tröstend dabei der Blick der jeweils anderen, der deutlich aussprach, dass man den Redner wohl für etwas plemplem hält. Spahn findet das System ganz gelungen, Dreyer irgendwie auch, irgendwie auch nicht, Habeck möchte etwas viel Freundlicheres, vielleicht wie beim Begrüßungsgeld für Flüchtlinge: Schön, dass Sie da sind, beehren Sie uns bloß bald wieder. Am Montag um neun können Sie nicht? Wie wäre es Dienstag gegen Mittag? Wunderbar! Wir freuen uns.

Ist es nicht völlig egal, wer jetzt 100.000 Euro Cash-Behalt für Hartz 4 Empfänger fordert, wahlweise auch eine Immobilie? Eigentlich ja. Robin Alexander, der Welt-Reporter, erinnerte Habeck daran, dass sich die Grünen in der Schröder-Regierung aufführten wie eine grüne FDP, die für ein deutlich härteres System plädiert hätte. Heute präsentierten sie sich als grüne Linkspartei. Da war der Robert schwer beleidigt, damals war er ja auch noch nicht dabei.

Illner, die sich das Thema „Billige Arbeit, Abstiegsangst – wer stoppt die Spaltung des Landes?“ wohl von Anne Will am letzten Sonntag ausgeborgt hatte (oder beschäftigt sie die selben Leiharbeiter?), fragte dann schelmisch: „Kann man den gesellschaftlichen Wandel mit Geld kaufen?“, merkte dann aber schnell, dass das eher eine Frage für den umstrittenen Milliardär Soros wäre und korrigierte sich: „Kann man den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit Geld kaufen?“ Wir grübelten derweil über der Frage, ob Bildung bei Malu vielleicht noch etwas bewirken könnte, als wir wegen des aufbrausenden Robert aus diesen Gedanken gerissen wurden.

Denn Jens hatte die Gelegenheit genutzt, bei der Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt auf die Notwendigkeit gemeinsamer Werte zu verweisen und Robert zu fragen, wie da sein Zitat „Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.“ passen könnte. Da spritzen die Worte aus des Habecks Mund: AfD! AfD! AfD! Während Jens treuherzig in die Kamera schaute und versicherte, er stünde noch zu allem, was er vor Jahren gesagt habe.

Die Unternehmerin Marie-Christine Ostermann versuchte als Vertreterin derer, die nicht als Hartzer oder Politiker von der Gesellschaft alimentiert werden, die Position der Einzahler gegen die Rausnehmer zu verteidigen, war aber bei Schwarz-Rot-Grün auf verlorenem Posten. Resigniert stellte sie fest, dass wohl bald die Steuern wieder mal erhöht würden. (Wir erlauben uns den Verweis auf Eurostat, wo gezeigt wird, dass bei der höchsten Steuerlast selbst für Geringverdienende Deutschland ganz vorne dabei ist!)

Oder kurz, mit den Worten Robin Alexanders: Die Würde des Menschen ist nicht nur die Würde des Transferempfängers.


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Kommentare ( 45 )

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45 Comments
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karl-ludwig
5 Jahre her

Der Hohepriester der Ökoreligion,Harbeck, glänzt auch bei dieser Talkshow vorallem durch seine unnachahmliche überhebliche Art sobald ein Teilnehmer wagt eine andere Meinung als er zu äußern. Tief Luft holend meint er, „wie ich vorhin schon versucht habe zu erklären…“ wobei er, passend zu seiner immer etwas künstlich verstrubbelt wirkenden Frisur, die Stirn bedenklich in Falten legt. Tatsächlich scheint niemand so recht zu verstehen, was er denn mit einem freundlichen Staat meint. Soll jedem Stützeempfänger ein Sozialarbeiter zugeteilt werden, der ihn mittags um zwölf aus dem Bett bittet und bei einem Pfeifchen das Arbeiten problematisiert. „Du hör mal du, könnten wir… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
5 Jahre her

Staatsfunk in höchster Vollendung! Da fehlte nur noch Lindner als Tribun der Enteigneten.

linda levante
5 Jahre her

Hatte sehr viel Freude beim Lesen des Artikels. Besonders der Abschnitt über die beiden neuen Clo- Männer des ZDF. Was passiert eigentlich mit den Putzfrauen, wenn jetzt Politiker eine Laufbahn im Reinigungssektor anstreben? „Sie sind also Politiker und streben eine Karriere als Reinigungskraft an“. „Ja, ich bin mir auch nicht zu Schade dafür“. „Für was zu Schade?“ „Na ja, wie soll ich sagen, Würde hin oder her, ich muss der Gesellschaft doch etwas zurückbezahlen und ich bin mir nicht zu Schade dafür Toiletten zu reinigen“. „Sie haben also jahrelang studiert, sich von ihren Eltern und dem Staat finanzieren lassen um… Mehr

Genco Steins
5 Jahre her

Das Unverständnis für „Patriotismus, Vaterlandsliebe“ aus dem Munde Habecks klingt authentischer als das Bekenntnis Spahns dazu.

mathilda
5 Jahre her

„Warum sollten Robert Habeck oder ich nicht … die Klos putzen?“
Ich finde, das ist ein gutes und faires Angebot, dass ich gerne annehmen würde!
Mindestlohn, nach der Probezeit reden wir nochmal.
Einzige Eingangsvoraussetzung: mindestens 5 Jahre bei dem Posten bleiben.
Wenn sie das annehmen, ist es auch ein glaubwürdiges Angebot.

