Weicht Seehofer vor einer Feminisierung des Diskurses?

Wenn die Schlagzeilen lauten, Seehofer weist Merkels Asylvorschläge zurück, ist das genaue Gegenteil doch Auslöser dieser Regierungskrise. Merkel verweigert sich dem Minimalkonsens.

Christof Sache/AFP/Getty Images

Was für ein Schauspiel bot dieser Sonntagabend. Noch einmal ballte sich zusammen, was schon gebrochen schien: Medien und Politik blähten sich an Rücktrittsgerüchten um Horst Seehofer noch einmal zu voller Größe auf, als es darum ging, den Fakten des Streits zwischen Merkel und dem CSU-Parteiführer und Innenminister auszuweichen, als fürchte man um den Verlust einer emotionalen Komponente der Debatte.

GroKo scheitert
Regierungkrise: Merkel hat kein Rezept für die Zukunft
Von Tina Hassel als Kommentatorin bei Tagesschau hinüber zu Katrin Göring-Eckardt bei Anne Will bis zu Marietta Slomka wehte dieser Odem tief aus dem Bauchgefühl Angela Merkels durch die Republik, als hätten wir wieder Ende 2015 und nicht Sommer 2018. Die Feminisierung der Debatte, Hysterie und Östrogen bastelten stundenlang an der Fake-News, ausgerechnet Horst Seehofer hätte irgendeine Situation zugespitzt und Merkel keine andere Wahl. Gipfelnd in der Behauptung von Tina Hassel, Merkel und die CDU seien der CSU und Seehofer maximal entgegengekommen, wohl wissend, dass es Angela Merkel war, die selbst da noch stur blieb, wo es lediglich darum ging, die geltenden Gesetze anzuwenden und zu tun, was Frankreich, Italien und andere Staaten längst ungefragt erledigen.

Wenn die Schlagzeilen lauten, Seehofer weist Merkels Asylvorschläge zurück, ist das genaue Gegenteil doch Auslöser dieser Regierungskrise. Merkel verweigert sich dem Minimalkonsens. Wer sich die nun endlich im Wortlaut vorliegenden Passagen des Masterplans durchliest, die von Angela Merkel in die Waagschale geworfen wurden, dem stockt der Atem. Selbst, was man als kläglichen Versuch Seehofers betrachten muss, die anhaltende unkontrollierte Zuwanderung endlich zu begrenzen, stößt bei Merkel auf taube Ohren. Mit einem Rest an Nüchternheit betrachtet liegen die Fakten auf dem Tisch und erlauben nur eine Interpretation: Merkel hat die Hormonspritze aufgezogen und Seehofer den Ärmel hochgekrempelt, als er mit der Kanzlerin einen Konsens versuchte.

Der Spiegel hat die Minimalforderungen Seehofers aus seinem Masterplan an diesem denkwürdigen Sonntag veröffentlicht:

„Durchführung von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen nach Schengener Grenzkodex (SGK) im erforderlichen Umfang. Die aktuelle Anordnung gilt für die deutsch-österreichische Landgrenze bis November 2018.

Im Rahmen durchgeführter Binnengrenzkontrollen erfolgen wie bisher Zurückweisungen, wenn die Einreisevoraussetzungen des SGK nicht erfüllt sind (z.B. fehlendes Grenzübertrittsdokument oder Visum). Inzwischen werden auch Personen zurückgewiesen, gegen die ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot für Deutschland besteht, ungeachtet der Frage, ob sie ein Asylgesuch stellen. Dies gilt auch für Personen, die bereits an andere Mitgliedstaaten überstellt worden sind und versuchen, nach Deutschland zurückzukehren. 

Künftig ist auch die Zurückweisung von Schutzsuchenden beabsichtigt, wenn diese in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits einen Asylantrag gestellt haben oder dort als Asylsuchende registriert sind.“

Immer noch keine Einsicht
Wie tief ist die Regierungskrise?
Nichts von diesen sich an geltendem Recht orientierenden Minimal-Maßnahmen wäre geeignet, die illegale Zuwanderung nach Deutschland spürbar zu stoppen oder irgendwie abzubremsen. Dennoch sperrt sich Merkel und schafft es noch einmal, den Medienapparat und ihre Partei dazu zu bewegen, ihrem Bauchgefühl zu folgen. War es 2015 noch das Land, das nicht mehr das ihre sein würde, wenn nicht geschieht, was Merkels Bauch diktiert, ist es 2018 gleich Europa, das nicht mehr Merkels Kontinent wäre, würde sie diesem „Fast nichts“ Seehofers nachgeben.

