Volkskirche ohne Volk

Das Christentum passt sich immer mehr der säkularen Neuzeit an. Wenn die Kirche sich öffnet, gehen nicht die Ungläubigen hinein, sondern Gläubige hinaus.

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Der theologische Nullpunkt ist erreicht. Die christlichen Kirchen haben den Menschen offenbar nichts mehr zu sagen, was diese aus anderen, nämlich grünen und sozialistischen Quellen, nicht sehr viel präziser erfahren könnten. Dafür sind die dramatischen Zahlen der Kirchenaustritte nur ein Symptom. Natürlich spielen hier auch andere Faktoren wie Missbrauchsskandale oder Kirchensteuer eine Rolle. Aber das Problem hat einen theologischen Kern. Das Christentum passt sich der säkularen Neuzeit an, indem es sich auf eine Weltanschauung reduziert und gleichsam selbst historisch wird. Durch diese Selbstreduktion setzt das moderne Christentum das religiöse Erleben frei, das nun beliebig eingefärbt werden kann.

„Der Weg einer Selbstsäkularisierung des
Christentums zum sozialistischen Humanitarismus
ist in Deutschland längst schon gebahnt“

Die christlichen Kirchen haben das Kreuz inflationiert. So hört man von den Repräsentanten der beiden großen Kirchen nur noch selten etwas über das Ärgernis und den Skandal des Paulinischen Wortes vom Kreuz, aber sehr viel über die unzähligen kleinen Kreuze wie Migration, Welthunger, Arbeitslosigkeit, Klimakatastrophe. Zusammengehalten werden diese kleinen Kreuze durch die Dauerbereitschaft eines „Reden wir miteinander“. Die christlichen Kirchen vermeiden Konflikte, indem sie immer weniger behaupten – nämlich im Sinne des Dogmas und der Orthodoxie, also des „richtigen Glaubens“. Aber nur Dogmen schützen uns vor dem endlosen Kreisen in unbeantwortbaren Fragen. Wir haben es hier mit einer spezifisch religiösen Leistung zu tun. So bedeutet das johanneische „Die Wahrheit wird euch frei machen“ in diesem Zusammenhang: Akzeptiert das Dogma, dann habt ihr keine Probleme mehr.

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Der Weg einer Selbstsäkularisierung des Christentums zum sozialistischen Humanitarismus ist in Deutschland längst schon gebahnt. Als Beobachter bekommt man hier leicht den Eindruck, dass das Christentum in der modernen Welt sich selbst nicht mehr für anschlussfähig hält, jedenfalls nicht in seiner kirchlichen Dogmatik. Deshalb ersetzt es den Skandal des Gekreuzigten zunehmend durch einen neutralen Kult der Menschheit. Thomas Mann hat das einmal „Verrat am Kreuz“ genannt. Der Humanismus der Kirchen kompensiert, dass sie die Themen Kreuz, Erlösung und Gnade tendenziell aufzugeben bereit sind. Schon Nietzsche hat das in aller Deutlichkeit gesehen: „Je mehr man sich von den Dogmen loslöste, umso mehr suchte man gleichsam die Rechtfertigung dieser Loslösung in einem Cultus der Menschenliebe.“ Das Residualchristentum der Alle-Menschenliebe weiß nichts mehr von Paulus. Was dann noch bleibt, ist Sentimentalität als letzter Aggregatzustand des christlichen Geistes. Doch sind Zweifel an der Publikumswirksamkeit dieser Strategie angebracht. Wenn die Kirche sich öffnet, gehen nicht die Ungläubigen hinein, sondern Gläubige hinaus.

Die religiöse Tradition wird aufgelöst und rekombiniert

Nicht dass die moderne Gesellschaft irreligiös geworden wäre. Doch heute sehen wir, dass die Stabilität der Funktion der Religion in der Gesellschaft keine Bestandsgarantie für die traditionellen Kirchen mehr ist. Wenn heute ein neues religiöses Bedürfnis aufflackert, dann müssen die christlichen Kirchen beobachten, dass es meist nach anderen Heilsversprechen Ausschau hält. Wie auch immer man die religiöse Lage der Gegenwart einschätzen mag sie ist gekennzeichnet durch eine Auflösung und Rekombination der religiösen Tradition. Die sogenannte Zivilreligion resümiert die Restbestände der religiösen Institutionen: die Kirchen, in denen wir getauft werden und heiraten; die Grundgesetze, die ohne göttliche Abkunft leer wären; die Schwüre „bei Gott“, mit denen Staatsoberhäupter ihr Amt übernehmen.

