Anne Will und die bedauerliche Erkenntnis: Trump wirkt

Egal, was Trump macht, es reicht für eine Empörungssendung. Diesmal aber ging das Getrumpel gehörig schief. Am Ende verstärkte sich der Eindruck: Trump wirkt.

Screenprint: ARD/Anne Will

Sie, lieber Leser, werden wohl auch kaum eine Chance gehabt haben, über die neueste Tat des amerikanischen Präsidenten nicht informiert, und über deren schreckliche Wirkung nicht indoktriniert worden zu sein. Donald Trump, dieser Trumpel, hat angekündigt, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Unerhört! So wird doch der erfolgreiche Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern untergraben wie durch einen Tunnel der Hisbollah. Und die diplomatischen Erfolge von Carter, Clinton, Obama, Arafat, Abbas, Begin – um nur ganz wenige zu erwähnen – ad absurdum geführt.

Dokumentation
Die Jerusalem-Rede von Donald Trump
Unsere Medien geleiteten uns mit verständnisvollen Worten durch die Tage des Zorns, die der Ankündigung Trumps und den Predigten in den Moscheen folgten. (Wer zufällig in Berlin oder München unterwegs war, wurde direkt Augen- und Ohrenzeuge der Krakeeler.) Nahezu alle deutschen Zeitungen erklärten die Randale mit dem Anspruch der Palästinenser auf Jerusalem, und den wiederum damit, dass „der Ostteil der Stadt arabisch geprägt und vorwiegend von Arabern bewohnt“ sei, ohne dass einem der Abschreiber aufgefallen wäre, dass das Argument inzwischen auch für Stadtteile Düsseldorfs oder Berlins durchgehen würde.

Bedauerlicherweise war von den „Aktivisten“ auf unseren Straßen niemand bei Anne Will eingeladen – man fürchtete wohl um den Rest an Gesprächskultur. Abgesehen davon brauchen „wir“ zur Verdammung Donald Trumps noch keine „fremde“ Hilfe. Dafür reichten Außenminister-Azubi Cem Özdemir, Stefan Niemann, für unseren Staatsfunk in Washington, Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg (übrigens der Dienstälteste in der EU, aber das kleine Land hat wohl wenig Auswahl), der Historiker Michael Wolffsohn (bei dem der Hinweis nicht fehlte, er habe seinen Militärdienst in Israel absolviert) sowie die Schriftstellerin Irene Dishe, die wir nicht kannten, die aber wohl gerade in Berlin war (hier kam der Hinweis, ihre Großeltern seien aus Deutschland geflüchtet).

Tatsachen zur Kenntnis nehmen
Israel und Jerusalem: Braucht unsere Polit-Elite Nachhilfe?
Anne Will bemühte sich nach Kräften, dem Staatsfunk-Narrativ vom durchgeknallten Präsidenten gerecht zu werden, aber schon die Einspieler gaben das eher der Lächerlichkeit preis. Denn es wurde nicht unterschlagen, dass bereits ein Kongress-Beschluss von 1995 die US-Präsidenten aufgefordert hatte, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Ebenso wenig wie die fast gleichlautende Ankündigung aus Moskau vom Mai. Zudem hatte Trump den Schritt im Wahlkampf versprochen (aber das Einhalten von Wahlkampfversprechen gilt bei Will und Co. wohl eher als suspekt).

Wolffsohn wies darauf hin, dass auch Merkel 2008 in der Knesset in Westjerusalem gesprochen habe, und verglich das Trumpsche „Anerkennen von Realitäten“ mit Willy Brandts Anerkennungen der Realitäten in der Ostpolitik. Der Vergleich dürfte manch Linkem – beabsichtigt – weh getan haben. Bei all den langen Jahren der Verhandlungen erkannte der Historiker eher „die Erfolglosigkeit als Prinzip“ und sieht in Trump eine Chance. (Huch! Beifall im Saal!) Selbst die Palästinenser hätten mit ihm einen Spatz in der Hand, besser als die Taube auf dem Dach.

Hart daneben ja, fair nein
hart aber fair: Donald Trump ist Jack D. Ripper und Dr. Seltsam in Personalunion
Später wurde sogar festgestellt, dass Trump längst nicht so hirnrissig ist, wie unsere TV-Mädels sich das so vorstellen. Denn Trump hatte vorher Saudi-Arabien und Ägypten auf Kurs gebracht, die ihrerseits die Palästinenser an die Kandare nehmen werden – wegen des gemeinsamen Feindes Iran, für den sie wiederum die USA benötigen. Kein Wunder, dass die derzeitige Intifada recht harmlos verläuft. (Hoffentlich sind am Ende nicht die Europäer jetzt die Deppen, die den Islamisten in den eigenen Grenzen jede Freiheit lassen.)

