Warum die Mitarbeiter in der SPD-Zentrale nicht applaudierten

Zwischen der Sprachregelungen der Führungen von Parteien und Regierungen und der Wahrheit gab es schon immer große Unterschiede. Doch früher berichteten die alten Medien darüber.

© John MacDougall/AFP/Getty Images

Der Verein „NoGroKo“ verbreitet seit Sonntagmorgen, er hat ein Mitgliederbegehren zur Durchsetzung einer Mitgliederbefragung über die künftige Parteivorsitzende gestartet. Eine Meldung, die in den Medien ebenso unbeachtet bleibt, wie eine andere nicht hinterfragt wird. In der SPD-Parteizentrale habe es bei der Ergebnis-Verkündung der Mitgliederabstimmung von den Mitarbeitern keinen Beifall gegeben, um die Unterlegenen zu schonen. Das ist eine nicht ungeschickte Sprachregelung der kommissarischen Parteiführung. Wahr ist sie nicht.

Als 1982 der Bruch der SPD-FDP-Koalition in der Bundesgeschäftstelle der FDP von ihrem Generalsekretär Günter Verheugen (später Generalsekretär der SPD) bekannt gegeben wurde, fielen die Mitarbeiter dort in eine Art Schockstarre.

So wie sich damals alle in der FDP-Zentrale als Linksliberale oder Sozialliberale verstanden, sind heute nahezu alle Mitarbeiter der SPD-Parteizentrale Gegner der GroKo. Ihr Zusammenwirken mit gleichgesinnten Journalisten hatte den Schulz-Hype befeuert. Nicht, weil sie Schulz-Anhänger wären, sondern weil sie sich in seinem Windschatten den Ausbruch aus der babylonischen Gefangenschaft der Merkel-Union sehnlichst erhofft hatten.

Die doppelte Enttäuschung, erst durch die Abkehr von der noch gar nicht richtig bezogenen Oppositionsführer-Rolle im Bundestag, und nun durch die Niederlage der NoGroKo-Bewegung bei der Mitgliederabstimmung, brachte die SPD-Mitarbeiter im WillyBrandtHaus 2018 zum traurigen Verstummen – wie 1982 die FDP-Mitarbeiter im Thomas-Dehler-Haus.

1982 fand die Wahrheit ihren Weg noch in die Medien, 2018 folgen die Medien der Sprachregelung. Berlin hat heute locker doppelt so viele Journalisten wie Bonn damals, aber kaum noch einen Bruchteil der Qualität.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 33 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

33 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Udo Kemmerling
6 Jahre her

Was gäbe es bei der SPD denn schon zu klatschen, gänzlich unabhängig von der Einstellung zur Groko (wie Gro die auch immer noch sein mag?)? Man repräsentiert gerade noch 15% der Wähler, bekommt mit Mühe eine Mehrheit für die Regierungsteilnahme (das muß man sich ohnehin auf der Zunge zergehen lassen, was das für ein schizophrener Unsinn ist, unter Anführung drittrangiger Probleme, nicht wahr kleiner Kevin, das Seelenheil in der Opposition zu suchen, weil man mit der anderen SPD nicht koalieren will) und kann sich lebhaft vorstellen, dass diese Mehrheit bei den Wählern nicht einmal zu holen gewesen wäre. Dumpf im… Mehr

Koko Lores
6 Jahre her

Sehr gute Aufzählung. Ich möchte noch schlimmstes Behördenversagen in fast allen Verwaltungsbereichen hinzufügen. Aber so gerne man all dieses Staatsversagen einer einzigen Person, Merkel, anheften möchte, (Sündenbockprinzip) ist es doch nicht ganz so. Das dieses Land dort steht wie von Ihnen zuvor beschrieben, haben wir dem linksgrünen Sozialismus zu verdanken. Dieser betriebt seit 1970 den Marsch durch die Institutionen mit großem Erfolg. 48 lange Jahre hatten diese Menschenzeit dieses Land zu ruinieren. Viele haben daran mitgewirkt. Besonders zu erwähnen wären hier auch die Gewerkschaften im engen Schulterschluss mit der SPD, (aktuelles Beispiel Frau Nahles, einfach mal Lebenslauf bei Wiki nachschlagen)… Mehr

Gero Hatz
6 Jahre her

Meine Prognose für die nächsten Wahlen: Die Spezialdemokraten werden sich zunächst noch einmal auf einem Niveau um die 10% stabilisieren, um dann mittelfristig nach französischem Vorbild ganz zu verschwinden. Ein nicht unerheblicher Teil der Mitglieder weiss das und findet es anscheinend nicht zum Klatschen.

Leitwolf
6 Jahre her

Die SPD versteht unter Erneuerung halt offensichtlich etwas ganz anderes: Dsa Geld fremder Leute. Heute Morgen gingen schon die Bettel-E-Mails raus: „Lieber …, Gestern haben wir uns entscheiden, dass die SPD in eine Regierung eintritt. Unabhängig vom Ergebnis ist für uns klar: Wir werden unsere Partei erneuern. Das wird eine Kraftanstrengung. Für eine erfolgreiche Erneuerung brauchen wir Dich. Unser Mitgliedervotum ist ein erster Schritt, der uns als Partei sehr gefordert hat. Unterstütze die Erneuerung mit Deiner Spende, Jan-Christoph, damit wir diesen Weg konsequent weitergehen können. Jetzt spenden! In sieben großen Regionalkonferenzen, hunderten Dialogveranstaltungen vor Ort und in Online-Konferenzen haben tausende… Mehr

Rainer Franzolet
6 Jahre her

In den letzten Jahren gab es sehr viele Ungereimtheiten bei der Auszählung von Stimmzetteln. In meinen Augen ist die SPD genau so redlich wie die MSM. ALSO GARNICHT! Ich traue denen mittlerweile alles zu. Wer hat die denn bei der Stimmenauszählung kontrolliert? Irgendwo habe ich gelesen, das fast 5 % der Stimmen ungültig waren, weil die Wähler die Vorgaben beim Ausfüllen nicht erfüllten. …

dunkelstrasse48
6 Jahre her

Warum tritt die NoGroKo-Fraktion nicht geschlossen aus? Die Ansichten der Jusos decken sich sowieso eher mit der LINKEN.

Helmut Bühler
6 Jahre her
Antworten an  dunkelstrasse48

Weil ihre Exponenten in der SPD das bessere Vehikel an die öffentlichen Fleischtöpfe sehen.

BINE
6 Jahre her

Frage an die, die sich heute als SPD zugehörig sehen: Wisst Ihr, wer Wilhelm Liebknecht war und was der so gemacht hat? Kennt einer das Godesberger Programm?

Günter Dehren
6 Jahre her

Es ist aus einem ganz einfachen Grund nicht geklatscht worden, – es war ein Dilemma.
Herr Niethan hat unprofessionel zuerst die Ja – Stimmen genannt und dann die Nein – Stimmen.
Wäre jetzt geklatscht worden, hätte es geklungen, als würden die Nein – Stimmen beklatscht.

Äpplwoi
6 Jahre her

Letzte Hoffnung –> Heide Simonis Ergebnis für Merkel.

Eloman
6 Jahre her

Täuscht mich mein Eindruck oder klammern sich hier zwei Ertrinkende aneinander?