Bei Anne Will: Schwacher Auftritt von Kevin Kühnert

„Das war eine spannende Sendung“, sagte Anne Will am Ende, aber wie immer darf man Diplomjournalisten von den Öffentlich Rechtlichen nicht allzu ernst nehmen.

Screenprint: ARD/Anne Will

Sicher, Kevin Kühnert war da, der endlich eine Jobperspektive trotz prekärem Bildungshintergrund erreicht hat. SPD-Vize. Da ist immer irgendwo ein Plätzchen bei der Arbeiterwohlfahrt, einer antirassistischen Stiftung oder einer Landesbank frei, wenn man mal durch den Rost fällt (das sollte auch Ralf Stegner trösten). Zwei junge Leute ohne Berufsausbildung, die gleichwohl Deutschlands politische Zukunft repräsentieren, saßen heute bei Will, Kevin Kühnert und Paul Ziemiak, von Kramp-Karrenbauers Gnaden Generalsekretär der CDU.

Dann Jagoda Marinić, eine linke Schriftstellerin, Cerstin Gammelin von der linken SüZ und Clemens Fuest vom ifo-Institut. Also was soll da spannend werden? Kevin Kühnert leierte allerhand Bekanntes herunter („Wir werden nicht jeden Preis bezahlen“), gelegentlich Ernstes („Umfragen klauen unserer Partei ein Stück weit die Substanz“), aber nicht Neues oder Bewusstseinserweiterndes. Paul Ziemiak konterte mit dem Klassiker „Was ist wichtig für Deutschland?“, was gut klingt, man seiner Partei leider auch nicht mehr abnehmen kann.

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Aber mit dem Satz „Über 12 € Mindestlohn, Vermögenssteuer oder die Schwarze Null brauchen wir gar nicht mehr zu sprechen“ bekam er erstaunlicherweise den ersten größeren Applaus, was Kühnert ein wenig aus der Bahn warf, so dass der versuchte, in einem Wortschwall ans Ufer zurückzuschwimmen. Anne Will legte nach, indem sie ein Attacke-Papier der SPD einblendete, indem steht, die 12 € seien „perspektivisch“ anzugehen, was heißt, irgendwann mal. Cerstin Gammelin schaute kritisch auf Kevins Kraulen, und Ziemiak legte nach mit „Geld anderer Leute“, „Facharbeiter gegen Faulpelze“, was Kühnert dann auf sicheren Boden zurückhalf. „Aufwiegelung“ sei das gegen die, „die in Perspektivlosigkeit gefangen“ seien.

Clemens Fuest erklärte dann kurz, worum es geht und wo die Risiken liegen. Der Mindestlohn orientiert sich an Tarifverhandlungen und sollte nicht überproportional steigen. Außerdem seien „Flüchtlinge” zu integrieren (die wohl doch nicht so auf Facharbeiterebene einsetzbar sind, wie von der Regierung Merkel behauptet). Dann treffe ein hoher Mindestlohn vor allem kleine Firmen und solche in strukturschwachen Gebieten. Wissen sie alles, verehrte Leser? Sie haben Recht, aber für Kühnert Kevin war das wohl neu.

Schriftstellerin Marinić brachte dann das Menschliche rein, das bekannte Narrativ von hungernden Rentnern, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, in einem superreichen Land. Die Altersarmut, belehrte Fuest dann vergebens, entstehe vor allem bei gebrochenen Erwerbsbiografien – also wie bei Kühnert und Ziemiak, wenn die es nicht in eine Parteilaufbahn geschafft hätten –, bei Teilzeitarbeit eben, und habe nichts mit dem Mindestlohn zu tun. Kühnert  rechnete dann noch vor, was ein Ehepaar bei vier Millionen Euro Vermögen jährlich an Vermögenssteuern zu zahlen hätte, wenn die käme, und er kam auf 2.000 Euro/Jahr. Da sollte Ziemiak noch mal nachrechnen.

