Türkei: Das Ergebnis war vorhersehbar

Für jeden aufrechten Europäer sollte die Antwort auf der Hand liegen: Hayir! Hand in Hand mit jenen, die in der Türkei niemals eine wirkliche Chance hatten, den Alleinherrschaftsanspruch des Möchtegern-Sultans aufzuhalten.

© Sascha Schuermann/Getty Images

Hat tatsächlich jemand daran geglaubt, dass bei der Abstimmung über Erdogans Präsidialdiktatur etwas anderes als das „evet“ herauskommen würde? Die Chancen zwischen Erdogan-Freunden und Erdogan-Gegner waren zu keinem Zeitpunkt gleich. Der Mann, der sich im Auftrag seines Allahs wähnt, hatte seit Jahrzehnten genau auf dieses „evet“ hingearbeitet. Das Ergebnis war noch nicht amtlich, da bezeichnete sich Erdogan schon als Sieger und Ministerpräsident Yildirim hielt eine triumphierende Balkonrede. Was ist in einem solchen Land auch ein „amtliches“ Wahlergebnis? So etwas brauchen Sultane nicht wirklich.

Erst gelang ihm auf den Grundlagen der Wirtschaftsreformen seiner Vorgänger wie Tansu Ciler ein kleines Wirtschaftswunder, welches ihm die Unterstützung der „kleinen Leute“ bis heute sichert. Dann enthauptete er politisch gemeinsam mit seinem damaligen Verbündeten Fethullah Gülen das säkulare Militär, übernahm die Organe der Justiz. Proteste vor allem junger, liberaler Bürger ließ er brutal niederschlagen – deren Kommunikationswege über das Internet kappen. Kritische Medien wurden drangsaliert und Stück für Stück unter Erdogans Kontrolle gebracht.

Als sein früherer Verbündeter Gülen über seiner Bewegung angehörende Staatsanwälte die Korruption des Erdogan-Clans ans Licht zerrte, setzte Erdogan alles daran, die Justizorgane mit seinen eigenen Getreuen zu besetzen. Der herbeigeputschte Staatsstreich, dramatisch inszeniert, gab Erdogan die Instrumente in die Hand, nun auch mit der Anhängerschaft Gülens aufzuräumen. Mittlerweile nicht mehr zu zählende Personen, die Erdogan als Gefahr für seine Machtposition sah, wurden entlassen oder verschwanden in den Verließen des neuen Osmanenreichs. Die letztverbliebenen unabhängigen Journalisten flohen entweder aus dem Land – oder sitzen ebenso ein wie Doppelpassler Deniz Yücel, den Erdogan offiziell zur Staatsgeisel gegen Deutschland erklärt hat.

Schon lange keine Freiheit mehr

Frei war diese Türkei schon lange nicht mehr. Erdogan regierte nach der Inszenierung auf der Bosporusbrücke im Ausnahmezustand, räumte die parlamentarische Opposition ab und fuhr den Krieg gegen die eigene, kurdische Bevölkerung wieder hoch. Der Despot braucht Feindbilder, um seine genetischen Anatolier, die sich wie kaum eine andere Bevölkerung ihren turkmenisch-islamischen Eroberern unterworfen und assimiliert haben, hinter sich zu einen. Christliche Armenier, Kurden gleich welcher Konfession, Deutsche, Niederländer, die christlichen Europäer  – für den „Erdowahn“ in Ankara ist jeder Verräter, Feind, Nazi, der sich seinem Willen nicht willenlos unterwirft.

Wie bereits bei der letzten halbwegs freien Parlamentswahl der Türkei sammeln sich Klagen über Behinderungen und Manipulationen. Im kurdischen Diyarbakir sollen Wahlbeobachter der prokurdischen HDP und der säkularen CHP gleich aus dem Abstimmungslokal in Haft genommen worden sein. Andernorts wurden die Abstimmenden gezwungen, ihr Kreuz offen zu machen. Der Geheimdienst dürfte daneben gestanden haben und die wenigen, mutigen „Hayir“-Stimmer auf seine schwarzen Listen gesetzt haben. Und dann sind da ja auch noch die angeblich knapp 700.000 Stimmen der in Deutschland lebenden Türken, die offenbar den Absprung nicht finden. Auf welchen dunklen Pfaden diese Zettel den Weg nach Ankara gefunden haben – unbekannt. Wer daran wie manipulieren konnte, nicht minder.

