Tichys Einblick
Interne Rundmail

“Widerspruch”: WDR wundert sich, dass sich kaum Mitarbeiter impfen lassen wollen

Eine interne Rundmail des WDR legt nahe, dass die Impfbereitschaft unter den Mitarbeitern gering ist. Das ist ein klarer Widerspruch zur impffreundlichen Berichterstattung des Senders, sagt eine Person aus dem Umfeld des WDR.

IMAGO / Rupert Oberhäuser

Ausgerechnet ein öffentlich-rechtlicher Sender wundert sich, dass sich seine eigenen Mitarbeiter kaum impfen lassen wollen. Man beobachte eine “vergleichsweise geringe Annahme” des senderinternen Impfangebots, heißt es in einer Rundmail vom Donnerstag, die TE vorliegt. Demnach hätten rund 6500 feste und freie Mitarbeiter eine Einladung zur Impfung in Bocklemünd erhalten. Aber nur 400 – also gerade einmal jeder Sechzehnte – habe das Angebot angenommen. Von den 4000 Mitarbeitern, die zum Impfzentrum Köln eingeladen wurden, habe nur ein Sechstel die Einladung angenommen. Zum Vergleich: Laut einer Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums haben sich deutschlandweit 52,9 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal impfen lassen.

Die Person, die TE die Email durchgestochen hat, stellt fest: “Es ist ein Widerspruch, wenn die Redakteure des WDR sehr impffreundlich berichten, aber selbst offenbar die Impfung ausschlagen.” Der Insider fragt sich, ob Impfverweigerer irgendwann den Job beim WDR verlieren könnten. Das könnte vielleicht manchen Journalisten dazu bringen, mehr zu riskieren und etwa über mögliche Gefahren der Impfstoffe aufzuklären. “Auch ein einzelner Redakteur hat einen gewissen Einfluss. Private Medien wie Bild oder Sat.1 berichten viel kritischer, zum Beispiel über die neue Studie zur Aussagekraft des PCR-Tests”, sagt der Insider, der aus Sorge vor Konsequenzen anonym bleiben möchte.

Laut der Mail haben alle Mitarbeiter bis auf “wenige Ausnahmefälle” ein Angebot erhalten. Über die Gründe für die geringe Nachfrage könne man nur spekulieren, heißt es in dem wöchentlichen Update des Corona-Krisenstabs und weiter: “Bestenfalls sind die meisten von Ihnen schon geimpft; einige dürfen sich aus medizinischen Gründen nicht oder noch nicht impfen lassen, andere wollen womöglich nicht?”

Wer mit Blick auf die Inzidenzen allerdings glaube, dass die Impfung nicht mehr nötig sei, liege daneben, scheibt der Krisenstab und zitiert den Betriebsarzt mit den Worten: “Das Delta-Virus wird noch während der Sommerferien der Auslöser für eine Ansteckung sein. In Deutschland haben sich aktuell 15 Prozent der Infizierten mit dem Delta-Virus angesteckt. Wir beobachten, dass sich diese Zahl wöchentlich mindestens verdoppelt.” Am Schluss des Schreibens folgt die Aufforderung, das Angebot “bitte” anzunehmen: “Checken Sie nochmals Ihre Mailbox und registrieren Sie sich zur Impfung.”

Auf Anfrage erklärt der WDR das genaue Gegenteil zu den Aussagen der Email. Die Impfbereitschaft sei über die Monate in allen Berufsgruppen “hoch” gewesen, schreibt eine Sprecherin und fügt hinzu: “Das haben die vielen Anfragen der Mitarbeiter:innen nach einem betrieblichen Impfangebot gezeigt, als der Impfstoff in Deutschland noch sehr reglementiert war.” Viele Kollegen hätten sich über die Hausärzte und Impfzentren impfen lassen, weil Betriebsärzte erst Anfang Juni Impfstoff erhalten hätten.

Es ist nicht das erste Schreiben, das dem Insider sauer aufstößt. Der Sender arbeite mit “Psychologie”, um die Mitarbeiter auf Linie zu bringen. Eine Rundmail vom 10. Juni suggeriere etwa, dass die Impfbereitschaft sehr hoch sei. “Die Stimmung ist großartig, im Wartebereich steigen schon spontane Impfpartys, natürlich mit Maske und Abstand, alles läuft wie geschmiert”, zitiert das Schreiben den Betriebsarzt, der sich im Impfzentrum in Bocklemünd befinden soll. Am Tag 2 des Impfstarts sei bereits “ein Großteil des Impfvorrats” für diese Woche aufgebraucht. Der Piecks gehe “flott” und der medizinische Beratungsbedarf sei gering, weil alle gut aufgeklärt seien, preist das Schreiben die Impfung an.

Probleme bereiteten aber Impfdrängler, die nicht abwarten könnten, schreibt der WDR-Krisenstab. Manche Mitarbeiter leiteten die Impfeinladung an Kollegen weiter, wodurch es Doppelbuchungen gebe. “Wir verstehen, dass die Begehrlichkeit wächst, je mehr Freunde und Bekannte um einen herum geimpft sind. (…) Sie bekommen eine persönliche Einladung, wenn Sie an der Reihe sind, dann werden Sie in Bocklemünd mit offenen Armen empfangen. Wer sich allerdings vorpfuscht, muss sich wieder ganz hinten anstellen”, heißt es. Der Insider findet nicht nur diese Aussagen “grenzwertig”. “Der Ton ist wie im Kindergarten”, sagt er.

Anzeige