Bezeichnend ist hier auch der umfassende mediale Versuch, es so aussehen zu lassen, als ginge es um persönliche Dinge zwischen Merkel und Seehofer. Gar um irgendwelche Macho-Exzesse des Bayern, der es der „Kleinen“ von Helmut Kohl noch mal zeigen wolle. Nein, Seehofer hatte im Gespräch mit Maischberger sogar mehrfach versucht, dieser Emotionalisierung der sachlichen Auseinandersetzung um die Begrenzung der anhaltenden Zuwanderung auszuweichen. Am Ende hat es nichts genutzt, als lackierte Fingernägel mit Mikrofon in der Hand und Brandenburger Tor im Hintergrund nicht davon abzubringen waren, auf einen behaupteten zu hohen Testosteron-Spiegel Seehofers zu verwiesen.

Das ganze Ausmaß des Schadens, den diese Östrogenisierung der Zuwanderungsdebatte angerichtet hat, wird heute früh deutlich, wenn der Spiegel seine Leser aus dem Schlaf holt mit folgenden Sätzen: „Nun kann man mit einiger Berechtigung fragen: Hat die CSU den Verstand verloren? Ohne Zweifel waren es die Bayern, die den Streit mit der CDU so auf die Spitze getrieben haben. Wer soll verstehen, dass wegen Zurückweisungen an drei von 90 bayerischen Grenzübergängen eine Regierung scheitern soll?“

Lauter Verlierer
Seehofer Rücktritt oder nicht - wen kümmert das noch?
Das genaue Gegenteil ist der Fall: Denn wer soll verstehen, dass Angela Merkel wegen so einer angeblichen Bagatelle so einen bizarren Streit auslöst und sogar bereit war, ihn bis nach Brüssel zu tragen und dort zum Masterthema zu machen, um so nur noch weiteren Milliardenschaden anzurichten, wenn es darum ging, Staaten mit der deutschen Euro-Puderdose gegen Seehofer in Stellung zu bringen.

Es scheint fast so: Als Seehofer sein Ministerium vorstellte, als er nur Männer um sich scharte, war sein Schicksal besiegelt. Es geht hier nicht mehr um Fakten oder Streit um die Politik dieses Testosteron-Dinosauriers. Die emotionale Komponente dieses merkelschen humanitären Imperatives ist zur alles bestimmenden Größe geworden. Die Debatte um die Begrenzung der anhaltenden Zuwanderung kontaminiert von der Gender-Diskussion. Das Verlassen der Sachebene zugunsten von Bauchentscheidungen aus dem Kanzleramt. Deutschland kastriert sich selbst. Und Merkel hat Blut am Dolch.

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Kommentare ( 122 )

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122 Comments
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Theo van Gogh
5 Jahre her

“Das genaue Gegenteil ist der Fall: Denn wer soll verstehen, dass Angela Merkel wegen so einer angeblichen Bagatelle so einen bizarren Streit auslöst …“

Tja, wer soll das verstehen? Wer kennt sich denn schon mit narzisstischen Störungen aus?

Gerro Medicus
5 Jahre her

Sehr geehrter Herr Wallasch, leider haben Sie recht mit Ihrer Analyse. Seit Frauen in Machtpositionen eingerückt sind, hat sich die Politik und jeglicher Diskurs darin entrationalisiert, hat oft genug sogar Unlogik um sich gegriffen. Damit will ich den Frauen nicht pauschal Intelligenz absprechen. Jedoch scheint der Überfluß an Östrogen und Oxytocin dazu angetan, bereitwillig auch das zu tun, was einem selber und anderen schadet, wenn es nur als human, moralisch oder ethisch verbrämt werden kann. Das große Vorbild ist da Mutter Theresa, die, wie man posthum erfuhr, allerdings beileibe keine so große Heilige war, wie immer angenommen. Es ist wahr,… Mehr

John Doe
5 Jahre her

„Nichts von diesen sich an geltendem Recht orientierenden Minimal-Maßnahmen wäre geeignet, die illegale Zuwanderung nach Deutschland spürbar zu stoppen oder irgendwie abzubremsen.“ In der Tat, es handelt sich um reine Symbolpolitik. Vielleicht sind es ein paar Hundert Hanseln, die dumm genug sind, sich in einem anderen EU-Land registrieren und Fingerabdrücke abnehmen zu lassen und dann ausgerechnet an einem der drei (!) kontrollierten bayerischen Grenzübergänge Einlass ins Schlaraffenland zu begehren. Und glaubt irgendjemand, Menschen, die um jeden Preis in das gelobte Land streben, dafür viele Tausend Kilometer gereist sind und Unmengen an Geld ausgegeben haben, lassen von ihrem Vorhaben ab und… Mehr