Zurück in den islamisch-despotischen Schoß

Erdogan hätte ein Idiot sein müssen, um die Abstimmung zu verlieren. Wer alle Instrumentarien von Repression und Manipulation in der Hand hat, verliert kein Referendum, das ihn zum Alleinherrscher macht.  Daran ändern auch Umfragen nichts, die bis kurz vor der Abstimmung ein wachsendes „Nein“-Lager sehen wollten.

Erdogan hat damit nun den Schritt vollzogen, auf den er seit Jahrzehnten hinarbeitet. Die unter Atatürk gen Westen, nach Europa ausgerichtete Türkei kehrt zurück in den totalitär-islamischen Schoß ihrer Geschichte.  Einhundert Jahre Modernisierung sind gescheitert – und der militante Islam ist nun von Teheran aus dem lahmenden, wehrunfähigen Europa einen großen Schritt näher gekommen.

Die Wahlergebnisse in den türkischen Gemeinden sprechen Bände.

Endlich Konsequenzen ziehen

Welche Lehren sind aus dieser Entwicklung zu ziehen?

Nun – zu allererst sollte die EU jetzt wirklich die schon lange zur Farce gewordenen Beitrittsverhandlungen beenden. Die damit verbundenen „Eingliederungshilfen zur Stärkung von Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit“ in Milliardenhöhe sind nicht nur einzustellen, sondern umgehend zurückfordern. Denn das bislang geflossene Geld wurde offensichtlich in betrügerischer Absicht erschlichen. Auf die zu erwartende Einführung der Todesstrafe, die bei Licht besehen nichts anderes als ein Oppostionsermordungslegitimierungsgesetz sein wird, muss nun nicht mehr gewartet werden.

Die NATO-Mitgliedschaft der Türkei ist auszusetzen. Dieses Land wird auch weiterhin nicht ernsthaft gegen seine Geistesbrüder vom Islamischen Staat kämpfen. Es wäre an der Zeit, dass dieses einmal jemand dem neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten erklärt. Wäre es nicht so gänzlich aussichtlos, möchte man an dieser Stelle einen alten Spruch der BILD-Zeitung zitieren: „Merkel, übernehmen Sie!“.

Die in der Südosttürkei stationierten Bundeswehreinheiten haben dort abschließend nichts mehr zu suchen. Verlegen nach Jordanien oder zurückholen. Und nicht ein weiterer Cent in den Ausbau der türkischen Militäranlage.

Die Doppelpass-Farce sollte eher gestern als heute beendet werden. Wer zu Deutschland gehören möchte, soll sich dazu bekennen, indem er seinen türkischen Pass zurückgibt. Wer Erdogan-Unterstützer bleiben möchte – auch gut: aber in Deutschland dann ohne auch nur das geringste Recht auf politische Mitsprache.

Die als Imame getarnten subversiven Kräfte des Erdogan‘schen Islam haben in Deutschland nichts zu suchen. Sollen sie in der Türkei predigen, was sie wollen. Deutschland aber braucht keine fünfte Propaganda-Kolonne eines türkischen Sultans.

Schluss mit der deutschen Dummheit von Integrationsbeauftragten für jene, die nicht integriert werden möchten. Statt dessen gezielte demokratische Bildung für Zuwandererkinder in unseren Schulen. Das derzeit dort verbreitete Ammenmärchen eines friedlichen Islam, das so überhaupt nichts mit dem Koran zu tun hat, dient nur der weiteren Zerstörung der europäischen Kultur.

