Wien: Demos gegen die neue Regierung

Heute Vormittag werden neun Demonstrationen gegen die Angelobung der neuen türkis-blauen Regierung in der Innenstadt erwartet. Für einen großen Bereich herrscht seit sechs Uhr Platzverbot.

© Joe Klamar/AFP/Getty Images

Der vom Volk direkt gewählte österreichische Bundespräsident hat völlig andere Kompetenzen als der deutsche von der Parteien Gnaden. Van der Bellen hätte auch jemand ganz anderen als den Wahlsieger mit der Regierungsbildung beauftragen können. Genau das haben viele seiner Wähler von ihm erwartet. Wäre Van der Bellen so vorgegangen, hätten Neuwahlen gedroht – mit einer noch größeren türkis-blauen Mehrheit. Der Bundespräsident entschied sich zur Mitgestaltung der künftigen Regierung – inhaltlich und personell. Heute wird er die neue Regierung angeloben (vereidigen).

Zu den Demos berichtet die Tageszeitung Der Standard: „Organisatoren der Demonstrationen sind etwa die ÖH Uni Wien, die Offensive gegen Rechts, die Plattform Radikale Linke, Schulstreik gegen Schwarz-Blau sowie die Plattform für menschliche Asylpolitik oder Bike Bloc / Critical Mass.“

Etliche Straßenbahn- und Bus-Linien verkehren mehrere Stunden nicht, ein teilweiser Stillstand des Straßenverkehrs in der Innenstadt wird befürchtet. Ausgenommen vom Platzverbot sind nach einem Bericht des Kurier: „Mitglieder der künftigen Bundesregierung samt Begleitern, Nationalrats- und Bundesratsmitglieder, öffentlich Bedienstete der Präsidentschaftskanzlei, der Parlamentsdirektion sowie Ministerien, Einsatzkräfte, Journalisten und natürlich Anrainer. Bei Missachtung des Platzverbots droht eine Geldstrafe bis zu 360 Euro.“

1.500 Polizisten aus Wien und etlichen Bundesländern sind im Einsatz, 5.000 Demonstranten werden erwartet. Zu den Demos sagte im gemeinsamen Interview von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache mit dem „Heute“ Talk letzterer: „Das ist eine Normalität der Demokratie. Es ist gut, dass es die Demonstrationsfreiheit gibt. Und dass jene Menschen, die diesen Prozess kritisch sehen, das im Rahmen des Demonstrationsrechtes friedlich zum Ausdruck bringen können. Aber man soll der neuen Konstellation auch eine Chance geben und nicht im vorhinein alles falsch oder schlecht darstellen.“

Thomas Schmid schreibt abweichend von der allgemeinen Linie in den deutschen Medien:

„Deutsche Politiker täten gut daran, gelassen zu reagieren. Österreich steht nicht am Abgrund, wie es von links tönt. Und es ist auch nicht das Musterland, dem Deutschland in der Flüchtlingspolitik folgen sollte – wie es aus der CSU schallt.

Gut, dass ein Land und ein Politiker die Chance bekommen, eine restriktive Einwanderungspolitik nicht nur zu fordern, sondern zu verwirklichen, und zwar im Einklang mit der heimischen Verfassung und dem europäischen Regelwerk.

Es wird interessant sein zu verfolgen, wie weit Österreichs Regierung damit kommt. Und ob sie wirklich zur Lösung des Flüchtlingsproblems beiträgt.“

Also die Beckenbauer-Regel: „Schaun mer moi, dann sehn mer scho.“

Anmerkung: Über den Verlauf in Wien berichten wir am Nachmittag.

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Kommentare ( 37 )

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Der Notar
6 Jahre her

Leute ich war dabei, als die üblichen Verdächtigen trillernd vorbei liefen. Studenten, Schüler (haben Weihnachtsferien) – rund 5.500 an der Zahl. Die gingen uns allen auf den Sack, weil der Ring wieder einmal gesperrt war. Für die nächste Wahl in Wien hat die Demo wahrscheinlich einen Zuwachs von 0,5-1% pro FPÖ gebracht.

Willi4
6 Jahre her

Es sind halt die, die selber nichts oder wenig zum Sozialprodukt beitragen, die dafür sind, die Zahl der Transferempfänger zu erhöhen. Fern jeder Verantwortlichkeit ist gut Demonstrieren, man hat ja sonst wenig zu tun.

Landdrost
6 Jahre her

So lange das Ganze friedlich verläuft, muss man damit leben. Sobald es Ausschreitungen gibt, sollte knallhart durchgegriffen werden. Hat es so etwas früher eigentlich schonmal gegeben? Dass es Demonstrationen explizit gegen nicht-radikale gewählte demokratische Parteien gab? Hier zeigt sich auch wieder die weitere Radikalisierung, geschürt von den Brandstiftern auf der linken Seite, die ihre Hände immer in Unschuld waschen. Wehe die andere Seite wacht auf.

Winfried Jäger
6 Jahre her

Es handelt sich um Demonstrationen gegen die Demokratie. Nicht mehr und nicht weniger.

Dorothea Friedrich
6 Jahre her

Das Wort „Flüchtlingskrise“ oder „Flüchtlingspolitik“ bleibt eine Nebelkerze, sind doch fast alle illegal ins Land Spazierenden keine Flüchtlinge (zumal sie alle aus sicheren Ländern einreisen). Die Arroganz der Linken macht sich auch dadurch bemerkbar, dass sie glauben, sie könnten Menschenmassen mal eben so beliebig auf dem Globus hin- und herschieben, wie es ihnen gerade einfällt. In keinem Fall sind sie dann für die Folgen verantwortlich.