nachgefragt
5 Jahre her
Antworten an  John Doe

Entscheidend wäre ja, dass die Nicht-Antragstellung/-Registrierung beim Aufgriff und auch in Deutschland unmittelbare Folgen haben müsste. Wer in Griechenland oder Italien keinen Antrag auf Asyl stellt und es nicht für nötig erachtet, warum sollte er in Deutschland Monate später dann asylberechtigt sein können? Auch der Zeitfaktor sollte dabei eine Rolle spielen. Wenn dieses Rosinenpicken zur umgehenden Abschiebung führen würde, schon in GR/IT und spätestens in Deutschland, wäre es auch vertretbar, dass tatsächlich Asylberechtigte GR und IT in größerer Zahl abgenommen werden.

Anna Athena
5 Jahre her

Unter diesen, seit 2015 andauernden politischen Umständen in Deutschland, wäre jedenfalls jeder männlicher Kanzler, schon längst keiner mehr…

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Anna Athena

Sie verwechseln Ursache und Folge – und zwar grundlegend.

PS: ein männlicher Kanzler würde wenn überhaupt vielleicht nur weibliche Migrantinnen einlassen 😉

anita b.
5 Jahre her

Herr Wallasch,damit ich das alles besser verstehe, beschreiben Sie doch mal die strittigen Punkte anhand eines Beispiels:
Ein Flüchtling kommt an die deutsche Grenze. 1. Er hat ein Asylverfahren in z.B. Itallien oder Österreich begonnen. Was passiert
a) jetzt ?
b)nach den neuen, von Frau Merkel beschlossenen Abkommen ?
c)nach Seehofer?
2. Er hat Einreiseverbot nach Deutsch land. Was passiert a), b) c)?

Alexander Wallasch
5 Jahre her
Antworten an  anita b.

Beide Fälle sind im Grunde uninteressant, denn es geht um die Durchgewunkenen Hunderttausende, die hier Asyl schreien dürfen in a,b,c Variante – wenn wir das nicht abstellen national wird es einfach so weitergehen.

Interessierter Leser
5 Jahre her
Antworten an  Alexander Wallasch

“ ….. wenn wir das nicht abstellen national, wird es einfach so weitergehen.“ Geehrter Herr Wallasch, genau um diesen Punkt geht es bei der Auseinandersetzung zwischen Merkel und Seehofer. „Bauch“ spielt bei Merkels Positionierung überhaupt keine Rolle! Denn als Bauchgefühl wird normalerweise eine Form von Intuition bezeichnet, die aus einer anderen Ebene kommt und mir das für mich Richtige anzeigt jenseits der Argumente des reinen Intellekts. Merkel handelt keineswegs aus dem Bauch heraus. Sie ist vielmehr stur entschlossen, entgegen aller Widerstände und gegen die Interessen der deutschen Bevölkerung an den offenen Grenzen Deutschlands festzuhalten, komme was da wolle. Sie hat… Mehr

Jasmin
5 Jahre her
Antworten an  Interessierter Leser

Seh ich ähnlich! Frau Merkel ist kopfgesteuert, lässt sich von den Emotionen anderer Menschen nur dann beeinflussen, wenn sie sie rational erfassen kann, und ihre daraus resultierende Entscheidung ihre Position stärkt/ verfestigt. Die CSU hat die Emotionen eines Teils der Bevölkerung aufgegriffen, und in ihrer Panik, die Mehrheit in Bayern zu verlieren, indem sie Stimmen an die AfD verliert, sich eben emotional angreifbar gemacht. Genau dieser emotionale Hintergrund für das Auftreten der CSU bietet Frau Merkel und ihrem Gefolge, inkl. der Medien, der überwiegend männlich dominierten EU- und CDU- Granden natürlich Angriffsfläche. Es geht in dieser Sache nicht mehr um… Mehr

Anna Athena
5 Jahre her
Antworten an  anita b.

„Der strittige Punkt“ ist nur ein einziger: Nämlich, dass Frau Merkel kein Jota von ihrer Position von 09/2015 abweichen will, um keinen Eindruck entstehen zu lassen, sie gäbe damit zu, damals einen Fehler begangen zu haben. Das ist ein Armutszeugnis.
Tja, nur große, psychisch stabile Politiker – Persönlichkeiten, aber nicht nur Politiker, sind dazu in der Lage, eigene Fehler zu zugestehen und nach vorne zu schauen… Alle, die das psychisch/mental nicht schaffen, blockieren sich selbst und ziehen andere mit…

Westen
5 Jahre her

Korrektur: …sonst wäre SPÄTESTENS 2017 Schluss mit dieser absonderlichen Veranstaltung gewesen.