Umleitung der für die Türkei vorgesehenen Mittel in jene Länder, die immer noch als Bollwerke gegen den imperialistischen Islam, den Erdogan nun noch deutlich forcierter durchsetzen wird, zu verstehen sind. Das sind derzeit vor allem Israel, Jordanien und Ägypten. Sie werden gegen die Wiedergänger Mohammeds jede Unterstützung brauchen.

Evet oder Hayir – Ja oder Nein, so lautete die Frage in der Türkei. Sie stellt sich nun noch verstärkter auch im christlich geprägten Europa. Wollen wir uns weiter von einem islamischen Despoten am Nasenring durch die Arena führen lassen? Wollen wir weiterhin gezielt wegschauen und uns dabei selbst zu Disposition stellen?

Für jeden aufrechten Europäer sollte die Antwort auf der Hand liegen: Hayir! Hand in Hand mit jenen, die in der Türkei niemals eine wirkliche Chance hatten, den Alleinherrschaftsanspruch des Möchtegern-Sultans aufzuhalten. Und gemeinsam mit ihnen darauf hoffen, dass die Hybris dem Despoten selbst die Fallen stellen möge, in denen er sich verfängt – ohne dass er das Land zwischen Schwarzem und Mittelmeer zuvor in die Selbstvernichtung getrieben hat.

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Kommentare ( 251 )

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Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

U28? Da sehe ich noch eine Menge an Entwicklungsspielraum bis zur Reife in den ein paar Nummern zu großen Outdoor-Imponierschlappen.

BMcL
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Spahn, der Anfang Ihres wunderbaren Artikels ist realistisch, das Ende wahrscheinlich illusorisch.
Kein einziger unserer regierenden Politiker (egal welcher Coleur) wird irgendetwas unternehmen. Das haetten Sie schon lange machen muessen haben sich aber bedauerlicherweise weggeduckt und werden dies auch weiterhin tun.
Ich weiss wirklich nicht mehr weiter und schwanke zwischen Wut und Depression…..

Felix Schmidt
6 Jahre her

Auf die zukünftigen Buchungszahlen in den türkischen Urlaubs“paradisen“ darf mit Spannung geschaut werden. Ob die Nulllinie schon in Sicht ist? Daran kann doch kein gemäßigter Türke ernsthaft Interesse haben….

Cornelius Angermann
6 Jahre her

Wahr gesprochen, Herr Spahn. Das wären die politisch eigentlich notwendigen Schritte. Aber diese werden unter der derzeitigen und auch wohl zukünftigen Bundesregierung und den Protagonisten in Brüssel natürlich keinesfalls umgesetzt werden. Unser Super-Außenminister Gabriel hat schon öffentlich verkündet, dass er dafür ist, die Beitrittsgespräche mit der Türkei weiterhin zu betreiben. Die einzige Partei, die geschlossen hinter den von Ihnen skizzierten Handlungen stünde, wäre die AfD. Noch eine Bemerkung zu Deniz Yücel. Ich halte ihn keinesfalls für eine deutsche Geisel Erdogans. Yücel ist Doppelpassinhaber und hat damit demonstriert, dass er sich der Türkei weiterhin verbunden fühlt. Dann muss er auch akzeptieren,… Mehr

Monika Medel
6 Jahre her

Ja, das ganze Geschnatter jetzt ist völlig absurd. Diese Entwicklung war absehbar, war schon lange absehbar und wird immer mehr an Fahrt gewinnen. Und das war und ist ganz leicht erkennbar, dazu braucht es keinen besonderen Scharfsinn. Aber wenn man nach dem Motto geht: Was nicht sein darf,kann nicht sein und auch noch die Hühneraugen gaaanz fest zumacht, ja dann erlebt an eben solche Tiefschläge in die Magengrube. Nun unsere Meisterverdränger werden schon irgendwelche Sprüchlein kreieren um die Malaise umzudeuten.

Jedediah
6 Jahre her

Diese Dödel sind mit einem Bevormundungsgen auf die Welt gekommen. Mit Worten kriegen sie die nicht still.