Soweit sich die christlichen Kirchen auf das Konzept der Zivilreligion einlassen, beschreiben sie sich selbst funktionalistisch. Heilsversprechen gibt es dann nicht mehr. Als Zivilreligion hat das Christentum die großen Themen wie Kreuz, Erlösung und Gnade aufgegeben und durch einen diffusen Humanismus kompensiert. Wie andere westliche Institutionen gerät es damit in die Modernitätsfalle. Die christliche Zivilreligion leidet nämlich nicht daran, dass sie mit der Kulturentwicklung nicht mitkäme, sondern an ihrer eigenen Realitätsgerechtigkeit. Man kann es auch so sagen: Den christlichen Kirchen fehlt der Mut zur Unzeitgemäßheit. Gerade weil sie so modern und „aufgeklärt“ sind, können sie nicht mehr Heil versprechen und eine neue Welt prophezeien.

„Auf dem Markt der Religionen dominiert
die spirituelle Selbstbedienung,
das Do-it-yourself der Selbsterlösung“

So kann man beim Kirchenbesuch leicht den Eindruck bekommen, die Pfarrer wüssten sehr viel vom Klimawandel, den Hungersnöten in Afrika, der Seenotrettung auf dem Mittelmeer und den heimischen Arbeitslosenstatistiken, aber nichts mehr von der Apokalypse. Dem entspricht auf der anderen Seite der Religionskonsument, der die Kirche besucht, um sich spirituell zu unterhalten. Auf dem Markt der Religionen dominiert die spirituelle Selbstbedienung, das Do-it-yourself der Selbsterlösung. So entsteht millionenfach das, was Karl Gabriel Bastelreligion genannt hat. Und die hat durchaus noch Verwendung für christliche Versatzstücke wie Weihnachten, das als „unmittelbare Vereinigung des Göttlichen mit dem Kindlichen“ (Schleiermacher) so ideal in den Seelenhaushalt des modernen Menschen passt. Aber auch alle, die mehr für sich erwarten als bloße Sentimentalität, werden heute konsumistisch bedient etwa durch eine Wallfahrt, die die religiöse Pflichtreise in Tourismus aufhebt.

Eine Bankrotterklärung für die Kirchenführer
Das weichgespülte Evangelium und der Exodus aus den Kirchen
Die christlichen Kirchen stehen wie gebannt vor der Tatsache, dass sich das Devotionsbedürfnis der Menschen in der westlichen Welt, vor allem aber in Deutschland, auf die Natur verschoben hat: die Umwelt wird als Übernatur verehrt. Diejenigen, die es entrüstet als Zumutung von sich weisen, Gott Vater anzubeten, huldigen ganz selbstverständlich einem Kult der Mutter Erde. Zu den Großen, die Greta Thunberg, der Pop-Ikone dieser Öko-Religion, die Hand schüttelten und sie zum Weitermachen aufforderten, gehört ja leider auch Papst Franziskus so im April 2019 im Rahmen seiner Generalaudienz. Während der Amazonas-Synode im Oktober waren die Arme der katholischen Kirche sogar so weit ausgebreitet, dass auch die heidnische Fruchtbarkeitsgöttin Pachamama darin Platz fand. Wir können es tiefgläubigen Katholiken überlassen, zu entscheiden, ob der Götzendienst schon den Vatikan erreicht hat. Viel wichtiger ist es, dass der Papst hier „neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ eröffnen wollte. So wie die Verbeugung vor Pachamama ein unüberbietbar deutliches Zeichen für die Entchristlichung des Christentums ist, so deutlich liegen die neuen Wege für die Kirche im Mainstream des Zeitgeistes.