Michel Rieke
6 Jahre her

Die Demonstranten machen von einem zentralen Grundrecht Gebrauch. Gut so! Die neue Regierung ist von 57,5 Prozent der Wähler legitimiert, also werden wir uns alle mit dieser Regierung abfinden müssen. Das muss niemandem gefallen, aber so lange die Regierung auf rechtsstaatlicher Basis arbeitet, muss man es einfach hinnehmen, darf aber jederzeit dagegen demonstrieren. So einfach ist das in einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie. Da weder NEOS noch die Liste Pilz in der Flüchtlingsfrage auf der Linie der mächtigsten Frau der Welt liegen, müssen wir davon ausgehen, dass nicht einmal ein Drittel der Wähler in Österreich den deutschen Kurs weiter mittragen wollen.… Mehr

Berggrün
6 Jahre her

Es können sich ja alle mal im Leseforum vorstellen, was heute in Berlin los wäre, wenn eine Regierung auf AfD und einer anderen Partei, sagen wir mal FDP oder CDU, vereidigt würde. Der 1. Mai wäre ein Dreck dagegen. Dennoch, auch wenn es unschön klingt: Es ist doch das, was die Linken den Rechten voraushaben. Sie wären nie soweit gekommen, wie sie gekommen sind, wenn sie immer anständig, friedlich und demokratisch gewesen wären. Auch der konservative Deutsche setzt sich heute auf sein Fahrrad, stammelt „Klimawandel“ wenn er losfährt und abends im Internet registriert er sich auf einer Plattform, die gegen… Mehr

Frank in ZA
6 Jahre her
Antworten an  Berggrün

???
Auch Konservative koennen sich fuer eine intakte Umwelt einsetzen, ich sehe da nichts Negatives. Dass es den menschgemachten Klimawandel NICHT gibt, ist genausowenig gesichert, wie andersrum. Man kann nicht jahrzehntelang Gase in die Luft jagen und glauben, das haette keine Auswirkungen. Auch die Fluesse waren schon mal so gut wie tot, als man alle Abwaesser einfach dort reingekippt hatte.

wojkas
6 Jahre her

Meine kleine Enkelin besucht ein Kindergarten in einem der zentralen Bezirke Wiens.
Einen ordentlichen Schnitzel kriegen die Kleinen schon seit 2 Jahren nicht mehr-
Schweinefleischverbot aus Rücksicht.
Und in diesem Jahr werden die Kinder nicht das Weihnachtsfest sondern Winterfest feiern!
Herr Kurz, Herr Strache- übernehmen Sie! Es wird Zeit.

Cal
6 Jahre her
Antworten an  wojkas

Ich bin sicher, Sie haben Beweise dafür? „Winterfest“ statt Weihnachtsfest, „Sonne Mond und Sterne-Fest“ statt St. Martin – da würde ich gerne entsprechende Beweise sehen.

Cal
6 Jahre her
Antworten an  Cal

Ernsthaft? Fünf Daumen runter, weil ich die Frage stelle, ob eine Person, die in Wien ein ordentliches Schnitzel als Schweinsprodukt sieht, wo man doch weiß, dass das original Wiener Schnitzel ein Kalbfleischprodukt ist und das, was ich gerne esse, wenn überhaupt ein Schnitzel „Wiener Art“ ist, Beweise dafür hat, dass die Kinder kein Weihnachts- sondern ein Winterfest feiern?

Cal
6 Jahre her
Antworten an  Cal

Wojkas, mich würde mal interessieren: Sprechen wir von Wiener Schnitzel oder Schnitzel Wiener Art? Ein ordentliches Wiener Schnitzel ist aus Kalbsfleisch, nicht wahr?

Marita_1
6 Jahre her

Es ist mir unbegreiflich, wie in einer Demokratie gegen eine sich formierende neue Regierung demonstriert werden kann, wenn diese Regierung aus den beiden stärksten Parteien – demokratisch gewählt – hervorgeht. Was ist in den Birnen derjenigen, die diese Demonstrationen steuern und es zulassen, dass das Weihnachtsgeschäft derart beeinträchtigt wird, so dass bei geringerem Umsatz auch weniger Umsatzsteuer anfällt, von denen die größtenteils vor sich hin watenden und vor sich hin labernden ‚Demonstranten‘ ernährt werden?

gmccar
6 Jahre her
Antworten an  Marita_1

Man sollte erwarten, das die Amtspersonen, die solche Demos a. in der Nähe der Angelobung und b. zum gleichen Zeitpunkt gestattet haben, eventuell zu einem Gespräch gebeten werden. Same Procedure as in Germany.

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her

Es ist ein Fortschritt: Die erste Koalition dieser Art vor weniger als 20 Jahren wurde bei der Angelobung von 300000 aus ganz Europa angereisten Demonstranten emfangen und zahlreiche andere Länder haben schwere diplomatische Geschütze aufgefahren, darunter nahezu die gesamte EU. Von beidem ist man heute Lichtjahre entfernt. Den linksradikalen Krawallmachern kann man heute ganz gelassen sagen: „Gewöhnt euch dran, das ist die neue Realität!“