Westen
5 Jahre her

Das wahre Östrogen ist das Geld. Infantilisierung, Wohlstandsdekadenz oder Genderisierung- das Etikett ist egal, das Ergebnis dasselbe: ein Land ohne „Eier“, formal gebildet, in Wahrheit indokriniert, in Teilen zu wohlhabend und zu müde. Der gordische Knoten ist nicht die alte Frau auf dem Thron, sondern die vergrünte Wählerschaft und ihr durch ZEIT, Spiegel und ÖR zusammenfabuliertes Kindergartenmenschenbild. Zu viele vom Steuerzahler gemästete Berufsflachmaten und in jeder Hinsicht Verkopftuchte, zudem die, die ihren Job in „irgendwas mit Medien“ , in Kultursimulationsinstituten (geniale Wortschöpfung von Herrn Klonovsky) oder bei der Heiligsprechung des Islam behalten wollen, sonst wäre lange vor 2017 Schluss mit… Mehr

Josef K.
5 Jahre her

Ankerzentrum auf Italienisch: Die Kids auf den deutschen Hilfsschiffen überlassen Schiffsladungen voll Migranten dem italienischen, später dem deutschen Steuerzahler. Das verärgert vor Allem den italieneischen Wähler. Salvini ist die Quittung. Interessant dabei ist, dass in der „Junge Freiheit Doku, siehe ) nachgewiesen werden konnte, dass Sizilien, Heimatland der ‚Ndrangeta, nicht durch unschöne herumlungernde Schwarze verschandelt werden soll. Die findigen Mafiosi schaffen die Flüchtlinge in Militärlager ins Landesinnere und von dort per Schiff ans Festland. Die Mafia verdient mit. Ca. 70.000 Frauen und Mädchen werden von den Mafialuden nach Italien verbracht und dort auf den Straßen angeboten. De Helden der deutschen… Mehr

Kuestensegler
5 Jahre her

Manchmal wünsche ich mir ganz heimlich, wir hätten schon einen Sultan an der Spitze. Und zwar so einen mit richtig dicken Eiern. Der würde die ganzen Talkshow-Tanten samt AM, AKK, KGE, CR und natürlich auch Frau Käsmann sowie tausende Gleichstellungsbeauftragte in den Harem (oder doch eher in die Wüste) schicken. Ich als „alter weiße Mann“ wäre wenig betroffen – vermutlich ginge es mir mental und phydisch deutlich besser: Auf Schweinefleisch kann ich verzichten, für einen (freiwilligen) Fastenmonat müsste ich in Wellnesshotels und Kliniken viel Geld ausgeben. Bier, Schnaps und Wein trinken Moslems auch gern – und zwar nicht nur heimlich.… Mehr

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Kuestensegler

Einer der Gründe für die Ausbreitung des Islams war schon immer die Beseitigung der alten korrupten Eliten.

Alexander Wallasch
5 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Interessanter Einwand!

nachgefragt
5 Jahre her

Es gibt nicht nur einen Östrogen-Überschuss in der CDU, sondern auch einen Testosteron-Mangel, wenn man sich Laschet und Daniel Günter anschaut. Grotesk ist bei den beiden, dass die ihre Wahlgewinne ausschließlich ihrer Konkurrenz zu verdanken haben. Laschet der MP Kraft, die als neue Aussitz-Merkel in NRW scheiterte, Günter dem SPD-Unsympathen Stegner, der der SPD jegliche Gewinnchancen nahm. Diese zwei realitätsverweigernden Luftpumpen werden nun im ÖRR von Talkshow zu Talkshow herumgereicht, Günter gestern bei Will. Der Ministerpräsident von S-H, das Bundesland ohne Bundesgrenze Richtung Süden, wo ausschließlich über Königssteiner Schlüssel Migranten gereicht werden, wo KEIN Migrant hin will, wo im Norden… Mehr

spindoctor
5 Jahre her
Antworten an  nachgefragt

Wunderschön formuliert! Danke von einem der in NRW lebt und nach S-H familiäre Beziehungen hat.

Olivia
5 Jahre her
Antworten an  spindoctor

Finde ich auch! Danke von einer die in S-H lebt und nach NRW familiäre Beziehungen hat.

Kaffeesatzleser
5 Jahre her
Antworten an  nachgefragt

Danke. Auf den Punkt.