Der arme Cem, als immerhin Beinahe-Außenminister zur Weisheit verpflichtet, beschränkte sich auf Friedensaufrufe und mahnte bedeutungsschwanger „gerade wir Deutschen seien wegen unserer Geschichte…“ und so weiter. (Er muss sich doch nicht jeden Geschichts-Schuh anziehen.) Sein Gedanke gegen das Ein-Staat-Modell wegen der Fertilität der Muslime war interessant, führt aber vom Thema weg, weil in einer deutschen Talkshow der palästinensische Knoten wohl nicht durchhauen wird.

Faktisch statt Postfaktisch
Jerusalem - Nicht Trump macht Frieden unmöglich
Mit Verspätung kam aus dem Schnee Herr Asselborn und leistete mal gleich den außenpolitischen Offenbarungseid für die Europäische Union. Die habe sich nicht einmal auf ein Papier geeinigt, das man Bibi Netanjahu bei seinem heutigen Brüssel-Besuch hätte vorlegen können. Ansonsten ist der Jean Sozialist vom Stamme Schulz: Große Klappe, nix dahinter. Wenigstens hat er aber kapiert, dass „der Trump macht, was er sagt“. Im Gegensatz zur EU, die ohne Pause mit vielen Zungen schwätzt.

Stefan Niemann sorgt sich, Trump könne nach der Botschaftsverlegung „nicht mehr zwischen Israel und Palästina vermitteln“, was der aber wohl gar nicht will, und deshalb seinen Schwiegersohn Kushner hinschickt. Vielleicht hat Irene Dische sogar recht damit, dass der Donald nicht einmal weiß, dass es West- und Ost-Jerusalem gibt.

Brief aus Jerusalem
Jerusalem: Wer möchte mit Fakten verwirrt werden?
Pflichtgemäß wurde noch Kim Jong Un durchgenommen, schließlich lautete das Thema „Jerusalem-Streit und Nordkorea-Konflikt – wie gefährlich ist Trumps Außenpolitik?“. Auch hier war Donald laut Staatsfunk an allem Schuld, weil der den kleinen Kim ständig beleidige. Cem will Kim versichern, dass kein Regime-Change droht, und man über alles reden wolle, immerhin gebe es noch eine deutsche Botschaft in Pjöngjang (wir sind jetzt zu faul, um zu prüfen, ob die noch aus DDR-Zeiten stammt). Wieder verwies Wolffsohn darauf, dass von Clinton bis Obama auch keinerlei Erfolge vorzuweisen seien, und Trump Kim persönliche Gespräche angeboten habe. Stefan Niemann musste anerkennen, dass unter Trump der Druck auf China, seinem Vasallen auf die Finger zu hauen, deutlich mehr Wirkung zeige als zuvor.

Wie Asselborn dann auf seine Anekdote einer Wüstenreise kam, auf der er lernte, dass die tonangebenden Sunniten in der arabischen Welt Trump inzwischen als „großen Mann“ ansehen, haben wir vergessen, aber es führt zur Conclusio: Trump wirkt, die EU schwätzt. Und es wird von Tag zu Tag unbegreiflicher, wie man sich die Vereinigten Staaten von Europa wünschen kann.

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Kommentare ( 95 )

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95 Comments
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Olymp
6 Jahre her

Bei Anne Will, werden immer die gleichen, transatlantischeb und langweiligen Leute eingeladen. Wer schaut sich das noch an? Propagandasender.

Dr. Markus Müller
6 Jahre her

Starker Artikel, Danke dafür!

Trump wirkt, steht heute auch groß in der „Welt“. Während sich die Staats- und Linksfunker auf seine Tweets stürzen, krempelt er das ganze Land äußerst erfolgreich um. Und außenpolitisch verhält er sich auch äußerst geschickt. Die anderen Nato Länder müssen mehr zahlen, China rückt von Nordkorea ab, zu Jerusalem ist alles gesagt.

Im Ergebnis: Guter Mann, und ich gehe jede Wette ein, daß er nochmal wiedergewählt wird.

Franz Lizst
6 Jahre her

Ich bin es so leid die Alibi“Amerikaner“ an solchen Runden teilnehmen zu lassen, insbesondere, da diese zufälligerweise immer Trumpgegner sind. Und dann noch der gekünstelte Akzent, richtige Amerikaner sprechen Deutsch vielleicht mit schwäbischem oder bayrischem Akzent – fließend.

Old-Man
6 Jahre her

Danke für ihre Zusammenfassung Herr Paetow,aber Ich schaue mir solche Sendungen nicht mehr an.Ich habe mir die Blackbox 2017 bestellt,da kann Ich mir in aller Ruhe das Jahr noch einmal zu Gemüte führen,und es werden auch herzliche Lacher dabei sein!