Robert Tiel
5 Jahre her

Die Auto-Industrie wird gerade durch die DUH ruiniert.
Die Deutsche Bank wird durch das eigene Management ruiniert.
Bayer wird – und das war absehbar – über Monsanto ruiniert.
Der Ukraine-Konflikt wird soweit vorangetrieben, dass Nordstream2 nicht gebaut wird, was Siemens treffen dürfte.
Wenn alles darnieder liegt, werden die Grünen statt ihrer Diäten oder Pensionen einen Sack Mehl bekommen, den sie auf dem Fahrrad nach Hause bringen müssen.
Und das ist dann auch gut so.

Ruhrler
5 Jahre her

Es würde schon reichen die Herrschaften darauf hinzuweisen das Hartz IV Empfänger im Normalfall eh erschreckend wenig zur Wahl gehen (letzte Grafik). Das hätte den Eifer beim Bescheren dieser Klientel sicher gedämpft. Und ob die komatöse SPD davon profitieren würde bleibt abzuwarten.
https://aktuelle-sozialpolitik.blogspot.com/2017/05/soziale-ungleichheit-bei-der-wahlbeteiligung.html

Vielleicht sollten sich die Regierenden mal eher damit beschäftigen warum ein H4 Empfänger nur etwas weniger bekommt als ein Mindestlöhner der sich täglich krummlegt. Wo ist denn da der Anreiz zu arbeiten?

Wolfgang M
5 Jahre her

Wieder einmal wurde behauptet: Deutschland ist ja so reich. Tatsache ist, dass die Infrastruktur Deutschland verfällt: Straßen, Brücken, Schulen, Schwimmbäder, usw. Es fehlen Lehrer, Polizisten, Richter, Pfleger. Die Bundeswehr ist ein Schrottplatz. Jüngstes Beispiel der Regierungsflieger. Die Bundeswehr ist nicht in der Lage, ihn in Ordnung zu halten. Es gäbe also viele Felder, wo man Geld einsetzen könnte, wenn es vorhanden wäre. Deutschland ist eben nicht reich. Wer das behauptet, ist ein Hochstapler. Viele Statistiken sagen aus, dass Griechen, Italiener, Spanier mehr Vermögen als die Deutschen besitzen. Dabei geht es wohl in erster Linie um Immobilien. Tatsache ist: Die Deutschen… Mehr

herbert b.
5 Jahre her

Die „Gäste“-Namen, die hier und auch sonst immer wieder
gehandelt werden, ist von denen eigentlich bekannt, ob die
vielleicht beim TiWi einen unbefristeten (Be-)Leerauftrag
haben? Meine Vermutung, daß ja. Wie sollte es auch ohne
akademische Unterfütterung überhaupt möglich sein, soviel
an Qualität unter’s Volk zu bringen?
Wäre eine interessante Untersuchung.
Demnächst dann mal wieder ein echter Gegner, sehr geehrter
Herr Paetow -ich freu‘ mich drauf.

Petra-Karin
5 Jahre her
Antworten an  herbert b.

was ist TiWi?

herbert b.
5 Jahre her
Antworten an  Petra-Karin

Liebe Petra-Karin (wenn ich Sie so anreden darf?), mein
Kommentar war eigentlich als eine Art (bitterböser) Satire
auf ein Televisions(tiwi)-Format gedacht. Auf entsprechende
Lesehilfen, wie z.B. Buttons, Gänsefüßchen oder „Satire off“,
habe ich aus Respekt vor der Intelligenz evtl. Leser verzichtet.
Wem das Ganze aber nicht paßt oder wer das als mißlungen
ansieht, wird und darf natürlich auf seine ganz individuelle
Art und Weise reagieren.

Petra-Karin
5 Jahre her
Antworten an  herbert b.

Lieber Herbert,
Danke.
Huch, darauf muß man natürlich kommen: von hinten durch die Brust ins Auge. TV – teve – TiWi. So erobern wir uns wieder die Hoheit über die deutsche Sprache.
Was ich natürlich sehr unterstützen würde.

Felix-Schmidt
5 Jahre her

Kommt 2019 schon der deutliche Abschwung? Bayer entlässt 12.000 (oder waren es 14.000?) Mitarbeiter. In der Automobilindustrie rumort es. Werden die neuen Arbeitslosen alle grün wählen? Zweifel sind angebracht und das Ende des grünen Hypes könnte schneller kommen, als Habeck und Annalena „Sozialismus“ sagen können.