Es war einmal
Die SPD hat gesprochen, die CDU pariert bereits
Gammelin äußerte Mitleid mit Olaf Scholz, der nun zum Boten der Nowabos im Kabinett zurechtgestutzt sei, „das kann nicht so harmonisch bleiben“. Anne Will fragte knallhart nach, ob 70% für Kevin nicht etwas wenig gewesen seien, was dem dann wieder Oberwasser gab. Mitnichten! 70% für einen kleinen Linksradikalinski seien großartig. Und die drei alten Herren der Partei (Beck, Schulz und ?), die seine Rede so kritisch schauend begleitet hätten, seien schlicht müde gewesen, „es war ein langer Tag“. Überhaupt war es so harmonisch, manchmal gar sentimental. Als die Abschaffung von Hartz 4 (Sozialstaatspaket) einstimmig beschlossen wurde, hätten die Genossen Tränen in den Augen gehabt, schwärmte der neue stellvertretende Vorsitzende der SPD, Kevin Kühnert. Hier scheint die Selbsttherapie also gelungen. Die mutigen SPD-Hasen sind also dahin geflitzt, wo Oskar Lafontaine und Annalena Baerbock schon warten. Und die Koalition? Die sollte auch weiter nach links, fanden die Schriftstellerin und Frau Gammelin von der SüZ.

Angeblich hat Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hinter der Paywall den interessanten Hinweis gebildplust: „Unter Druck hart befragt, zuckt seine (Kevin Kühnerts) linke Schulter unkontrolliert.“ Heute zuckte nix, aber bei Anne Will konnte man das auch nicht erwarten.

Alles Grokolores. Auch die Schwarze Null ist eine „politische Scheindiskussion“, so Fuest. „Schon was jetzt freigegeben ist, kann nicht abgerufen werden wegen fehlender Planungskapazitäten“. Da nickte Paul Ziemiak und Kevin Kühnert hatte gerade nicht aufgepasst. Dann sagte der ifo-Chef den Satz: „Was in 10 Jahren ist, entscheiden andere.“ Das nehmen wir mal als Trost.

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Kommentare ( 65 )

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Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her

Es ist mir unbegreiflich, dass Kevin nur Vize wurde und noch ein wenig auf den Parteivorsitz warten muss. Er ist mit Abstand der Beste, der Größte den die SPD hat: Breite Lebenserfahrung auch ausserhalb des Politikbetriebes, solide Ausbildung, tiefe Sachkenntnis, ausdrucksvolle Körpersprache, brillante Rhetorik und nicht zuletzt eine Statur wie Napoleon. Vor 100 Jahren wäre er Kaiser geworden, jetzt muss er sich mit dem Vize einer Kleinpartei begnügen. Fast kann er einem leid tun.

Carlotta
4 Jahre her

Sie haben durchaus recht mit Ihrer Satire: Im Radius seiner Genossen sticht er hervor, deshalb hofieren sie ihn ja auch wie den letzten Floß auf den stürmischen Wellen währenddessen das Schiff immer weiter sinkt, ein unausgesprochener Hilfeschrei: Kevin – rette uns vor dem Untergang! Sollten die Genossen mit längerer Parteibuchinhaberschaft jemals wieder Land sehen, wird auch Kevin wieder an seinen Platz gestellt, der ihm gebührt.

UweMueller
4 Jahre her

Das Rentenniveau an sich, ist das große Problem in Deutschland. In Österreich, in NL sind Niveaus von 70% und mehr des letzten Nettoeinkommens realistisch, in Deutschland wurde von 65% auf nunmehr 48% abgesenkt.

Dieses ach so reiche Land, haut 50 Mrd. p.a. für ausländische ‚Facharbeiter‘ raus, aber ansonsten ist alles in Ordnung, gell!

F.Peter
4 Jahre her

Kevin, von den Mainstreammedien gehypt, ist schneller wieder alleine zu Hause als er glauben mag! Denn wie Solidarität unter den Spezialdemokraten aussieht, hat Pöbelralle letzte Woche ja wieder eindrücklich unter Beweis gestellt!