Werner Meier
6 Jahre her

Solche politisch einseitigen Kommunikationsstörungen sind einfach nur noch eine Zumutung. Da wird aus wirklichen Fachleuten (Wolfssohn), röhrenden Hirschen (Asselborn, Özdemir) und jammernden Katzen (Niemann, Dishe) eine vermeintlich „quotensichere“ Mischung fabriziert, die „nebenbei“ noch als Tribunal gegen Trump dienen soll. Nachdem Herr Wolffssohn unterbrochen wurde, als er gerade interessante Gedanken einbringen wollte und Frau Dishe ihre dümmlichen Vorurteile gegen Trump unter lautem Beifall anbringen mußte, war für mich der Point of No Return erreicht. Wie wohltuend sachlich und wirklich informativ dagegen das Interview mit Michael Wolfssohn über die wechselvolle Geschichte Jerusalems, wenige Stunden zuvor im Deutschlandfunk. http://www.deutschlandfunk.de/mythos-jerusalem-geschichte-einer-umkaempften-stadt.911.de.html?dram:article_id=402873

Gero Hatz
6 Jahre her

Der Staatsfunk hat richtig erkannt, dass es sich bei Trumps Anweisung die US Botschaft nach Jerusalem zu verlegen um eine schwere Provokation handelt. Wie kann es angehen, dass es einem Politiker einfällt, einen mehr als 20 Jahre alten Parlamentsbeschluss endlich umzusetzen und ein Wahlversprechen einzulösen? Wo kämen wir denn hin, wenn das jeder täte, z.B. die Bundesregierung? Und was die nachbarlichen Beziehungen zwischen Arabern und den schon länger hier lebenden angeht, kann uns ein Blick auf Israel vor Augen führen, wie es bald in deutschen Großstädten aussehen wird.

Marita_1
6 Jahre her

Sie haben in Ihrer Aufzählung Barack Obama vergessen, der arbeitet noch im Hintergrund.

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her

„Sein Gedanke gegen das Ein-Staat-Modell wegen der Fertilität der Muslime war interessant….“ Täusche ich mich, oder gilt das nicht auch längst für weite Teile Deutschlands.

Kassandra
6 Jahre her

Ja – und eine „Zweistaatenlösung“ ist hier mitnichten angedacht. Mit dem Denken scheint es eh nicht so weit her, wenn ich mich nicht täusche?
Aber vielleicht denken die Infiltrierer da schon hin? Wird eh noch lustig werden, wenn hier Stadtgrenzen deutlicher markiert werden.

Stasiopfer_in_USA
6 Jahre her

Habe Anne Will 2x auf youtube gesehen. Wieso tut man sich sowas an!? Trump wirkt. Vergessen wir mal kurz Jerusalem und sehen uns die Stellenangebote an: Sowas habe seit 2007 nicht mehr gesehen (indeed, Monster usw.)

Hans G. Hilbert
6 Jahre her

Wir haben bei TE schon einmal direkt über seine Rede und seine Entscheidung diskutiert. Jetzt noch einmal darüber zu diskutieren, nur weil es Frau Will gefallen hat, Trumps Entscheidung zu ihrem Thema zu machen, wertet diesen belanglosen Plaudertalk unangemessen auf. Maischberger, Illner und Will stellen die Intelligenz der Zuschauer jedes Mal auf eine Probe. Glauben die Macher tatsächlich, dass die, die sich das angesehen haben, am kommenden Tag darüber diskutieren? Meine Frage ist hier, welches Bild die Veranstalter von sich selber und von den Zuschauern haben. Ich habe, als ich noch regelmäßig zuschaute, beobachten können (an den Blicken), dass die… Mehr

Marita_1
6 Jahre her
Antworten an  Hans G. Hilbert

ergänzend hierzu sei die Frage erlaubt, welches Bild die Politiker von sich selber und den Wählern haben. Denn diese Talk-Mausis in den ÖR machen doch nur das zu Themen, was dem verlängerten Arm von Berlin – sprich Rundfunkrat – so gefällt.

Anne
6 Jahre her
Antworten an  Hans G. Hilbert

Es geht den Machern dieser Show-Sendungen m. E. nicht darum, dass die Zuschauer am nächsten Tag über das Gesehene/Gehörte diskutieren oder womöglich einige Äußerungen hinterfragen. Das Anliegen derartiger Sendungen ist vielmehr, die Mehrzahl der unkundigen Zuschauer zu indoktrinieren. Oft zeigt sich das an der Auswahl der geladenen Gesprächspartner, aber auch an der Art und Weise der Gesprächsführung. Gerade bei diesem speziellen gestrigen Thema der „Will-Sendung“ habe ich in Gesprächen selbst bemerkt, wie unwissend viele Mitbürger sind, und zwar selbst diejenigen aus den sogenannten gebildeten Kreisen. Viel zu „blauäugig“ wird das durch die Medien permanent Vorgesetzte/Vorgedachte nachgeplappert. Die meisten haben aber… Mehr