„Laudato si“: Wie eine Theologie der Grünen

Das Ganze hatte einen intellektuellen Vorlauf. Die Enzyklika „Laudato si'“, in der sich Papst Franziskus nicht nur an die Katholiken, sondern an die ganze Menschheit zu wenden behauptet, liest sich wie eine Theologie der Grünen. Der eigentliche Adressat ist aber der Wohlstandsbürger der westlichen Welt und das weckt den Verdacht, die katholische Kirche reite hier auf der höchsten Welle des Zeitgeistes, nämlich der Angst vor der „Klimakatastrophe“, um verlorenen Boden wieder gutzumachen. Denn in der Tat haben sich die religiösen Bedürfnisse der westlichen Welt so sehr in Richtung Umweltschutz verschoben, dass sie von den grünen Parteien und NGOs überzeugender befriedigt werden können als von den christlichen Kirchen. Deshalb suchen diese nun ihr Heil eben auch im Umweltschutz, unter dem Titel „Schöpfungsbewahrung“.

Doch das ist eine hoffnungslose Defensivstrategie. Statt auf den Wellen des Zeitgeistes zu reiten, müssen die christlichen Kirchen zurück zu Dogma und Otrthodoxie oder sie verschwinden vollends in der Bedeutungslosigkeit.

Kurz gefasst
Wenn sich die Kirchen auf das Konzept der Zivilreligion einlassen, gibt es kein Heilsversprechen mehr. So stehen die Kirchen wie gebannt vor der Tatsache, dass sich das Devotionsbedürfnis der Menschen auf die Natur verschoben hat, dass Umwelt als Übernatur verehrt wird. Statt Gott Vater wird Mutter Erde angebetet. Gegen diese hoffnungslose Defensivstrategie hilft nur die Rückkehr zu Dogma und Orthodoxie – sonst droht das Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit.


Dieser Beitrag von Norbert Bolz erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.

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Kommentare ( 84 )

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84 Comments
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moorwald
3 Jahre her

Auf dem Weg zum Glauben muß der Gläubige irgendwann einmal das“sacrificium intellectus“ bringen.
In einem Bild könnte man es auch so ausdrücken: Der Gläubige hat sich in seinem Glaubensgehäuse eingerichtet, die Tür verriegelt und den Schlüssel weggeworfen. So bleibt ihm nur die Innenansicht.
Der Nicht-Gläubige sieht sich das Haus von außen an, bemerkt die schiefe Konstruktion, die morschen Balken, das undichte Dach und kommt schließlich zu der Entscheidung, doch lieber unbehaust seine Lebensstraße zu ziehen, sich Wind und Wetter der Ungewißheit auszusetzen.
Man zahlt eben für alles einen Preis auf dieser schönen Erde.

moorwald
3 Jahre her

Der Nicht-Gläubige oder Skeptiker (übrigens die einzigen „anständigen“ Philosophen) ist dem Gläubigen allein schon durch seine Existenz ein stetes Ärgernis. Rührt er doch an die nie ganz zu heilende Wunde des Zweifels.
Denn der Gläubige muß sich immer wieder seiner Glaubensgwißheit versichern – und das kostet Mühe. Der Skeptiker hingegen muß nichts „beweisen“, er will nicht missionieren.

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Überholte Reflexe und Gedankengänge und darüber hinaus (th-ph.) abermals falsch. Als ob sich der (laue) Christ (bin ich übrigens auch) über des Moorwalds privaten „Nicht-Glauben“ bzw. des mehrheitlichen Atheismus (des Westens) als praktische Lebensregel heute noch ärgern würde. (Das einzige „Ärgernis“ sind th-ph. Nonsens-Texte, deren Richtigstellung man nicht mit etwaiger Mission verwechseln sollte) – Es mag diese Zeiten gegeben haben, aber die sind doch (bezügl. des Christentums!) längst vorbei, guter Mann/gute Frau!! Komisch, das Moorwald & Co nicht vor Freude ob des Sieges des bunten Säkularismus auf der Straße tanzen, anstatt dem Selbstgespräch in alten Klischees und Schablonen zu frönen.… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Nietzsche, der eigentlich kein „richtiger“ Philosoph, aber ein genialer Psychologe war, hat das alles viel besser ausgedrückt, als ich es könnte:

Die Gläubigen und ihr Bedürfnis nach Glauben. (Die fröhliche Wissenschaft, 5. Buch, 347)

Auch Wittgensteins oft zitierter Aphorismus paßt immer in solchen Dingen:

„Was sich sagen läßt, läßt sich klar sagen. Und wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.“ (Tractatus logico-philsophicus)

Aber gerade Schweigen fällt Glaubensbewegten ungeheuer schwer…

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Komisch nur, dass es Nietzsche, dem passionierten Christen-Basher, am Ende seines Lebens nicht davor abhielt, nach allen Instrumente und Sakramentarien für einen „geordnet-christlichen Hinübergang“ zu verlangen, die man ihm dann auch gespendet hat. Man sagt ja auch, dass es in einem abstürzenden Flugzeug keine Atheisten gibt. 🙂 Und die anderen Wittgensteins & Co, mögen ja wichtige Philosophen oder Schreiber gewesen sein, aber mir ist kein Fall bekannt, wo einer dieser Leute für seine Expertisen notfalls auch bis in den Tod ging, um deren Wahrhaftigkeit zu bezeugen. Es hat also schon durchaus seinen Sinn, warum keine Wittgenstein o. Nietzsche, sondern dieser… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Wieder einmal hat sich gezeigt: der Gläubige sieht sich genötigt, seinen Glauben – mehr oder weniger aggressiv – zu verteidigen. Der Nicht-Gläubige oder Skeptiker kann sich entspannt zurücklehnen. Er hat nur einen Stein in einen stillen Teich geworfen.

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

So glaubt er das, der „Nicht-Gläubige oder Skeptiker“, dass er sich in Zeiten wie diesen „entspannt zurücklehnen“ kann? Wenn er da mal nicht, wie in seinen sonstigen Privat-Offenbarungen, einem tragischen Irrtum unterliegt und sich schon sehr bald einem tatsächlich-aggressiven Glaubenskult gegenübersieht, den er mit seinem „entspannten Zurücklehnen“ bzw. philosophisch-theologischem Relativismus, entscheidend den Weg bereitet hat …

moorwald
3 Jahre her

Dr Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen (Skeptikern) ist, daß erstere keine unbeantworteten (unbeantwortbaren) Fragen aushalten. Lieber irgendeine Antwort als gar keine. Ihnen geht es nicht um Wahrheit, sondern um Trost in einer Welt, der unser Wohl und Wehe absolut gleichgültig ist. Schon ihr Begriff von „Wahrheit“ macht jede Diskussion unmöglich. Wie ja auch die sprachliche Hochseilakrobatik.

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

„Der Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen ist, dass erstere“ in der Lage sind, neben der reinen Ratio, (auch) ihren „Intuitätskompass“ (Metaebene) zu nutzen, wozu der reine Rationalist (und oft Hochintellektuelle) nicht willens oder fähig ist. Dies mit weiterer, sprachlich-intellektuellen „Hochseilakrobatik kompensieren zu wollen, nur weil vielmehr der säkulare Atheist o. „Wünsch dir Was“-Esoteriker“ „nicht aushält“, dass sich da ein Gott geoffenbart hat, nachdem sich irgendwann die weltgeschichtliche Zeitrechnung richtet/e, erinnert mich schwer an den Duktus lupenreiner Sozialisten, von denen die heutige Zeit ja wieder so herrlich geprägt ist. Sie wollen mit dem bloßem Auge bis ins innerste der Sonne vordringen,… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Wie gesagt: der Gläubige kann nur sein Glaubensbekenntnis in irgendeiner Form wiederholen. Das zeigt sich auch in den Antworten und Einwänden auf meine Beiträge exemplarisch.
Wer ohne religiöse Bindung nicht leben kann, dem sei das unbenommen. Solange er dabei anderen ihre Freiheit läßt, nicht zu „glauben“, sich allen Ungewißheiten auszusetzen, die zum Leben (und Sterben) gehören, sich nicht für moralisch besser hält, kann man gut miteinander auskommen. –

Lepanto
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Der Einzelne kann gut ohne Glauben auskommen (und so auch alleine ver- und zugrunde gehen). Der Einzelne kann aber auch immer wieder zum Glauben zurückfinden. Für eine Gemeinschaft, die den Glauben verloren hat, gestaltet sich diese Rückkehr schwieriger. Und eine Gemeinschaft ohne gemeinsamen Glauben, ohne gemeinsames Fundament, ist dem Untergang geweiht.