Oberon
6 Jahre her

Kommen Sie lieber runter von Ihrem hohen Roß,
denn den nur wenigen deutschen Polizisten und Soldaten stehen hierzulande längst Millionen junge und zu allem entschlossene Koranverwirrte gegenüber.

Gerd
6 Jahre her

Der Vorschlag, die Bundeswehr einfach nach Jordanien zu verlegen, erscheint mir – höflich ausgedrückt – doch ziemlich ambitioniert. Glauben Sie im Ernst, dass Jordanien dies dulden würde? Die Stationierung war von Anfang an Blödsinn. Zurück nach Deutschland! Sofort! Noch eine Bemerkung zu dem ehrenwerten Journalisten mit Doppelpass, der jetzt den kostenlosen Aufenthalt im Land seiner Väter genießt: Ich kann mich einer gewissen Schadenfreude nicht erwehren, dass dieser Herr jetzt selbst Opfer seines Doppelpasses geworden ist. Im übrigen können wir auf Journalisten, die das Aussterben der Deutschen durch die aktuelle Völkerwanderung und die hohe Fertilität der Eingewanderten bejubeln, durchaus verzichten. Irgendwie… Mehr

Ivan De Grisogono
6 Jahre her
Antworten an  Gerd

Ueber Incirlik wurde haeufig diskuttiert.
Neuerdings wird ueber Verlassen von Incirlik und ueber US Luftwaffen Flugplaetze in Syrien, entlang der Iraqischen Grenze gesprochen in Debkafile.
Deutsche oder andere NATO Einheiten wuerden natuerlich in Jordanien nur mit Einverstaendniss der Regierung stationiert. Durchaus eine sinnvolle Ueberlegung. Uebergriffe aus Syrien , Hizballah, Iraner, Assad, IS etc. sind echte Gefahren und es operieren schon andere Verbuendete in Jordanien.

DerMichel
6 Jahre her
Antworten an  Ivan De Grisogono

Ich würde die Bundeswehr nach Zypern oder Griechenland verlegen. Dort wird es m.E. als nächstes brennen. Spätestens wenn die türkische Wirtschaft zusammengebrochen ist, wird sich Erdowahn ein neues, außenpolitisches Opfer suchen. Das ist ein in der Geschichte oft wiederholter Vorgang. Und dann sollten wir wirklich mit den Griechen solidarisch sein. Wie dann die Loyalität derer ausschaut, die noch nicht so lange hier sind……..

Oberon
6 Jahre her

Was die Schwachstellen des Artikels betrifft: 1)“Einhundert Jahre Modernisierung sind gescheitert – und der militante Islam ist nun von Teheran aus dem lahmenden, wehrunfähigen Europa einen großen Schritt näher gekommen.“ So kann nur jemand daherreden, der ebenso wie die etablierte gelbschwarzrotrotgrüne Politik nie wahrhaben wollte, daß bereits seit 1453 in der Türkei Menschenrechte mit Füßen getreten werden, insofern dort ohne Unterbrechung bis heute Christen und andere Menschengruppen diskriminiert, schikaniert und dezimiert werden. 2)“ Statt dessen gezielte demokratische Bildung für Zuwandererkinder in unseren Schulen. Das derzeit dort verbreitete Ammenmärchen eines friedlichen Islam, das so überhaupt nichts mit dem Koran zu tun… Mehr

Ivan De Grisogono
6 Jahre her
Antworten an  Oberon

#1 Menschenrechtsverletzungen schon in Osmanischem Reich seit 1453 (Konstantinopel faellt)? Was fuer ein Nonsense! Wird so etwas in deutschen Schulen oder Unis gelehrt?

Michael Sander
6 Jahre her

Es geht, ob mit oder ohne Referendum vor allem darum, den türkisch/islamischen Einfluss innerhalb Deutschlands und Europa zurückzudrängen. Auf die innenpolitischen Verhältnisse in der Türkei wird man hingegen kaum Einfluss gewinnen können. Die NATO Mitgliedschaft sichert de Türkei Zugang zu westlicher Militärtechnologie. Allein daher wäre ein Rauswurf aus der NATO angebracht.