Gustl
4 Jahre her

Diese Politikdarsteller sollten endlich mal das tun, wofür ihre Bildung reicht. Das ist sicherlich nicht die Politik oder das vermeintliche führen eines Landes. Deutlicher zu werden, verbietet meine Erziehung.

H. Priess
4 Jahre her

Ich bin Rentner und sollte sagen, laßt das Füllhorn über mich ergießen bis ich aufhören schreie! In diesem Land muß keiner hungern und wenn es geschieht so hat der Betreffende etwas Gravierendes falsch gemacht. Aber die Bedürftigen bei der Armenspeisung, freundlich Tafeln genannt, werden mehr, wo liegen die Ursachen? Würden die Leute ohne die Armenspeisung wirklich hungern? In einem reichen Land, wie wir es sind, sollte es das gar nicht geben. Es gibt zig Möglichkeiten Hilfe zu bekommen, es gibt Sorgentelefone, es gibt Sozialvereine an die man sich wenden kann und und und. Gleichzeitig sind die Kreuzfahrtschiffe voll mit Senioren… Mehr

WDeck
4 Jahre her

Es lebe hoch die ewig Nörgelnden. Jetzt kommt auch noch Klein Kevin vehement aus der Deckung, will die SPD Linksaußen mobilisieren und der rote Revolutionszirkus wird immer größer und lächerlicher. Wenn ich den Schwabenpfeil Sakskia Esken sehe, dann werden Angie und AKK wieder zu ideologischen Schönheitsköniginnen und Artikulierungswunder. Ihr kongenialer Partner, die rote Null NoWaBo, wird nichts unversucht lassen, um den Bundeshaushalt in eine komplette Schieflage zu manövrieren, wie einst in NRW mehrfach versucht und kläglich gescheitert. Höhepunkt der Schmierenkomödie wäre dann nur noch, dass sich eine(r) von den Beiden zu einer Kanzlerkandidatur berufen fühlt, die dann endgültig dafür sorgen… Mehr

89-erlebt
4 Jahre her

Und wieder ein Versuch auf Kosten der Zwangsgebühren die unrettbare Spezial Demokratie schon zu Willen. Lächerlich !! Wer bitte – der noch etwas eigene Gedanken fassen kann – fällt auf diese Verlogenheit der Hellroten herein … „an Nicolaus ist Gro KO aus…“ Auch dies nur eine spd populistische Dummerlinge Parole, die wohl die 120.000 Kommu Kevin Jünger für ihr Kreuzchen bekommen haben. Der wirklich Einzige in dieser verlogenen Truppe, der mir wirklich Leid tut ist K. von Dohnanyi, der im hohen Alter den organisierten Selbstmord mit ansehen muss. Sei an Seit in die Bedeutungslosigkeit.

Riffelblech
4 Jahre her

Diesen Blödsinn der Bildungsschwachmaten des Künert und des Zimiak kann und sollte man nur unter starken Sedativa genießen. Ansonsten wird einem vom diesem Geseire übel . Deutschlands Politik steuert auf einen intellektuellen Tiefpunkt zu ,bzw hat ihn mit diesen Figuren erreicht.

outoffocus
4 Jahre her

Ich kann mich an die neue Abkürzung für die Süddeutsche – SüZ nicht gewöhnen. Bisher las ich immer von der SZ, aber neuerdings wird nur noch von der SüZ geschrieben. Bei SüZ assoziiere ich immer Sülze.

Bambu
4 Jahre her
Antworten an  outoffocus

Passt doch mit der Sülze.

Schoenvogel
4 Jahre her
Antworten an  outoffocus

SZ ist schon immer sächsische zeitung !

outoffocus
4 Jahre her
Antworten an  Schoenvogel

NÖ, dann gib mal bei Google „sz“ und schau was kommt, aber bestimmt nicht was mit Sachsen!

Iso
4 Jahre her

Devin sollte lieber bei Queen of Drags auftreten.

outoffocus
4 Jahre her
Antworten an  Iso

Kevin! Als was denn? Abgehalfterte Drag in der Rocky Horror Picture Show im roten kleinen SPD Tütü?