Die Frage Gott ja/nein ist in der christlichen Dogmatik ja auch eine Frage der Gnade. Es ist an uns, sich gegenüber dieser Gnade zu öffnen. Eine für einen (atheistischen) Konstruktivisten vielleicht akzeptable Begründung für die (zwingende) Existenz Gottes hat Peter Hitchens:

https://www.youtube.com/watch?v=VnIH4gomOqc

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Man könnte noch besser miteinander auskommen, wenn Metzger nicht über das Seelenleben von Vegetariern und – ich nehme an – säkular-atheistisch orientierte Zeitgenossen nicht über das Wesen spirituell-transzendentaler Ebenen (die Kant einst als „unhintertreibbares Bedürfnis“ in des menschl. Bauplan beschrieb, weil es so alt und so DA sind, wie der Mensch SELBST, die sogen. METAebene) referieren, nur weil man damit das eigene, private Weltbild nicht mehr ins Wanken bringen lassen will. Die Einwände auf Ihre Beiträge kommen deshalb, weil sie objektiv falsch u. eindimensional (reine Ratio-Ebene) sind. „Das Kreuz ist der Ernstfall der Liebe“! Und wenn Sie auf Figuren wie… Mehr

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Stiller Ruf

„spirituell-transzendental…Meta-Ebene…säkular-atheistisch…reine Ratio-Ebene.. Kreuz als Ernstfall der Liebe…“

Große Worte, die alles und nichts bedeuten können. Eine in letzter Konsequenz um sich selbst kreisende Sprache, ein Raunen – als Kommunikationsmittel unbrauchbar.
„Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen…“ (Mephistopheles, Faust I)

Letztlich geht es immer um den Glauben. Und den vergeblichen Versuch, da irgend etwas „zu beweisen“. Hierzu gehören auch die Theodizeen: Wenn Gott das Gute ist, woher kommt das Böse?

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Große Worte? Wieso? Sind doch ganz normale, theologische Begriffe und Zitate. „Eine in letzter Konsequenz ums sich selbst kreisende Sprache.. als Kommunikationsmittel unbrauchbar.“ Ja eben, aber nur für den – wie vorgenannt – eindimensionalen Geist! Denn wenn’s der EIGENE, verweltlichte Horizont nicht (mehr) zu erfassen mag, muss dieses Kommunikationsmittel ja nicht per se „unbrauchbar“ sein. Ich empfehle mal die Lektüre von Pascal: „Das Herz seine Gründe, die der Verstand/die Vernunft nicht kennt.“ Wohl auch „zu große Worte“, die dem lupenreinen Rationalisten für immer verschlossen bleiben dürften. Und das irgendein Christ – zumindest heute noch – „vergeblich versucht“, den Glauben bzw.… Mehr

Lepanto
3 Jahre her

Zur (heidnischen) Verehrung der Natur folgendes: Gott vergibt immer. Der Mensch manchmal. Die Natur niemals. Völlig falsch dargestellt wird oft, dass Franz von Assisi die Natur als Mutter verstanden habe. Stattdessen nennt er die Sonne eine Schwester und den Mond einen Bruder. Sie sind also stets (nur) Teil der Schöpfung. Zum himmeltraurigen Zustand der Kirche folgende drei Aphorismen von Davila: – Früher griffen die Narren die Kirche an, heute reformieren sie sie. – In der Absicht, der modernen Welt die Arme zu öffnen, öffnete die Kirche ihr die Beine. – Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt,… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Mancher meint, das Christentum könne ein Bollwerk gegen den anstürmenden Islam sein, „neue Religiosität“ usw. Das sind Träume. Dafür ist es längst zu ausgezehrt. Die neue Relgiosität wird die der Scharia sein – höchst düstere Aussichten. – Aus persönlicher Erfahrung möchte ich aber zugestehen, daß z.B. ein festgefügtes Ritual wie eine kirchliche Beerdigung durchaus seinen Wert hat. Dogmen vergehen, Rituale können noch lagen weiterbestehen. In diesem Forum tauschen Gläubige und Nicht-gläubige keine Argumente, sondern eben Bekenntnisse aus. Es stoßen da zwei Welten aufeinander, die schon sprachlich inkommensurabel sind. Dem Gläubigen bleiben eigentlich nur seine alten, angelernten Formeln, z.B. aus Konfirmanden-… Mehr

Lepanto
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Die katholische Kirche war und wird auch wieder das einzige Bollwerk gegen die heidnische Moderne wie auch gegen den häretischen Islam sein. Alles andere wird von diesem Sturm hinweggefegt werden.

Zum Glauben/Agnostizismus: Der Unglaube ist nicht Sünde, sondern Strafe (Davila).

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Säkularistisch-eindimensionale Denke. Inclusive der ihr typischerweise inne wohnenden Partizipation u. Mitnahmementalität an allem Schmackhaftem (christl. Beerdigung; Weihnachtsmetten; kirchl. Trauung etc. ) , während man die „Mühsal des Kreuzes“ geflissentlich verweigert bzw. sich da so seine (Alibi)-Gegenargumente zusammenbastelt. So läuft das nun mal nicht. Das ist, sorry, geistlich-kulturelle Verwesung und Resignation auf hohem (Wohlstands)Niveau.

moorwald
3 Jahre her

Wenn die Religion nicht mehr zur Welterklärung, wahlweise auch zur Weltverklärung ( Gott hat alles so wunderbar volkommen eingerichtet) oder Weltenwertung ( Hoffnung auf ein besseres Jenseits), dient, bleibt noch die Funktion,Leid, Entbehrung, Unglück, vor allem aber die Gewißheit des eigenen Todes – des schlechthin Unausweichlichen und Unvorstellbaren – erträglich zu machen. Illusion als Abwehrmechnismus. Den Gläubigen werden Auferstehung und das ewige Leben, als Zugabe auch mal 72 Jungfrauen versprochen. Religionen sind kollektive Wahnsysteme. Aber ohne Verkennung, Wirklichkeitsleugnung, Selbsttäuschung wäre dieses Leben gar nicht auszuhalten. „Es geht nicht ohne Hilfskonstruktionen“ (Fontane, auch von S. Freud zitiert in „Die Zukunft einer… Mehr

Stiller Ruf
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Stöhn, die gute, alte, Mission-Impossible: was das menschliche HIRN nicht begreift, kann’s auch nicht geben! Man könnte den Spieß auch umdrehen und sagen, nur weil der kleinkarierte Mensch SICH SELBST zum Maßstab dessen macht, was möglich ist und was nicht, ist es für ihn natürlich eine unzumutbare (geistige) Zumutung und Angstvorstellung, dass da eine Dimension hinter seinem Leben stehen könnte, die er weder begreift, noch ihr in irgendeinem Punkt das Wasser reichen könnte. Ein Umstand, der immer wieder in die von menschlichem Machbarkeitswahn geprägten ISMUS-Systeme führte. Gut, dass hier einige unverdächtige Giganten der Geschichte, von Einstein bis Kant, diesbezüglich schon… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Nicht allein die Institution „Kirche“ ist unglaubwürdig (oder simpel gesagt: nicht mehr attraktiv) – es ist eben das „Dogma“, dessen Wiederbelebung hier als Heilmittel beschworen wird. Eine zweitausendjährige Entwicklung führte stets vom Glauben zum Wissen – nie umgekehrt. Das metaphysische Bedürfnis der Menschen (wenn man es mal so nennen will) bleibt zwar erhalten, aber die Kirchen, die christliche Lehre haben als Sinnlieferanten ausgedient. Theologische Sprache wirkt heute ausnahmslos inhaltslos, als bloßes Spiel mit Worten. An die Stelle der kirchlichen Lehren treten – wie hier mehrfach richtig festgestellt – andere (kurzlebige) „Dogmen“. Auch diese müssen vor allem irrational und genügend unbestimmt… Mehr